BT-Drucksache 18/8802

Gefährdung der Verkehrssicherheit durch illegale Straßenrennen

Vom 8. Juni 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/8802
18. Wahlperiode 08.06.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Stephan Kühn (Dresden), Matthias Gastel, Tabea Rößner,
Markus Tressel, Dr. Valerie Wilms und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Gefährdung der Verkehrssicherheit durch illegale Straßenrennen

In jüngster Zeit wird die Verkehrssicherheit durch illegale Straßenrennen zuneh-
mend gefährdet. Nach Angaben der Polizei wurden allein 2015 in Nordrhein-
Westfalen 230 Strafanzeigen wegen illegaler Autorennen erstattet. Die Dunkel-
ziffer liegt allerdings um ein Vielfaches höher. Die Beteiligten solcher Straßen-
rennen setzen aus Sicht der Fragesteller Menschenleben bewusst aufs Spiel oder
nehmen den Tod unbeteiligter Verkehrsteilnehmer mindestens billigend in Kauf.
Regelrechte „Raserszenen“ haben sich in zahlreichen deutschen Großstädten
etabliert, wovon tödliche Unfälle in Freiburg, Leverkusen, Köln, Karlsruhe, Lud-
wigshafen, Berlin und Hagen ein trauriges Zeugnis geben.
Straßenrennen sind in Deutschland grundsätzlich verboten. Allerdings begehen
Teilnehmer solcher illegaler Veranstaltungen nur eine Ordnungswidrigkeit, die
mit 400 Euro Bußgeld und einem Monat Fahrverbot geahndet werden kann.
Selbst die Organisation eines unerlaubten Rennens wird derzeit bloß mit einem
Bußgeld von 500 Euro verfolgt. Ein Straftatbestand kann vorliegen, wenn bei dem
Straßenrennen Personen gefährdet werden. Die abschreckende Wirkung dieser
Bußgelder ist stark anzuzweifeln. Zudem sind die besagten Delikte den Beteilig-
ten von Straßenrennen in der Praxis oft schwer nachzuweisen.
In der Schweiz werden seit 2012 im Rahmen des Verkehrssicherheitspakets „Via
sicura“ schwerwiegende Verkehrsdelikte wie stark überhöhte Geschwindigkeiten
in geschlossenen Ortschaften mit repressiven Maßnahmen verfolgt. Dazu gehö-
ren beispielsweise die Fahrzeugeinziehung und -verwertung oder auch höhere
Strafandrohungen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Hat die Bundesregierung Informationen über die Entwicklung der durch il-

legale Straßenrennen verursachten Verkehrsunfälle in den zurückliegenden
zehn Jahren bei den Bundesländern eingeholt (Anzahl der Unfälle, Anzahl
der Getöteten, Schwerst-, Schwer- und Leichtverletzten, Sachschäden)?
Wenn ja, welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung dazu?

2. Hat die Bundesregierung Informationen bei den Bundesländern darüber ein-
geholt, in welchen Städten „Raserszenen“ existieren und in welchen regel-
mäßig illegale Straßenrennen organisiert werden?
Wenn ja, welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung vor?

Drucksache 18/8802 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
 

3. Liegen der Bundesregierung Informationen darüber vor, in welchen Städten
2014 und 2015 (soweit vorliegend auch 2016) Personen durch illegale Stra-
ßenrennen zu Schaden kamen (wenn möglich mit genauer Angabe des Er-
eignisses wie Zahl der Getöteten, Schwerst- und Schwerverletzten usw.)?
Wenn ja, welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung vor?

4. Hat die Bundesregierung Informationen darüber eingeholt, auf welchen Ab-
schnitten von Bundesfernstraßen 2014 und 2015 (soweit vorliegend auch
2016) Verkehrsteilnehmer durch Autorennen zu Schaden kamen (wenn mög-
lich mit genauer Angabe des Ereignisses wie Zahl der Getöteten, Schwerst-
und Schwerverletzten usw.)?
Wenn ja, welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung vor?

5. Stimmt die Bundesregierung der Einschätzung zu, dass der bestehende
Rechtsrahmen zur ordnungswidrigkeitsrechtlichen und strafrechtlichen
Sanktionierung illegaler Straßenrennen im Sinne einer Prävention nicht aus-
reichend ist?
Wenn ja, welche Änderungen sind nach Auffassung der Bundesregierung
geeignet, dem Phänomen „Straßenrennen“ auch mit dem Strafrecht ange-
messen zu begegnen?

6. Beabsichtigt die Bundesregierung, § 315c des Strafgesetzbuches („Gefähr-
dung des Straßenverkehrs“) dahingehend zu erweitern, dass die Organisation
bzw. Teilnahme an illegalen Straßenrennen als Tatbestand aufgenommen
wird?

7. Hält die Bundesregierung auch repressive Maßnahmen, wie sie das schwei-
zerische Verkehrssicherheitspaket „Via sicura“ enthält, für denkbar, um ge-
nerell die schweren Verkehrsverstöße wie stark überhöhte Geschwindigkeit
in geschlossenen Ortschaften einzudämmen?
Wenn nein, welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung als Alterna-
tive?

8. Wäre nach Auffassung der Bundesregierung die erleichtere Einziehung von
Täterfahrzeugen und deren Verwertung ein geeignetes Instrument, um die
„Raserszene“ in Großstädten zu schwächen bzw. aufzulösen?

9. Hat die Bundesregierung Kenntnisse darüber, welche Bundesländer die Ein-
ziehung von Täterfahrzeugen bisher praktizieren?
Wenn ja, welche Daten liegen für die jeweiligen Länder dazu vor?

10. Welche Präventionsmaßnahmen sind nach Auffassung der Bundesregierung
jenseits des Strafrechts und des Ordnungswidrigkeitenrechts geeignet, um
den weiteren Zulauf zu „Raserszenen“ zu unterbinden?
Plant die Bundesregierung das Thema „Straßenrennen“ künftig im Verkehrs-
sicherheitsprogramm zu behandeln, und sind dementsprechende Aufklä-
rungskampagnen im Rahmen der Verkehrssicherheitsarbeit geplant?

11. Beabsichtigt die Bundesregierung im Rahmen der Verkehrssicherheitsarbeit
Präventionsmaßnahmen, um illegale Straßenrennen zu verhindern?
Wenn ja, wie sind der Deutsche Verkehrssicherheitsrat und die Deutsche
Verkehrswacht dabei eingebunden?

12. Beabsichtigt die Bundesregierung, das Thema „illegale Straßenrennen“
künftig auch in der Fahrschul- und Fahrlehrerausbildung zu verankern?
Wenn ja, wie soll das Thema dort berücksichtigt werden?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/8802
 

13. Behandelt der Fragenkatalog zur theoretischen Führerscheinprüfung das
Thema „illegale Straßenrennen“?
Wenn nein, ist eine Ergänzung vorgesehen?

14. Plant die Bundesregierung ein Forschungsprojekt zum Beispiel über die
Bundesanstalt für Straßenwesen zum Thema „charakterliche Fahreignung“
von an illegalen Autorennen teilnehmenden Personen?
Wenn nein, warum nicht?

Berlin, den 8. Juni 2016

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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