BT-Drucksache 18/837

Vorhaben der Bundesregierung zur NS-Erinnerungspolitik

Vom 18. März 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/837
18. Wahlperiode 18.03.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Jan Korte, Dr. André Hahn, Dr. Rosemarie Hein, Sigrid Hupach,
Katrin Kunert, Ralph Lenkert, Petra Pau, Martina Renner, Dr. Petra Sitte, Kersten
Steinke, Frank Tempel, Halina Wawzyniak und der Fraktion DIE LINKE.

Vorhaben der Bundesregierung zur NS-Erinnerungspolitik

„Im Koalitionsvertrag spielt die Erinnerung an die Opfer der nationalsozialis-
tischen Verbrechen keine besondere Rolle“; zu dieser negativen Einschätzung
kommt der Geschäftsführer der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten,
Dr. Habbo Knoch, in einem Beitrag für die „Jüdische Allgemeine“ vom 23. Ja-
nuar 2014. Und tatsächlich findet sich zum Thema NS-Vergangenheit sehr we-
nig im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD. Konkrete Vorhaben
und ein vermeintlicher Nachholbedarf im Bereich der Erinnerungspolitik wer-
den vor allem bei der Erinnerung an SED-Unrecht gesehen, wohingegen im Be-
reich der NS-Erinnerung alles in Ordnung zu sein scheint. Dies ist aus Sicht der
Gedenkstätten und Erinnerungsorte keineswegs der Fall. Zudem gibt eine ganze
Reihe von offenen Fragen, z. B. bei der bis heute fehlenden Entschädigung für
sowjetische Kriegsgefangene, die zur Zwangsarbeit gezwungen wurden und die
bis heute ohne jede Entschädigung geblieben sind. Darüber hinaus plant die
Bundesregierung mit dem Gedenktag zur Erinnerung an Flucht und Vertreibung
eine neue erinnerungspolitische Schwerpunktsetzung die, verbunden mit der
verstärkten Konzentration auf das Thema SED-Unrecht, die Sorge aufkommen
lässt, hier werde „ein geschichtspolitischer Paradigmenwechsel vollzogen.“ (Jü-
dische Allgemeine, 23. Januar 2014).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Inwieweit hält die Bundesregierung die finanzielle und personelle Situation

in den vom Bund geförderten Gedenkstätten zu den NS-Verbrechen für aus-
reichend, sieht sie hier Lücken, auf die der Bund reagieren muss, und welche
Planungen bezüglich der NS-Gedenkstätten hat die Bundesregierung?

2. Wie stellt sich aus Sicht der Bundesregierung die Förderung von Gedenk-
und Erinnerungsorten zur NS-Herrschaft an reinen Täterorten (z. B. Reichs-
parteitagsgelände) im Verhältnis zu den Tatorten dar, hat es hier eine Verla-
gerung zugunsten der Täterorte gegeben, und wie begründet sich gegebenen-
falls eine solche Verlagerung?

3. Welche entschädigungspolitischen Fragen für NS-Opfer stehen aus Sicht der
Bundesregierung in der 18. Wahlperiode auf der Tagesordnung?

4. Strebt die Bundesregierung eine Form der Entschädigung bzw. eines finan-
ziellen Ausgleichs für die sowjetischen Kriegsgefangenen an, die Zwangs-
arbeit leisten mussten und im Rahmen der Zwangsarbeiterentschädigung leer
ausgingen, und wie begründet sie ihre Position?

Drucksache 18/837 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
5. In welcher Form leistet die Bundesregierung Unterstützung für die Ermitt-
lungen der Zentralstelle für NS-Verbrechen in Ludwigsburg zu den Auf-
sehern im Vernichtungslager Auschwitz?

6. Hat es hier Hilfeersuchen seitens der Zentralstelle an Behörden des Bundes
gegeben, und sieht die Bundesregierung ihrerseits Möglichkeiten der Unter-
stützung für diese Ermittlungen?

7. Welche Planungen hat die Bundesregierung bezüglich des im Koalitions-
vertrages zwischen CDU, CSU und SPD angekündigten Gedenktages zur
Erinnerung an Flucht und Vertreibung?
Bis wann soll ein solcher Gedenktag eingeführt werden, und in welchem
Rahmen will die Bundesregierung ein solches Gedenken staatlicherseits
begehen?

8. Welche Organisationen und Personen außerhalb der Bundesregierung wer-
den an den Planungen für einen solchen Gedenktag in welcher Form betei-
ligt, und spielt der Bund der Vertriebenen für diese Planungen eine Rolle?

9. Bis wann wird die Bundesregierung einen Gesetzentwurf zum Thema
Ghettorenten vorlegen, und wird es hier zu einer rückwirkenden Zahlung
der positiv beschiedenen Anträge ab dem Jahr 1997 kommen?

10. Bis wann wird die Bundesregierung die im Koalitionsvertrag zwischen
CDU, CSU und SPD angekündigte Bestandsaufnahme und Identifizierung
von Forschungsbedarf zum Thema NS-Vergangenheit in Ministerien und
Behörden vorlegen?

Berlin, den 17. März 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.