BT-Drucksache 18/9233

Stellung der Avrupa Türk-Islam Birligi (ATIB) im Spektrum der Grauen Wölfe

Vom 14. Juli 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/9233
18. Wahlperiode 14.07.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Sevim Dağdelen, Annette Groth, Andrej Hunko,
Martina Renner und der Fraktion DIE LINKE.

Stellung der Avrupa Türk-Islam Birliği (ATIB) im Spektrum der Grauen Wölfe

Dem Spektrum der rechtsextremen Grauen Wölfe bzw. der sogenannten Ülkücü
(Idealisten) werden von der Wissenschaft sowie den Sicherheitsbehörden in der
Bundesrepublik Deutschland mehrere türkisch-nationalistische Vereinigungen
und Strömungen zugerechnet. Als Abspaltung der als Auslandsorganisation der
rechtsextremen Partei der Nationalistischen Bewegung (MHP) geltenden Födera-
tion der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Deutschland e. V.
(ADÜTDF) konstituierte sich im Jahr 1987 eine stärker religiös ausgerichtete
Vereinsföderation, die seit dem Jahr 1993 unter dem Namen Union der Türkisch
Islamischen Kulturvereine in Europa e. V. (Avrupa Türk-Islam Birliği – ATIB)
firmiert.
Hintergrund der Spaltung war ein Streit zwischen dem MHP-Führer Alparslan
Türkeş in der Türkei und dem ADÜTDF-Vorsitzenden in Deutschland Musa
Serdar Celebi. Letzterer hatte über eine angebliche Beschäftigung als „wissen-
schaftlicher Mitarbeiter“ in einem fiktiven „Türkei-Institut“ in der Wohnung des
Türkei-Experten des Bundesnachrichtendienstes (BND und Stadtverordneten der
CDU in Schwalmstadt Dr. Hans-Eckhardt Kannapin eine Aufenthalts- und Arbeits-
erlaubnis in der Bundesrepublik Deutschland erhalten (www.kozmopolit.com/
haziran03/Dosya/islamistenmhp.html; Fikret Aslan/Kemal Bozay/Talat Turhan/
Sedar Celik: Graue Wölfe heulen wieder, Münster, 1997).
In seiner Verteidigungsrede vor dem Militärgericht in der Türkei erklärte
Alparslan Türkeş, den Kontakt zu Musa Serdar Celebi wegen dessen Verbindung
zu dem berühmten Ülkücü-Terroristen Mehmet Ali Aǧca abgebrochen zu haben.
Alparslan Türkeş hatte später Musa Serdar Celebis Rücktritt vom Vorsitz der
ADÜTDF gefordert, obwohl er zuvor selbst den Kontakt zu Mehmet Ali Aǧca
befohlen hatte. Mehmet Ali Aǧca hatte in der Türkei den bekannten sozialdemo-
kratischen Journalisten Abdi Ipekçi ermordet und nach seiner Flucht aus dem Ge-
fängnis am 13. Mai 1981 einen Mordanschlag auf Papst Johannes Paul II. unter-
nommen (Emre Arslan: Der Mythos der Nation im transnationalen Raum: Türki-
sche Graue Wölfe in Deutschland, Wiesbaden 2009, S. 132 f.). Gegenüber dem
Ermittlungsrichter behauptete Mehmet Ali Aǧca, dass Musa Serdar Celebi und
ein weiterer Aktivist der Grauen Wölfe ihm vier Tage vor der Tat die Attentats-
waffe und einen Teil des „Killerlohns“ nach Mailand gebracht hätten. Aufgrund
eines italienischen Haftbefehls wurde Musa Serdar Celebi im Jahr 1982 bei
Frankfurt festgenommen. Er saß zwei Jahre in Italien in Untersuchungshaft,
wurde aber aufgrund fehlender Beweise freigesprochen (www.spiegel.de/
spiegel/print/d-14019695.html; www.spiegel.de/spiegel/print/d-13513601.html;
www.kozmopolit.com/haziran03/Dosya/islamistenmhp.html).

Drucksache 18/9233 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
 

Musa Serdar Celebi war bis zum Jahr 1999 Vorsitzender der ATIB und wurde
anschließend zum Ehrenvorsitzenden der Föderation ernannt. In der Türkei war
Musa Serdar Celebi zugleich jahrelang Vizevorsitzender der im Jahr 1993 von
der MHP abgespaltenen, ebenfalls dem Ülkücü- bzw. Graue-Wölfe-Spektrum zu-
gerechneten Partei der Großen Einheit (Büyük Birlik Partisi – BBP). In der BBP
hatten sich diejenigen MHP-Mitglieder neu organisiert, auf deren Konto in den
70er-Jahren mehrere politische Morde gingen. Der BBP wird zudem nachgesagt,
am Mordkomplott gegen den armenischstämmigen Publizisten Hrant Dink
im Jahr 2007 in Istanbul beteiligt gewesen zu sein (www.sportintegration.de/
wp-content/uploads/2013/07/2012-03-kooperation-mit-muslimischen-verbaenden.
pdf, Fußnote 54).
Laut einer Publikation des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und
Jugend (BMFSFJ) hat sich die ATIB „inzwischen von den Gewalttaten der
Grauen Wölfe in den siebziger Jahren in der Türkei und der Bundesrepublik dis-
tanziert“ (www.bmfsfj.de/doku/Publikationen/engagementtuerkisch/1-Einleitung/
1-4-verbaende,did=44816,render=renderPrint.html).
Auf dem vom BMFSFJ geförderten Internetportal www.ufuq.de, das sich mit Pä-
dagogik zu Islam, Islamfeindlichkeit und Islamismus befasst, heißt es: „Die ATIB
konzentriert sich auf die Organisation der Gotteshäuser und gibt sich im Auftreten
moderat. Sie bietet aber gerade dadurch für türkische Nationalisten, für die
die MHP zu ‚radikal‘ ist, eine Möglichkeit, im weiteren Milieu der ‚Grauen
Wölfe‘ zu verbleiben“ (www.ufuq.de/tuerkischer-nationalismus-in-deutschland-
gemeinschaft-und-identitaet-im-migrationskontext/).
Zumindest die nordrhein-westfälischen, hessischen und bayerischen Innenmini-
sterien rechnen die ATIB weiterhin dem Ülkücü-Spektrum bzw. den Grauen Wöl-
fen zu (www.mik.nrw.de/fileadmin/user_upload/Redakteure/Verfassungsschutz/
Dokumente/UElkuecue-Broschuere.pdf; www.bayern.landtag.de/www/ElanText
Ablage_WP17/Drucksachen/Schriftliche%20Anfragen/17_0007902.pdf; https://lfv.
hessen.de/sites/lfv.hessen.de/files/content-downloads/Graue_Woelfe_Internet_0_
0.pdf).
Aus Sicht der Fragesteller ist eine mögliche Zurechnung der ATIB zum Spektrum
der Grauen Wölfe schon deswegen von Relevanz, weil die ATIB Gründungsmit-
glied des Zentralrates der Muslime in Deutschland e. V. (ZMD) ist. Mit ihrem
Vorstandsmitglied Mehmet Alparslan Celebi – dem Sohn des ATIB-Gründungs-
vorsitzenden Musa Serdar Celebi – stellt die ATIB dort seit der Neuwahl des
ZMD-Vorstandes im Mai 2016 einen der Vizevorsitzenden (http://zentralrat.de/
2593.php; www.huffingtonpost.de/mehmet-celebi/). Der ZMD und seine Mit-
gliedsverbände wiederum sind regelmäßiger Kooperationspartner der Bundesre-
gierung. So beteiligten sich auch ATIB-Mitglieder im Januar 2015 an einer
Mahnwache gegen islamistischen Terror vor dem Brandenburger Tor in Berlin
(www.welt.de/politik/deutschland/article136336192/Das-ist-wie-eine-Demo-
mit-Pegida-gegen-Nazis.html; http://dtz-news.de/staatsspitze-setzt-signal-am-
brandenburger-tor/).
Der ATIB sollen bundesweit 11 500 Mitglieder in 123 Vereinen angehören
(www.bmfsfj.de/doku/Publikationen/engagementtuerkisch/1-Einleitung/1-4-
verbaende,did=44816,render=renderPrint.html). Die ATIB gibt an, „weder Ver-
bindungen zu einer Partei noch einer staatlichen Institution“ in der Türkei zu ha-
ben (www.atib.org/de/content.php?baslik=haberler&detay=Die-atib-verurteilt-die-
verleumdungskampagne-des-verbands-im-zdf). Diese Behauptung steht im Wi-
derspruch zur Feststellung in einer Publikation des BMFSFJ, wonach in einigen
ATIB-Moscheen Religionsbeamte des Präsidiums für Religionsangelegenheiten
(Diyanet Işleri Başkanliǧi) als Imame tätig sind, deren Gehalt zum Teil aus
dem türkischen Staatshaushalt bezahlt wird. Diyanet Işleri Başkanliǧi ist eine Be-
hörde in der Türkei, die direkt dem türkischen Ministerpräsidenten untersteht

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/9233
 

(www.bmfsfj.de/doku/Publikationen/engagementtuerkisch/1-Einleitung/1-4-
verbaende,did=44816,render=renderPrint.html).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche generellen Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die ATIB?

a) Wann und wo wurde die ATIB gegründet, und wo genau befindet sich
ihre Zentrale?

b) Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Hintergründe der
Abspaltung der ATIB von der ADÜTDF?

c) Wie viele Vereine und Moscheen mit wie vielen Mitgliedern gehören
heute der ATIB in der Bundesrepublik Deutschland an?

d) Wie viele Vereine und Moscheen mit wie vielen Mitgliedern unterhält die
ATIB nach Kenntnis der Bundesregierung in welchen anderen europäi-
schen Staaten?

e) Welche grundsätzliche ideologische und religiöse Ausrichtung verfolgt
die ATIB?

2. Inwieweit sind der Bundesregierung von Seiten der ATIB und ihrer führen-
den Funktionärinnen und Funktionäre rechtsextreme, rassistische, kurden-
oder armenierfeindliche, antisemitische, aleviten- oder christenfeindliche,
homophobe oder sich gegen das friedliche Zusammenleben der Völker rich-
tende Äußerungen oder Aufrufe zur Gewalt bekannt?

3. Inwieweit waren Mitglieder oder Funktionärinnen und Funktionäre der
ATIB innerhalb der letzten fünf Jahre in der Bundesrepublik Deutschland an
Gewalttaten oder sonstigen einschlägigen Straftaten beteiligt oder wurden
von den Behörden in welcher sonstigen Weise mit Straftaten in Verbindung
gebracht?

4. Inwieweit rechnet die Bundesregierung die ATIB grundsätzlich dem Ülkücü-
Spektrum bzw. den Grauen Wölfen zu (bitte begründen)?
a) Wie definiert die Bundesregierung die Begriffe Ülkücü und Graue Wölfe,

und welche Gruppierungen, Strömungen und Parteien mit wie vielen An-
hängern/Mitgliedern in der Türkei und Deutschland rechnet sie diesen je-
weils zu?

b) Welche Übereinstimmungen und Differenzen mit anderen Gruppierungen
und Strömungen des Ülkücü-Spektrums (z. B. ADÜTDF, dem Verband
der türkischen Kulturvereine in Europa – ATB, Ülkücü-Jugend, MHP,
BBP etc.) erkennt die Bundesregierung, und welche Stellung nimmt ATIB
gegebenenfalls in diesem Spektrum ein?

c) Inwieweit bekannten oder bekennen sich die ATIB oder ihre führenden
Funktionärinnen und Funktionäre nach Kenntnis der Bundesregierung zur
Ülkücü-Ideologie?

d) Welche möglichen Distanzierungen der ATIB oder ihrer führenden Funk-
tionärinnen und Funktionäre vom Ülkücü-Spektrum, der Ülkücü-Ideolo-
gie oder Gewalttaten der Grauen Wölfe sind der Bundesregierung be-
kannt, und für wie glaubwürdig hält sie diese?

e) Welche Landesämter für Verfassungsschutz zählen die ATIB nach Kennt-
nis der Bundesregierung zum Ülkücü-Spektrum?

Drucksache 18/9233 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
 

f) Welche wissenschaftlichen Studien oder Einschätzungen von Wissen-
schaftlern und Wissenschaftlerinnen zur ATIB sind der Bundesregierung
bekannt, und wie wird dort der Verband im Hinblick auf seine mögliche
Zugehörigkeit zum Ülkücü-Spektrum sowie sein Bekenntnis zu demokra-
tischen Werten eingeschätzt?

g) Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Haltung kurdischer und
alevitischer Verbände gegenüber ATIB, und welche Kritik wird von die-
ser Seite gegebenenfalls an ATIB geäußert?

5. Inwieweit kann die Bundesregierung in der Vergangenheit und Gegenwart
eine Anbindung oder grundsätzliche Sympathie der ATIB und ihrer führen-
den Funktionärinnen und Funktionäre zu welchen Parteien in der Türkei er-
kennen?
a) Inwieweit gehörten oder gehören welche führenden Funktionärinnen und

Funktionäre wann welchen Parteien in der Türkei an, und welche Funkti-
onen nahmen oder nehmen sie dort gegebenenfalls ein?

b) Welche Politikerinnen und Politiker welcher Parteien aus der Türkei tra-
ten wo, wann und zu welchem Anlass innerhalb der letzten fünf Jahre bei
oder zusammen mit Vereinen der ATIB auf?

c) Inwieweit fanden anlässlich von Wahlen in der Türkei während der letz-
ten fünf Jahre Informations- oder Wahlkampfveranstaltungen für türki-
sche Parteien oder einzelne Politikerinnen und Politiker bei oder mit Mit-
gliedsvereinen der ATIB statt (bitte Verein, Partei bzw. Politiker/Politi-
kerin, Datum und Anlass angeben)?

d) Inwieweit sind der Bundesregierung Wahlaufrufe der ATIB oder von füh-
renden Funktionärinnen und Funktionären des Verbandes zugunsten von
Parteien oder Politikerinnen und Politikern in der Türkei bekannt?

6. An welchen Aufzügen des türkisch-nationalistischen Spektrums zu welchen
Themen beteiligte sich die ATIB in den letzten fünf Jahren, und inwieweit
waren dort andere Strömungen des Ülkücü-Spektrums vertreten (bitte Ort,
Anlass, Thema und Zeitpunkt benennen)?

7. Inwieweit gab es während der letzten fünf Jahre Kooperationen zwischen der
Bundesregierung bzw. Bundesbehörden und der ATIB (bitte Kooperationen
einzeln ausführen)?
a) Inwieweit wurde eine mögliche Zugehörigkeit der ATIB zum Ülkücü-

Spektrum im Vorfeld möglicher Kooperationen von Seiten der Bundesre-
gierung problematisiert?

b) Inwieweit hat sich die ATIB um Bundesmittel aus welchen Bundespro-
grammen beworben, und inwieweit und in welcher Höhe wurden ihr sol-
che genehmigt?

c) An welchen von der Bundesregierung, von Bundesministerien oder Bun-
desbehörden unterstützten Projekten oder Veranstaltungen beteiligte sich
die ATIB?

d) Inwieweit und in welchen Fällen war eine mögliche Zugehörigkeit der
ATIB zum Ülkücü-Spektrum nach Kenntnis der Bundesregierung aus-
schlaggebend für eine Ablehnung einer beantragten Förderung der ATIB
oder eines Projektes der ATIB durch Bundesmittel?

8. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung angesichts des Ein-
flusses der ATIB auf den ZMD und der Tatsache, dass mit Mehmet Alparslan
Celebi dort ein führender Funktionär der ATIB einen Vizevorsitzenden stellt
bezüglich ihrer Kooperation mit dem ZMD?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/9233
 

9. Inwieweit kann die Bundesregierung in der nachweislichen Herkunft und
möglichen weiteren Zugehörigkeit der ATIB zum rechtsextremen Ülkücü-
Spektrum und der Teilnahme des Verbandes an Aufzügen gegen Gewalt,
Rassismus und Terror einen Widerspruch erkennen?
a) Für wie glaubwürdig hält die Bundesregierung das öffentliche Bekenntnis

der ATIB zu Demokratie und gegen Gewalt, Terrorismus, Faschismus
und Rassismus angesichts der Herkunft und möglichen weiteren Zugehö-
rigkeit des Verbandes zum Ülkücü-Spektrum?

b) Inwieweit sieht die Bundesregierung einen Widerspruch zwischen ihrem
antiextremistischen Selbstverständnis und dem gemeinsamen Auftreten
von Regierungsvertreterinnen und -vertretern auf einer von ATIB unter-
stützten Kundgebung gegen Terror am 13. Januar 2015 am Brandenburger
Tor?

10. Inwieweit sieht die Bundesregierung die von ATIB vertretene Ideologie und
das praktische Wirken des Verbandes grundsätzlich als integrationshem-
mend oder integrationsförderlich an, und welche Schlussfolgerungen zieht
sie gegebenenfalls daraus für mögliche Kooperationen?

11. Inwieweit und in welcher Form beteiligten sich ATIB und ihre Mitgliedsver-
eine nach Kenntnis der Bundesregierung an der Betreuung von Flüchtlingen?

12. Welche Haltung nahm ATIB nach Kenntnis der Bundesregierung zur De-
batte und Annahme des Antrages zum Völkermord an den Armeniern (Bun-
destagsdrucksache 18/8613) durch den Deutschen Bundestag ein, und inwie-
weit beteiligten sich ATIB oder führende Funktionärinnen und Funktionäre
der Föderation an diesbezüglichen Protestkundgebungen oder an Protest-
schreiben an Mitglieder des Deutschen Bundestages?

13. In wie vielen und welchen ATIB-Moscheen sind nach Kenntnis der Bundes-
regierung Religionsbeamte des dem türkischen Ministerpräsidenten unterste-
henden Präsidiums für Religionsangelegenheiten (Diyanet Işleri Başkanliǧi)
als Imame beschäftigt, und wie werden diese finanziert?

14. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Beziehungen des frühe-
ren ADÜTDF-Vorsitzenden und später Gründungs- sowie anschließend Eh-
renvorsitzenden der ATIB Musa Serdar Celebi zum Graue-Wölfe-Aktivisten
und Papst-Attentäter Mehmet Ali Aǧca und möglichen Verwicklungen Musa
Serdar Celebis in den Anschlag auf Papst Johannes Paul II. am 13. Mai 1981
in Rom?

15. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Rolle des BND bei der
Etablierung der ADÜTDF in der Bundesrepublik Deutschland, über die im
deutsch-türkischen Onlinemagazin „Kozmopolit“ sowie einem Standardwerk
zur Geschichte der Grauen Wölfe berichtet wird (www.kozmopolit.com/
haziran03/Dosya/islamistenmhp.html; Fikret Aslan/Kemal Bozay/Talat
Turhan/Sedar Celik: Graue Wölfe heulen wieder, Münster, 1997)?
a) Inwieweit trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass der im

Dezember 1980 verstorbene Historiker und damalige Stadtverordnete der
CDU in Schwalmstadt, Dr. Hans-Eckhardt Kannapin, Mitarbeiter des
BND und dessen Türkei-Experte war?

b) In welcher Beziehung stand Dr. Hans-Eckhardt Kannapin nach Kenntnis
der Bundesregierung zum Bundesamt für Verfassungsschutz?

c) Welche genaue Rolle spielte Dr. Hans-Eckhardt Kannapin bei den Kon-
takten zwischen dem BND und dem Bundesamt für Verfassungsschutz
mit der MHP aus der Türkei?

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d) Trifft es zu, dass Dr. Hans-Eckhardt Kannapin den damaligen Vertreter
der MHP in Deutschland, Enver Atayli, am 4. Mai 1976 dem Leiter der
Türkei-Abteilung eines bundesdeutschen Nachrichtendienstes in Köln
vorstellte?
Wenn ja, in welcher Funktion tat Dr. Hans-Eckhardt Kannapin dies, und
um welchen Nachrichtendienst handelte es sich dabei (www.nytimes.com/
1981/05/19/world/germany-finds-no-evidence-accused-turk-lived-there.
html?pagewanted=print)?

e) Trifft es zu, dass Dr. Hans-Eckhardt Kannapin den Saal angemietet hatte,
in dem die ADÜTDF am 17./18. Juni 1978 in Schwarzenborn gegründet
wurde?
Wenn ja, inwiefern handelte Dr. Hans-Eckhardt Kannapin dabei im Auf-
trag, mit Wissen oder in Absprache mit dem BND oder einer anderen
Bundesbehörde (bitte benennen), und welches Ziel wurde damit verfolgt?

f) Inwieweit ist der Bundesregierung die damalige Existenz eines „Türkei-
Instituts“ in der Wohnung des Dr. Hans-Eckhardt Kannapin in der Main-
zer Gasse 2 in Schwalmstadt bekannt, welche Aufgabe hatte dieses „Tür-
kei-Institut“ gegebenenfalls, inwieweit wurde dieses im Auftrag, mit Wis-
sen oder Absprache des BND oder einer anderen Bundesbehörde (bitte
benennen) betrieben, und wie wurde es gegebenenfalls finanziert?

g) Trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass Dr. Hans-Eckhardt
Kannapin dem ersten Vorsitzenden der ADÜTDF, Lokman Kundakçi,
und dessen Nachfolger, Musa Serdar Celebi, durch eine Beschäftigung als
wissenschaftliche Mitarbeiter in einem „Türkei-Institut“ in der Wohnung
Dr. Hans-Eckhardt Kannapins zu einer Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis
in der Bundesrepublik Deutschland verhalf?
Wenn ja, inwieweit geschah dies mit Wissen, im Auftrag oder in Abspra-
che mit dem BND oder einer anderen Bundesbehörde (bitte benennen),
und aufgrund welcher Überlegungen?

h) Welcher Art waren die von der „New York Times“ am 19. Mai 1981 be-
haupteten Kontakte türkischer rechtsextremistischer Gruppierungen zum
Bundesamt für Verfassungsschutz, und wann und auf welche Weise und
mit welchem Ziel wurden diese Kontakte aufgenommen (www.nytimes.
com/1981/05/19/world/germany-finds-no-evidence-accused-turk-lived-
there.html?pagewanted=print)?

Berlin, den 13. Juli 2016

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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