BT-Drucksache 18/8719

Auswertung der Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung im Rahmen der Bundesverkehrswegeplanung

Vom 1. Juni 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/8719
18. Wahlperiode 01.06.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Valerie Wilms, Matthias Gastel, Stephan Kühn (Dresden),
Tabea Rößner, Markus Tressel und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Auswertung der Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung im Rahmen der
Bundesverkehrswegeplanung

Nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UPVG) ist die Ver-
kehrswegeplanung auf Bundesebene einschließlich der Bedarfspläne zu den Ver-
kehrswegeausbaugesetzen einer Strategischen Umweltprüfung (SUP) zu unter-
ziehen (§ 14b Absatz 1 Nummer 1 UVPG i. V. m. Anlage 3 Nummer 1.1).
Im Zuge der SUP muss die Bundesregierung die Öffentlichkeit zu den Umwelt-
auswirkungen des Vorhabens beteiligen. Gemäß dem UVPG sind dazu der Ent-
wurf des Bundesverkehrswegeplans (BVWP), der Umweltbericht sowie weitere
zweckmäßige Unterlagen frühzeitig auszulegen, sowohl Auslege- als auch Stel-
lungnahmefrist müssen angemessen sein.
Das Beteiligungsverfahren soll dabei insbesondere der Einbindung der Öffent-
lichkeit im Vorfeld relevanter Entscheidungen und einer möglichst frühzeitigen
und umfassenden Identifizierung von potenziellen Umweltauswirkungen des
BVWP dienen. Die Durchführung der SUP und die dazugehörige Beteiligung der
Öffentlichkeit auf Gesamtplanebene sowie die Vorlage des Umweltberichtes sind
demnach verpflichtend und können nicht als Ersatz für die Umweltverträglich-
keitsprüfung auf Projektebene gesehen werden.
Der BVWP hat eine Laufzeit von 15 Jahren und ist mit erheblichen Auswirkun-
gen für Mensch, Klima und Umwelt verbunden. Ein von der Bundesregierung in
Auftrag gegebenes Forschungsvorhaben empfahl eine Frist zur Stellungnahme
von drei Monaten („Erarbeitung eines Konzeptes zur Integration einer Strategi-
schen Umweltprüfung in die Bundesverkehrswegeplanung (FE-Vorhaben
96.0904/2007)“, S. 2018). Angesichts der Komplexität und des Umfangs des
BVWP hatte sich auch das Umweltbundesamt entsprechend für eine längere Frist
als sechs Wochen ausgesprochen.
Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) be-
schränkte die Frist für die Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung auf sechs
Wochen und begann die Beteiligungsphase zwei Werktage nach Veröffentli-
chung des Entwurfs. Am 2. Mai 2016 wurde die Beteiligungsmöglichkeit been-
det.
Nach der Erfahrung der Fragesteller aus dem Dialog mit Bürgerinnen und Bür-
gern erschwerte der mit sechs Wochen bemessene Zeitraum eine ausführliche
Auseinandersetzung mit den vollständigen Umweltauswirkungen des Gesamt-
plans oder die Beurteilung der Umweltauswirkungen mehrerer Einzelprojekte auf
den Gesamtplan.

Drucksache 18/8719 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
 

Einige Vorhaben wurden vom BMVI bereits als fest disponierte Vorhaben in den
Planentwurf aufgenommen, obwohl für diese noch kein Planfeststellungsbe-
schluss vorliegt (vgl. Bundestagsdrucksache 18/5771). Projektdossiers mit den
jeweiligen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt lagen nicht vor.
Zudem enthält der Entwurf zahlreiche Schienenvorhaben, deren Bewertung nicht
abgeschlossen ist. Diese wurden bisher nur einer neuen, offenen Kategorie („Po-
tentieller Bedarf“) zugeordnet. Auch hier war es den Bürgerinnen und Bürgern
im Rahmen der Beteiligungsphase nicht möglich, vollständige Projektdossiers
einzusehen. Aus Sicht der Fragesteller war die Möglichkeit zu einer Auseinan-
dersetzung mit den gesamten Umweltauswirkungen des Planentwurfs im Sinne
einer SUP bisher nicht möglich.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. a) Wie viele Stellungnahmen hat das BMVI insgesamt erhalten?

b) Wie viele Stellungnahmen hat das BMVI elektronisch über das Online-
Formular erhalten?

c) Wie viele Stellungnahmen hat das BMVI über andere Wege (Email, Post-
weg etc.) erhalten (bitte unter Aufschlüsselung des jeweils angewandten
Verfahrens)?

2. a) Wie viele abgegebene Stellungnahmen beziehen sich hauptsächlich auf
den Gesamtplan bzw. auf die Umweltauswirkungen des Gesamtplans?

b) Wie viele Stellungnahmen thematisieren insbesondere mögliche Umwelt-
auswirkungen der Einzelprojekte auf den Gesamtplan (bitte nach Projek-
ten aufschlüsseln)?

3. a) Wie viele Stellungnahmen wird das BMVI im Zuge der Auswertung des
Beteiligungsverfahrens nicht berücksichtigen, da es sich bei diesen aus
Sicht des BMVI um Stellungnahmen „ohne Bezug zur Wirkung des Ge-
samtplans sowie rein wertende Meinungsäußerungen ohne sachliche Be-
gründung“ (vgl. Bundestagsdrucksache 18/7995) handelt?

b) Werden die Absender der nichtberücksichtigten Stellungnahmen durch
das BMVI gesondert informiert werden?

4. Wie viele Stellungnahmen wurden von Bürgerinnen und Bürgern bzw. Re-
gierungs- und Nichtregierungsorganisationen und Behörden anderer Staaten
abgegeben?
Inwiefern hat die Europäische Kommission nach Kenntnis der Bundesregie-
rung im Rahmen des Beteiligungsverfahrens eine Stellungnahme abgegeben,
und was waren die wesentlichen Inhalte der Stellungnahme?

5. Wie viel hat die Inanspruchnahme der externen Dienstleister bei der Erarbei-
tung, Projektbewertung und Aufstellung des BVWP bisher gekostet, und wie
viel wird die Aufstellung des BVWP insgesamt kosten (bitte Kostenpunkte
einzeln aufführen und Gesamtsumme nennen)?

6. a) Wie geht die Bundesregierung damit um, dass viele Stellungnahmen, unter
anderem die Stellungnahme des Umweltbundesamtes, die sechswöchige
Auslege- und Stellungnahmefrist aufgrund der Komplexität und des Um-
fangs des BVWP als „bei weitem nicht ausreichend“ bezeichnen?

b) Bestehen Pläne seitens der Bundesregierung, die Beteiligungsphase zu
wiederholen bzw. zu einem späteren Zeitpunkt fortzusetzen?
Wenn ja, inwiefern?
Wenn nein, warum nicht?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/8719
 

7. a) Inwiefern sind die Umweltauswirkungen des BVWP-Entwurfs aus Sicht
der Bundesregierung bereits vollständig zu ermitteln, obwohl ein Großteil
der Schienenprojekte bisher nicht abschließend bewertet ist?

b) Wenn nein, welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus, ins-
besondere mit Blick auf das weitere BVWP-Aufstellungsverfahren und
die Auswertung der Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung?

8. a) Inwiefern plant die Bundesregierung, eine erneute Behörden- und Öffent-
lichkeitsbeteiligung durchzuführen, wenn die Bewertung aller Schienen-
vorhaben des Potentiellen Bedarfs abgeschlossen ist?

b) Wenn ja, wann, und in welchem Umfang?
c) Wenn nein, warum nicht?

9. Inwiefern würde nach Auffassung der Bundesregierung eine erneute Öffent-
lichkeitsbeteiligung im Rahmen der SUP erforderlich werden, sollten sich im
Laufe des Aufstellungsprozesses Planänderungen ergeben, die zusätzliche
oder andere erhebliche Umweltauswirkungen nach sich ziehen könnten, wie
zum Beispiel die Einstufung mehrerer zusätzlicher Vorhaben in den Vor-
dringlichen Bedarf?

10. a) Wie verfährt die Bundesregierung mit den Stellungnahmen, die sich zu
möglichen Umweltauswirkungen auf den Gesamtplan eines Einzelprojek-
tes beziehen, welches im BVWP-Entwurf als bereits laufendes bzw. fest-
disponiertes Vorhaben eingestuft ist, obwohl noch kein Planfeststellungs-
beschluss vorliegt (vgl. Bundestagsdrucksache 18/5771)?

b) Inwiefern kann es bei der Berücksichtigung solcher Stellungnahmen zu
einer Neueinstufung solcher noch nicht in Bau befindlicher Vorhaben
kommen?

11. a) Wie viele Stellungnahmen hat das BMVI erhalten, die die Umweltauswir-
kungen des 17. Bauabschnittes der A 100 auf den Gesamtplan thematisie-
ren?

b) Wie wird die Bundesregierung mit den Stellungnahmen zu diesem Vor-
haben (17. Bauabschnitt A 100) verfahren, welches im BVWP-Entwurf
bereits als „in Bau“ bezeichnet wird, obwohl bisher noch kein Planfest-
stellungsbeschluss vorliegt?

c) Inwiefern steht die Einstufung des 17. Bauabschnitts der A 100 im Wi-
derspruch zu der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Bundestagsdrucksache
18/5771), in der es heißt, dass „auf Basis der von der AV BE noch konkret
zu entwickelnden Planung für den 17. BA […] die Wirtschaftlichkeit des
Projekts im weiteren Planungsprozess unter Einbeziehung dann aktuali-
sierter Projektkosten erneut zu ermitteln“ sei?

12. a) Inwiefern trifft es zu, dass im Rahmen der Verkehrsministerkonferenz
vom 14. und 15. April 2016 über die Aufnahme weiterer Einzelprojekte
in den Bundesverkehrswegeplan diskutiert worden ist?

b) Wenn ja, welche Einzelvorhaben wurden angesprochen, und mit welchem
Ergebnis?

c) Inwiefern und wann plant die Bundesregierung dazu weitere Gespräche
mit den Ländern, bzw. inwiefern, wann, und mit welchem Ergebnis haben
diese stattgefunden?

d) Inwiefern wurden im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung auch Alter-
nativen zu Einzelprojekten bzw. Plan- oder Szenarioalternativen einge-
reicht, und um welche Projekte bzw. Plan- oder Szenarioalternativen han-
delt es sich dabei?

Drucksache 18/8719 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
 

e) Inwiefern wird die Bundesregierung diese Projekte bzw. Plan- oder Sze-
narioalternativen bei der Überarbeitung des Entwurfs berücksichtigen und
im Bericht zum Beteiligungsverfahren individuell dokumentieren (bitte
begründen)?

13. Wann rechnet die Bundesregierung mit einem Abschluss der Auswertung al-
ler Stellungnahmen des Beteiligungsverfahrens (bitte Datum angegeben)?

14. a) Wann wird die Bundesregierung den angekündigten Bericht zum Betei-
ligungsverfahren inklusive der zusammenfassenden Dokumentation
über den Umgang mit den Stellungnahmen vorlegen (www.bmvi.de/
DE/VerkehrUndMobilitaet/Verkehrspolitik/Verkehrsinfrastruktur/
Bundesverkehrswegeplan2030/StellungnahmeAbgeben/stellungnahme_
node.html)?

b) Inwiefern wird der Bericht alle vorgebrachten fachlich-inhaltlichen Argu-
mente zur Festlegung des BVWP benennen?

c) Inwiefern wird der Bericht nachvollziehbar darstellen und begründen,
welche vorgebrachten fachlich-inhaltlichen Argumente in der Überarbei-
tung des BVWP-Entwurfs berücksichtig wurden, bzw. welche keine Auf-
nahme gefunden haben?

d) Auf welchem Weg werden die Personen und Institutionen, die Stellung-
nahmen eingereicht haben, durch das BMVI zeitnah von der Veröffentli-
chung des Berichts informiert?

15. Inwiefern plant die Bundesregierung weiterhin, den überarbeiteten BVWP-
Entwurf noch vor der Sommerpause vorzulegen?
Wenn ja, wann?
Wenn nein, warum nicht?

16. Wann beabsichtigt die Bundesregierung, die Gesetzentwürfe für die Ausbau-
gesetze an den Deutschen Bundestag zu übermitteln?

Berlin, den 1. Juni 2016

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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