BT-Drucksache 18/8738

zu dem Antrag der Abgeordneten Tom Koenigs, Kordula Schulz-Asche, Omid Nouripour, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 18/6883 - Gewalt in Burundi stoppen - Weitere massive Menschenrechtsverletzungen verhindern

Vom 8. Juni 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/8738
18. Wahlperiode 08.06.2016

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe (17. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Tom Koenigs, Kordula Schulz-Asche, Omid
Nouripour, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 18/6883 –

Gewalt in Burundi stoppen ‒ Weitere massive Menschenrechtsverletzungen
verhindern

A. Problem
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beschreibt in ihrem Antrag zunächst
die sich täglich verschlechternde Menschenrechtslage in Burundi, die viele der
allgemeinen Kriterien, die der Sondergesandte des Generalsekretärs der Vereinten
Nationen für die Verhinderung von Völkermord als übliche Warnsignale für dro-
hende Verbrechen gegen die Menschlichkeit identifiziert habe, erfülle. Dazu ge-
hörten schwere Menschenrechtsverletzungen, anhaltende Gewalt, Diskriminie-
rung bestimmter Gruppen und das Fehlen korrigierender Elemente wie einer akti-
ven Zivilgesellschaft, unabhängiger Medien oder ausländischer Beobachter. All
dies sei in Burundi gegeben.

Die Antragsteller verweisen auf Versuche von internationaler Seite, auf die Situ-
ation in Burundi positiv einzuwirken. Diese konzentrierten sich bei der Afrikani-
schen Union, der Ostafrikanischen Gemeinschaft (EAC) und dem VN-Sicher-
heitsrat. Am 12. November 2015 habe dieser eine Resolution (S/RES/2248) ver-
abschiedet, die den Generalsekretär auffordert, binnen 15 Tagen Vorschläge für
eine verstärkte Präsenz der Vereinten Nationen in Burundi vorzulegen und die
Möglichkeit von Sanktionen ins Spiel gebracht. Am 30. November 2015 habe der
Generalsekretär drei Optionen vorgelegt: eine friedenssichernde Mission, eine
verstärkte zivile Präsenz und ein Team, das den neu ernannten Sondergesandten
für Burundi bei seinen Mediationsbemühungen vor Ort unterstützt. Die burundi-
sche Regierung verweigere sich unterdessen jeglichen Mediationsbemühungen,
auch von regionaler Seite, und schüre stattdessen Spannungen mit dem Nachbarn
Ruanda. Die internationale Gemeinschaft sei angesichts der Lage in Burundi ein-
deutig aufgefordert, verbliebene Verknüpfungspunkte zu nutzen und ihrer Ver-
antwortung im Sinne der „responsibility to protect“, insbesondere der Verhinde-
rung von Völkermord und anderen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, gerecht
zu werden. Da-zu gehöre für Deutschland auch, Kapazitäten zur Früherkennung
und zur Umsetzung der Schutzverantwortung zu fördern, sowohl innerhalb der
Bundesregierung als auch bei den Vereinten Nationen. Es sei ein positives Zei-

Drucksache 18/8738 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
chen, dass die Afrikanische Union und Burundis Partner in der Region die politi-
sche Initiative ergriffen hätten. Die Vereinten Nationen und die EU, auch
Deutschland, müssten diese nun aber tatkräftig und langfristig unterstützen. Dazu
gehöre eine verstärkte Präsenz der Vereinten Nationen vor Ort. Politischer Druck
auf die burundische Regierung werde notwendig sein, damit diese ein solches En-
gagement der internationalen Gemeinschaft akzeptiere. Sollte sich die politische
Lage in Burundi weiter zuspitzen und eine systematische Anwendung von Gewalt
drohen, könnte auch die Entsendung einer internationalen Friedenstruppe unter
VN-Mandat gemäß den Grundsätzen der Schutzverantwortung notwendig wer-
den. In jedem Fall brauche Burundi einen erneuten politischen Dialogprozess, der
den Weg in eine friedliche Zukunft weist. Deshalb müssten zunächst von ziviler
Seite erhöhter Druck auf die Regierung aus-geübt, die Menschenrechtsverletzun-
gen gestoppt und die Präsenz internationaler Beobachter bzw. Vermittler vor Ort
massiv verstärkt werden.

Anknüpfend an diese Feststellungen werden in dem Antrag konkrete Forderungen
an die Bundesregierung erhoben. So soll diese unter anderem aufgefordert wer-
den,

‒ das in Deutschland vorhandene Instrumentarium zur Früherkennung und Ver-
hinderung von schwersten Menschenrechtsverletzungen zu stärken, indem ei-
ne Strategie zur institutionellen und programmatischen Verankerung der
Schutzverantwortung auf nationaler Ebene ausgearbeitet und geprüft werde,
inwiefern eine Version des amerikanischen „Atrocities Prevention Board“
auch für Deutschland in Frage komme,

‒ sich dafür einzusetzen, dass die internationale Gemeinschaft, insbesondere die
Afrikanische Union und die Vereinten Nationen, aber auch die Europäische
Union und die regionalen Partner Burundis, ihre diplomatischen Anstrengun-
gen verstärken, um alle politischen Akteure in Burundi wieder an einen Tisch
zu bringen und weitere Menschenrechtsverletzungen und einen drohenden er-
neuten Bürgerkrieg abzuwenden,

‒ eine verstärkte Präsenz der Vereinten Nationen in Burundi politisch und per-
sonell zu unterstützen, um die Entwicklung und Umsetzung eines Friedens-
plans gemeinsam mit allen Beteiligten voranzutreiben und die Achtung der
Menschenrechte sicherzustellen,

‒ die Beobachtermission der Afrikanischen Union materiell, finanziell und poli-
tisch nach Kräften zu unterstützen, insbesondere damit sie auch im Landesin-
neren tätig werden kann,

‒ sich dafür einzusetzen, dass sich die Peacebuilding Commission (PBC) der
Vereinten Nationen in Unterstützung der Afrikanischen Union stärker enga-
giert und die internationalen Vermittlungsbemühungen in Burundi mit voran-
treibt.

B. Lösung
Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD
und DIE LINKE. gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/8738

C. Alternativen
Annahme des Antrags.

D. Kosten
Wurden im Ausschuss nicht erörtert.

Drucksache 18/8738 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 18/6883 abzulehnen.

Berlin, den 8. Juni 2016

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe

Dr. Karamba Diaby
Stv. Vorsitzender

Frank Heinrich (Chemnitz)
Berichterstatter

Gabriela Heinrich
Berichterstatterin

Annette Groth
Berichterstatterin

Tom Koenigs
Berichterstatter

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/8738
Bericht der Abgeordneten Frank Heinrich (Chemnitz), Gabriela Heinrich, Annette
Groth und Tom Koenigs

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache 16/6883 in seiner 143. Sitzung am 13. März 2015 erst-
mals beraten und an den Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe zur federführenden Beratung so-
wie an den Auswärtigen Ausschuss und den Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
zur Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Der Antrag beschreibt zunächst die sich täglich verschlechternden Menschenrechtslage in Burundi. Eine politi-
sche Lösung scheine in weite Ferne gerückt. Die Aufstellung Präsident Nkurunzizas für ein drittes Mandat, ob-
wohl die Verfassung eine Obergrenze von zwei Mandaten vorsehe, habe die schwersten Unruhen seit Ende des
Konflikts ausgelöst. Auch wenn derzeit die Fronten noch zwischen der politischen Opposition bzw. der Zivilge-
sellschaft und der Regierung verliefen, befürchteten Beobachter die Instrumentalisierung ethnischer Zugehörig-
keiten durch Regierungsmitglieder; manche sprächen sogar von einem drohenden Genozid. Die derzeitige Lage
erfülle viele der allgemeinen Kriterien, die der Sondergesandte des Generalsekretärs der Vereinten Nationen für
die Verhinderung von Völkermord als übliche Warnsignale für drohende Verbrechen gegen die Menschlichkeit
identifiziert habe. Dazu gehörten schwere Menschenrechtsverletzungen, anhaltende Gewalt, Diskriminierung be-
stimmter Gruppen und das Fehlen korrigierender Elemente wie einer aktiven Zivilgesellschaft, unabhängiger Me-
dien oder ausländischer Beobachter. All dies sei in Burundi gegeben.

Die Antragsteller verweisen sodann auf Versuche von internationaler Seite, auf die Situation in Burundi positiv
einzuwirken. Die internationale Gemeinschaft sei angesichts der Lage in Burundi eindeutig aufgefordert, verblie-
bene Verknüpfungspunkte zu nutzen und ihrer Verantwortung im Sinne der „responsibility to protect“, insbeson-
dere der Verhinderung von Völkermord und anderen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, gerecht zu werden.

Anknüpfend an diese Feststellungen werden in dem Antrag konkrete Forderungen an die Bundesregierung erho-
ben. So soll diese aufgefordert werden,

1. das in Deutschland vorhandene Instrumentarium zur Früherkennung und Verhinderung von schwersten Men-
schenrechtsverletzungen zu stärken, indem eine Strategie zur institutionellen und programmatischen Veran-
kerung der Schutzverantwortung auf nationaler Ebene ausgearbeitet und geprüft wird, inwiefern eine Version
des amerikanischen „Atrocities Prevention Board“ auch für Deutschland in Frage kommt;

2. sich dafür einzusetzen, dass die internationale Gemeinschaft, insbesondere die Afrikanische Union und die
Vereinten Nationen, aber auch die Europäische Union und die regionalen Partner Burundis, ihre diplomati-
schen Anstrengungen verstärken, um alle politischen Akteure in Burundi wieder an einen Tisch zu bringen
und weitere Menschenrechtsverletzungen und einen drohenden erneuten Bürgerkrieg abzuwenden;

3. eine verstärkte Präsenz der Vereinten Nationen in Burundi politisch und personell zu unterstützen, um die
Entwicklung und Umsetzung eines Friedensplans gemeinsam mit allen Beteiligten voranzutreiben und die
Achtung der Menschenrechte sicherzustellen;

4. die Beobachtermission der Afrikanischen Union materiell, finanziell und politisch nach Kräften zu unterstüt-
zen, insbesondere damit sie auch im Landesinneren tätig werden kann;

5. sich dafür einzusetzen, dass sich die Peacebuilding Commission (PBC) der Vereinten Nationen in Unterstüt-
zung der Afrikanischen Union stärker engagiert und die internationalen Vermittlungsbemühungen in Burundi
mit vorantreibt;

Drucksache 18/8738 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
6. sich auf Ebene der EU dafür einzusetzen, dass die nun anstehenden Cotonou-Konsultationen genutzt werden,

um größtmöglichen Druck auf die burundische Regierung auszuüben, sie zur Einhaltung der Menschenrechte
und zur Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen zu verpflichten und zur Aufnahme eines erneuten poli-
tischen Dialogs mit Vertretern aller Parteien zu bewegen, der auch die Frage der dritten Amtszeit des Präsi-
denten behandeln muss;

7. die Zivilgesellschaft in den Mittelpunkt der Entwicklungszusammenarbeit zu stellen und diese durch regie-
rungsferne Maßnahmen substanziell zu unterstützen;

8. eine regionale Strategie auch auf EU-Ebene mit zu entwickeln, um eine konsistente politische Haltung zur
Frage der dritten Mandate in der Region zu entwickeln und diese auch gegenüber Ruanda und der DRC um-
zusetzen;

9. das Menschenrechtsbüro der Vereinten Nationen in Burundi gezielt finanziell zu unterstützen;

10. die humanitäre Hilfe für die in Nachbarländer geflohenen burundischen Flüchtlinge aufzustocken;

11. sich dafür einzusetzen, dass ein neuer Friedensprozess in Burundi von Anfang an die Frage der Vergangen-
heitsbewältigung und der Transitionsjustiz mit einschließt;

12. sich dafür einzusetzen, dass der Internationale Strafgerichtshof entsprechend seinem Mandat Vorermittlungen
zu den relevanten Vorgängen in Burundi aufnimmt;

13. den Zugang zu freien Medien und den Wiederaufbau der Medienlandschaft in Burundi finanziell, materiell
und politisch zu unterstützen;

14. zu prüfen, inwieweit die Bundesregierung selbst Sanktionen bzw. Visasperren für burundische Akteure erlas-
sen kann;

15. Flüchtlingen aus Burundi, vor allem Angehörigen politischer Parteien und Mitgliedern verfolgter zivilgesell-
schaftlicher Organisationen, in Deutschland Asyl zu gewähren.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Auswärtige Ausschuss hat den Antrag in seiner 60. Sitzung am 13. Januar 2016 beraten und empfiehlt mit
den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD und DIE LINKE. gegen die Stimmen der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung.

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung hat den Antrag in seiner 60. Sitzung
am 8. Juni 2016 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD und DIE LINKE. gegen
die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe hat den Antrag auf Drucksache 18/6883 in seiner
64. Sitzung am 8. Juni 2016 abschließend beraten. Er empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD
und DIE LINKE. gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung.

Berlin, den 8. Juni 2016

Frank Heinrich (Chemnitz)
Berichterstatter

Gabriela Heinrich
Berichterstatterin

Annette Groth
Berichterstatterin

Tom Koenigs
Berichterstatter

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