BT-Drucksache 18/9332

Zukunft des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz-Bundesprogramms

Vom 1. August 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/9332
18. Wahlperiode 01.08.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Stephan Kühn (Dresden), Matthias Gastel, Tabea Rößner,
Markus Tressel, Dr. Valerie Wilms und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Zukunft des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz-Bundesprogramms

Mit dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) gewährt der Bund seit
dem Jahr 1971 Finanzhilfen zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in den
Gemeinden. Mit der Föderalismusreform I wurde das Förderprogramm neu ge-
ordnet. Fortgeführt werden bis Ende 2019 die besonderen Programme nach § 6
Absatz 1 GVFG. Demnach gilt das GVFG-Bundesprogramm für Vorhaben des
öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) sowie für Vorhaben des Schienenper-
sonennahverkehrs in Verdichtungsräumen (hier vor allem S-Bahn-Systeme) bis
zum genannten Zeitpunkt.
Die bisherige Befristung des Bundesprogramms wirkt nach Auffassung der Fra-
gesteller mittlerweile zunehmend als Investitionsbremse. Mit dem Näherrücken
des 31. Dezembers 2019 sinkt die Bereitschaft von Kommunen bzw. Verkehrs-
unternehmen, komplexe Neubauvorhaben zu beginnen, da die Zuwendung der
Finanzhilfen an die Abrechnung bis zum genannten Stichtag gebunden ist. An-
dernfalls müssten Kommunen mit eigenen Haushaltsmitteln die Vorhaben finan-
zieren. Gerade in den Verdichtungsräumen werden mit dem Programm wichtige
Aus- und Neubauvorhaben bei Stadt- und U-Bahn-Systemen finanziert, die maß-
geblich dazu beitragen, die Leistungsfähigkeit dieser Systeme zu erhalten bzw.
der teils stark wachsenden Nachfrage anzupassen. Der Nachfrageboom der öf-
fentlichen Verkehrsmittel in unseren Großstädten und Ballungsräumen bringt den
öffentlichen Verkehr in einigen Städten bereits jetzt an seine Leistungsgrenzen,
so dass weitere Infrastrukturinvestitionen notwendig sind, um zusätzliche Kapa-
zitäten schaffen zu können. Vor dem Hintergrund der zu erreichenden klimapoli-
tischen Ziele, die bis zum Jahr 2050 eine weitgehende Dekarbonisierung des Ver-
kehrssektors vorsehen, kommt dem öffentlichen Verkehr aus Sicht der Fragestel-
ler eine Schlüsselstellung zu. Investitionen in den Ausbau des ÖPNV haben also
auch energie- und klimapolitisch einen hohen Stellenwert.
Die Bundesregierung hat mehrfach bekundet, so beispielsweise am 24. Septem-
ber 2015 anlässlich der Besprechung der Bundeskanzlerin mit den Regierungs-
chefinnen und Regierungschefs der Länder, das GVFG-Bundesprogramm über
das Jahr 2019 hinaus fortzuführen.
Der Bundesrat hat bereits vor mehr als drei Jahren mit einem Gesetzentwurf
(Bundestagsdrucksache 17/13970) die Fortführung des GVFG-Bundespro-
gramms gefordert.
Im Oktober vergangenen Jahres machten sich die Regierungsfraktionen der
CDU/CSU und SPD in einem Entschließungsantrag sogar für eine Öffnung des
GVFG-Bundesprogramms für Sanierungsmaßnahmen stark.

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Im Rahmen der Beratungen zur Neuordnung der föderalen Finanzbeziehungen
konnten Bund und Länder jedoch bisher keinen substantiellen Fortschritt beim
GVFG-Bundesprogramm erzielen, mit dem der ÖPNV-Sektor die nötige Investi-
tionssicherheit im Bereich der Infrastrukturinvestitionen bekäme. Bereits seit
dem Jahr 1997 sind die Mittel des GVFG-Bundesprogramms bei einem Volumen
von 332,56 Millionen Euro eingefroren (vgl. Bundestagsdrucksache 17/13970).
Da keine Dynamisierung besteht, bedeutet dies, dass inflationsbedingt eine kon-
tinuierliche Kaufkraftentwertung stattfindet.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Bis wann plant die Bundesregierung die Einbringung eines Gesetzentwurfs

zur Fortführung des GVFG-Bundesprogramms?
2. Wie will die Bundesregierung bei fortdauernder Uneinigkeit mit den Ländern

verhindern, dass die Investitionen in die ÖPNV-Infrastruktur durch die Be-
fristung des GFVG-Bundesprogramms bis zum 31. Dezember 2019 immer
stärker zurückgehen?
Plant die Bundesregierung Übergangsregelungen, die eine Abrechnung von
geförderten ÖPNV-Vorhaben auch nach dem 31. Dezember 2019 ermögli-
chen?
Wenn ja, welche Frist ist im Nachlauf vorgesehen?

3. Beinhalten die Willensbekundungen der Bundesregierung zur Fortführung
des GVFG-Bundesprogramms auch Überlegungen zur grundsätzlichen Re-
form dieser Finanzhilfen etwa mit Blick auf die Absenkung des Betrags der
zuwendungsfähigen Kosten in Höhe von derzeit 50 Millionen Euro oder Än-
derungen bei zuwendungsfähigen Vorhaben (z. B. künftige Zuwendungsfä-
higkeit bei straßenbündigem Bahnkörper von Stadt- bzw. Straßenbahnen,
Seilbahnen)?

4. An welchen Stellen hält die Bundesregierung das GVFG-Bundesprogramm
für reformbedürftig, und welche Änderungen beabsichtigt die Bundesregie-
rung bei Fortführung der Finanzhilfen umzusetzen?

5. Wie will die Bundesregierung sicherstellen, dass Kommunen bzw. Verkehrs-
unternehmen für die vom Bund geförderte Infrastruktur künftig Vorsorge für
spätere Ersatzinvestitionen treffen müssen (Aktivierung in Bilanzen bzw. Al-
ternativen dazu)?

6. Welche Haltung nimmt die Bundesregierung zu einer möglichen Öffnung
des GVFG-Bundesprogramms für Sanierungsmaßnahmen bzw. Ersatz-
investitionen ein, wie es im Entschließungsantrag (Ausschussdrucksache
18(15)268 des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur) der Frak-
tionen der CDU/CSU und SPD zum Haushaltsgesetz 2016 zum Ausdruck
gekommen ist?

7. In welcher Form hält die Bundesregierung eine Öffnung des GVFG-Bundes-
programms für Sanierungsmaßnahmen für praktikabel?
Soll es künftig eine feste Quote für Aus- und Neubau und für Sanierung ge-
ben?

8. Für welche ÖPNV-Infrastruktur (u. a. Jahr der Fertigstellung bzw. Inbetrieb-
nahme) könnte sich die Bundesregierung künftig eine Förderung von Sanie-
rungsmaßnahmen vorstellen?

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9. Hält die Bundesregierung angesichts der seit fast 20 Jahren unveränderten
Mittelausstattung des GVFG-Bundesprogramms eine Aufstockung und Dy-
namisierung verkehrspolitisch für angebracht?
Wenn ja, welche Mittelausstattung würde dem mittelfristig absehbaren In-
vestitionsbedarf in die ÖPNV-Infrastruktur gerecht werden?

10. Wurde das Investitionsprogramm 2016 bis 2019 bereits mit den Bundeslän-
dern beraten, und wurde gemäß § 6 Absatz 1 GVFG das dafür erforderliche
Benehmen bereits hergestellt?

11. Welche Vorhaben sind demnach „endgültig aufgenommen“ (Kategorie A),
welche „vorläufig aufgenommen“ (Kategorie B) und welche „bedingt aufge-
nommen“ (Kategorie C) (bitte nur laufende bzw. künftig abzufinanzierende
Vorhaben mit den dafür notwendigen Bundesfinanzhilfen in Jahresscheiben
darstellen)?

12. Für welche aufgenommenen ÖPNV-Vorhaben besteht nach Kenntnis der
Bundesregierung Baurecht (unanfechtbarer Planfeststellungsbeschluss), so
dass grundsätzlich mit der Maßnahme begonnen werden könnte (bitte die
Gesamtkosten des jeweiligen Vorhabens bzw. Teilvorhabens bzw. die zu-
wendungsfähigen Kosten des Vorhabens angeben)?

13. Hält die Bundesregierung auf der Grundlage von § 10 Absatz 2 GVFG ange-
sichts der demografischen Entwicklung in den ländlichen Räumen der Bun-
desrepublik Deutschland eine Ausweitung des Forschungsprogramms auf
den gesamten ÖPNV – inkl. des Regionalverkehrs – für angebracht?
Wenn ja, welche Mittelausstattung erachtet die Bundesregierung zum Abde-
cken des mittelfristigen Forschungsbedarfs im Stadt- und Regionalverkehr
als angemessen?

Berlin, den 5. Juli 2016

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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