BT-Drucksache 18/8670

Gemeinsame Meldeplattform der Internetbranche und Europol

Vom 31. Mai 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/8670
18. Wahlperiode 31.05.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Andrej Hunko, Annette Groth, Inge Höger, Ulla Jelpke,
Jan Korte, Martina Renner, Alexander Ulrich, Halina Wawzyniak
und der Fraktion DIE LINKE.

Gemeinsame Meldeplattform der Internetbranche und Europol

Die bei der EU-Polizeiagentur Europol angesiedelte „Meldestelle für Internetin-
halte“ hat ihre Tätigkeitsbereiche seit ihrer Gründung im Juli 2015 schrittweise
ausgebaut. Ursprünglich nur für „terroristische Inhalte“ folgten „Schleusungskri-
minalität“ und „hybride Bedrohungen“ (Joint Framework on countering hybrid
threats a European Union response, JOIN/2016/018 final). Die Expertise der Ab-
teilung wird genutzt, um in internationalen Ermittlungen unterstützend tätig zu
werden. Hierzu gehört die „Taskforce Fraternité“, die nach den November-An-
schlägen in Paris durch französische und belgische Behörden gegründet wurde
(http://statewatch.org/news/2016/may/eu-europol-ct-centre-report-8881-16.pdf).
Die Abteilung hat bereits 7 364 Postings mit mutmaßlich terroristischem und ex-
tremistischen Material gefunden, analysiert und bewertet. In 6 399 Fällen hat Eu-
ropol bei den Internetprovidern die Entfernung der Inhalte verlangt. In 95 Prozent
der Fälle war dies erfolgreich.
Nun soll die „Meldestelle“ auch die „Partnerschaft mit der Internetbranche“ ver-
stärken (Ratsdokument 8128/16). Im Dezember 2015 hat die Europäische Kom-
mission mit mehreren Anbietern ein „EU-Internet Forum“ gestartet, das mög-
lichst „selbstregulierend“ tätig werden soll. Die Internetindustrie arbeitet laut der
Kommissionsmitteilung „unter voller Einbeziehung von Europol“ an einer ge-
meinsamen Meldeplattform. Sie soll verhindern, dass an einer Stelle entfernte In-
halte an anderer Stelle hochgeladen werden. Die im „EU-Internet Forum“ zusam-
mengeschlossenen Unternehmen sollen auch bei der Entwicklung eines „Gegen-
diskurses“ helfen. Die Europäische Kommission will zukünftig „Aktionen zur
Förderung wirksamer alternativer Argumentationslinien“ unterstützen und „Lö-
sungen für das Problem der Hassreden im Internet“ finden. Für beide Initiativen
(neue gemeinsame Meldeplattform und „Gegendiskurs“) werden 10 Mio. Euro
aus dem Fonds für die Innere Sicherheit bereitgestellt.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie viele Postings hat die „Meldestelle für Internetinhalte“ nach Kenntnis

der Bundesregierung gefunden, analysiert und bewertet (bitte nach „Terro-
rismus/Extremismus“, „Schleusungskriminalität“, „hybride Bedrohungen“
aufschlüsseln)?

2. In wie vielen Fällen hat Europol nach Kenntnis der Bundesregierung bei den
Internetprovidern die Entfernung der Inhalte verlangt, und in wie vielen Fäl-
len war dies erfolgreich?

Drucksache 18/8670 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
 

3. In wie vielen Fällen betreffen die entfernten Inhalte nach Kenntnis der Bun-
desregierung mehrfach hochgeladene Beiträge?

4. Auf welchen verschiedenen Plattformen wurde das Material nach Kenntnis
der Bundesregierung gefunden?

5. Welche EU-Mitgliedstaaten haben nach Kenntnis der Bundesregierung nati-
onale Kontaktstellen für die „Meldestelle für Internetinhalte“ eingerichtet,
und in welcher Abteilung ist diese beim Bundeskriminalamt angesiedelt?

6. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, inwiefern die „Meldestelle für
Internetinhalte“ auch ohne eine entsprechende Regelung in der gültigen Eu-
ropol-Abfrageverordnung von den Internetdienstleistern Personendaten zu
den Account-Inhabern der beobachteten oder entfernten Inhalte anfordert
und verarbeitet?

7. Sofern Europol diese Daten nicht selbst anfordert, inwiefern werden diese
über bilaterale Verfahren mithilfe anderer Strafverfolgungsbehörden ange-
fordert und schließlich an Europol weitergegeben?

8. Auf welche Weise wird die „Meldestelle für Internetinhalte“ nach Kenntnis
der Bundesregierung auch gegen „Radikalisierung und Anwerbung von Ter-
roristen“ tätig?

9. In welchen grenzüberschreitenden Ermittlungen war die „Meldestelle für In-
ternetinhalte“ nach Kenntnis der Bundesregierung unterstützend tätig?

10. Auf welche Weise soll die „Meldestelle für Internetinhalte“ nach Kenntnis
der Bundesregierung die Partnerschaft mit der Internetbranche verstärken?

11. Was ist der Bundesregierung über Pläne einer gemeinsamen Meldeplattform
von Europol und der Internetbranche bekannt?

12. Welche Treffen oder sonstigen Diskussionen hat es hierzu bereits gegeben,
und wer nahm daran teil?

13. Auf welche Weise könnte aus Sicht der Bundesregierung verhindert werden,
„dass an einer Stelle entfernte Inhalte an anderer Stelle hochgeladen werden“
(KOM/2016/0230 endg.), und wo könnte ein solches Verfahren angesiedelt
werden?

14. Mit welchen Partnern und in welchen Zusammenarbeitsformen soll die
„Meldestelle für Internetinhalte“ nach Kenntnis der Bundesregierung „Lö-
sungen für das Problem der Hassreden im Internet“ finden (ebd.)?

15. Inwiefern werden durch die Europäische Kommission auch deutsche Initia-
tiven bei „Aktionen zur Förderung wirksamer alternativer Argumentations-
linien“ und der Entwicklung eines „Gegendiskurses“ unterstützt (ebd.)?

Berlin, den 30. Mai 2016

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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