BT-Drucksache 18/854

zu der Beratung der Verordnung der Bundesregierung - Drucksachen 18/496, 18/526 Nr. 2, 18/830- Sechste Verordnung zur Änderung der Verpackungsverordnung

Vom 19. März 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/854
18. Wahlperiode 19.03.2014

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Peter Meiwald, Annalena Baerbock, Bärbel Höhn,
Sylvia Kotting-Uhl, Oliver Krischer, Christian Kühn (Tübingen), Steffi
Lemke, Dr. Julia Verlinden, Harald Ebner, Matthias Gastel, Stephan Kühn
(Dresden), Friedrich Ostendorff, Markus Tressel, Dr. Valerie Wilms und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

zu der Beratung der Verordnung der Bundesregierung
– Drucksachen 18/496, 18/526 Nr. 2, 18/830 –

Sechste Verordnung zur Änderung der Verpackungsverordnung

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Der derzeitige Wohlstand gründet sich auf einem verschwenderischen, keines-
wegs nachhaltigen Ressourcenverbrauch. Die Anpassung der Verpackungsverord-
nung an die geänderte EU-Richtlinie über Verpackungen und Verpackungsabfälle
ist notwendig und hätte schon wesentlich früher erfolgen müssen. Die Umset-
zungsfrist für die Ergänzung der Beispiele in innerstaatliches Recht endete am
30. September 2013. Nun droht ein Verfahren der EU gegen Deutschland wegen
der nicht fristgerechten Umsetzung. Diese nicht nachzuvollziehende Verweige-
rung der schwarz-gelben Bundesregierung bei der Umsetzung zieht weitere Prob-
leme nach sich. So ist, bevor die sechste Änderung der Verpackungsverordnung
überhaupt verabschiedet wurde, schon der Entwurf einer siebten Änderung der
Verpackungsverordnung vorgelegt worden. Die dort vorgenommen Änderungen
sind dringend nötig, kommen aber zu spät. Sinnvoll wäre es, diese Änderungen
schon in der sechste Änderung zu verabschieden und nicht weitere Zeit zu ver-
geuden. Gleichwohl fordern wir die Bundesregierung auf, in einer siebten Ände-
rung die Verpackungsverordnung an die heute existierenden Möglichkeiten der
Ressourcenrückgewinnung anzupassen. Für die Erarbeitung der Änderung wäre
dann ausreichend Zeit, um eine entsprechende Einbindung der Branche sowie
weiterer interessierter Kreise zu ermöglichen.
Immer mehr Firmen umgehen die Lizenzgebühren für die Abfallentsorgung,
indem sie Ausnahmeregelungen für sogenannte Eigenrücknahmen und Branchen-
lösungen in Anspruch nehmen. Der Sinn dieser Ausnahmeregelungen, bei denen
Hersteller sich im Sinne der direkten Produktverantwortung selber um die Ver-
wertung ihrer Verpackungen kümmern, wird durch Missbrauch und Trittbrett-
fahrertum konterkariert, indem in immer größerem Maße Mengen heraus-
gerechnet werden, um Lizenzgebühren zu vermeiden. Diese Mengen sind jedoch

Drucksache 18/854 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

von den Vollzugsbehörden nicht überprüfbar, da sich die Verwertungsnachweise
nicht auf die tatsächlich zurückgenommenen Verpackungen beziehen, sondern
durch einen Handel mit Wiegescheinen erfolgen. Die Hersteller und Vertreiber
wiederrum können von den Behörden auch nicht direkt zu einem Nachweis auf-
gefordert werden, da sie den Behörden nicht bekannt sind. Es droht akut, dass die
Kosten für die Entsorgung dieser Verpackungen auf die Allgemeinheit abgewälzt
werden. Dieser Missbrauch muss durch eine Änderung der Ausnahmeregelung
bei Eigenrücknahmen und Branchenlösungen umgehend gestoppt werden, um die
ordnungsgemäße Entsorgung von Verpackungen und die Produktverantwortung
sicherzustellen.
Bedauerlich ist auch, dass in der abgelaufenen 17. Legislaturperiode entgegen
mehrfacher Ankündigungen der damaligen Bundesregierung kein umfassendes
Wertstoffgesetz vorgelegt wurde, um die gemeinsame Erfassung aller Kunststoff-,
Verbund- und Metallabfälle zu ermöglichen, und somit die Umwelt-, Ressourcen
und Klimaverträglichkeit der Abfallwirtschaft deutlich zu erhöhen. Fachleute sind
sich einig, dass zumutbare Reformen der Abfallgesetzgebung zu Innovationen in
der Entsorgungsbranche führen. Zudem erhöhen sie die Ressourceneffizienz,
Umweltverträglichkeit und Klimaverträglichkeit der Abfallwirtschaft, ohne zu
wesentlichen Belastungen der Bürgerinnen und Bürger durch mehr Mülltrennung
im Haushalt zu führen.
Die vorliegende Anpassung der Verpackungsverordnung hätte darüber hinaus die
Chance gehabt, weitere wichtige Änderungen vorzunehmen, um das Recycling
von Verpackungen zu stärken. Die jetzigen Regelungen für Kunststoff- und Ver-
packungsmüll sind nicht mehr zeitgemäß. Die Zahl der Verpackungen, die tat-
sächlich recycelt werden, bleibt weit hinter dem zurück, was technisch möglich
wäre. Nur durch eine Erhöhung und dynamische Ausgestaltung der Recyclingquo-
ten für Kunststoff- und Verpackungsmüll kann eine deutsche Vorreiterrolle im
Recycling von Kunststoffen und ein Innovationsschub für die Entsorgungswirt-
schaft erreicht werden. Es ist unstrittig, dass eine Erhöhung der Recyclingquoten,
also der Menge der werkstofflich verwerteten Rohstoffe aus dem Kunststoff- und
Verpackungsmüll, für Fortschritte bei der Erreichung der Umwelt-, Klima und
Ressourceneffizienzziele unverzichtbar sind.
Die Recyclingziele für Verpackungen müssen deutlich heraufgesetzt werden. Eine
Erhöhung des verbindlichen Kunststoffrecyclingzieles von derzeit 36 auf mindes-
tens 60 Prozent ist nach Aussagen der Recyclingbranche für Plastikverpackungen
möglich, gibt Investitionssicherheit für neue moderne Recyclinganlagen und leis-
tet einen wichtigen Beitrag zum Erreichen der Klimaziele.
Zukünftige Ziele für das Recycling von Verpackungen sollen sich am Stand der
Technik orientieren. Hierfür müssen selbstlernende Quoten eingeführt werden,
welche sich an den Ergebnissen der drei besten Entsorger am Markt orientieren
und somit jährlich aktualisiert werden (Einführung eines Top-Runner-Mechanis-
mus für Recyclingquoten).
Außerdem fehlt bei der vorliegenden Änderung der Verpackungsverordnung ein
neuer Fokus auf die notwendige Vermeidung von überdimensionierten und über-
flüssigen Verpackungen, um das Abfallvermeidungsziel im Kreislaufwirtschafts-
gesetz umzusetzen. Hierzu müssen gerade bei Verpackungen bessere Regelungen
getroffen werden.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. das angekündigte Wertstoffgesetz, welches die gemeinsame Erfassung aller
Kunststoff-, Verbund- und Metallabfälle ermöglicht und somit die Umwelt-,
Ressourcen und Klimaverträglichkeit der Abfallwirtschaft verbessert, um-
gehend zu erarbeiten;

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/854

2. die Recyclingziele für Verpackungsabfälle in der Verpackungsverordnung
auf das derzeit technisch mögliche zu erhöhen, um sicherzustellen, dass
möglichst viele der in den Verpackungen enthaltenen Ressourcen weiter
stofflich genutzt werden können;

3. die Recyclingziele für Verpackungen dynamisch auszugestalten, so dass sie
sich selbstständig an den technischen Fortschritt in der Recyclingbranche
anpassen (Top-Runner-Mechanismus) und somit weitere Innovationen im
Recycling von Verpackungen fördern;

4. die Regelungen zu Eigenrücknahmen und Branchenlösungen schnellstmög-
lich so umzugestalten, dass der ursprünglich angedachte ökologische Nutzen
dieser Ausnahmeregelungen nicht länger ins Gegenteil verkehrt wird, um
Lizenzgebühren zu entgehen;

5. Regelungen oder Anreize zur Vermeidung überdimensionierter und über-
flüssiger Verpackungen aufzunehmen, um die Abfallvermeidung bei Verpa-
ckungen sicherzustellen.

Berlin, den 18. März 2014

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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