BT-Drucksache 18/8930

Genehmigungen für Rüstungsexporte in die Staaten des Golfkooperationsrates widerrufen und keine neuen erteilen

Vom 23. Juni 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/8930
18. Wahlperiode 23.06.2016
Antrag
des Abgeordneten Jan van Aken, Wolfgang Gehrcke, Christine Buchholz,
Sevim Dağdelen, Dr. Diether Dehm, Annette Groth, Heike Hänsel, Inge Höger,
Andrej Hunko, Katrin Kunert, Stefan Liebich, Niema Movassat, Dr. Alexander
S. Neu, Dr. Petra Sitte, Alexander Ulrich und der Fraktion DIE LINKE.

Genehmigungen für Rüstungsexporte in die Staaten des Golfkooperationsrates
widerrufen und keine neuen erteilen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

1. Im März 2015 begann die militärische Intervention einer von Saudi-Arabien ge-
führten Koalition im Jemen. Die Mitgliedstaaten des Golfkooperationsrates
Bahrain, Kuwait, Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate sind mit Saudi-
Arabien u. a. Teil dieser Koalition. In dem von dieser Allianz geführten Krieg
kamen über 6.000 Zivilistinnen und Zivilisten zu Tode, Zehntausende wurden
verletzt. Die Bombenkampagne der Koalition ist, der New York Times zufolge,
eine der tödlichsten und rücksichtslosesten in der Geschichte der Region
(NYT 10.5.2016). Eine Seeblockade, von Saudi-Arabien und Ägypten durchge-
führt, schneidet das Land von dringend benötigten Gütern ab. 1,8 Millionen Kin-
der gelten mittlerweile als unterernährt.

2. Die Bundesrepublik Deutschland zählte zu den bedeutendsten Lieferanten von
Rüstungsgütern auf die arabische Halbinsel. Allein für Katar wurden im
Jahr 2015 von der Bundesregierung Rüstungslieferungen im Wert von
1,663 Milliarden Euro genehmigt. Den Großteil des Genehmigungswertes
machte dabei die Lieferung von Leopard-2-Kampfpanzern aus. Saudi-Arabien
bezog deutsche Rüstungstechnologie im Wert von 270 Millionen Euro, darunter
auch Komponenten für die saudischen Kampfflugzeuge der Typen Tornado und
Eurofighter, die bei den Luftschlägen im Jemen zum Einsatz kommen
(Vgl.: Bundestagsdrucksache 18/4842, The Telegraph 23.4.15).

3. Die Region rund um den Persischen Golf gehört seit Jahrzehnten zu den am
stärksten militarisierten Regionen der Welt. Gleichzeitig zählt sie zu den insta-
bilsten. Zahlreiche innere wie zwischenstaatliche Konflikte wurden in den ver-
gangenen Jahrzehnten dort ausgetragen. Schon vor der militärischen Interven-
tion von außen in den jemenitischen Bürgerkrieg musste die Golfregion als ein
Kriegs- und Krisengebiet gelten.

Drucksache 18/8930 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
4. Die Menschenrechtslage in den Staaten der Region ist kritisch bis verheerend.

Saudi-Arabien ist einer der repressivsten Staaten weltweit. Die Todesstrafe und
Körperstrafen werden regelmäßig und in großer Anzahl vollzogen. Religions-
freiheit existiert nicht einmal auf dem Papier. Katar betreibt wie auch andere
Staaten der Region ein System moderner Sklaverei, in dem ausländischen Ar-
beiterinnen und Arbeitern grundlegende Rechte entzogen werden. In den Verei-
nigten Arabischen Emiraten, Oman und Kuwait werden ebenso Menschen- und
Bürgerrechte missachtet.

5. Die Bezieher deutscher Rüstungsgüter Saudi-Arabien und Katar finanzieren und
bewaffnen islamistische Gruppierungen unter anderem in Libyen und Syrien.
Katar reichte Panzerabwehrraketen aus deutsch-französischer Koproduktion an
libysche Rebellen weiter (Guardian, 14.4.2011).

6. Die Regime in der Golfregion sind entweder latent oder bereits offenkundig in-
stabil. Der Kollaps der Regime in Ägypten, Libyen und Tunesien im Arabischen
Frühling hat verdeutlicht, wie brüchig die autokratischen Systeme im Mittleren
Osten und in Nordafrika tatsächlich sind. Vor diesem Hintergrund ist eine au-
ßenpolitische Neuorientierung durch neu an die Macht kommende Regime in
den Golfstaaten stets möglich. Heute aus Deutschland gelieferte Rüstungsgüter
könnten daher kurz- und mittelfristig sogar entgegen der intendierten Lieferab-
sicht der Bundesregierung verwendet werden.

7. Die Ideologie und der Terrorismus Al Qaidas haben ihren Ursprung in Saudi-
Arabien. Trotz des über ein Jahrzehnt andauernden „Kampfes gegen den Terror“
werden sowohl Al Qaida als auch ihre Untergruppen wie angeschlossene Grup-
pen immer noch aus Quellen auf der arabischen Halbinsel finanziert, Terrorat-
tentate werden von dort aus organisiert und gestartet. Die militärische Bekämp-
fung Al Qaidas und ihrer Ableger in Jemen ist offensichtlich gescheitert.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

in die Staaten des Golfkooperationsrates
1. keine Exporte von Rüstungsgütern zu genehmigen und erteilte Genehmigungen

sofort zu widerrufen,
2. keine Exporte von Gütern, die zur Unterdrückung der Bevölkerung genutzt wer-

den können, zu genehmigen,
3. keine Exporte von Waffenfabriken zu genehmigen, d. h., keine Exportgenehmi-

gungen für Fertigungs-, Herstellungs- und Technologieunterlagen, Herstel-
lungsausrüstung sowie Komponenten zur Herstellung von Rüstungsgütern zu
erteilen.

Berlin, den 23. Juni 2016

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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