BT-Drucksache 18/9169

zu dem Antrag der Abgeordneten Maria Klein-Schmeink, Elisabeth Scharfenberg, Kordula Schulz-Asche, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 18/7241 - Lasten und Kosten fair teilen - Paritätische Beteiligung der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber an den Beiträgen der gesetzlichen Krankenversicherung wiederherstellen

Vom 13. Juli 2016


Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Maria Klein-Schmeink, Elisabeth
Scharfenberg, Kordula Schulz-Asche, weiterer Abgeordneter und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 18/7241 –

Lasten und Kosten fair teilen – Paritätische Beteiligung der Arbeitgeberinnen
und Arbeitgeber an den Beiträgen der gesetzlichen Krankenversicherung
wiederherstellen

A. Problem
Die Antragsteller ersuchen um die vollständige Wiederherstellung der paritäti-
schen Beteiligung der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber an den Beiträgen der ge-
setzlichen Krankenversicherung. Dies begründen sie unter anderem damit, dass
die gestiegene Beitragsbelastung in der gesetzlichen Krankenversicherung durch
steigende Zusatzbeiträge allein durch die Versicherten aufgebracht wird, da der
Arbeitgeberbeitrag gesetzlich eingefroren wurde. Eine faire Lastenverteilung zwi-
schen Arbeitgebern und Arbeitnehmern sei notwendig, anderenfalls verschärfe
sich die einseitige finanzielle Belastung der Versicherten in Zukunft weiter, da
zur Finanzierung der steigenden Kosten im Gesundheitswesen die Beiträge in den
kommenden Jahren weiter ansteigen und zu einer Mehrbelastung der Arbeitneh-
merinnen und Arbeitnehmer von 1,8 Prozent führten.

B. Lösung
Die Antragsteller fordern die Vorlage eines Gesetzentwurfs, mit dem die paritäti-
sche Finanzierung der Beiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung zwi-
schen Arbeitergeberinnen und Arbeitgebern einerseits sowie Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmern andererseits vollständig wiederhergestellt wird. Weiter sei ei-
ne solidarische Bürgerversicherung nach dem grünen Modell für eine breitere,
stabilere und verlässlichere finanzielle Basis für das Gesundheitswesen notwen-
dig.
Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN.

Deutscher Bundestag Drucksache 18/9169
18. Wahlperiode 13.07.2016

Drucksache 18/9169 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

C. Alternativen
Annahme des Antrags.

D. Kosten
Kosten wurden nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/9169
Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
den Antrag auf Drucksache 18/7241 abzulehnen.

Berlin, den 22. Juni 2016

Der Ausschuss für Gesundheit

Dr. Edgar Franke
Vorsitzender

Maria Michalk
Berichterstatterin

Drucksache 18/9169 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Bericht der Abgeordneten Maria Michalk

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache 18/7241 in seiner 149. Sitzung am 14. Januar 2016 in
erster Lesung beraten und zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Gesundheit sowie zur Mitberatung
an den Ausschuss für Wirtschaft und Energie und den Ausschuss für Arbeit und Soziales überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Die Antragsteller fordern eine vollständige Wiederherstellung der paritätischen Finanzierung der Beiträge in der
gesetzlichen Krankenversicherung. Dies begründen sie unter anderem damit, dass die durchschnittliche Beitrags-
belastung in der gesetzlichen Krankenversicherung im Jahr 2016 so hoch wie nie zuvor sei. Diese steigenden Bei-
tragslasten müssten durch steigende Zusatzbeiträge allein durch die Versicherten finanziert werden, da der Ar-
beitgeberbeitrag gesetzlich eingefroren seien. Notwendig sei eine faire Lastenverteilung zwischen Arbeitgebern
und Arbeitnehmern durch die Wiederherstellung der paritätischen Finanzierung der gesetzlichen Krankenversi-
cherung, anderenfalls verschärfe sich die einseitige finanzielle Belastung der Versicherten in Zukunft weiter, da
die steigenden Gesundheitsausgaben durch Beitragserhöhungen kompensiert würden. Dies bedeute im Ergebnis
eine Mehrbelastung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bis 2019 von 1,8 Prozent. Aufgrund der seit 2015
fehlenden gesetzlichen Belastungsgrenzen oder eines Sozialausgleichs für Geringverdienende seien insbesondere
diese von den jährlichen Beitragssteigerungen betroffen. Weiter sehen die Antragsteller ein Versäumnis der Bun-
desregierung dahingehend, dass eine langfristig stabile, sichere und gerechte finanzielle Basis für das Gesund-
heitswesen durch eine Bürgerversicherung nicht geschaffen und stattdessen der Bundeszuschuss wiederholt um
mehrere Milliarden Euro gekürzt worden sei, um mit diesem Geld den Bundeshaushalt zu Lasten der gesetzlich
Versicherten zu sanieren.
Die Antragsteller fordern die Vorlage eines Gesetzentwurfs, mit dem die paritätische Finanzierung der Beiträge
in der gesetzlichen Krankenversicherung zwischen Arbeitergeberinnen und Arbeitgebern einerseits sowie Arbeit-
nehmerinnen und Arbeitnehmern andererseits wieder vollständig hergestellt wird. Weiter sei eine solidarische
Bürgerversicherung für eine breitere, stabilere und verlässlichere finanzielle Basis für das Gesundheitswesen not-
wendig. Die Beitragsbelastung könne mit dem vorgeschlagenen Modell der Bürgerversicherung gesenkt und sta-
bilisiert werden sowie eine gute und hochwertige Versorgung für alle garantiert werden. Hiervon würden auch
die Arbeitgeber profitieren.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Ausschuss für Wirtschaft und Energie hat in seiner 81. Sitzung am 22. Juni 2016 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN empfohlen, den Antrag auf Drucksache 18/7241 abzulehnen.
Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat in seiner 83. Sitzung am 22. Juni 2016 mit den Stimmen der Frakti-
onen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
empfohlen, den Antrag auf Drucksache 18/7241 abzulehnen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnis im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Gesundheit hat die Beratung zu dem Antrag auf Drucksache 18/7241 sowie zum Antrag der
Fraktion DIE LINKE. „Zusatzbeiträge abschaffen – Parität wiederherstellen“ auf Drucksache 18/7237 in seiner
62. Sitzung am 13. Januar 2016 aufgenommen und die Durchführung einer öffentlichen Anhörung, vorbehaltlich
der Überweisung durch das Plenum, beschlossen.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/9169
Die öffentliche Anhörung zu beiden Anträgen fand in der 67. Sitzung am 24. Februar 2016 statt. Als sachverstän-
dige Verbände waren eingeladen: Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Bundesarbeits-
gemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege e. V. (BAGFW), Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. (BDI),
Bundesverband des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Deutscher Industrie- und Handelskammertag e. V. (DIHK),
GKV-Spitzenverband, IGES Institut GmbH, Sozialverband Deutschland e. V. (SoVD), Sozialverband VdK
Deutschland e. V., Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. (vzbv), Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches
Institut der Hans-Böckler-Stiftung (WSI), Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO), Zentralverband des
Deutschen Handwerks e. V. (ZDH). Außerdem waren als Einzelsachverständige Prof. Dr. Wolfgang Greiner,
Prof. Dr. Stefan Greß und Hartmut Reiners eingeladen. Auf das entsprechende Wortprotokoll und die als Aus-
schussdrucksachen verteilten Stellungnahmen der Sachverständigen wird Bezug genommen.
Dem Ausschuss für Gesundheit lagen zum Antrag auf Drucksache 18/7241 sowie zum Antrag der Fraktion
DIE LINKE. auf Drucksache 18/7237 zwei Petitionen vor. Ein Petent hat die Rechtmäßigkeit der Erhebung von
Zusatzbeiträgen bezweifelt, da durch die Festschreibung des Arbeitgeberanteils und der Erhebung von Zusatzbei-
trägen allen Arbeitnehmern und Rentnern eine Enteignung der Einkommen zugemutet werde. Ein weiterer Petent
hat die Wiederherstellung der paritätisch finanzierten gesetzlichen Krankenversicherung und die ersatzlose Strei-
chung der Regelung über die Zusatzbeiträge und die Aufnahme der paritätischen Finanzierung der gesetzlichen
Krankenversicherung als Grundrecht ins Grundgesetz gefordert. Die Petitionen wurden in die Beratungen einbe-
zogen.
Der Ausschuss hat seine Beratungen zu dem Antrag auf Drucksache 18/7241 in seiner 81. Sitzung am 22. Ju-
ni 2016 fortgesetzt und abgeschlossen.
Als Ergebnis empfiehlt der Ausschuss für Gesundheit mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD
gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung des Antrags
auf Drucksache 18/7241.
Die Fraktion der CDU/CSU sagte, wer auf sich achte und sich gesund ernähre, erhalte seine Arbeitskraft und
tue damit etwas für sich selbst und für die Gemeinschaft. Der hohe Krankenstand und die damit verbundenen ho-
hen Zahlungen für Krankentagegeld stellten ein Problem nicht zuletzt für die Arbeitgeber dar. Eine Bürgerversi-
cherung sei kein geeignetes Instrument, um eine gute, finanzierbare Gesundheitsversorgung aufrechtzuhalten. Zu
den Anträgen hieß es, es sei nicht Aufgabe der Bundespolitik, die Feiertage festzulegen. DIE LINKE. sei in meh-
reren Bundesländern in der politischen Mitverantwortung und es stehe ihr frei, den Buß- und Bettag in einzelnen
Bundesländern wieder einzuführen. Man lehne die Wiedereinführung der Parität vor allem ab, da eine stärkere
Belastung der Arbeitgeber negative Auswirkungen für die wirtschaftliche Entwicklung und damit für die me-
dizinische Versorgung haben würde. Man entlaste die Kassen bei den Zusatzbeträgen mit Mitteln aus dem Ge-
sundheitsfonds nicht zuletzt deshalb, weil derzeit ein nicht unerheblicher Negativzins von 1,8 Millionen Euro
pro Jahr anfalle. Die Fraktion beobachte die Entwicklung bei den Zusatzbeiträgen sehr genau, derzeit sei es aber
nicht nötig, Veränderungen vorzunehmen. Generell arbeite man die Vereinbarungen des Koalitionsvertrages sys-
tematisch ab. Man setze sich sachorientiert für eine Verbesserung der Versorgung der Bevölkerung ein.
Die Fraktion der SPD machte deutlich, die Beitragsparität wiedereinführen zu wollen. Darin unterscheide man
sich stark vom Koalitionspartner. Die paritätische Finanzierung sei ein wichtiger Anspruch an die Solidarität in
der Gesellschaft und ein Schritt in Richtung Einführung einer Bürgerversicherung. Es sei ein „Spiel mit dem Feu-
er“, die Entnahme aus dem Gesundheitsfonds mit den Kosten für Flüchtlinge zu verknüpfen. Die Große Koalition
habe sehr viel für eine Verbesserung der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung getan, so zum Beispiel bei der
Prävention und bei der Palliativmedizin und Hospizversorgung. Man hoffe, sich auch in der Frage der paritäti-
schen Finanzierung der Krankenversicherung auf einen gemeinsamen Nenner verständigen zu können. Nach Mei-
nung der Fraktion müssten gesamtgesellschaftliche Aufgaben auch paritätisch finanziert werden.
Die Fraktion DIE LINKE. betonte, die Anträge zur Wiedereinführung der Beitragsparität zwischen Arbeitge-
bern und Arbeitnehmern zur gesetzlichen Krankenversicherung seien interessant, da der SPD-Vorsitzende kürz-
lich erklärt habe, seine Partei sozialpolitisch stärker profilieren zu wollen. Die Forderung der beiden Oppositions-
fraktionen sei eine gute Gelegenheit dafür. Mit dem Antrag wolle man die Parität sowohl in der Kranken- als auch
in der Pflegeversicherung wiederherstellen und den für die Pflegeversicherung abgeschafften Feiertag wiederein-
führen. Paritätisch finanziert werden sollten auch die Zusatzbeiträge. Damit stelle man weitergehende Forderun-
gen als die Bündnisgrünen in ihrem Antrag auf BT-Drs. 18/7241, der grundsätzlich das gleiche Ziel habe. Trotz-

Drucksache 18/9169 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
dem werde man diesem Antrag zustimmen. Man rede keineswegs über „Peanuts“, allein die Zusatzbeiträge mach-
ten 14,3 Milliarden Euro aus. Bei einer paritätischen Finanzierung würde davon etwa die Hälfte bei den Versicher-
ten bleiben. Dies wäre auch ein sehr gutes konjunkturpolitisches Programm für das Land.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN verwies darauf, dass die Bundesregierung den Krankenkassen
1,5 Milliarden Euro aus dem Gesundheitsfonds zukommen lassen wolle. Sie habe dies mit gestiegenen Flücht-
lingskosten begründet. Dies sei aber sachlich falsch, da dies auf den verschiedenen Ebenen mit Steuermitteln auf-
gefangen werde. In Wahrheit wolle man im Wahljahr einen Anstieg der Zusatzbeiträge vermeiden. Offenbar traue
die Bundesregierung selbst ihrem eigenen Konzept der allein von den Versicherten zu tragenden Zusatzbeiträge
nicht. Der Verweis auf die Kosten der Flüchtlingskosten müsse in einem zugespitzten politischen Umfeld mit
Neiddebatten unbedingt unterlassen werden. Bei der Wiedereinführung der Parität sei insbesondere die SPD ge-
fragt, da sich auch der zuständige stellvertretende Fraktionsvorsitzende dafür ausgesprochen habe. Dem Antrag
der Fraktion DIE LINKE. könne man nicht zustimmen, da man die Forderung nach einer Veränderung der Feier-
tagsregelungen für zu weitgehend halte.

Berlin, den 22. Juni 2016

Maria Michalk
Berichterstatterin

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de

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