BT-Drucksache 18/8865

Zukunft des Deutschen Registers Klinischer Studien

Vom 13. Juni 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/8865
18. Wahlperiode 13.06.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Harald Terpe, Kai Gehring, Maria Klein-Schmeink,
Elisabeth Scharfenberg, Kordula Schulz-Asche, Beate Walter-Rosenheimer,
Dr. Franziska Brantner, Katja Dörner, Ulle Schauws, Tabea Rößner, Doris Wagner
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Zukunft des Deutschen Registers Klinischer Studien

Das Deutsche Register Klinischer Studien (DRKS) wird seit dem Jahr 2007 durch
das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Diese
Förderung läuft zum 31. Juli 2016 aus (vgl. Bundestagsdrucksache 18/8696, Ant-
wort zu Frage 16). Eine weitere Förderung hat die Bundesregierung bislang nicht
in Aussicht gestellt. Das DRKS ist somit akut vom Aus bedroht.
Dabei ist das DRKS von großer Bedeutung für die evidenzbasierte Medizin nati-
onal und international. Würde es wegfallen, wäre dies ein herber Rückschlag auch
für die Gesundheitsforschung und Gesundheitsversorgung in Deutschland. Die
Erstellung von medizinischen Leitlinien, von Patienten- und Arzneimittelinfor-
mationen wäre künftig erschwert. Ohne das Register gäbe es keine Transparenz
in Deutschland darüber, wo welche Studien zu welchem Thema laufen oder ge-
laufen sind. Es würde ein Überblick darüber fehlen, ob es zum Beispiel parallele
Studien gibt oder welche Themen in der Forschung vernachlässigt werden.
Das DRKS ist überdies das Primärregister der Weltgesundheitsorganisation
(WHO) für Deutschland und registriert alle medizinischen Studien, die begonnen,
frühzeitig beendet und abgeschlossen wurden. Das DRKS erfasst quasi die „Ge-
burt“ einer Studie (vgl. Antes G., 2014, Geburtsurkunden für Studien, FAZ vom
7. November 2014). Das DRKS ist für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
wichtig, denn es bildet die vollständige Studienlandschaft ab. Nur etwa 50 Pro-
zent aller begonnenen Studien werden bislang publiziert. Viele Studien werden
nur dann publiziert, wenn dies im Interesse der Studiendurchführenden ist (vgl.
Antes et al., 2014, Medizinisches Wissen – Entstehung, Aufbereitung, Nutzung,
Welt der Krankenversicherung, 9/2014, unter: www.cochrane.de/sites/cochrane.de/
files/uploads/antes_bluemle_lang_Medizin_Wissen_welt_der_krankenversicherung_
sep2014.pdf). Diese Verzerrung in der Forschung führt zu einer überoptimisti-
schen Bewertung der untersuchten Verfahren in der medizinischen Praxis.
Die Registrierung und Sammlung aller Studien in einem Register wie dem DRKS
ist deshalb unerlässlich, um Forschungsergebnisse für die Öffentlichkeit transpa-
rent zu machen, mehr Qualität und eine zielgerichtete Verwendung von Ressour-
cen in den medizinischen Wissenschaften zu erreichen, eine evidenzbasierte Di-
agnostik und Therapie sicherzustellen sowie Menschen davor zu schützen, sich
in Studien unnötigen Risiken auszusetzen. Insbesondere letzterer Aspekt ist wich-
tig, denn wenn ähnliche Studien in der Vergangenheit bereits durchgeführt wur-
den, ist eine wiederholte Durchführung einer Studie unethisch und muss vermie-
den werden.

Drucksache 18/8865 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Das DRKS ist nach Auffassung der Fragesteller unverzichtbar, um Patientinnen
und Patienten, Ärztinnen und Ärzte, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
sowie die gesamte Öffentlichkeit am wissenschaftlichen Fortschritt teilhaben zu
lassen und die medizinische Versorgung stetig zu verbessern. Die Informations-
aufbereitung ist dazu auch in deutscher Sprache notwendig. Dieses Ziel wird
durch existierende englischsprachige Register allein nicht geleistet. Denn die Er-
fahrung zeigt, dass deutsche Patientinnen und Patienten aber auch die meisten
Ärztinnen und Ärzte deutschsprachige Register gegenüber englischsprachigen
bevorzugen. Die Studienkultur in Deutschland muss nach Auffassung der Frage-
steller gestärkt werden. Patientinnen und Patienten, aber auch Ärztinnen und
Ärzte müssen sich informieren können und ersehen, wo welche Studie in ihrem
Umfeld durchgeführt wird. Nur so wird ersichtlich, wo sich Interessierte zur Stu-
dienteilnahme melden können. Denn es genügt nicht, Studienergebnisse, insbe-
sondere zur Versorgung älterer Menschen, nur aus dem Ausland auf Deutschland
zu übertragen.
Im Jahr 2007 gab die Bundesministerin für Bildung und Forschung Annette
Schavan bekannt: „Klinische Studien sind unerlässlich, um Sicherheit und Effek-
tivität medizinischer Eingriffe beurteilen zu können. Daher finanziert das
[BMBF] das Nationale Studienregister, das den freien Zugang zu Informationen
über laufende und abgeschlossene Studien sichern soll.[…] Das Register trägt
dazu bei, dass das Vertrauen der Bevölkerung in die klinische Forschung gestärkt
wird“ (vgl. Pressemitteilung des BMBF vom 14. September 2007).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Teilt die Bundesregierung die Position, dass das DRKS für Patientinnen und

Patienten, Ärztinnen und Ärzte, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
sowie die breite Öffentlichkeit erhalten werden muss?
Wenn nein, warum nicht?
Wenn ja, welche Schlussfolgerungen zieht sie daraus?

2. Welchen Nutzen sieht die Bundesregierung in dem DRKS und der Erfüllung
seiner Aufgaben?

3. Welche Auswirkungen hätte das Aus des DRKS auf die wissenschaftliche
Forschung und Lehre, die Tätigkeit von (praktizierenden) Medizinerinnen
und Medizinern sowie die Versorgung von Patientinnen und Patienten?

4. a) Wird die Bundesregierung das DRKS auch nach dem 31. Juli 2016 för-
dern, um den Erhalt des DRKS zu gewährleisten?

b) Wenn ja, auf wie viele Jahre wird sich die Förderzeit belaufen?
c) Wenn ja, wie hoch wird die jährliche Fördersumme sein?
d) Wenn ja, aus welchem Topf soll die Förderung finanziert werden?
e) Wenn nein, aus welchen Gründen lehnt die Bundesregierung eine Förde-

rung des DRKS ab?
5. a) Plant die Bundesregierung im Bundeshaushaltsplan 2017 eine Förderung

des DRKS zu berücksichtigen?
b) Wenn ja, auf wie viele Jahre wird sich die Förderzeit belaufen?
c) Wenn ja, wie hoch wird die jährliche Fördersumme sein?
d) Wenn ja, in welchem Einzelplan bzw. Kapitel, Titel und welcher Erläute-

rungsziffer sollen die Mittel bereitgestellt werden?
e) Wenn nein, aus welchen Gründen lehnt die Bundesregierung eine Förde-

rung des DRKS im Rahmen des Bundeshaushaltsplans 2017 ab?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/8865
6. Wenn die Bundesregierung keine weitere Förderung vorsieht, durch welche
(nichtstaatlichen) Institutionen oder Organisationen sollte dann nach Ansicht
der Bundesregierung eine Förderung des DRKS stattfinden, und warum?

7. a) Plant die Bundesregierung eine gesetzliche Grundlage, wie beispielsweise
in den USA oder in der Schweiz, die eine verpflichtende Registrierung
aller Studien zum Zeitpunkt ermöglicht, zu dem der Beschluss der Stu-
diendurchführung durch die Ethikkommission vorliegt (vgl. Antes G.,
2014, Geburtsurkunden für Studien, FAZ vom 7. November 2014)?
Wenn nein, warum nicht?

b) Stimmt die Bundesregierung zu, dass die Deklaration von Helsinki, „die
Notwendigkeit der Studienregistrierung und -publikation unmissver-
ständlich fest[stellt]“ (vgl. Antes G., 2014, Geburtsurkunden für Studien,
FAZ vom 7. November 2014)?
Wenn nein, warum nicht?

c) Wenn ja, welche politischen Folgerungen zieht die Bundesregierung da-
raus?

8. a) Wie viele Stellen sind nach Kenntnis der Bundesregierung für die Aufga-
benerfüllung des DRKS notwendig (bitte nach Anzahl der Mitarbeiter und
Position aufschlüsseln)?

b) Waren die finanziellen Mittel zur personellen Ausstattung des DRKS im
Rahmen der letzten Förderung durch das BMBF nach Kenntnis der Bun-
desregierung ausreichend, um die Aufgaben des DRKS zu erfüllen?
Wenn ja, woraus leitet die Bundesregierung das ab?

c) Wenn nein, wird die Bundesregierung bei einer weiteren Förderung des
DRKS die Mittel an den personellen Bedarf zur Erfüllung der Aufgaben
anpassen?
Wenn ja, inwiefern?

9. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass andere, bereits bestehende oder
ggf. neu zu gründende (nichtstaatliche) Institutionen oder Organisationen in
Deutschland die Aufgaben des DRKS übernehmen oder ausführen könnten
bzw. sollten?
Wenn ja, welche, und warum?

Berlin, den 13. Juni 2016

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.