BT-Drucksache 18/9158

Klimaschutz im Luftverkehr - Stand der internationalen Verhandlungen auf ICAO-Ebene zur Einführung eines globalen marktbasierten Mechanismus

Vom 7. Juli 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/9158
18. Wahlperiode 07.07.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Stephan Kühn (Dresden), Annalena Baerbock, Bärbel Höhn,
Matthias Gastel, Tabea Rößner, Markus Tressel, Dr. Valerie Wilms
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Klimaschutz im Luftverkehr – Stand der internationalen Verhandlungen auf
ICAO-Ebene zur Einführung eines globalen marktbasierten Mechanismus

Vom 27. September bis zum 7. Oktober 2016 findet die 39. Versammlung der
Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) in Montreal statt. Die Emissio-
nen des Luftverkehrs wachsen stetig und auch in Zukunft werden der Luftverkehr
und die dadurch verursachten Treibhausgase rapide zunehmen. Prognosen zu-
folge liegen im Jahr 2020 die Emissionen aus dem internationalen Luftverkehr
um 70 Prozent über denen des Jahres 2005. Laut dem Weltklimarat (Intergovern-
mental Panel on Climate Change – IPPC) könnten die weltweiten CO2-Emissio-
nen des Flugverkehrs im Jahr 2050 rund 2 300 Millionen Tonnen pro Jahr errei-
chen, wenn der Flugverkehr so weiter wächst wie bisher.
In Montreal wird angestrebt, dass die internationale Staatengemeinschaft einen
„globalen marktbasierten Mechanismus“ (GMBM) zur Begrenzung der CO2-
Emissionen des internationalen Luftverkehrs beschließt, der im Jahr 2020 in Kraft
tritt und ab dem Jahr 2020 ein kohlenstoffneutrales Wachstum des internationalen
Luftverkehrs ermöglichen soll.
Dabei wird unter anderem ein „Offsetting-System“ diskutiert, welches die weiter
steigenden Emissionen des Luftverkehrs kompensieren soll. Es ist bislang aller-
dings noch völlig unklar, ob die derzeit verhandelten internationalen Maßnahmen
dazu geeignet sind, den weltweiten Temperaturanstieg deutlich unter 2 °C gegen-
über dem vorindustriellen Niveau zu halten und die Anstrengungen fortzusetzen,
um den Temperaturanstieg auf 1,5 °C zu begrenzen, wie es die Beschlüsse von
Paris vorsehen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Reicht nach Auffassung der Bundesregierung ein kohlenstofffreies Wachs-

tum des Luftverkehrs nach dem Jahr 2020 aus, um der Klimavereinbarung
von Paris gerecht zu werden?

2. Setzt sich die Bundesregierung, insbesondere nach der Klimakonferenz von
Paris, dafür ein, dass die Emissionen des internationalen Luftverkehrs auch
absolut sinken müssen, und wenn nein, warum nicht?

3. Wie sieht die Projektion der Bundesregierung hinsichtlich der weiteren Ent-
wicklung des Luftverkehrs sowie der damit verbundenen Emissionen in
Deutschland aus, und wie verhält sich dies zu den Beschlüssen der Klima-
konferenz von Paris?

Drucksache 18/9158 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
 

4. Wie will die Bundesregierung, insbesondere nach der Vereinbarung von Paris,
die Erderwärmung auf deutlich unter 2 Grad zu begrenzen, die Emissionen
des Luftverkehrs auf Inlandsflügen senken?

5. Erachtet die Bundesregierung einen sogenannten Offsetting-Mechanismus,
also die Anrechnung von Klimaschutzanstrengungen, die außerhalb des Flug-
verkehrs erreicht werden, als grundsätzlich geeignet an, Klimaschutzanstren-
gungen im Luftverkehr anzureizen, und wie beurteilt sie dies hinsichtlich der
Wirksamkeit im Vergleich zu anderen Instrumenten, wie etwa dem Emissi-
onshandel?

6. Welche Probleme sieht die Bundesregierung grundsätzlich mit einem Offset-
ting-Mechanismus für den Flugverkehr, und wie will sie sicherstellen, dass
ein Missbrauch ausgeschlossen wird und tatsächlich reale Emissionsminde-
rungen erreicht werden?

7. Hat sich die Bundesregierung, insbesondere nach der erfolgreichen Klima-
konferenz von Paris, bei den USA und China für eine Einbeziehung des Luft-
verkehrs nach und von außerhalb Europas in den europäischen Emissions-
handel eingesetzt, und wie oft und wo haben die Bundesregierung und die
Institutionen der Europäischen Union Verhandlungen mit China und den
USA geführt?

8. Setzt sich die Bundesregierung dafür ein, dass der internationale Luftverkehr
von und nach außerhalb der Europäischen Union auch nach dem Jahr 2016
weiter nicht in das europäische Handelssystem einbezogen wird, obwohl die
Richtlinie ursprünglich eine solche Einbeziehung des Luftverkehrs vorgese-
hen hatte?

9. Wie soll es nach den Vorstellungen der Bundesregierung mit der Einbezie-
hung des Luftverkehrs in den Emissionshandel grundsätzlich weitergehen,
und für welche Weiterentwicklungen für die Zeit ab dem Jahr 2020 setzt sich
die Bundesregierung ein?

10. Wie hoch waren nach Einschätzung der Bundesregierung bisher die fehlen-
den Einnahmen für die öffentliche Hand durch die sogenannte „Stop-the-
Clock“-Entscheidung, also der Aussetzung der Verpflichtung zur Teilnahme
am europäischen Emissionshandel von Flügen von und nach außerhalb der
Europäischen Union und welche Mindereinahmen wären bis zum Jahr 2020
zu erwarten, wenn Flüge von und nach außerhalb der Europäischen Union
weiter vom Emissionshandel ausgenommen würden?

11. Welche Abteilungen und Referate sind in welchen Bundesministerien mit
den Verhandlungen in den ICAO-Gremien für einen einheitlichen globalen
Mechanismus zur Bewältigung der Emissionen aus dem internationalen
Luftverkehr betraut?

12. Welche Abteilungen und Referate von welchen Bundesministerien haben die
Bundesrepublik Deutschland jeweils in den Verhandlungsgremien der ICAO
für einen einheitlichen globalen Mechanismus zur Bewältigung der Emissi-
onen aus dem internationalen Luftverkehr vertreten (bitte nach den einzelnen
Treffen aufschlüsseln)?

13. Ist die deutsche Luftverkehrswirtschaft (insbesondere der Bundesverband
der Deutschen Luftverkehrswirtschaft e. V.) Teil der deutschen Delegation
in den Verhandlungsgremien der ICAO?

14. Gibt es Nichtregierungsorganisationen, die Teil der deutschen Delegation sind
(bitte einzeln nennen), bzw. welche Organisationen hat die Bundesregierung
im Laufe der Verhandlungen wann und wie oft konsultiert?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/9158
 

15. Welche bilateralen Gespräche hat die Bundesregierung zur Verabschiedung
eines einheitlichen globalen Mechanismus zur Bewältigung der Emissionen
aus dem internationalen Luftverkehr auf der ICAO-Versammlung im Herbst
2016 geführt?
Mit wem fanden diese jeweils statt, und welche Abteilungen und Referate
welcher Bundesministerien haben daran teilgenommen (bitte nach den ein-
zelnen Treffen aufschlüsseln)?

16. Wer waren die Mitglieder der deutschen Delegation beim vergangenen
High-level Meeting in Montreal?

17. Ist der Vertreter des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruk-
tur beim vergangenen High-level Meeting in Montreal von der abgestimmten
EU-Position bzw. abgestimmten Position der Bundesregierung in seiner
Wortäußerung abgewichen, und wenn ja, wieso?

18. Wer wird die Bundesregierung am 12./13. Juli 2016 in Madrid beim Treffen
auf Einladung der spanischen Regierung vertreten?

19. Wer wird die Bundesregierung bei der ICAO-Versammlung vom 27. September
bis zum 7. Oktober 2016 vertreten?

20. Wie bewertet die Bundesregierung den derzeitigen Verhandlungsstand für
einen einheitlichen globalen Mechanismus zur Bewältigung der Emissionen
aus dem internationalen Luftverkehr?

21. Welche Emissionen im Luftverkehr sollen derzeit nicht vom einheitlichen
globalen Mechanismus zur Bewältigung der Emissionen erfasst werden?
Wie bewertet die Bundesregierung diese Ausnahmen auf den Klimaschutz?

22. Welches Ergebnis der Verhandlungen wäre aus Sicht der Bundesregierung
für den internationalen Klimaschutz ein Erfolg?
Welches Ergebnis wäre als Misserfolg zu bewerten?

23. Sollten die Verhandlungen aus Sicht der Bundesregierung für den internati-
onalen Klimaschutz nicht zum Erfolg führen, wird die Bundesregierung sich
dafür einsetzen, den Flugverkehr wieder vollständig in den EU-Emissions-
handel einzubeziehen?

24. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass ein ggf. zunächst vereinbartes
Stabilisationsziel später in ein internationales Reduktionsziel für die Emissi-
onen im Luftverkehr umgewandelt bzw. ergänzt werden muss?

Berlin, den 7. Juli 2016

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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