BT-Drucksache 18/9013

Neuer Emissionsanstieg bei Super-Klimagasen Schwefelhexafluorid und Stickstofftrifluorid

Vom 21. Juni 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/9013
18. Wahlperiode 21.06.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Eva Bulling-Schröter, Caren Lay, Sabine Leidig,
Ralph Lenkert, Dr. Kirsten Tackmann, Hubertus Zdebel und der
Fraktion DIE LINKE.

Neuer Emissionsanstieg bei Super-Klimagasen Schwefelhexafluorid und
Stickstofftrifluorid

Schwefelhexafluorid (SF6) ist das stärkste bisher bekannte Treibhausgas über-
haupt: In einem Zeitraum von 100 Jahren schadet es dem Klima 22 800 Mal stär-
ker als Kohlenstoffdioxid (CO2). Die Klimawirksamkeit der 2015 abgegebenen
Menge Schwefelhexafluorid entspricht insgesamt rund 25,5 Millionen Tonnen
CO2-Äquivalenten und hat damit einen sehr hohen Erderwärmungspotentialwert,
kurz GWP (Pressemitteilung 170 des Statistischen Bundesamts, Destatis, vom
23. Mai 2016).
Laut neuen Zahlen von Destatis haben Gashändler im Jahr 2015 in Deutschland
rund 1 119 Tonnen des extrem stark wirkenden Treibhausgases Schwefelhexa-
fluorid zur Verwendung in verschiedenen Wirtschaftsbereichen verkauft. Das
sind rund 22 Prozent oder 203 Tonnen mehr als im Jahr 2014 (ebd.).
Klimawirksame Stoffe wie Schwefelhexafluorid nehmen Einfluss auf die Erder-
wärmung und tragen damit zur menschengemachten Klimaveränderung bei.
Schwefelhexafluorid ist geruchlos, nicht brennbar, reaktionsträge und kommt
hauptsächlich im Produktionsprozess der Elektroindustrie und des Apparatebaus
zum Einsatz. Laut Destatis wurden hier im Jahr 2015 21,7 Millionen Tonnen
CO2-Äquivalente freigesetzt, das entspricht knapp 85 Prozent der Gesamtmenge
und ist ein Anstieg von knapp 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Destatis zufolge wurde für das Berichtsjahr 2015 erstmals auch das Treibhausgas
Stickstofftrifluorid (NF3) erfasst: „Das farblose Gas hat einen sehr hohen GWP-
Wert von 17 200 und baut sich extrem langsam in der Atmosphäre ab. Der Stoff
wird vor allem in der Halbleiterindustrie zum Ätzen oder Reinigen der Beschich-
tungskammern zum Beispiel bei der Herstellung von Flachbildschirmen einge-
setzt. Insgesamt 89 Tonnen NF3, das entspricht rund 1,5 Millionen Tonnen CO2-
Äquivalenten, wurden im Berichtsjahr 2015 an Verwender abgegeben. 17,0 Ton-
nen oder 291 540 Tonnen CO2-Äquivalente wurden exportiert“ (ebd.).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Sofortmaßnahmen gedenkt die Bundesregierung, gegen die gestie-

genen Werte von Schwefelhexafluorid und Stickstofftrifluorid zu ergreifen?
Wenn keine, warum nicht?

Drucksache 18/9013 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
 

2. Welche neuen, zusätzlichen Maßnahmen gegen den Ausstoß der in Frage 1
genannten Klimagase leitet die Bundesregierung aus dem Pariser Klimaver-
trag ab, den das Kabinett im März 2016 gebilligt und im April 2016 in New
York unterzeichnet hat?

3. Wie schätzt die Bundesregierung den aktuellen Anstieg der Emissionen ge-
nannter Gase bezüglich der Erreichung der deutschen Klimaschutzziele bis
zum Jahr 2050 und seiner Zwischenziele ein?

4. Wie hat sich laut Kenntnis der Bundesregierung der Ausstoß von Schwefel-
hexafluorid in Deutschland nach Wirtschaftsbereichen von 1990 bis heute
entwickelt (bitte tabellarische Darstellung, prozentuale Entwicklung im Ver-
gleich zum Vorjahr und gegenüber 1990)?

5. Warum wurde das Treibhausgas Stickstofftrifluorid (NF3) erst im Berichts-
jahr 2015 erfasst und nicht vorher?

6. Welche regulatorischen Maßnahmen wurden seit Beginn der Messungen bis
heute zur Reduzierung des Ausstoßes von Schwefelhexafluorid in Deutsch-
land nach Wirtschaftsbereichen konkret eingeleitet (bitte Normen und Jahr
der Verabschiedung nennen)?

7. Wie erklärt sich die Bundesregierung den massiven Anstieg von Schwefel-
hexafluorid im Wirtschaftsbereich Elektroindustrie/Apparatebau im Jahr
2015 im Vergleich zum Jahr 2014, und was gedenkt sie dagegen zu tun?

8. Wie erklärt sich die Bundesregierung den Anstieg von Schwefelhexafluorid
im Wirtschaftsbereich der Aluminium- und Magnesium-Gießereien im Jahr
2015 im Vergleich zum Jahr 2014, und was gedenkt sie dagegen zu tun?

9. Mit welchen Szenarien der Emissionsentwicklung für die Jahre 2020, 2030,
2040 und 2050 von Schwefelhexafluorid rechnet die Bundesregierung?

10. Von welchen Ersatzstoffen für Schwefelhexafluorid und Stickstofftrifluorid
hat die Bundesregierung Kenntnis, und mit welchen Maßnahmen und Mitteln
fördert sie die Entwicklung und den Einsatz dieser Ersatzstoffe?

11. Hat die Bundesregierung Kenntnis vom Potenzial von Emissionsreduktionen
und dem aktuellen Grad des Ersetzens von Stickstofftrifluorid durch alterna-
tive Schutzgase (Fluorketon Novec 612) im Sandgussverfahren in Gieße-
reien und alternative Reinigungsgase (Argon) in der Aluminiumproduktion,
und wie fördert sie diese SF6-Substitution konkret?

12. Hat die Bundesregierung Kenntnis vom Potenzial von Emissionsreduktionen
und dem aktuellen Grad des Ersetzens von Stickstofftrifluorid in elektrischen
Schaltanlagen und der Produktion elektrischer Bauteile für die Energieüber-
tragung (T&D-Bauteile) durch andere Isolierstoffe, und wie fördert sie diese
SF6-Substitution konkret?

13. Hat die Bundesregierung Kenntnis vom Potenzial von Emissionsreduktionen
und dem aktuellen Grad des Ersetzens von Stickstofftrifluorid in Autoreifen,
Teilchenbeschleunigern, Radaranlagen und Photovoltaik und anderen Stof-
fen, und wie fördert sie diese SF6-Substitution konkret?

14. Wie entwickelt sich laut Kenntnis der Bundesregierung die SF6-Emission aus
Schallschutzscheiben (Zahl der im Verkehr befindlichen Stückzahlen, Ent-
sorgungsemissionen bis 2020, 2030, 2040, 2050)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/9013
 

15. Wie war der Mittelabfluss von dem im Jahr 2008 durch das Bundesministe-
rium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit aufgelegten Kli-
maschutz-Impulsprogramm für gewerbliche Kälteanlagen zur „Förderung
der Entwicklung und Markteinführung von besonders energieeffizienten und
klimafreundlichen Kälteanlagen mit natürlichen Kältemitteln” (bitte tabella-
rische Ansicht mit Antragsteller, bewilligtem Projekt, Fördersumme, Bun-
desland, Laufzeit, Evaluierungsergebnis)?

16. Wie war der Mittelabfluss der novellierten Förderrichtlinie, die am 1. Januar
2014 in Kraft getreten ist (bitte tabellarische Ansicht mit Antragsteller, be-
willigtem Projekt, Fördersumme, Bundesland, Laufzeit, Evaluierungsergebnis)?

Berlin, den 20. Juni 2016

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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