BT-Drucksache 18/9080

a) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung - Drucksache 18/8556 - Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen

Vom 6. Juli 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/9080
18. Wahlperiode 06.07.2016

Bericht*)
des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (13. Ausschuss)

a) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
– Drucksache 18/8556 –

Entwurf eines Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes
sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen

b) zu dem Antrag der Abgeordneten Cornelia Möhring, Ulla Jelpke, Sigrid
Hupach, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 18/7236 –

Selbstbestimmungsrechte von Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern stärken

c) zu dem Antrag der Abgeordneten Ulle Schauws, Katja Dörner,
Dr. Franziska Brantner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 18/7243 –

Gesetz zur Regulierung von Prostitutionsstätten vorlegen

*) Die Beschlussempfehlung wurde gesondert auf Drucksache 18/9036 (neu) verteilt.

Drucksache 18/9080 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Bericht der Abgeordneten Sylvia Pantel, Ulrike Bahr, Cornelia Möhring und Ulle
Schauws

A. Allgemeiner Teil

I. Überweisung

Zu Buchstabe a

Der Gesetzentwurf auf Drucksache 18/8556 wurde in der 173. Sitzung des Deutschen Bundestages am
2. Juni 2016 dem Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zur federführenden Beratung und dem
Innenausschuss, dem Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz, dem Ausschuss für Wirtschaft und Energie,
dem Ausschuss für Gesundheit sowie dem Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe zur Mitberatung
überwiesen.

Zu Buchstabe b

Der Antrag auf Drucksache 18/7236 wurde in der 149. Sitzung des Deutschen Bundestages am 14. Januar 2016
dem Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zur Beratung überwiesen.

Zu Buchstabe c

Der Antrag auf Drucksache 18/7243 wurde in der 149. Sitzung des Deutschen Bundestages am 14. Januar 2016
dem Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zur federführenden Beratung und dem Innenausschuss
sowie dem Finanzausschuss zur Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlagen

Zu Buchstabe a

In der Begründung zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung wird ausgeführt, der im Jahr 2007 vorgelegte
Bericht der Bundesregierung zu den Auswirkungen des Prostitutionsgesetzes vom 20. Dezember 2001 (Drucksa-
che 16/4146) habe ergeben, dass sich nur ein Teil der mit diesem Gesetz verknüpften Erwartungen erfüllt habe.
Es habe insbesondere die vom Gesetzgeber intendierten Zielsetzungen, den Zugang zur Sozialversicherung zu
erleichtern, kriminellen Begleiterscheinungen der Prostitution den Boden zu entziehen, den Ausstieg aus der Pros-
titution zu erleichtern und bessere Arbeitsbedingungen zu schaffen, nur zu einem begrenzten Teil erreichen kön-
nen. Gegenwärtig stünden einer Vielzahl unterschiedlicher Geschäftsmodelle des Prostitutionsgewerbes nur ge-
ringe und kaum ausdifferenzierte gewerbe- und ordnungsrechtliche Anforderungen an die Betreiber von Bordel-
len, bordellähnlichen Betrieben, Saunaclubs, Escort-Services etc. gegenüber. Besorgniserregend sei in den letzten
Jahren nach Beobachtungen aus Fachkreisen das vermehrte Auftreten neuer und problematischer Erscheinungs-
formen und Auswüchse, denen mit den bestehenden rechtlichen Instrumentarien kaum adäquat begegnet werden
könne.

Auch zum Schutz der Allgemeinheit bedürfe es verbesserter Instrumente, um besonders unzuträgliche Auswüchse
oder mit besonderen Gefahren für das Wohl der Allgemeinheit verbundene Geschäftsmodelle unterbinden zu
können. Deshalb müssten weitere gesetzliche Maßnahmen ergriffen werden, um die in der Prostitution Tätigen
besser zu schützen, ihr Selbstbestimmungsrecht zu stärken und um Kriminalität in der Prostitution wie Menschen-
handel, Gewalt gegen und Ausbeutung von Prostituierten und Zuhälterei zu bekämpfen. Dies solle das Prostitu-
iertenschutzgesetz (Artikel 1 des Gesetzes) leisten, welches die Zielsetzung verfolge,

– das (sexuelle) Selbstbestimmungsrecht von Menschen in der Prostitution zu stärken,

– fachgesetzliche Grundlagen zur Gewährleistung verträglicher Arbeitsbedingungen und zum Schutz der Ge-
sundheit für die in der Prostitution Tätigen zu schaffen,

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/9080
– die ordnungsrechtlichen Instrumente zur Überwachung der gewerblich ausgeübten Prostitution und der Pros-

titutionsgewerbebetriebe zu verbessern,

– die Rechtssicherheit für die legale Ausübung der Prostitution zu verbessern,

– gefährliche Erscheinungsformen der Prostitution und sozial unverträgliche oder jugendgefährdende Auswir-
kungen der Prostitutionsausübung auszuschließen bzw. zu verdrängen und

– Kriminalität in der Prostitution wie Menschenhandel, Gewalt gegen und Ausbeutung von Prostituierten und
Zuhälterei zu bekämpfen.

Das vorgesehene Prostituiertenschutzgesetz (Artikel 1) regelt alle typischen Ausprägungsformen der gewerbli-
chen Prostitution und sieht Rechte und Pflichten für Prostituierte und für Gewerbetreibende im Bereich der Pros-
titution vor. Weitere Artikel enthalten flankierende Änderungen bestehender Gesetze, insbesondere des Prostitu-
tionsgesetzes, der Gewerbeordnung, des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten sowie des Schwarzarbeitsbekämp-
fungsgesetzes. Artikel 2 sieht eine Ergänzung des Prostitutionsgesetzes zur ausdrücklichen Beschränkung des
Direktionsrechts für Arbeitgeber von Prostituierten vor. Weisungen zu Art und Ausmaß sexueller Dienstleistun-
gen sind danach unzulässig.

Elemente des Prostituiertenschutzgesetzes sind:

– Einführung einer Anmeldepflicht für Prostituierte, daran anknüpfend Maßnahmen zur umfassenden Verbes-
serung des niedrigschwelligen Zugangs von Frauen und Männern in der Prostitution zu Beratung und Unter-
stützung:

– Bereitstellung von Informationen zur Rechtsstellung von Prostituierten, zu Beratungs- und Unterstützungs-
angeboten, zur Absicherung im Krankheitsfall u. a. durch die Behörden im Rahmen eines persönlichen
Informations- und Beratungsgesprächs, in einer Sprache, die die oder der Prostituierte verstehen kann,

– Verpflichtende gesundheitliche Beratung, die bei der Anmeldung der Tätigkeit nachzuweisen und jährlich,
für Heranwachsende halbjährlich, zu wiederholen ist,

– Erteilung einer Anmeldebescheinigung mit zweijähriger, für Heranwachsende einjähriger Laufzeit, optio-
nal Ausstellung einer Aliasbescheinigung, die für alle Zwecke des Nachweises der erfolgten Anmeldung,
z. B. gegenüber Bordellbetreibern, verwendet werden kann,

– Verpflichtung der Behörden, bei erkennbarem Beratungsbedarf einer Person angemessene Maßnahmen zu
ergreifen und dadurch bessere Chancen für den Zugang zu Hilfe und Unterstützung zu eröffnen und

– Verweigerung der Anmeldebescheinigung u. a., wenn Personen erkennbar als Heranwachsende durch
Dritte zur Prostitution gebracht werden sollen oder wenn sie durch Ausnutzung einer Zwangslage, ihrer
Hilflosigkeit in einem fremden Land, oder ihrer persönlichen oder wirtschaftlichen Abhängigkeit zur Pros-
titution gebracht oder diese Personen von Dritten ausgebeutet werden sollen.

– Einführung einer Kondompflicht für Prostituierte und deren Kunden beim Geschlechtsverkehr, daran anknüp-
fend Verbot der Werbung für entgeltlichen Geschlechtsverkehr ohne Kondom;

– Einführung einer Erlaubnispflicht für die Ausübung eines Prostitutionsgewerbes sowie daran anknüpfend

– Zuverlässigkeitsprüfung für Betreiber von Prostitutionsgewerbebetrieben sowie der als Stellvertretung ein-
gesetzten Personen,

– Ausschluss von Formen des Prostitutionsgewerbes, die aufgrund ihrer Ausgestaltung mit der sexuellen
Selbstbestimmung von Prostituierten und anderen Personen unvereinbar sind, oder deren Konzept erkenn-
bar der Ausbeutung von Prostituierten Vorschub leistet,

– Bindung der Erlaubnis an ein vom Betreiber vorgelegtes Betriebskonzept,

– Gesetzlich festgelegte, einheitliche Mindestanforderungen an für Zwecke der Prostitution genutzte Be-
triebsstätten zum Schutze der Beschäftigten, anderer dort Dienstleistungen erbringender Personen, der
Kundinnen und Kunden, der Anwohnerinnen und Anwohner, der Anlieger, der Jugend und der Allgemein-
heit als Voraussetzung für die Erlaubniserteilung,

Drucksache 18/9080 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

– Pflichten für die Betreiber von Prostitutionsgewerben im Hinblick auf Gesundheit und Sicherheit von Pros-
tituierten sowie von Dritten,

– Pflicht der Betreiber, gesundheitliche Beratungen durch Angebote des öffentlichen Gesundheitsdienstes
oder Fachberatungsstellen in der Prostitutionsstätte jederzeit zu ermöglichen,

– Sorgfaltspflichten der Betreiber bei der Auswahl der in ihrem Gewerbebetrieb tätigen Prostituierten sowie
des von ihnen eingesetzten Personals,

– Verpflichtung der Betreiber, nur Prostituierte mit gültiger Anmelde- bzw. Aliasbescheinigung in ihrem
Prostitutionsgewerbe tätig werden zu lassen und Hinweispflicht auf die Pflicht zu wiederkehrenden ge-
sundheitlichen Beratungen,

– Beschränkung von Weisungen und Vorgaben der Betreiber gegenüber Prostituierten,

– Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten der Betreiber,

– Überwachungsbefugnisse, Kontroll- und Betretensrechte der zuständigen Behörden;

– Regelungen zum Schutz personenbezogener Daten.

Zu Buchstabe b

Die Fraktion DIE LINKE. stellt in ihrem Antrag fest, dass mit dem Prostitutionsgesetz aus dem Jahre 2002 ein
wichtiger Schritt zu einer Entkriminalisierung des Prostitutionsgewerbes getan worden sei. Seither könnten Ent-
geltforderungen vor Gericht geltend gemacht werden und es seien abhängige Beschäftigungsverhältnisse und da-
mit der Zugang zum Sozialversicherungssystem möglich. Im Prostitutionsgesetz werde ausdrücklich festgehalten,
dass das eingeschränkte Weisungsrecht des Arbeitgebers einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis in der Pros-
titution nicht entgegenstehe. Damit sei die Rechtsposition von Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern gestärkt und
auch ein Wandel in der gesellschaftlichen Bewertung des Berufs vorangebracht worden. Das Modell des abhän-
gigen Beschäftigungsverhältnisses in Prostitutionsstätten habe sich in der Praxis nicht etabliert, weil ein Wei-
sungsrecht letztlich immer die sexuelle Selbstbestimmung zu stark gefährden würde und ein Beschäftigungsver-
hältnis ohne Weisungsrecht für einen Arbeitgeber wirtschaftlich und rechtlich nicht umzusetzen sei. Die soziale
Absicherung sei somit ein zentrales Problem für Prostituierte. Es müsse im Rahmen einer allgemeinen Verbesse-
rung für alle Selbstständigen dringend gelöst werden. Außerdem gebe es eine anhaltende gesellschaftliche Stig-
matisierung von Personen, die sexuelle Dienstleistungen erbrächten.

Die von der Bundesregierung geplante Novelle sehe repressive Maßnahmen wie etwa eine Registrierungspflicht
und verpflichtende gesundheitliche Beratung vor. Es sei zu erwarten, dass dadurch viele Prostituierte in die Ille-
galität getrieben würden, da sie sich ein Outing nicht leisten könnten. Geeigneter Schutz könne jedoch immer nur
durch einen Ausbau von Rechten wirken, auf die sich Betroffene im Zweifelsfall stützen könnten.

Nach dem Antrag soll die Bundesregierung aufgefordert werden,

einen konkreten Maßnahmenkatalog zu unterbreiten, der das Selbstbestimmungsrecht von Sexarbeiterinnen und
Sexarbeitern garantiere, die Arbeitsbedingungen verbessere und Stigmatisierungen entgegenwirke. Dabei seien
insbesondere folgende Punkte zu beachten:

1. Für alle Selbstständigen, somit auch für Prostituierte, müssten perspektivisch bezahlbare Wege in die Zweige
der Sozialversicherungssysteme (Rente, Gesundheit und Pflege, Arbeitslosenversicherung) geschaffen wer-
den. Die Beitragszahlungen müssten sich dabei an den tatsächlichen Einkommen orientieren. Eine finanzielle
Überforderung sei auszuschließen.

2. Für vernünftige Arbeitsbedingungen, in denen das Selbstbestimmungsrecht von Sexarbeiterinnen und Sexar-
beitern garantiert werden könne, sei die Formulierung klarer Anforderungen an die Betreibenden von Prosti-
tutionsstätten erforderlich, an die die Erteilung einer Erlaubnis für den Betrieb gebunden werde.

Diese gesetzlich zu verankernden Mindeststandards (beispielsweise bezüglich Sicherheit, Hygiene oder Miet-
höhe) könnten und dürften nur gemeinsam mit Berufsverbänden von Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern (und
Betreibenden) für die im Vorfeld zu definierenden unterschiedlichen Arten von Prostitutionsstätten festgelegt
werden, erforderlichenfalls in Zusammenarbeit mit den Ländern. Die Verpflichtung zur Gewährleistung einer

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/9080

selbstständigen Tätigkeit von Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern in den Prostitutionsstätten müsse so weit wie
möglich unter Wahrung der sexuellen Selbstbestimmung geschehen.

Diese Anforderungen seien dann als rechtssichere Grundlage für Konzession, Kontrolle und ggf. die Verhän-
gung von Bußgeldern, wenn geregelte Arbeitsbedingungen nicht gewährleistet seien, anzuwenden.

3. Aufsuchende Beratungs- und Informationsangebote in verschiedenen Sprachen für Prostituierte sowie auf frei-
willige anonyme Inanspruchnahme gerichtete Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten bei sexuell übertrag-
baren Krankheiten (STI) (abgestimmt auf alle jeweiligen Geschlechter) müssten in Zusammenarbeit mit den
Ländern ausgebaut und bedarfsgerecht und sicher finanziert werden.

Zudem seien auch Informationsangebote für die Kundschaft zur Verfügung zu stellen. Diese sollten leicht
verständliche Informationen über Übertragungsrisiken der verschiedenen STI und Verhaltensempfehlungen
enthalten.

4. Alle Maßnahmen, die zur Regulierung der Branche ergriffen würden, seien spezifisch daraufhin zu prüfen, ob
sie der Stigmatisierung von Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern entgegenwirkten.

Der Maßnahmenkatalog sei regelmäßig zu evaluieren, mindestens im Abstand von drei Jahren. Um eine infor-
mierte Grundlage hierfür zu schaffen, seien Studien in Auftrag zu geben, die Aufschluss über die Auswirkungen
der Regelungen gäben. Darüber hinaus seien runde Tische einzuberufen, die sich mit den spezifischen Belangen
der Prostituierten befassten, deren aktuelle Bedarfe ermittelten und für eine zeitnahe Übermittlung von Rege-
lungsbedarfen an den Gesetzgeber sorgten.

Zu Buchstabe c

In dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wird deutlich gemacht, dass klare Rahmenbedingungen
für die Ausübung der Prostitution erforderlich seien. Grundrechte wie sexuelle Selbstbestimmung, persönliche
Freiheit, Gesundheit und Persönlichkeitsrechte von Prostituierten seien in besonderer Weise gefährdet. Anders
als andere Gewerbe sei der Bereich sexueller Dienstleistungen bislang keiner auf ihre spezifischen Bedürfnisse
zugeschnittenen fachgesetzlichen Regulierung unterworfen. Es fehle an Rechtsgrundlagen, mit denen die Zuver-
lässigkeit der Betreiberinnen und Betreiber von Prostitutionsstätten mit verbindlichen hygienischen und sozialen
Mindeststandards vorab geprüft werden könne. Hierdurch könnten auch ausbeuterische Geschäftsmodelle besser
erkannt und unterbunden werden. Um die Prostituierten in der Prostitutionsstätte besser zu schützen, ihr Selbst-
bestimmungsrecht zu stärken, verträgliche Arbeitsbedingungen zu gewährleisten und um Kriminalität wie Men-
schenhandel, Gewalt gegen Frauen, Ausbeutung und Zuhälterei zu bekämpfen, seien effektive und praxistaugliche
Regelungen erforderlich.

Darüber hinaus sollten die inhaltlichen Grenzen des Direktionsrechts des Betreibers einer Prostitutionsstätte in
§ 3 Prostitutionsgesetz dahingehend konkretisiert werden, dass inhaltliche Bestimmungen der Arbeitsleistung so-
wie verhaltensbezogene Weisungen gegenüber Prostituierten unzulässig seien, soweit sie Art oder Ausmaß sexu-
eller Dienstleistungen beträfen. Schließlich seien deutlich verbesserte Investitionen in niedrigschwellige mehr-
sprachige Beratungs- und Hilfsangebote erforderlich.

Nach dem Antrag soll die Bundesregierung aufgefordert werden,

1. dem Bundestag einen Gesetzentwurf zur Regulierung von Prostitutionsstätten als Gewerbebetriebe vorzule-
gen, der eine Erlaubnispflicht mit hygienischen und sozialen Mindeststandards beinhalte und das einge-
schränkte Weisungsrecht präzisiere;

2. die Bundesländer dabei zu unterstützen, freiwillige, mehrsprachige und niedrigschwellige Beratung – auch
eine Erst- und Ausstiegsberatung – deutlich auszubauen.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Zu Buchstabe a

Der Innenausschuss hat mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Frak-
tionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Annahme des Gesetzentwurfs auf Drucksache 18/8556
empfohlen.

Drucksache 18/9080 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD
gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Annahme des Gesetzent-
wurfs auf Drucksache 18/8556 in geänderter Fassung empfohlen. Der Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen
wurde mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE.
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenommen. Der Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen wurde mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE. angenommen.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Energie hat mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen
die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Annahme des Gesetzentwurfs
auf Drucksache 18/8556 in geänderter Fassung empfohlen. Der Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen wurde
mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenommen.

Der Ausschuss für Gesundheit hat mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen
der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie einer Abgeordneten aus der SPD-Fraktion
die Annahme des Gesetzentwurfs auf Drucksache 18/8556 in geänderter Fassung empfohlen. Der Änderungsan-
trag der Koalitionsfraktionen wurde mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen
der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenommen. Der Entschließungsantrag der Ko-
alitionsfraktionen wurde mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Frak-
tionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie einer Abgeordneten aus der SPD-Fraktion bei
Stimmenthaltung eines Abgeordneten aus der SPD-Fraktion angenommen.

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe hat mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Annahme des
Gesetzentwurfs auf Drucksache 18/8556 in geänderter Fassung empfohlen. Der Änderungsantrag der Koalitions-
fraktionen wurde mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenommen. Der Entschließungsantrag der Koalitionsfraktio-
nen wurde mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenommen.

Zu Buchstabe c

Der Innenausschuss hat mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Frak-
tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE. die Ablehnung des Antrags
auf Drucksache 18/7243 empfohlen.

Der Finanzausschuss hat mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Frak-
tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE. die Ablehnung des Antrags
auf Drucksache 18/7243 empfohlen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

1. Abstimmungsergebnis

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die An-
nahme des Gesetzentwurfs auf Drucksache 18/8556 in geänderter Fassung. Außerdem empfiehlt er mit den Stim-
men der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN die Annahme einer Entschließung zu dem Gesetzentwurf.

Er empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/7236.

Er empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE. die Ablehnung des Antrags auf Drucksa-
che 18/7243.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/9080
2. Inhalt der Ausschussberatung

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat zu den Vorlagen in seiner 64. Sitzung am 6. Juni
2016 eine öffentliche Anhörung durchgeführt, in der folgende Sachverständige gehört wurden:

– Lutz-Ulrich Besser, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Kinder- und Jugendpsychiater, Facharzt für
Psychosomatische Medizin, Isernhagen / Neuwarmbüchen

– Leni Breymaier, SISTERS – für den Ausstieg aus der Prostitution e. V., Stuttgart

– Wolfgang Heide, Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Heidelberg

– Andrea Hitzke, KOK – Bundesweiter Koordinierungskreis gegen Menschenhandel e. V., Berlin

– Anja Kasten, Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen e. V., Wuppertal

– Heike Rudat, Bund Deutscher Kriminalbeamter, Bundesgeschäftsstelle Berlin

– Johanna Thie, Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e. V., Diakonie Deutschland – Evangeli-
scher Bundesverband, Berlin

– Prof. Dr. Gregor Thüsing, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Fachbereich Rechtswissenschaft,
Bonn

– Prof. Dr. Maria Wersig, Deutscher Juristinnenbund e. V., Berlin

– Claudia Zimmermann-Schwartz, Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes
Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf

– Dr. Helmut Fogt, Vertreter der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände, Berlin.

Wegen der Ergebnisse der Anhörung wird auf das Wortprotokoll der Sitzung vom 6. Juni 2016 verwiesen.

Der Ausschuss hat den Gesetzentwurf auf Drucksache 18/8556 sowie die beiden Anträge auf den Drucksa-
chen 18/7236 und 18/7243 in seiner 67. Sitzung am 6. Juli 2016 abschließend beraten.

Hierzu lag ihm ein Stellungnahmeersuchen des Petitionsausschusses gemäß § 109 Absatz 1 Satz 2 GO-BT zu
einer öffentlichen Petition vor. Darin wird eine Stärkung der Rechte von Personen gefordert, die in der Prostitution
arbeiten. Wegen der fehlenden rechtlichen Rahmenbedingungen hätten sie keinen hinreichenden Schutz vor Aus-
beutung. Sie könnten ihr Recht auf Freiheit oder auf körperliche Unversehrtheit in der Praxis nicht einfordern,
wenn sie als Menschen ohne Arbeits- oder Aufenthaltsgenehmigung begründete Angst vor einer Abschiebung in
ihr Herkunftsland haben müssten. Im Zusammenhang mit Menschenhandel müsse ein Aufenthaltsrecht ohne Aus-
sagepflicht geschaffen werden, da die Aussage vor Gericht vielfach aus Angst um das eigene Leben oder das der
Angehörigen, aus Scham oder aus Angst vor einer Stigmatisierung durch die Gesellschaft verweigert werde.

Zu dem Gesetzentwurf auf Drucksache 18/8556 haben die Fraktionen der CDU/CSU und SPD einen Änderungs-
antrag eingebracht, dessen Inhalt aus Buchstabe a der Beschlussempfehlung ersichtlich ist. Er wurde mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN angenommen.

Darüber hinaus haben die Koalitionsfraktionen einen Entschließungsantrag vorgelegt, dessen Inhalt aus Buch-
stabe b der Beschlussempfehlung ersichtlich ist. Er wurde mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenommen.

In der Ausschussberatung stellte die Fraktion der CDU/CSU fest, dass seit dem Jahr 2002 die Prostitution in
Deutschland nicht mehr als sittenwidrig angesehen werde. Seither hätten sich das Prostitutionsgewerbe und das
Rotlichtmilieu in Deutschland ausgeweitet und das Land werde von vielen Experten heute als „Bordell Europas“
bezeichnet. Mit dem jetzt vorgesehenen Gesetz trete man dieser Entwicklung entgegen. Man wolle Prostituierte
schützen und den Schutz der sexuellen Selbstbestimmung auch im Prostitutionsgewerbe durchsetzen. Entgegen
der Darstellung der „Sex-Lobby“ sei diese in weiten Teilen nicht gewährleistet. Leider gebe es bislang keine
verlässlichen Zahlen über dieses Gewerbe. Es werde von 200.000 bis 400.000 Prostituierten in Deutschland ge-
sprochen, wobei viele der Prostituierten ausgenutzt, ausgebeutet und zur Prostitution gebracht würden, ohne dass
sie genau wüssten, was mit ihnen geschehe.

Drucksache 18/9080 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Seit zwei Jahren habe die Koalition darum gerungen, die beste Lösung für das offensichtlich gewordene Problem
zu finden, Selbstbestimmung, Freiheit und Schutz der Schutzbedürftigen richtig auszubalancieren. Das vorgese-
hene Prostituiertenschutzgesetz sei der richtige Ansatz. Durch die Verpflichtung der Prostituierten zur Anmeldung
und die Erlaubnispflicht für Bordellbetriebe werde eine sinnvolle Regulierung geschaffen. Ausführliche Beratung
zu gesundheitlichen Fragen sowie zu Ausstiegsmöglichkeiten und sexueller Selbstbestimmung gäben Sicherheit
und öffneten den Prostituierten Wege, aus dem Gewerbe hinauszukommen. Der Fraktion der CDU/CSU sei der
Schutz von Minderjährigen im Umfeld des Prostitutionsgewerbes sowie der Schwangeren besonders wichtig. Da-
mit sei beabsichtigt, das ungeborene Leben ebenso wie die Gesundheit der Schwangeren durch gezielte Beratung
über die Möglichkeiten des Ausstiegs und des Unterlassens der Tätigkeit während der Schwangerschaft und des
Wochenbettes zu schützen. Außerdem solle über das Verbot eines Betriebskonzeptes mit Schwangeren und über
das Werbeverbot mit Schwangeren erreicht werden, dass Prostitution mit Schwangeren auch außerhalb der Mut-
terschutzfristen nicht stattfinde. Prostitution stelle zu jedem Zeitpunkt der Schwangerschaft ein Risiko für Mutter
und werdendes Kind dar.

Die Landesregierungen müssten dafür Sorge tragen, dass die gesetzlichen Vorgaben in entsprechende Landesge-
setze umgesetzt würden und gerade im Bereich der Sanktionierung und Bordellbetreibung konsequent durchge-
griffen werde. Das vorgesehene Gesetz gebe den Behörden die Möglichkeit, das Prostitutionsgewerbe zum Schutz
der Prostituierten nachhaltig zu kontrollieren. Sie hätten die Pflicht, zum Schutz der in der Prostitution Tätigen zu
handeln und dafür Betriebe bei Verstößen frühzeitig zu schließen und Betreibern die Erlaubnis zu entziehen. Das
Verbot eines Betriebskonzeptes und das Werbeverbot für entwürdigende Praktiken würden dazu führen, dass
Frauen nicht mehr in entwürdigender Weise wie eine Ware angeboten würden. Der Gesetzentwurf der Koaliti-
onsfraktionen stehe deshalb nicht im Widerspruch zu den Anträgen der beiden Oppositionsfraktionen. Man halte
es nicht für ausreichend, lediglich mehr Geld für die aufsuchende Sozialarbeit und die Beratungsangebote zur
Verfügung zu stellen. Wichtig sei, dass man den Ordnungsbehörden entsprechende Kontrollrechte einräume. Die
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der aufsuchenden Hilfsangebote hätten ein Zutrittsrecht zu den Bordellen. Zu-
dem lasse sich bei den Beratungsgesprächen zur Anmeldung besser erkennen, ob Prostituierte freiwillig in diesem
Gewerbe tätig sein wollten. Man wolle die Wirkungen des Gesetzes genau beobachten und später solle die Eva-
luation des Gesetzes, von den Fragestellungen bis hin zur Auswertung, durch die Mitglieder des Deutschen Bun-
destages aktiv begleitet werden.

Die Fraktion DIE LINKE. kritisierte, dass die Koalitionsfraktionen nach der öffentlichen Anhörung kein Inte-
resse gehabt hätten, naheliegende Schlussfolgerungen aus den Ausführungen der Sachverständigen zu ziehen. Die
CDU/CSU-Fraktion weise zwar darauf hin, dass die Prostitution durch das Gesetz aus dem Jahre 2002 nicht mehr
sittenwidrig sei, jedoch deute der Gesetzentwurf in der geänderten Fassung darauf hin, dass diese Situation für sie
ein „Dorn im Auge“ gewesen sei. Ebenso werde zu Recht festgestellt, dass keine verlässlichen Zahlen über die
Prostitution vorlägen. Vor diesem Hintergrund seien die weitreichenden Schlussfolgerungen der Fraktion der
CDU/CSU jedoch verwunderlich.

Den vorliegenden Gesetzentwurf werde man ablehnen, da er die selbst gesteckten Ziele nicht einhalte. Dessen
Inhalt habe mit dem ursprünglichen Schutzgedanken nichts zu tun. Die Anhörung und die Arbeit mit Betroffenen
hätten gezeigt, dass das Stigma das größte Problem darstelle. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung wirke je-
doch der Stigmatisierung der Prostituierten nicht entgegen. Es sei zu befürchten, dass diese eher verschärft werde.
Die Anmeldepflicht und die Registrierung bedeuteten für sehr viele in der Sexarbeit Tätige, dass sie vor einem
möglichen „Zwangsouting“ stünden. Ebenso sei zu befürchten, dass diese sensiblen Daten gestohlen werden
könnten, was insbesondere viele ausländische Prostituierte in Gefahr bringe, da die Tätigkeit in ihren Ursprungs-
ländern oft mit Gefängnisstrafe bedroht sei.

Ausbeutung in der Prostitution werde nicht durch Repression verhindert. Hier seien andere Gegenmaßnahmen
notwendig. Beispielsweise würde es Prostituierten helfen, wenn sie sozial besser abgesichert würden, oder wenn
ihre Selbstbestimmungsrechte gestärkt würden. Derartige Maßnahmen seien jedoch in dem Gesetzentwurf nicht
vorgesehen. Zu den Vorschriften zur Beratung sei festzustellen, dass qualifizierte Beratung nicht von überlasteten
Behördenmitarbeiterinnen und -mitarbeitern geleistet werden könne. Diese müsse durch Beraterinnen und Berater
mit guter Ausbildung und regelmäßiger Fortbildung erfolgen, damit ein Vertrauensverhältnis aufgebaut werden
könne. Dadurch, dass die Beratung auf Behördenmitarbeiter „abgewälzt“ werde, bestehe die Gefahr, dass die
Zukunft der vorhandenen Beratungsstellen, die gute Arbeit leisteten, nicht mehr gesichert sei. Einer solchen Ent-
wicklung müsse die Bundesregierung entgegenwirken. Kritikwürdig sei schließlich, dass die Kosten vor allem

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/9080
die Länder und Kommunen sowie die Sexarbeiterinnen zu tragen hätten. Es sei davon auszugehen, dass die Kom-
munen die entstehenden Verwaltungsgebühren auf die Sexarbeiterinnen umlegen würden, wodurch sich deren
Situation noch einmal verschärfe. Der Bund trage lediglich 33.000 Euro.

In dem Antrag der Fraktion DIE LINKE. werde ein Prostitutionsstättengesetz mit einer Erlaubnispflicht gefordert.
Man wolle vernünftige Arbeitsbedingungen für diejenigen erreichen, die in der Prostitution arbeiteten. Die Be-
dingungen für dieses Prostitutionsstättengesetz sollten auch mit denen ausgehandelt werden, die in diesem Seg-
ment arbeiteten und am besten wüssten, was für sie sinnvoll sei. Da dieser Punkt in dem Antrag der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fehle, werde man sich hierzu der Stimme enthalten.

Die Fraktion der SPD wies auf den im Jahr 2007 erschienenen Bericht der Bundesregierung zu den Auswirkun-
gen des Prostitutionsgesetzes hin und stellte fest, dass man mit dem vorliegenden Gesetzentwurf eine gute Wei-
terentwicklung des Prostitutionsgesetzes auf den Weg bringe, weil es zum ersten Mal klare Regelungen für den
Bereich der Prostitution geben werde. Es werde eine Erlaubnispflicht für den Betrieb von Prostitutionsstätten
eingeführt. Die Erteilung der Erlaubnis sei an klare Bedingungen geknüpft. Dazu gehöre die Einhaltung von Min-
deststandards, wie das Vorhandensein geeigneter Aufenthalts- und Pausenräume für die Prostituierten oder sach-
gerechter Notrufsysteme. Darüber hinaus sei hierfür die Zuverlässigkeit des Betreibers vorausgesetzt, so dass
einschlägig vorbestrafte Personen unmittelbar ausgeschlossen werden könnten. Wichtig sei auch, dass die Erlaub-
nis widerrufen werden könne, wenn sich der Betreiber nicht an die Auflagen halte oder wenn es tatsächliche
Anhaltspunkte für den Verdacht auf Menschenhandel oder Zwangsverhältnisse gebe. Mit der Einführung einer
Erlaubnispflicht komme man einer langjährigen Forderung nach, wie sie unter anderem im genannten Bericht der
Bundesregierung enthalten gewesen sei. Auch die Oppositionsfraktionen forderten eine solche Erlaubnispflicht
in ihren Anträgen.

Ebenso entspreche man mit der Präzisierung des eingeschränkten Weisungsrechts im Gesetzentwurf einer Forde-
rung im Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Im Prostitutionsgesetz werde nämlich klargestellt,
dass Weisungen, die das Ob, die Art und das Ausmaß der Erbringung sexueller Dienstleistungen vorschrieben,
unzulässig seien. Zudem werde die Werbung für ungeschützten Geschlechtsverkehr und mit dem Änderungsan-
trag auch die Werbung für Geschlechtsverkehr mit Schwangeren verboten. Nicht zuletzt im Zuge der öffentlichen
Anhörung habe sich gezeigt, dass hier noch Schutzlücken bestanden hätten.

Ergänzend dazu werde im Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen die Bedeutung einer fachkundigen
Beratung für Schwangere betont und die Bundesregierung werde aufgefordert, darauf hinzuwirken, dass der
GKV-Spitzenverband und der Verband der Privaten Krankenversicherung e. V. leicht verständliche Informati-
onsmaterialien in gängigen Sprachen zum deutschen Krankversicherungssystem erstellten, damit diese in den
Beratungsgesprächen weitergegeben werden könnten. In Bezug auf die geplante Anmeldung und die Beratung sei
es der SPD-Fraktion ein wichtiges Anliegen, den Zugang zu Beratung und Unterstützung noch breiter zu öffnen.
Vor diesem Hintergrund nähmen die Möglichkeiten der Beratung und die Hinweise auf Fachberatungsstellen oder
weitere Unterstützungsangebote in dem vorgesehenen Gesetz einen breiten Raum ein.

Für die Gruppe der jungen Prostituierten zwischen 18 und 21 Jahren halte man verkürzte Anmelde- und Bera-
tungsfristen für zielführender als etwa ein – immer wieder zur Diskussion gestelltes – Verbot der Prostitution bis
zum Alter von 21 Jahren. Mit dem jetzt vorliegenden Gesetzentwurf habe die Koalition einen guten Kompromiss
erreicht. Man halte es für wichtig, die Wirkungen des Gesetzes nach fünfjähriger Anwendungspraxis zu evaluie-
ren. Zudem sei es notwendig, dass die Abgeordneten sich in den jeweiligen Bundesländern für einen noch sen-
sibleren Umgang mit dem Thema Prostitution und den weiteren Ausbau der Beratungslandschaft einsetzen wür-
den.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erklärte, dass das mit dem Gesetzentwurf verfolgte Ziel, Prostitu-
ierte zu stärken und zu schützen, weitgehend verfehlt werde. Zwar sähen die Regelungen für die Prostitutionsstät-
ten eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen für die Prostituierten vor, aber es könne keine Rede davon sein,
dass die Prostituierten gestärkt würden. Falls sie der Anmeldepflicht nicht nachkämen, würden sie weniger Schutz
genießen als zuvor und ihre Lebenssituation werde sich nicht verbessern. Dies hätten die Koalitionsfraktionen zu
verantworten. Es sei auch festzustellen, dass die relevanten Unterschiede zwischen der Prostitution und dem Men-
schenhandel nicht thematisiert worden seien und man fast ausschließlich über Kontrollmaßnahmen gesprochen
habe, die offenbar das eigentliche Ziel des Gesetzentwurfs seien.

Drucksache 18/9080 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Bei der öffentlichen Anhörung am 6. Juni 2016 habe sich die Mehrheit der Sachverständigen gegen den Gesetz-
entwurf ausgesprochen. Die Kritik habe sich auch auf die Anmeldepflicht und die verpflichtende Gesundheitsbe-
ratung bezogen. Trotzdem seien diese Punkte im Änderungsantrag nicht aufgegriffen worden. Es sei ferner fest-
zustellen, dass die entstehenden Kosten die Länder und Kommunen stark belasten würden. Denn diese hätten für
eine Stärkung und Unterstützung sowie für den Schutz der Prostituierten einen höheren Personalaufwand und
müssten mehr für den Ausbau der Beratungsgebote leisten. Die Prostituierten könnten nur geschützt werden, wenn
sie die Beratungsangebote freiwillig wahrnehmen könnten. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sei
wichtig, diese so zu gestalten, dass sie der täglich erlebten Stigmatisierung entgegenwirkten. Es sei realitätsfern
zu glauben, dass eine Prostituierte im Rahmen eines Beratungsgesprächs, zu dem sie verpflichtet werde, Angaben
über ihre Situation und ihre Arbeitsbedingungen machen werde oder darüber, ob sie zur Prostitution gezwungen
werde. Das hätten die Sachverständigen in der öffentlichen Anhörung bestätigt. Man werde in der Öffentlichkeit
weiterhin deutlich machen, dass dieses Gesetz in Wahrheit der Kontrolle und nicht dem Schutz der Prostituierten
diene.

Die Regelungen zu den Prostitutionsstätten fänden zwar im Großen und Ganzen die Zustimmung der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, dennoch werde man den Gesetzentwurf sowie den Änderungsantrag und den Ent-
schließungsantrag wegen der dargelegten Kritikpunkte ablehnen. Dem Antrag der Fraktion DIE LINKE. werde
man dagegen zustimmen.

B. Besonderer Teil
Soweit die Bestimmungen des Gesetzentwurfs unverändert übernommen wurden, wird auf deren Begründung
verwiesen.

Zu den vom Ausschuss vorgenommenen Änderungen ist Folgendes zu bemerken:

Zu Nummer 1 (Änderung des Artikels 1 – ProstSchG-E)

Zu Buchstabe a (Änderung der Inhaltsübersicht)

Es handelt sich um eine Folgeänderung der Einfügung des § 33a (Einziehung).

Zu Buchstabe b (§ 5 Absatz 2 Nummer 4 und 5)

Es handelt sich jeweils um eine sprachliche Angleichung an den Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU
und SPD auf Ausschussdrucksache 18(6)235 des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz zum Entwurf
eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Ap-
ril 2011 zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer sowie zur Ersetzung
des Rahmenbeschlusses 2002/629/JI des Rates.

Zu Buchstabe c (§ 9 Absatz 2 Nummer 2)

Es handelt sich um eine sprachliche Angleichung an den Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD
auf Ausschussdrucksache 18(6)235 des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz zum Entwurf eines Geset-
zes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 zur
Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer sowie zur Ersetzung des Rah-
menbeschlusses 2002/629/JI des Rates.

Zu Buchstabe d (§ 15 Absatz 2 Nummer 2)

Die Änderung greift eine Formulierung aus dem parallel beratenen Gesetzgebungsverfahren zur Änderung bewa-
chungsrechtlicher Vorschriften (zu § 34a der Gewerbeordnung) auf.

Die Ergänzung erweitert die Möglichkeiten der Behörde zur Einholung einer Stellungnahme auf zentrale Polizei-
dienststellen und das jeweilige Landeskriminalamt. Die damit einhergehende Ausdehnung der behördlichen Kon-
trollmöglichkeit ist ein geeigneter Schritt, um bereits im Vorfeld des Betriebs eines Prostitutionsgewerbes, wäh-
rend des Erlaubnisverfahrens, die persönliche Zuverlässigkeit der antragstellenden Person auf der Basis möglichst
umfassender Informationen zu prüfen.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/9080
Zu Buchstabe e (§ 20 Absatz 2)

Bei der Änderung handelt es sich um eine rein redaktionelle Korrektur. Die Verweise auf § 18 Absatz 2 und § 19
Absatz 1 bis 3 sind überflüssig, da § 18 Absatz 4, auf den weiterhin verwiesen wird, seinerseits bereits auf § 18
Absatz 2 verweist; gleiches gilt für § 19 Absatz 5, der bereits einen Verweis auf die Anwendbarkeit der Absätze 1
bis 4 enthält.

Zu Buchstabe f (§ 23 Absatz 3 Nummer 2)

Es handelt sich um eine sprachliche Angleichung an den Änderungsantrag der Fraktionen von CDU/CSU und
SPD auf Ausschussdrucksache 18(6)235 des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz zum Entwurf eines
Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Ap-
ril 2011 zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer sowie zur Ersetzung
des Rahmenbeschlusses 2002/629/JI des Rates.

Zu Buchstabe g (§ 25 Absatz 1 Nummer 3)

Es handelt sich um eine sprachliche Angleichung an den Änderungsantrag der Fraktionen von CDU/CSU und
SPD auf Ausschussdrucksache 18(6)235 des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz zum Entwurf eines
Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Ap-
ril 2011 zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer sowie zur Ersetzung
des Rahmenbeschlusses 2002/629/JI des Rates.

Zu Buchstabe h (§ 32 Absatz 3 Nummer 3 – neu)

Die Vorschrift über das Werbeverbot wird erweitert:

Die Ergänzung um das Verbot der Werbung für die Gelegenheit zum Geschlechtsverkehr mit Schwangeren dient
der Stärkung des Schutzes von schwangeren Frauen, die in der Prostitution tätig sind, sowie ihres ungeborenen
Kindes. Durch die Ausdehnung des Werbeverbots auf Geschlechtsverkehr mit schwangeren Frauen soll zugleich
deutlich gemacht werden, dass das Anpreisen von entgeltlichem Geschlechtsverkehr unter Hinweis auf die beste-
hende Schwangerschaft gegen besonders schützenswerte individuelle Rechtsgüter und Rechtsgüter der Allge-
meinheit sowie gegen grundlegende Wertvorstellungen der Gesellschaft verstößt.

Zu Buchstabe i (§ 33a – neu)

Es handelt sich um eine Folgeänderung zu Artikel 4 (Änderung des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten).

Mit der Streichung von § 120 Absatz 1 Nummer 2 im Gesetz über Ordnungswidrigkeiten und der Aufnahme der
Vorschrift in § 32 Absatz 3 Nummer 2 sowie der Folgeänderung in § 123 des Gesetzes über Ordnungswidrigkei-
ten bedarf es einer eigenständigen gesetzlichen Ermächtigung zur Einziehung von Gegenständen, die im Zusam-
menhang mit Verstößen gegen das Verbot der Werbung mit Prostitution stehen. Im Übrigen kann auf die entspre-
chende Regelung in § 123 Absatz 2 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten verwiesen werden.

Zu Nummer 2 (Änderung des Artikels 4 – OWiG)

Bei der Änderung des § 123 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten handelt es sich um eine notwendige Folge-
änderung der Streichung des § 120 Absatz 1 Nummer 2 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten.

Berlin, den 6. Juli 2016

Sylvia Pantel
Berichterstatterin

Ulrike Bahr
Berichterstatterin

Cornelia Möhring
Berichterstatterin

Ulle Schauws
Berichterstatterin

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Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de

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