BT-Drucksache 18/8781

Sicherstellung des Tierschutzes bei Investitionsförderungen

Vom 2. Juni 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/8781
18. Wahlperiode 02.06.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Friedrich Ostendorff, Nicole Maisch, Harald Ebner,
Matthias Gastel und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Sicherstellung des Tierschutzes bei Investitionsförderungen

Als Anteilseignerin von internationalen Finanzinstitutionen, wie z. B. der Inter-
nationalen Finanzkorporation (IFC), der Europäischen Bank für Wiederaufbau
und Entwicklung (EBRD) oder der Asiatischen Infrastruktur-Investmentbank
(AIIB), trägt Deutschland deren Entscheidungen über Projekte und Kapitalverga-
ben im Bereich der landwirtschaftlichen Tierhaltung mit.
Durch Hermesbürgschaften unterstützt Deutschland die Ausfuhr von Systemen
und Anlagen zur landwirtschaftlichen Tierhaltung.
In beiden Fällen handelt es sich um eine Verwendung öffentlicher Gelder und in
beiden Fällen werden auch Anlagen und Betriebe unterstützt, die ihre Tiere auf
eine Weise halten, die in Deutschland bzw. in der Europäischen Union verboten
ist (vgl. Bundestagsdrucksache 17/11266). Dazu zählt die Haltung von Legehen-
nen in Käfigen, die Käfighaltung von Masthühnern oder die dauernde Kasten-
standhaltung von Sauen.

Wir fragen die Bundesregierung:

Internationale Finanzkorporation (engl. International Finance Corporation – IFC)
1. Welche Projekte mit Bezug zu landwirtschaftlichen Nutztieren wurden in der

laufenden Legislaturperiode von der IFC bewilligt (bitte nach Jahr, Standort,
Finanzsumme, Art der Tierhaltung und Tierzahl aufschlüsseln)?

2. Welche Einflussmöglichkeiten hat die Bundesregierung in den Entschei-
dungsprozessen der IFC zu Projekten und Kapitalvergaben?

3. Hat die Bundesregierung Zugang zu Abschlussberichten der Internationalen
Finanzkorporation über folgende IFC-Projekte:
a) Ukraine Agri-Finance Project (Projekt 564788),
b) Ukraine Agri-Insurance Development Project (Projekt 540163),
c) Belarus Food Safety Project (Projekt 574207)?

4. In welcher Weise wurde nach Kenntnis der Bundesregierung in diesen Pro-
jekten der Schutz landwirtschaftlich genutzter Tiere berücksichtigt?

5. Welche Ansprüche artikuliert die Bundesregierung im Prozess laufender
Projekte (z. B. 600339: Europe and Central Asia Agri-Finance Project) im
Hinblick auf den Tierschutz?

Drucksache 18/8781 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
6. Warum wurde das IFC-Projekt „Axzon Corp Loan“ (http://ifcext.ifc.org/
ifcext/spiwebsite1.nsf/ProjectDisplay/ESRS37858) als Kategorie B einge-
stuft, obwohl die betroffenen Anlagen in der Westukraine („Danosha“) weit
größer sind als die empfohlenen Schwellenwerte für Kategorie-A-Projekte
(www.danosha.com.ua/en/production/animal-production.html)?

Hermesbürgschaft für Entenfarm in der Ukraine
7. Für welche Projekte in der Ukraine hat Deutschland die Hermesbürgschaft

übernommen?
8. Welche Kosten können für Deutschland durch diese Hermesdeckungen ma-

ximal entstehen?
9. Was besagen die „hohen internationalen Standards“, die laut Bundesminis-

terium für Wirtschaft und Energie gewährleistet sind, in Bezug auf den Tier-
schutz?

10. Wann erfolgte die Beschlussfassung im interministeriellen Ausschuss über
das Kategorie-A-Projekt einer Entenfarm in der Chernigiv-Region in der Uk-
raine?

11. Wurde vor der Zusage der Hermesbürgschaften eine Stellungnahme des Bun-
desministeriums für Ernährung und Landwirtschaft eingeholt, und wenn ja,
was besagt diese?

12. Welche Höhe haben die von Deutschland übernommenen Hermesdeckungen
für die Entenfarm in der Chernigiv-Region in der Ukraine?

13. Welche Haltungsformen werden nach Kenntnis der Bundesregierung in den
Entenhaltungsanlagen angewandt?
Wie viel Platz und welche Ausstattung ist pro Tier vorgesehen bzw. vorhan-
den?

14. Unter Berücksichtigung des geplanten Haltungssystems, wie begründet die
Bundesregierung die Übernahme der Hermesbürgschaft für dieses Projekt?

15. Für welche Märkte sind nach Kenntnis der Bundesregierung die dort produ-
zierten Enten bestimmt?
Ist unter anderem ein Import in die Europäische Union (EU) und nach
Deutschland geplant?

16. Wann wurde das Umweltverträglichkeitsgutachten zu diesem Projekt auf
agaportal.de veröffentlicht?

17. Betrachtet die Bundesregierung das Projektgebiet in Hinblick auf seine Lage
zum unregulierten Fluss Desna sowie zum Trinkwasserreservoir der Stadt
Kiew als „sensibles Gebiet“ gemäß Common Approaches?

18. Erachtet die Bundesregierung die im Umweltverträglichkeitsgutachten be-
schriebenen Maßnahmen als ausreichend, um die Desna und die Trinkwas-
serversorgung Kiews vor negativen Auswirkungen durch die Entenfarm zu
bewahren?

19. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung der aktuelle Stand der Umset-
zung des Projektes?

20. Wie beurteilt die Bundesregierung das wirtschaftliche Risiko angesichts
der finanziellen Schwierigkeiten des antragstellenden Unternehmens
(https://inventure.com.ua/en/news/ukraine/creative-group-and-debts-why-
stanislav-berezkin-sales-his-agribusiness)?

21. Welche Möglichkeiten könnten real ergriffen werden, wenn die Bundesre-
gierung die Förderungszusage für dieses Projekt zurückziehen wollte?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/8781

22. Ist der Bundesregierung die Antwort von Cecilia Malström im Namen der

Europäischen Kommission auf eine Parlamentarische Anfrage vom 9. März
2016 bekannt, worin die Kommission die EU-Mitgliedstaaten auffordert,
keine Ausfuhrkredite zu fördern, wenn die Tierproduktion der Begünstigten
nicht den EU-Standards genügt (E-013995-15)?

23. Wird die Bundesregierung der Aufforderung der Europäischen Kommission
Folge leisten und sich dafür einsetzen, dass die anderen EU-Mitgliedstaaten
dies ebenfalls tun?

Projekt „Servolux“ der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung
24. Prüft die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) eine

Kapitalvergabe an die Unternehmensgruppe Servolux?
25. Wie viele Anlagen betreibt nach Kenntnis der Bundesregierung Servolux,

und wie viele Tiere werden dort gehalten?
Welche Erweiterungen wurden kürzlich umgesetzt bzw. sind geplant?

26. Welche Haltungsformen werden nach Kenntnis der Bundesregierung in den
Anlagen von Servolux angewandt?
Wie viel Platz ist pro Tier vorgesehen bzw. vorhanden?

27. Entspricht die in den Anlagen der Servolux-Gruppe nach Kenntnis der Bun-
desregierung angewandte Haltungsform deutschem bzw. europäischem
Standard?

28. Wie hoch ist die geplante Kapitalvergabe?
29. Wurde zwischen EBRD und Servolux ein Environmental and Social Action

Plan (ESAP) abgeschlossen, der auch Tierschutzmaßnahmen enthält?
Wenn ja, um welche Maßnahmen handelt es sich, in welchem Zeitrahmen
sind diese umzusetzen, und auf welche Weise wird die Umsetzung sicherge-
stellt?

30. Wird die Bundesregierung bzw. die deutsche Vertretung in der EBRD dem
Projekt Servolux zustimmen?
Wenn ja, warum, und wenn nein, warum nicht?

31. Wird sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass die EBRD ESAP künf-
tig der Öffentlichkeit zugänglich macht?
Wenn nein, warum nicht?

EBRD-Projekt „Al Jazeera agricultural company“
32. Wie hat die Bundesregierung am 22. Juli 2015 bei einer Abstimmung über

einen 21-Millionen-Dollar-Kredit für die Expansion von Al Jazeera, einem
der größten Geflügelproduzenten Jordaniens, votiert?

33. Wurde zwischen EBRD und Al Jazeera agricultural company ein Environ-
mental and Social Action Plan (ESAP) abgeschlossen, der auch Tierschutz-
maßnahmen enthält?

34. Wenn ja, um welche Maßnahmen handelt es sich, in welchem Zeitrahmen
sind diese umzusetzen, und auf welche Weise wird die Umsetzung sicherge-
stellt?

35. Welche technischen Vorkehrungen sichern nach Kenntnis der Bundesregie-
rung die tiergerechte Haltung unter den extremen klimatischen Bedingungen
Jordaniens ab?

Drucksache 18/8781 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

36. Hat die Bundesregierung die Übereinstimmung mit den Zielen der deutschen

technischen Zusammenarbeit in Jordanien insbesondere hinsichtlich des
Umgangs mit Wasser geprüft?

37. Ist damit die Einhaltung der EU-Tierhaltestandards und damit der ESP der
EBRD gewährleistet?
Hat die deutsche Vertretung in der EBRD dem Projekt zugestimmt?

Berlin, den 2. Juni 2016

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.