BT-Drucksache 18/9104

zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung - Drucksachen 18/4624, 18/9093 - Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Bundesjagdgesetzes

Vom 6. Juli 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/9104
18. Wahlperiode 06.07.2016
Änderungsantrag
der Abgeordneten Harald Ebner, Nicole Maisch, Friedrich Ostendorff, Steffi
Lemke, Bärbel Höhn, Markus Tressel, Annalena Baerbock, Matthias Gastel,
Sylvia Kotting-Uhl, Oliver Krischer, Stephan Kühn (Dresden), Christian Kühn
(Tübingen), Peter Meiwald, Dr. Julia Verlinden, Dr. Valerie Wilms und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 18/4624, 18/9093 –

Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Bundesjagdgesetzes

Der Bundestag wolle beschließen,

den Gesetzentwurf auf Drucksache 18/4624 wie folgt zu ändern:

1. Die Überschrift wird wie folgt gefasst:

„Entwurf eines Gesetzes zur Änderung jagdrechtlicher Vorschriften
und zur Änderung des Bundeswaldgesetzes“.

2. Nach Artikel 1 wird folgender Artikel 2 eingefügt:

,Artikel 2

Das Bundeswaldgesetz vom 2. Mai 1975 (BGBl. I S. 1037), das zuletzt
durch Artikel 1 des Gesetzes vom 31. Juli 2010 (BGBl. I S. 1050) geändert wor-
den ist, wird wie folgt geändert:
1. § 40 Absatz 3 wird wie folgt gefasst:

„(3) Vorbehaltlich der Absätze 1 und 2 und des § 46 bleiben die Vor-
schriften des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen im Übrigen
unberührt.“

Drucksache 18/9104 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

2. § 46 wird wie folgt gefasst:

㤠46

Weitere Vorschriften in besonderen Fällen

(1) Für Beschlüsse und Vereinbarungen über die der Holzvermark-
tung nicht zuzurechnenden forstwirtschaftlichen Maßnahmen von nicht-
staatlichen oder staatlichen Trägern oder von deren Kooperationen, soweit
auf diese Beschlüsse und Vereinbarungen die Regelungen des Gesetzes
gegen Wettbewerbsbeschränkungen anzuwenden sind, gelten die Voraus-
setzungen für eine Freistellung im Sinne des § 2 des Gesetzes gegen Wett-
bewerbsbeschränkungen als erfüllt. Maßnahmen im Sinne des Satzes 1
umfassen die Bereiche der Planung und Ausführung waldbaulicher Maß-
nahmen, der Markierung, der Ernte und der Bereitstellung des Rohholzes
bis einschließlich seiner Registrierung.

(2) Soweit auf Beschlüsse und Vereinbarungen im Sinne des Absat-
zes 1 die Regelungen des Artikels 101 des Vertrages über die Arbeitsweise
der Europäischen Union anzuwenden sind, wird vermutet, dass die Vo-
raussetzungen für eine Freistellung im Sinne des Artikels 101 Absatz 3
des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union erfüllt
sind.“ ʻ

3. Der bisherige Artikel 2 wird Artikel 3.

Berlin, den 6. Juli 2016

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

Begründung

Zu 1)
Änderung der Überschrift des Gesetzes.

Zu 2)
Die Änderung in Artikel 2 entspricht dem im Rahmen der Länderanhörung vom 25.02.2016 zum „Entwurf
eines Gesetzes zur Änderung jagdrechtlicher Vorschriften und zur Änderung des Bundeswaldgesetzes“ vorge-
legten Regelungsvorschlag zur Einbindung des fakultativen Angebots der Holzvermarktung vorgelagerter
staatlicher Forstdienstleistungen in den kartellrechtlichen Kontext. Der Gesetzentwurf ist von der Bundesre-
gierung bislang nicht in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht worden.
Die Änderung des Bundeswaldgesetzes in Artikel 2 greift die vom Bundeskartellamt in seinem Verfahren ge-
gen Baden-Württemberg angestoßene Diskussion auf und bettet die der Holzvermarktung vorgelagerten forst-
lichen Dienstleistungen in den wettbewerbsrechtlichen Kontext ein. Dabei trägt er den atypischen betriebswirt-
schaftlichen Produktionsbedingungen in der Forstwirtschaft mit ihren langfristigen Produktionszeiträumen und
der Multifunktionalität des Waldes Rechnung.
Sie soll die Bewirtschafter insbesondere kleinerer Waldflächen bei ihren eigenverantwortlichen Anstrengungen
zur Erbringung der mit der nachhaltigen Waldbewirtschaftung und Waldpflege verknüpften Gemeinwohlleis-
tungen unterstützen und zu diesem Zweck auch in Zukunft ein unverbindliches flankierendes Angebot staatli-
cher Forstdienstleistungen ermöglichen.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/9104
Die Änderung des Bundeswaldgesetzes betont die Bedeutung des privaten Waldbesitzes sowie der Forstbe-
triebsgemeinschaften für die Daseinsvorsorge im Cluster Forst und Holz ausdrücklich.
Insbesondere wird deutlich hervorgehoben, dass es sich bei den staatlichen Forstdienstleistungen lediglich um
ein Angebot des Staatswaldes an die privaten und kommunalen Waldbesitzer zur Durchführung der der Ver-
marktung vorgelagerten Tätigkeiten handelt.
Das unverbindliche Angebot an Beratung und Betreuung des Privat- und Kommunalwaldes durch fachkundiges
Personal der staatlichen Forstverwaltungen ist historisch gewachsen und hat sich bewährt. Es dient in beson-
derer Weise der Überwindung der Nachteile aus der Zersplitterung des Privat- und Körperschaftswaldes und
der Sicherung der Wahlfreiheit der Waldbesitzer bezüglich der fakultativen Inanspruchnahme forstlicher
Dienstleistungen und der Gewährleistung des Zugangs zu diesen Dienstleistungen unabhängig von unterschied-
lichen Besitzstrukturen. Soweit das Angebot der Holzvermarktung vorgelagerter staatlicher Forstdienstleistun-
gen auch wettbewerbsrechtliche Fragen aufwirft, wird es mit den in Artikel 2 enthaltenen Vorschriften zur
Änderung des BWaldG in den Kontext sowohl des nationalen als auch des Unionskartellrechts eingebunden.
Ziel der Änderung des Bundeswaldgesetzes ist es, das insbesondere an Bewirtschafter von kleineren Privat-
und Kommunalwaldflächen gerichtete Angebot staatlicher Forstdienstleistungen, die der Holzvermarktung
vorgelagert sind und auch öffentlichen Interessen dienen, angemessen in den Kontext des Wettbewerbsrechts
einzubinden.

Zu § 40 Absatz 3
Die Unberührtheitsklausel des § 40 Absatz 3 wird um den neuen § 46 erweitert.

Zu § 46 (neu)
Die Forstwirtschaft ist durch Besonderheiten gekennzeichnet, die sie von anderen landwirtschaftlichen Pro-
duktionszweigen unterscheidet. Dazu gehört insb. die Langfristigkeit – zwischen der Entscheidung über die
Art der Neubegründung eines Bestandes und der Nutzung liegen oft 100 Jahre und mehr – der Produktion.
Darüber hinaus werden an die Waldbewirtschaftung hohe Anforderungen hinsichtlich der Bereitstellung von
Gemeinwohlleistungen gestellt. Es liegt im öffentlichen Interesse, dass diese Gemeinwohlleistungen auch wei-
terhin zur Verfügung stehen. Diese Gemeinwohlleistungen werden insbesondere durch die über Jahrzehnte
währende Bestandspflege und nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder erbracht, für die private, kommunale
und staatliche Waldeigentümer die Verantwortung tragen – seien es die vielen einzelnen, z. T. kleinstrukturier-
ten Forstbetriebe, seien es die eine wichtige Bündelungsfunktion wahrnehmenden Forstbetriebsgemeinschaften
oder seien es in gleichem Maß die Staatsforstbetriebe.
Um die im Interesse der Allgemeinheit liegende ordnungsgemäße Waldpflege und -bewirtschaftung durch alle
Waldbesitzer gleichermaßen erbringen zu können, haben – neben den Forstbetriebsgemeinschaften sowie den
privaten und kommunalen Forstbetrieben – auch die Staatsforstbetriebe in ihren jeweiligen Ländern Betreu-
ungsangebote für kleinere private und kommunale Waldeigentümer entwickelt.
Um diese im öffentlichen Interesse liegenden Aufgaben von der eigentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit der
Holzvermarktung abzugrenzen, wird in § 46 (neu) BWaldG – gleichsam negativ – definiert, welche forstlichen
Maßnahmen im Einzelnen nicht zur Holzvermarktung im engeren Sinne zu zählen sind. Die Holzvermarktung
im engeren Sinne, d. h. der Verkauf des an der Waldstraße liegenden, nach Qualität sortierten Holzes und die
eigentliche Vermarktung des Holzes, stellen wirtschaftliche Tätigkeiten dar. Diejenigen Tätigkeiten, die den
Holzverkauf und die Holzvermarktung im engeren Sinne vorbereiten, können sowohl wirtschaftliche wie auch
öffentlichen Interessen dienende Aspekte beinhalten. Zum einen liefern die Planung von Holzerntemaßnahmen,
das Holzauszeichnen, der Holzeinschlag und die Holzaufnahme in Holzlisten wichtige Daten für den Holzver-
kauf, wie bspw. Informationen zu Baumart, Sortiment, Qualität, Stärke und Menge. Nur mit Hilfe dieser Daten
können Holzverkaufsverhandlungen effektiv ausgestaltet werden. Zum anderen dienen diese forstwirtschaftli-
chen Maßnahmen aber auch der Waldpflege und Walderhaltung. Der Wald hat neben einer Nutzfunktion auch
eine Schutz- und Erholungsfunktion. So geht es bspw. bei der jährlichen Betriebsplanung auch um die Maß-
nahmen, die für den Waldschutz und die Waldpflege zu treffen sind. Die Holzlistenerstellung dient auch der
Gewährleistung der Nachhaltigkeit des Holzeinschlags und der Sicherung des Herkunftsnachweises nach der
EU-Holzhandelsverordnung (EUTR) 995/2010. Und auch beim Holzauszeichnen spielen die Stabilitätssiche-
rung und das nachhaltige Wachstum der Baumbestände eine Rolle.

Drucksache 18/9104 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Bei diesen Maßnahmen ist im Einzelfall zu unterscheiden, inwieweit es sich um öffentlichen Zielen dienende
hoheitliche Maßnahmen handelt. Dies hängt vor allem von der im jeweiligen Landesrecht vorgesehenen Forst-
organisation und Ausgestaltung der Maßnahmen, in die das Bundeswaldgesetz nicht eingreift, ab. Sind die
Tätigkeiten danach als öffentlichen Zielen dienende hoheitliche Maßnahmen einzustufen, kommen das natio-
nale oder europäische Wettbewerbsrecht von vornherein nicht zum Tragen. Soweit diese Tätigkeiten wirt-
schaftliche Komponenten enthalten, wird nach § 46 (neu) BWaldG vermutet, dass diese forstwirtschaftlichen
Maßnahmen die Voraussetzungen für eine Freistellung im Sinne des § 2 GWB und des Artikels 101 Absatz 3
AEUV erfüllen. Absatz 1 enthält eine unwiderlegliche Vermutung, dass die Voraussetzungen für eine Freistel-
lung im Sinne des § 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen erfüllt sind. Absatz 2 enthält für den
Fall, dass der innergemeinschaftliche Handel spürbar beeinträchtigt ist, eine widerlegliche Vermutung, dass
die Voraussetzungen einer Freistellung nach Artikel 101 Absatz 3 AEUV grundsätzlich gegeben sind.
Die Regelung in § 46 (neu) BWaldG berührt in keiner Weise die Wahlfreiheit der Waldbesitzer bezüglich der
Inanspruchnahme forstlicher Dienstleistungen und den Zugang zu diesen Dienstleistungen. Es bleibt auch künf-
tig allein der Entscheidung des Waldbesitzers überlassen, ob und wenn ja, welche forstlichen Dienstleistungen
von Dritten er in Anspruch nehmen möchte. Die vielfältigen eigenverantwortlichen Anstrengungen der Wald-
besitzer zur Erbringung der mit der nachhaltigen Waldbewirtschaftung und -pflege verknüpften Gemeinwohl-
leistungen werden lediglich flankiert.

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