BT-Drucksache 18/9185

Islamfeindlichkeit und antimuslimische Straftaten im zweiten Quartal 2016

Vom 7. Juli 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/9185
18. Wahlperiode 07.07.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Frank Tempel, Sevim Dağdelen, Kerstin Kassner,
Jan Korte, Martina Renner, Dr. Petra Sitte, Halina Wawzyniak und
der Fraktion DIE LINKE.

Islamfeindlichkeit und antimuslimische Straftaten im zweiten Quartal 2016

Laut einer Anfang Januar 2015 veröffentlichten Studie der Bertelsmann Stiftung
empfinden 57 Prozent der nichtmuslimischen Bürgerinnen und Bürger „den Is-
lam“ als Bedrohung. 61 Prozent der Befragten gaben an, der Islam passe nicht in
die westliche Welt, 40 Prozent fühlten sich durch Muslime als Fremde im eigenen
Land, jeder vierte will Muslimen die Zuwanderung nach Deutschland verbieten
(www.tagesschau.de/inland/islam-101.html). Auch andere Studien über gruppen-
bezogene Menschenfeindlichkeit, wie die im Zweijahresrhythmus durchgeführte
Mitte-Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung e. V, verweisen auf eine tiefsitzende Is-
lam- bzw. Muslimfeindlichkeit in beträchtlichen Teilen der Bevölkerung (www.
fes-gegen-rechtsextremismus.de/pdf_14/141120presse-handout.pdf).
Auf islamfeindlichen Internetportalen, wie dem nach eigenen Angaben von teil-
weise über 100 000 Besucherinnen und Besuchern am Tag gelesenen Blog „Po-
litically Incorrect“ (PI), werden insbesondere in den Leserkommentaren Muslime
und Muslimas in fremdenfeindlicher, beleidigender, hasserfüllter und zum Teil
gewaltbefürwortender Weise pauschal erniedrigt und beschimpft. Für die Pro-Be-
wegung (Pro NRW, Pro Deutschland) und die NPD dient islamfeindliche Agita-
tion, etwa gegen Moscheeneubauten, als ein Mittel, um die so genannte Mitte der
Gesellschaft mit ihrer rechtsextremen Programmatik zu erreichen.
Im Herbst 2014 entstand in Dresden die Pegida-Bewegung, die sich von ihrem
Namen her explizit gegen die „Islamisierung des Abendlandes“ richtet. An wö-
chentlichen Demonstrationen beteiligten sich in Dresden vorübergehend bis zu
25 000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer an den islam- und fremdenfeindlichen
Aufmärschen.
Die in Teilen der Bevölkerung verankerte Islam- und Muslimfeindlichkeit äußert
sich auch in Übergriffen und Anschlägen auf Moscheen in Deutschland, die von
Schändungen mit Schlachtabfällen oder Fäkalien bis hin zu Brandanschlägen rei-
chen (Bundestagsdrucksache 18/1627).
Wie die Bundesregierung auf Bundestagsdrucksache 18/7498 mitteilte, wurde
Ende des Jahres 2015 die Erweiterung des Oberthemas „Hasskriminalität“ um das
Unterthema „Islamfeindlichkeit“ vom zuständigen Fachgremium befürwortet, die
Erweiterung des Themenfeldkatalogs der politisch motivierten Kriminalität (PMK)
liegt damit bei der Innenministerkonferenz (IMK).

Drucksache 18/9185 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
 

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Inwieweit und in welchem Zusammenhang war Islamfeindlichkeit ein

Thema bei der Innenministerkonferenz vom 14. bis 17. Juni 2016?
a) Inwieweit und in welchem Zusammenhang steht Islamfeindlichkeit be-

reits als ein Thema der kommenden Innenministerkonferenz fest?
b) Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung der aktuelle Stand und wei-

tere Zeitplan der Überarbeitung des Themenfeldkataloges beim Ober-
thema „Hasskriminalität“ um ein Unterthema „Islamfeindlichkeit“ durch
das zuständige Gremium bei der IMK?

2. Welche islam- bzw. muslimfeindlichen Websites und Gruppierungen werden
nach Kenntnis der Bundesregierung in welchen Bundesländern als verfas-
sungsfeindlich (auch Verdachtsfälle) eingestuft bzw. von Landesämtern für
Verfassungsschutz überwacht?

3. Welche und wie viele islam- bzw. muslimfeindlichen Aufmärsche ein-
schließlich Proteste gegen eine angeblich drohende Islamisierung Europas
oder den Bau von Moscheen in Deutschland fanden nach Kenntnis der Bun-
desregierung im zweiten Quartal 2016 statt (bitte Datum, Ort, Teilnehmer-
zahl, Anlass bzw. Thema und Veranstalter angeben)?

4. Wie viele Anschläge auf Moscheen, Moscheevereine und sonstige islami-
sche Einrichtungen in Deutschland gab es nach Kenntnis der Bundesregie-
rung im zweiten Quartal 2016 (bitte einzeln nach Ort, Datum, Namen der
Moschee und ihrer möglichen Dachorganisation, Art des Anschlags und
Schadenshöhe, Phänomenbereich, Ober- und Unterthema und Anzahl der
Tatverdächtigen auflisten)?
a) Wie viele Schändungen von Moscheen, Moscheevereinen und sonstigen

islamischen Einrichtungen durch Farbschmierereien, Fäkalien, Schlacht-
abfälle etc. sind der Bundesregierung für das zweite Quartal 2016 bekannt
geworden (bitte einzeln nach Ort, Datum, Namen der Moschee und ihrer
möglichen Dachorganisation, Art der Schändung und Schadenshöhe, Phä-
nomenbereich, Ober- und Unterthema und Anzahl der Tatverdächtigen
auflisten)?

b) Wie viele Bombendrohungen gegen Moscheen, Moscheevereine und
sonstige islamische Einrichtungen sind der Bundesregierung im zweiten
Quartal 2016 bekannt geworden (bitte einzeln nach Ort, Datum, Namen
der Moschee und ihrer möglichen Dachorganisation, Phänomenbereich,
Ober- und Unterthema und Anzahl der Tatverdächtigen auflisten)?

5. Wie viele mutmaßlich antimuslimisch oder islamfeindlich motivierte Straf-
taten außer Übergriffen auf Moscheen, Moscheevereine und sonstige islami-
sche Einrichtungen wurden im zweiten Quartal 2016 nach Kenntnis der Bun-
desregierung bundesweit verübt (bitte nach Anzahl, Art und Motivation der
Straftat und Bundesländer aufschlüsseln)?

6. Wie viele Personen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung im zweiten
Quartal 2016 bei Überfällen mit mutmaßlich antimuslimischer oder islam-
feindlicher Motivation oder mit vermuteter antimuslimischer oder islam-
feindlicher Motivation
a) leicht verletzt,
b) schwer verletzt, bzw.
c) getötet
(bitte nach Bundesländern und Motivation der Straftat aufschlüsseln)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/9185
 

7. Welcher materielle Schaden entstand nach Kenntnis der Bundesregierung bei
mutmaßlich antimuslimischen und islamfeindlichen Straftaten im zweiten
Quartal 2016 (bitte nach Schadenshöhe, Art der Motivation und Bundeslän-
dern aufschlüsseln)?

8. Wie viele Tatverdächtige wurden nach Kenntnis der Bundesregierung wegen
mutmaßlich antimuslimischer und islamfeindlicher Straftaten im zweiten
Quartal 2016 festgenommen (bitte nach Bundesländern, Art und Motivation
der Straftaten aufschlüsseln)?

9. Wie viele Ermittlungsverfahren wurden nach Kenntnis der Bundesregierung
wegen mutmaßlich antimuslimischer und islamfeindlicher Straftaten im
zweiten Quartal 2016 eingeleitet (bitte nach Bundesländern, Art und Moti-
vation der Straftaten aufschlüsseln)?

10. In wie vielen Fällen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung die Ermitt-
lungen wegen mutmaßlich antimuslimischer und islamfeindlicher Straftaten
im zweiten Quartal 2016 eingestellt (bitte nach Bundesländern, Art und Mo-
tivation der Straftaten aufschlüsseln)?

11. Wie viele Personen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung wegen anti-
muslimischer und islamfeindlicher Straftaten im zweiten Quartal 2016 zu
welchen Strafen verurteilt (bitte nach Bundesländern, Art und Motivation der
Straftaten aufschlüsseln)?

12. Welche gezielten bundesweiten Operationen der Polizei hat es nach Kenntnis
der Bundesregierung wegen überregionaler antimuslimischer und islam-
feindlicher Straftaten mit welchem Ergebnis gegeben?

13. Welche Nachmeldungen zu den Fragen 3 bis 12 auf Bundestagsdrucksache
18/8290 gibt es bezüglich des ersten Quartals 2016?

Berlin, den 6. Juli 2016

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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