BT-Drucksache 18/9258

Einsätze von sogenannten stillen SMS, WLAN-Catchern, IMSI-Catchern, Funkzellenabfragen sowie Software zur Bildersuche im ersten Halbjahr 2016

Vom 21. Juli 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/9258
18. Wahlperiode 21.07.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Andrej Hunko, Jan Korte, Frank Tempel, Jan van Aken,
Annette Groth, Dr. André Hahn, Inge Höger, Ulla Jelpke, Dr. Alexander S. Neu
und der Fraktion DIE LINKE.

Einsätze von sogenannten stillen SMS, WLAN-Catchern, IMSI-Catchern,
Funkzellenabfragen sowie Software zur Bildersuche im ersten Halbjahr 2016

Halbjährlich fragen die Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE. beim Bundes-
ministerium des Innern, beim Bundesministerium der Finanzen und beim Bun-
deskanzleramt nach den Zahlen von Einsätzen digitaler Fahndungsmethoden.
Hintergrund ist die zunehmende Überwachung und Analyse digitaler Verkehre,
die das Vertrauen in die Freiheit des Internets und der Telekommunikation unter-
graben. Aus Antworten aus früheren Anfragen geht hervor, dass dies vor allem
den polizeilichen Bereich betrifft: Der Einsatz „stiller SMS“, sogenannter
„WLAN-Catcher“ und „IMSI-Catcher“ nimmt zu, die Ausgaben für Analysesoft-
ware steigen ebenfalls (Bundestagsdrucksachen 18/4130, 18/2257, 18/5645,
18/7285). Aus Sicht der Fragesteller sind diese Maßnahmen mitunter gar nicht
erlaubt, etwa der Einsatz „stiller SMS“. Denn Polizei und Geheimdienste dürfen
nur passiv die Kommunikation von Telefonen abhören, die „stillen SMS“ werden
aber von den Behörden erst erzeugt. Während die Bundesregierung zwar Anga-
ben zum Bundeskriminalamt und zur Bundespolizei macht, bleiben Zahlen für
den Zoll eingestuft. Hinsichtlich des Bundesnachrichtendienstes unterbleibt jede
Mitteilung.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie oft haben welche Bundesbehörden im ersten Halbjahr 2016 von

„WLAN-Catchern“ Gebrauch gemacht?
a) Welche Bundesbehörden haben zwar selbst keine „WLAN-Catcher“ ein-

gesetzt, sich hierfür aber der Amtshilfe anderer Behörden oder Firmen
bedient (bitte außer den Zahlen auch die beteiligten Behörden benennen)?

b) Wie viele Personen und Ermittlungsverfahren waren jeweils insgesamt
betroffen (bitte differenzieren in Informationsgewinnung, Gefahrenab-
wehr und Strafverfolgung)?

c) Wie viele Betroffene sind hierüber nachträglich benachrichtigt worden?
d) Welche Hard- und Software wird hierfür genutzt, und welche Änderungen

haben sich hierzu gegenüber dem Vorjahr ergeben (Bundestagsdrucksa-
chen 17/14714, 18/2257, 18/4130, 18/7285)?

e) Inwiefern haben die Maßnahmen aus Sicht der Bundesregierung Erkennt-
nisse geliefert, die wesentlich zur Aufklärung von Straftaten bzw. Gefah-
ren beitrugen?

Drucksache 18/9258 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
2. Welche Bundesbehörden haben im ersten Halbjahr 2016 wie oft „IMSI-Cat-
cher“ eingesetzt?
a) Welche Bundesbehörden haben zwar selbst keine „IMSI-Catcher“ einge-

setzt, sich hierfür aber der Amtshilfe anderer Behörden oder Firmen be-
dient (bitte außer den Zahlen auch die beteiligten Behörden benennen)?

b) Wie viele Personen und Ermittlungsverfahren waren jeweils insgesamt
betroffen (bitte differenzieren in Informationsgewinnung, Gefahrenab-
wehr und Strafverfolgung)?

c) Wie viele Betroffene sind hierüber nachträglich benachrichtigt worden?
d) Inwiefern haben die Maßnahmen aus Sicht der Bundesregierung Er-

kenntnisse geliefert, die wesentlich zur Aufklärung von Straftaten bzw.
Gefahren beitrugen?

e) Für welche deutschen Firmen bzw. Lizenznehmer ausländischer Produkte
wurden seitens der Bundesregierung im ersten Halbjahr 2016 Ausfuhrge-
nehmigungen für sogenannte IMSI-Catcher in welche Bestimmungslän-
der erteilt?

3. Wie hat sich die Zahl der vom Bundesamt für Sicherheit in der Informations-
technik oder anderer zuständiger Bundesbehörden (auch in deren Auftrag)
aufgespürten „IMSI-Catcher“ bzw. ähnlichen Abhöranlagen für den Mobil-
funkverkehr im Regierungsviertel oder in räumlicher Nähe anderer Bundes-
behörden seit 2010 entwickelt, und in welchen Fällen konnten die Betreiber
der Anlagen durch Bundesbehörden ausfindig gemacht werden (bitte diese
Verantwortlichen jeweils benennen)?

4. Welche Bundesbehörden sind derzeit technisch und rechtlich in der Lage, an
Mobiltelefone sogenannte „stille SMS“ zum Ausforschen des Standortes ih-
rer Besitzerinnen und Besitzer oder dem Erstellen von Bewegungsprofilen
zu verschicken bzw. welche Änderungen haben sich gegenüber dem Vorjahr
ergeben?
a) Welche Bundesbehörden haben zwar selbst keine „stillen SMS“ einge-

setzt, sich hierfür aber der Amtshilfe anderer Behörden oder Firmen be-
dient (bitte außer den Zahlen auch die beteiligten Behörden benennen)?

b) Wie viele „stille SMS“ haben diese Behörden in den letzten fünf Jahren
durch andere Behörden versenden lassen (bitte nach Halbjahren darstel-
len)?

c) Wie viele „stille SMS“ wurden von den jeweiligen Behörden im ersten
Halbjahr 2016 bzw. in deren Auftrag durch andere Behörden oder Firmen
insgesamt jeweils versandt (bitte bezüglich des Zollkriminalamts nach
den einzelnen Zollfahndungsämtern aufschlüsseln)?

d) Wie viele Personen und Ermittlungsverfahren waren jeweils betroffen
(bitte differenzieren in Informationsgewinnung, Gefahrenabwehr und
Strafverfolgung)?

e) Wie viele Betroffene sind hierüber nachträglich benachrichtigt worden?
f) Welche Hard- und Software wird hierfür genutzt, und welche Änderungen

haben sich hierzu gegenüber dem Vorjahr ergeben (Drucksache
18/7285)?

g) Inwiefern haben die Maßnahmen aus Sicht der Bundesregierung Erkennt-
nisse geliefert, die wesentlich zur Aufklärung von Straftaten bzw. Gefah-
ren beitrugen?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/9258
5. Wie viele Maßnahmen der Funkzellenauswertung haben welche Bundesbe-
hörden im ersten Halbjahr 2016 vorgenommen (bitte wie auf Bundestags-
drucksache 17/14714 beantworten)?
a) Welche Bundesbehörden haben zwar selbst keine Maßnahmen der Funk-

zellenauswertung eingesetzt, sich hierfür aber der Amtshilfe anderer Be-
hörden bedient (bitte außer den Zahlen auch die beteiligten Behörden be-
nennen)?

b) Wie viele Anschlüsse, Personen und Ermittlungsverfahren waren jeweils
insgesamt betroffen?

c) Wie viele Betroffene sind hierüber nachträglich benachrichtigt worden
(bitte differenzieren in Informationsgewinnung, Gefahrenabwehr und
Strafverfolgung)?

d) Welche Funkzellenabfragen wurden vom Ermittlungsrichter des General-
bundesanwalts beim Bundesgerichtshof gestattet, und im Zusammenhang
mit welchen Ermittlungen fanden diese statt?

e) Inwiefern haben die Maßnahmen aus Sicht der Bundesregierung Erkennt-
nisse geliefert, die wesentlich zur Aufklärung von Straftaten bzw. Gefah-
ren beitrugen?

6. Inwiefern sind Bundesbehörden des Innern, der Verteidigung, der Finanzen
oder des Bundeskanzleramtes mittlerweile in der Lage, Mikrofone von Mo-
biltelefonen aus der Ferne zu aktivieren um diese als Abhöreinrichtungen zu
nutzen, in welchem Umfang wird dies bereits genutzt, und welche Soft- oder
Hardware wird hierfür genutzt bzw. welche Änderungen haben sich gegen-
über dem Vorjahr ergeben?

7. Welche Software zur computergestützten Bildersuche bzw. zu Bilderverglei-
chen haben polizeiliche oder geheimdienstliche Bundesbehörden im ersten
Halbjahr 2016 (auch testweise) beschafft, nach welchem Verfahren funktio-
niert diese, wo wird diese jeweils genutzt bzw. welche Nutzung ist anvisiert,
welche konkreten Behörden bzw. deren Abteilungen sind bzw. wären dar-
über zugriffsberechtigt, in welchen Ermittlungen kommen bzw. kämen diese
im Einzel- oder Regelfall zur Anwendung bzw. welche Änderungen haben
sich gegenüber dem Vorjahr ergeben?
a) Welche Kosten sind für Tests oder Beschaffung entsprechender Software

entstanden?
b) Auf welche Datensätze kann die etwaige, neu beschaffte Software zugrei-

fen, nach welchem Verfahren funktioniert diese, wo wird diese jeweils
genutzt, welche konkreten Behörden bzw. deren Abteilungen sind darüber
zugriffsberechtigt?

c) Inwiefern kann die Bundesregierung mitteilen, ob die Anwendung von
Software zur computergestützten Bildersuche bzw. zu Bildervergleichen
im Vergleich zum Vorjahr zu- oder abnimmt?

d) Inwiefern haben die Maßnahmen aus Sicht der Bundesregierung Erkennt-
nisse geliefert, die wesentlich zur Aufklärung von Straftaten bzw. Gefah-
ren beitrugen bzw. inwiefern lässt sich dies überhaupt rekonstruieren?

8. Welche Software welcher Hersteller kommt bei Bundesbehörden zur krimi-
nalpolizeilichen Vorgangsverwaltung und Fallbearbeitung zur Anwendung
(bitte nach Vorgangsbearbeitung, kriminalistische Fallbearbeitung auf-
schlüsseln), bzw. welche Änderungen haben sich gegenüber dem Vorjahr er-
geben?

Drucksache 18/9258 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
a) Welche Kosten sind Bundesbehörden im Einzelfall und unter Berücksich-
tigung der Arbeitszeit innerhalb der Behörde für die Beschaffung, Anpas-
sung, den Service und Pflege der Software im ersten Halbjahr 2016 ent-
standen?

b) Welche weiteren Produkte der Firma rola Security Solutions (auch „Zu-
satzmodule“) wurden für welche Behörden und welche Einsatzzwecke
beschafft, bzw. welche Änderungen haben sich gegenüber Vorjahr erge-
ben?

c) Inwiefern und wofür werden Anwendungen von rola Security Solutions
auch bei In- und Auslandsgeheimdiensten der Bundesregierung genutzt,
bzw. welche Änderungen haben sich gegenüber dem Vorjahr ergeben?

9. Wie oft haben welche Bundesbehörden (auch des Bundeskanzleramtes) im
ersten Halbjahr 2016 Trojaner-Programme bzw. ähnliche Überwachungs-
software eingesetzt oder einsetzen lassen?
a) Welche der verfügbaren Programme (etwa „Übergangslösung“, Trojaner

zur „Online-Durchsuchung“, Trojaner zur „Quellen-TKÜ“) kam dabei je-
weils zur Anwendung?

b) Wie viele Personen und Ermittlungsverfahren waren jeweils betroffen
(bitte differenzieren in Informationsgewinnung, Gefahrenabwehr und
Strafverfolgung)?

c) Wie viele Betroffene sind hierüber nachträglich benachrichtigt worden?
d) Inwiefern haben die Maßnahmen aus Sicht der Bundesregierung Erkennt-

nisse geliefert, die wesentlich zur Aufklärung von Straftaten bzw. Gefah-
ren beitrugen?

10. Welche technischen und organisatorischen Auswirkungen hat die Bündelung
der Telekommunikationsüberwachung und der Entwicklung operativer Ein-
satztechnik in der Abteilung „Operative Einsatzunterstützung“ (Pressemit-
teilung des Bundeskriminalamts (BKA) vom 1. Juli 2016)?
a) Welche „Serviceleistungen“ im Bereich der Kommunikationsüberwa-

chung“ bietet das BKA den Polizeibehörden von Bund und Ländern zu-
künftig „noch mehr an“?

b) Welche IT-Infrastruktur inklusive Speicherkapazitäten wurden für diese
„Serviceleistungen“ beim BKA errichtet?

c) Welche Angaben kann die Bundesregierung dazu machen, inwiefern die
neuen „Serviceleistungen“ von den adressierten Polizeibehörden nachge-
fragt werden?

d) Auf welche Weise wird die neue BKA-Abteilung „Zentrales Informati-
onsmanagement“ künftig dafür sorgen, dass Informationen „miteinander
verzahnt werden“ und hierfür die nationalen, europäischen und internati-
onalen Informationsmanagementsysteme verbessert werden?

Berlin, den 20. Juli 2016

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
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