BT-Drucksache 18/9320

Verbrennung von Braunkohlestaub in Asphaltmischanlagen für den Straßenbau

Vom 27. Juli 2016


 

Deutscher Bundestag Drucksache 18/9320
18. Wahlperiode 27.07.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Eva Bulling-Schröter, Caren Lay, Birgit Menz,
Dr. Kirsten Tackmann, Hubertus Zdebel und der Fraktion DIE LINKE.

Verbrennung von Braunkohlestaub in Asphaltmischanlagen für den Straßenbau

In der Bevölkerung kommt es immer wieder zu Protesten gegen den Betrieb von
Asphaltmischanlagen, so zuletzt durch eine Bürgerinitiative im bayerischen Nuß-
dorf (www.mitmacher.net/wp-content/uploads/2015/08/flyer_asphaltmischanlage.
pdf). Auch wurde eine Petition „Immissionsschutz – Einführung einer Dauermes-
sung von Luftschadstoffen in Asphaltmischanlagen“ an den Deutschen Bundestag
eingereicht (www.openpetition.de/petition/online/immissionsschutz-einfuehrung-
einer-dauermessung-von-luftschadstoffen-in-asphaltmischanlagen).
Deutschland verfügt mit rund 700 000 Kilometern Asphalt über das dichteste
Straßennetz Europas. Für die Asphaltproduktion stehen von 4 000 Asphaltmisch-
anlagen in der gesamten EU schätzungsweise 700 Anlagen in Deutschland. Aus
Gestein und Erdölprodukten (Bitumen) wurden 2015 rund 40 Millionen Tonnen
Asphalt hergestellt (Deutscher Asphaltverband e. V., Deutsche Asphaltproduk-
tion 2015, www.asphalt.de).
Die Asphaltwirtschaft ist geprägt von einer hohen Marktkonzentration, wobei vier
Unternehmen (Wilhelm Werhahn KG, STRABAG AG, EUROVIA GmbH,
KEMNA BAU – Andreae GmbH & Co. KG) rund 75 Prozent der Asphaltmisch-
anlagen (Stand: 2009) mit weitgehend entsprechenden Anteilen am bundesweiten
Absatz und Umsatz kontrollieren. Der Umsatz bei Walzasphalt (98 Prozent des ver-
bauten Asphalts) macht mit ca. 1,9 Mrd. Euro (Stand: 2009) etwa 16 Prozent des
Umsatzes bei Straßenbauleistungen in Deutschland aus (Bundeskartellamt, Sek-
toruntersuchung Walzasphalt, www.bundeskartellamt.de/SharedDocs/Publikation/
DE/Sektoruntersuchungen/Sektoruntersuchung%20Walzasphalt%20-%20
Abschlussbericht.pdf).
Die Produktion von Asphalt erfolgt bei Mischtemperaturen von typisch 180 Grad
Celsius, da Bitumen bei Umgebungstemperatur fest ist. Der für die Hitzeherstel-
lung relevante Prozess ist die Trocknung von Gesteinskörnungen (Mineralstoffe)
in der Trockentrommel bzw. für Asphaltgranulat in der Paralleltrommel der As-
phaltmischanlage. Zur Erwärmung der eingesetzten Gesteinskörnungen sowie zur
Warmlagerung des Bitumens muss Energie eingesetzt werden. Für Asphaltmisch-
anlagen sind die Brennstoffe Heizöl, Erdgas und Braunkohlestaub mengenmäßig
relevant (Umweltbundesamt, Texte, 41/2009, www.umweltbundesamt.de/sites/
default/files/medien/publikation/long/3883.pdf).
Kamen zur Beheizung von Bitumentanks Anfang der 90er-Jahre noch überwie-
gend Thermalöl-Heizaggregate zum Einsatz, wurden diese im Rahmen von An-
lagenerneuerungen in der Mehrzahl durch elektrisch beheizte Bitumentanks er-
setzt. In einem weiteren Schritt wurde wegen zwischenzeitlich steigender Brenn-
stoffkosten (Öl, Gas) eine zunehmende Brennstoffumstellung auf Braunkohle-
staub beobachtet. Für die nationale Berichterstattung über den Umfang nationaler

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Emissionen heißt es im Teilbericht Asphaltmischanlagen: „Eine genauere Quan-
tifizierung in Hinblick auf den CO-Emissionsfaktor der gegenläufigen Trends
(Brennstoffumstellung auf Braunkohlestaub, höhere Mischleistungen) kann der-
zeit nicht vorgenommen werden, da detaillierte Zahlenangaben (Statistiken) über
diese Entwicklungen des Anlagenparks von Asphaltmischanlagen nicht vorlie-
gen“ (ebd.: 18). Auch die beim Asphaltieren entstehenden Emissionen werden in
der Berichterstattung nicht erfasst (Nationaler Inventarbericht Deutschland, 2015,
S. 853, www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/378/publikationen/
climate_change_02_2016_berichterstatting_unter_der_klimarahmenkonvention_
der_vereinten_nationen_2015.pdf).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung vor über den Zusammen-

hang zwischen der Verwendung von Braunkohlestaub in Asphaltmischanla-
gen und dem Ausstoß von Klimagasen?

2. Sieht die Bundesregierung klimapolitischen Handlungsbedarf bezüglich der
Verwendung von Braunkohlestaub in Asphaltmischanlagen, und wenn nein,
warum nicht?

3. Wie viele genehmigungsbedürftige Asphaltmischanlagen werden in Deutsch-
land nach Kenntnis der Bundesregierung betrieben (Tabelle: seit 2005, nach
Bundesländern, prozentuale Ab- und Zunahme)?

4. Wie hoch sind nach Kenntnis der Bundesregierung die aktuelle jährliche Pro-
duktion und Verwendung von Asphalt (Tabelle: seit 2005, nach Bundeslän-
dern, absolut/t, in Straßenkilometer, prozentuale Ab- und Zunahme)?

5. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Verbrennung von
Braunkohlestaub in Deutschland insgesamt entwickelt (Tabelle: seit 2005,
nach Wirtschaftssektoren, absolut/t, prozentuale Ab- und Zunahme)?

6. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Verbrennung von
Braunkohlestaub für die Verfeuerung in Asphaltmischanlagen in Deutsch-
land entwickelt (Tabelle: seit 2005, absolut/t, prozentuale Ab- und Zu-
nahme)?

7. Aus welchen Braunkohlerevieren wird nach Kenntnis der Bundesregierung
wie viel Braunkohlestaub in den Markt gebracht (Tabelle: seit 2005, nach
Braunkohlerevieren, prozentuale Ab- und Zunahme)?

8. Wie hoch sind nach Kenntnis der Bundesregierung die jährlichen Emissio-
nen klimaschädlicher Gase aus der Verbrennung von Braunkohlestaub in
Deutschland (Tabelle: seit 2005, nach Wirtschaftssektoren, prozentuale Ab-
und Zunahme)?

9. Wie hoch sind nach Kenntnis der Bundesregierung die jährlichen Emissio-
nen klimaschädlicher Gase aus der Asphaltproduktion und Asphaltmischan-
lagen und ihr prozentualer Anteil an den Emissionen aus Frage 6 (seit 2005,
Art des Klimagases, CO2-Äquivalente)?

10. Wie groß ist nach Kenntnis der Bundesregierung der jährliche Material- bzw.
Rohstoffeinsatz in der Asphaltproduktion und Asphaltmischanlagen (Ta-
belle: seit 2009, nach Stoffen, absolut/t, prozentuale Ab- und Zunahme)?

11. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der jährliche Energieein-
satz für die Produktion von Asphalt (Tabelle: seit 2005, absolut, prozentuale
Ab- und Zunahme)?

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12. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung die durchschnittliche Leis-
tung einer Asphaltmischanlage in Deutschland (in MW), und teilt die Bun-
desregierung die Einschätzung, dass die Umrüstung von Asphaltmischanla-
gen auf die Verfeuerung von Braunkohlestaub der Betriebsleistung von vier
bis fünf Kohlekraftwerken entspricht, und wenn nein, warum nicht?

13. Welche gesetzlichen Emissionsvorgaben müssen Asphaltmischanlagen ein-
halten (Auflistung nach EU-Recht, nationalem Recht, Länderrecht, Datum
der Einführung, Grenzwerten)?

14. Welche gesetzlichen Mitbestimmungsmöglichkeiten für betroffene Gemein-
den und Bürgerinnen und Bürger für die Genehmigung und den Betrieb von
Asphaltmischanlagen bestehen (Auflistung nach EU-Recht, nationalem
Recht, Länderrecht, Datum der Einführung)?

15. Welche weiteren Luftschadstoffe werden durch Asphaltmischanlagen freige-
setzt, und wie schätzt die Bundesregierung ihre gesundheitsschädliche Wir-
kung ein?

16. Ist es zutreffend, dass Asphaltmischanlagen im Gegensatz zu früheren ge-
setzlichen Regelungen im vereinfachten Genehmigungsverfahren behandelt
werden, und wenn ja, wann wurde die Änderung vorgenommen, und was
waren die Gründe für die Änderung?

17. Wie bewertet die Bundesregierung Ergebnisse der Richtlinie VDI 2283 zu
„Aufbereitungsanlagen für Asphaltmischgut“ von Juni 2008, woraus hervor-
geht, dass mehr als 50 Prozent der Messwerte einer Reihe von 650 Messwer-
ten an Asphaltmischanlagen mit Heißzugabe von Asphaltgranulat über dem
Grenzwert von 50 mg/m³ für den Gesamtkohlenstoff nach Bundes-Immissi-
onsschutzgesetz liegen, und welchen regulatorischen Handlungsbedarf leitet
sie daraus ab?

18. Wie bewertet die Bundesregierung das Urteil des Bayerischen Verwaltungs-
gerichtshofes (Az.: 22B 14.1514, 19. Dezember 2014) und die Entscheidung
des 7. Senats des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG 7 B 16.15, 16. Sep-
tember 2015) über die Rechtmäßigkeit kontinuierlicher Kohlenstoffmessun-
gen an Asphaltmischanlagen, Registrierung und Auswertung der Ergebnisse,
plant sie diese engmaschigen Messungen bundesrechtlich zu verankern, und
wenn nein, warum nicht?

19. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass die generelle Verhältnismäßig-
keit zwischen Aufwand und Nutzen kontinuierlicher Messungen auch für den
Stand der Technik erforderlich ist, und wenn ja, welchen regulatorischen
Handlungsbedarf für die Kontrolle von Asphaltmischanlagen leitet sie daraus
ab?

20. Wie schätzt die Bundesregierung die sog. „500-Stunden-Regel“ ein, der zu-
folge Betreiber von Asphaltmischanlagen von kontinuierlichen Messungen
freigestellt werden, wenn die Anlage nicht mehr als 500 Stunden im Jahr be-
trieben wird, was Beobachtern zufolge jedoch wegen mangelnder Kontrolle
die Gefahr der Manipulation und Umgehung von Messungen mit sich bringt
(www.ovb-online.de/rosenheim/rosenheim-land/500-stunden-regel-bremst-
urteil-6334271.html)?

21. Wie hoch ist der aktuelle Umsatz der Asphaltbranche (seit 2005, absolut,
prozentuale Ab- und Zunahme)?

22. Welche konkreten Maßnahmen zum Abbau der Monopolisierung im Stra-
ßenbau (Sektor Walzasphalt) hat die Bundesregierung seit dem Bericht der
Monopolkommission (siehe Einleitung) ergriffen, und wie haben sich diese
auf die Vielfalt der Marktakteure ausgewirkt?

Drucksache 18/9320 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
 

 

23. Welche wirtschaftlich marktfähigen alternativen Asphalte für den Straßen-
bau sind der Bundesregierung bekannt, und wie groß ist die Einsparung an
Klimagasen, Energie und Rohstoffen im Vergleich zu Bitumenasphalt pro
Straßenkilometer?

24. Sehen der Bundesverkehrswegeplan 2030, Gesetze oder Verordnungen die
Nutzung alternativer Asphalte für den Straßenbau vor, und wenn nein, wa-
rum nicht?

25. Welche Förderung leistet die Bundesregierung für die Verwendung alterna-
tiver Straßenbaumaterialien, und wie groß ist der Mitteleinsatz (seit 2005)?

Berlin, den 27. Juli 2016

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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