BT-Drucksache 18/8935

Unregelmäßigkeiten bei Reaktorbauteilen der französischen Schmiede Creusot Forge

Vom 17. Juni 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/8935
18. Wahlperiode 17.06.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Annalena Baerbock, Matthias Gastel,
Bärbel Höhn, Oliver Krischer, Christian Kühn (Tübingen), Steffi Lemke,
Peter Meiwald, Dr. Valerie Wilms und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Unregelmäßigkeiten bei Reaktorbauteilen der französischen Schmiede
Creusot Forge

Ende April 2016 gab der französische Nuklearkonzern Areva Unregelmäßigkei-
ten bei der Fertigungskontrolle von Reaktorbauteilen bekannt. Die Bauteile stam-
men aus der Tochterfirma, der Schmiede Creusot Forge. Es handelt sich um etwa
400 Bauteile, die seit 1965 in der Schmiede hergestellt und „während der vergan-
genen 50 Jahre in Kernkraftwerken weltweit verbaut wurden“ (vgl. Badische Zei-
tung „Reaktorschmiede in Le Creusot - Mängel bei AKW-Lieferungen?“ vom
11. Mai 2016, www.badische-zeitung.de/suedwest-1/maengel-bei-akw-lieferungen--
121872686.html).
Laut Aussage der französischen Atomaufsicht Autorité de Sûreté Nucléaire
(ASN) soll die Qualität der Bauteile unsauber dokumentiert worden sein. Es wur-
den offensichtlich Unstimmigkeiten, Veränderungen oder Lücken bei Herstel-
lungsparametern und Testergebnissen den vorliegenden Unterlagen identifiziert.
Bekanntgeworden sind die Unregelmäßigkeiten durch Untersuchungen, die
Areva aufgrund von Anomalien in Deckel und Bodenkalotte des Reaktor-
druckbehälters beim Atomkraftwerkneubauvorhaben Flamanville 3 durchführen
musste (vgl. ASN „Areva a informé l’ASN d’irrégularités concernant des
composants fabriqués dans son usine de Creusot Forge“ vom 3. Mai 2016,
www.asn.fr/Informer/Actualites/Irregularites-concernant-des-composants-fabriques-
dans-l-usine-Areva-de-Creusot-Forge).
Auf die Mündliche Frage 8 der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl auf Bundes-
tagsdrucksache 18/8351 teilte die Bundesregierung in der Fragestunde vom
11. Mai 2016 mit, dass Areva bis Ende Mai 2016 einen Bericht zu den Unregel-
mäßigkeiten erstellen wolle (vgl. Plenarprotokoll 18/169, Anlage 6).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Um welche konkreten Unregelmäßigkeiten, Veränderungen oder Lücken-

handelt es sich laut Kenntnis der Bundesregierung bei den Bauteilen der
Schmiede Creusot Forge?

2. Welche Bauteile sind laut Kenntnis der Bundesregierung konkret in welchem
Atomkraftwerk bzw. welcher Atomanlage betroffen (bitte nach Reaktoren
unterteilen und jeweils mit Angabe, ob es sich um ein sicherheitstechnisch
wichtiges Bauteil handelt oder nicht; wo keine Bauteil-spezifischen Kennt-
nisse vorliegen, bitte hilfsweise zumindest die betreffenden Atomkraftwerke
bzw. Atomanlagen angeben)?

Drucksache 18/8935 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
3. Welche sicherheitstechnische Relevanz bzw. welches Risiko haben die neu
entdeckten Unregelmäßigkeiten nach Ansicht der Bundesregierung (bitte
nach Reaktor und jeweils Unstimmigkeit, Veränderung, Lücke etc. untertei-
len)?

4. Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung Hinweise auf Kohlenstoffverun-
reinigungen in betroffenen und sicherheitsrelevanten Bauteilen, die ver-
gleichbar mit den Anomalien in Deckel und Bodenkalotte des Reaktordruck-
behälters beim Atomkraftwerkneubauvorhaben Flamanville 3 sind?

5. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass es sich nur um Bauteile handelt,
die für die Herstellung des Reaktordruckbehälters benötigt werden oder
könnten nach Informationen der Bundesregierung auch andere Komponen-
ten betroffen sein, die beim Bau eines Atomkraftwerks benötigt werden?
Falls ja, um welche weiteren Bauteile handelt es sich nach Kenntnis der Bun-
desregierung noch?

6. Kann die Bundesregierung praktisch ausschließen, dass deutsche Atomkraft-
werke von Bauteilen betroffen sind, die
a) für den Reaktordruckbehälter oder
b) für andere Bereiche des Atomkraftwerks vorgesehen sind?
Falls ja, warum kann sie dies ausschließen?

7. Sollte die Bundesregierung nicht ausschließen können, dass fehlerhafte
Stahlteile in deutschen Atomkraftwerken verbaut worden sind, welche Kon-
sequenz ergibt sich daraus für sie?

8. Wird nach Kenntnis der Bundesregierung ein Untersuchungsprogramm für
eine Nachbewertung der Sicherheit der einzelnen Bauteile durch Areva erar-
beitet?
Wenn ja, welche weiteren Erkenntnisse hat die Bundesregierung zu Art, Um-
fang und Dauer des Untersuchungsprogramms?
Wenn nein, wird sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass Areva ein
umfassendes Untersuchungsprogramm vorlegt?

9. Ist der Bundesregierung bekannt, dass auch in den belgischen Atomkraftwer-
ken Tihange und Doel sowie dem Schweizer AKW Beznau, in denen jeweils
Haarrisse im Reaktordruckbehälter entdeckt worden sind, ebenfalls fehler-
hafte Stahlteile verbaut sein sollen (vgl. WDR „Bedenkliche Bauteile in bel-
gischen AKWs“ vom 16. Mai 2016, www1.wdr.de/nachrichten/rheinland/
electrabel-belgische-akw-100.html und Badische Zeitung „Reaktorschmiede
in Le Creusot - Mängel bei AKW-Lieferungen?“ vom 11. Mai 2016,
www.badische-zeitung.de/suedwest-1/maengel-bei-akw-lieferungen--12187
2686.html)?

10. Welche konkreten Erkenntnisse hat die Bundesregierung in diesem Zusam-
menhang zu fehlerhaften Bauteilen und Unregelmäßigkeiten in Tihange,
Doel und Beznau?

11. Welches sicherheitstechnische Risiko sieht die Bundesregierung gerade für
diese vorbelasteten Reaktoren?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/8935

12. Wurde das Thema bei der letzten Sitzung der Deutsch-Französischen Kom-

mission für Fragen der Sicherheit kerntechnischer Einrichtungen (DFK) be-
sprochen?
Wenn ja, welche Fragen hat die Bundesregierung mit welchem Ergebnis ge-
stellt?
Wenn nein, wird das Thema bei der nächsten Sitzung der DFK auf die Ta-
gesordnung gesetzt werden (bitte mit Angabe des Sitzungsdatums)?

13. Welche konkreten Erkenntnisse hat die Bundesregierung über Maßnahmen
zur Verbesserung von internen Überprüfungsprozessen sowie der Sicher-
heits- und Qualitätskultur in der Schmiede Creusot Forge, nachdem die Un-
regelmäßigkeiten entdeckt worden sind und sofern es Erkenntnisse gibt, hält
sie diese für ausreichend, um weitere Missstände zu verhindern?

Berlin, den 17. Juni 2016

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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