BT-Drucksache 18/830

zu der Verordnung der Bundesregierung - Drucksachen 18/496, 18/526 Nr. 2 - Sechste Verordnung zur Änderung der Verpackungsverordnung

Vom 17. März 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/830
18. Wahlperiode 17.03.2014

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit
(16. Ausschuss)

zu der Verordnung der Bundesregierung
– Drucksachen 18/496, 18/526 Nr. 2 –

Sechste Verordnung zur Änderung der Verpackungsverordnung

A. Problem
Mit der Richtlinie 2013/2/EU der Kommission vom 7. Februar 2013 (ABl. L 37
vom 8.2.2013, S. 10) wurde die in Anhang I der Richtlinie 94/62/EG geführte
Beispielliste für Verpackungen ergänzt. Die Ergänzung ist in innerstaatliches
Recht umzusetzen.

Die Europäische Kommission hat geltend gemacht, dass die in Artikel 3 Num-
mer 1 Buchstabe c Satz 2 der Richtlinie 94/62/EG enthaltene Klarstellung, dass
es sich bei Containern für den Straßen-, Schienen-, Schiffs- und Lufttransport
nicht um Transportverpackungen handelt, nicht in nationales Recht übernommen
worden sei. Dem trägt die Bundesregierung mit der Übernahme der Klarstellung
in die Verpackungsverordnung Rechnung.

B. Lösung
Zustimmung mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD ge-
gen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Frak-
tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

C. Alternativen
Keine.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Wurden im Ausschuss nicht erörtert.

Drucksache 18/830 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

der Verordnung der Bundesregierung auf Drucksache 18/496 zuzustimmen.

Berlin, den 12. März 2014

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit

Bärbel Höhn
Vorsitzende

Dr. Thomas Gebhart
Berichterstatter

Michael Thews
Berichterstatter

Ralph Lenkert
Berichterstatter

Peter Meiwald
Berichterstatter

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/830

Bericht der Abgeordneten Dr. Thomas Gebhart, Michael Thews, Ralph Lenkert
und Peter Meiwald

I. Überweisung

Die Verordnung der Bundesregierung auf Drucksache 18/496 wurde gemäß § 92 der Geschäftsordnung des
Deutschen Bundestages (Drucksache 18/526 Nr. 2) am 14. Februar 2014 an den Ausschuss für Umwelt,
Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit zur Beratung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Mit der Richtlinie 2013/2/EU der Kommission vom 7. Februar 2013 zur Änderung von Anhang I der Richt-
linie 94/62/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über Verpackungen und Verpackungsabfälle
(ABl. L 37 vom 8.2.2013, S. 10) wurde die in Anhang I der Richtlinie 94/62/EG geführte Beispielliste um
zusätzliche Beispiele ergänzt. Diese Beispiele stellen keine eigenständige Neuregelung dar, sondern ledig-
lich verbindliche Auslegungen der geltenden Verpackungsdefinition durch die Europäische Kommission.
Die Ergänzung der Beispiele ist in innerstaatliches Recht umzusetzen. Mit der Übernahme der Beispiele in
die Verpackungsverordnung ist keine Änderung der materiellen Rechtslage in Deutschland verbunden, da
sie sich bereits unmittelbar aus der geltenden Verpackungsdefinition ergeben.

Artikel 3 Nummer 1 Buchstabe c Satz 2 der Richtlinie 94/62/EG über Verpackungen und Verpackungsab-
fälle stellt klar, dass (Fracht-)Container für den Straßen-, Schienen-, Schiffs- und Lufttransport nicht unter
den Begriff der Transportverpackungen fallen. Obschon diese Container von der durch § 3 Absatz 1 Num-
mer 4 der Verpackungsverordnung in innerstaatliches Recht umgesetzten Definition von Transportverpa-
ckungen nicht erfasst werden, hat die Kommission die fehlende Umsetzung dieser Klarstellung im Rahmen
des Pilotverfahrens 1220/10/ENVI gerügt. Die Bundesregierung hat gegenüber der Europäischen Kommis-
sion zugesagt, sich für eine kurzfristige Übernahme der Klarstellung in die nationale Rechtsordnung einzu-
setzen. Mit der Übernahme der Klarstellung ist keine Änderung der materiellen Rechtslage in Deutschland
verbunden.

III. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im Ausschuss

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit hat die Verordnung der Bundesregie-
rung auf Drucksache 18/496 in seiner 7. Sitzung am 12. März 2014 abschließend beraten.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat dazu einen Änderungsantrag (Ausschussdrucksache
18(16)14 eingebracht:
Der Bundestag wolle beschließen,
die Verordnung auf Drucksache 18/496 mit folgenden Maßgaben anzunehmen:
1. Artikel 1 wird wie folgt geändert:
a) Nach Nummer 1 wird folgende Nummer 1 a) eingefügt:
„In § 6 Abs. 1 werden die Sätze 5 bis 7 aufgehoben.“

b) Nach Nummer 1 a) wird folgende Nummer 1 b) eingefügt:
§ 6 Abs. 2 wird wie folgt gefasst:
„Die Pflicht nach Absatz 1 entfällt, soweit Hersteller und Vertreiber die von ihnen in den Verkehr
gebrachten Verkaufsverpackungen bei nach § 3 Abs. 11 Satz 2 und 3 den privaten Haushaltungen
gleichgestellten Anfallstellen, die von ihnen entweder selbst oder durch einen von ihnen beauftragten
Dritten in nachprüfbarer Weise beliefert werden, entsprechend Absatz 8 Satz 1 außerhalb des Sys-
tems nach Absatz 3 zurücknehmen und einer Verwertung zuführen. Der Hersteller oder Vertreiber
muss durch Bescheinigung eines unabhängigen Sachverständigen nach Anhang I Nr. 2 Absatz 4
nachweisen, dass er oder der von ihm beauftragte Dritte,

Drucksache 18/830 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

1. bei allen von ihm nach Satz 1 belieferten Anfallstellen eine geeignete branchenbezogene Erfas-
sungsstruktur eingerichtet hat, die eine regelmäßige kostenlose Rücknahme aller von ihm dort in Ver-
kehr gebrachten Verkaufsverpackungen entsprechend Absatz 8 Satz 1 gewährleistet,
2. schriftliche Bestätigungen aller von ihm nach Satz 1 belieferten Anfallstellen über deren Einbin-
dung in diese Erfassungsstruktur vorliegen hat,

3. die Verwertung der Verkaufsverpackungen entsprechend den Anforderungen des Anhangs I Nr. 1
und 4 gewährleistet.
Die Bescheinigung ist zusammen mit den Bestätigungen nach Satz 2 Nummer 2 mindestens einen Mo-
nat vor Beginn der Rücknahme der zuständigen obersten Landesbehörde oder der von ihr bestimmten
Behörde vorzulegen; der Beginn der Rücknahme ist ihr schriftlich anzuzeigen. In dem Nachweis nach
Anhang I Nr. 4 sind zusätzlich adressgenau die Anfallstellen nach Satz 1 sowie gegebenenfalls die mit
der Lieferung beauftragten Dritten zu bezeichnen und die jeweils gelieferten Verpackungsmengen an-
zugeben. Absatz 5 Satz 3 und Anhang I Nummer 1, 2 Absatz 4 und Nummer 4 gelten entsprechend.“

Folgeänderung:
In § 16 wird folgender Absatz 4 angefügt:
„Bescheinigungen und Anzeigen die der zuständigen Behörde gemäß § 6 Absatz 2 der Verpackungsver-
ordnung vom 21. August 1998 (BGBl. I S. 2379), in der zuletzt durch Artikel 5 Absatz 19 des Gesetzes
vom 24. Februar 2012 (BGBl. I S. 212) geänderten Fassung, vorgelegt worden sind, gelten nicht als Be-
scheinigungen oder Anzeigen im Sinne von § 6 Absatz 2 dieser Verordnung.“

Begründung:
Zu Nummer 1 (Artikel 1)
Zu Buchstabe a):
Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 5 VerpackV kann ein Vertreiber die für die Beteiligung an einem dualen System ge-
leisteten Entgelte zurückverlangen, soweit er nachweislich die von ihm in Verkehr gebrachten und an priva-
te Endverbraucher abgegebenen Verkaufsverpackungen am Ort der Abgabe zurückgenommen und auf eige-
ne Kosten einer Verwertung entsprechend den Anforderungen der Verpackungsverordnung zugeführt hat.
Dies gilt gemäß Satz 6 auch für Verkaufsverpackungen, die von einem anderen Vertreiber in Verkehr ge-
bracht wurden, wenn es sich um Verpackungen derselben Art, Form und Größe und solcher Waren handelt,
die der Vertreiber in seinem Sortiment führt.
Diese, bei der 5. Novelle der VerpackV als Ausnahme für spezielle Fälle gedachte Regelung zur „Eigen-
rücknahme am Point of Sale“ hat jedoch inzwischen ein vom Verordnungsgeber nicht beabsichtigtes Aus-
maß angenommen. Die geltend gemachten Eigenrücknahmemengen betragen bei einigen Systembetreibern
über 30% einzelner Materialien, in Einzelfällen bis zu 50%. Die Quartalsmeldungen der Dualen Systeme
Anfang 2014 deuten darauf hin, dass die geltend gemachten Eigenrücknahmemengen gegenüber den Vor-
jahren noch weiter angestiegen sind. Auf der anderen Seite steht diesem kontinuierlichen Anstieg kein signi-
fikanter Rückgang der durch die dualen Systeme erfassten Abfallmenge gegenüber. Konkrete
Rücknahmeaktivitäten des betroffenen Handels vor Ort sind nur sehr vereinzelt festzustellen. Es muss daher
davon ausgegangen werden, dass als Eigenrücknahme deklarierte Mengen tatsächlich weiter über den Gel-
ben Sack bzw. die Gelbe Tonne entsorgt werden.
Die Erfüllung der sich aus Satz 7 ergebenden Anforderungen zum Verwertungsnachweis ist behördlicher-
seits nicht zu überwachen. Angegebene Ab-zugsmengen sind in vielen Fällen zu hoch, jedoch nicht prüfbar,
weil sich unter anderem Verwertungsnachweise nicht auf tatsächlich zurückgenommene Verpackungen be-
ziehen, sondern durch einen Handel mit Wiegescheinen erfolgen. Im Ergebnis werden dennoch Mengen aus
der Eigenrücknahme von Systembetreibern bei den Mengenmeldungen an die Clearingstelle
unzulässigerweise abgezogen.
Die Hersteller und Vertreiber selbst können nicht direkt zu einem Nachweis aufgefordert werden, da sie den
Behörden nicht bekannt sind. Die geltende Verordnung enthält auch keine Bestimmung, nach der die Sys-
tembetreiber verpflichtet werden können, die Hersteller und deren Eigenrücknahmemengen bekannt zu ge-
ben. Einige der Systembetreiber haben bereits mit rechtlichen Schritten gedroht, sollten sie seitens der Be-
hörden entsprechende Auflagen erhalten.
Für die Eigenrücknahmemengen fehlt daher jeglicher überprüfbarer Verwertungsnachweis. Der ursprüng-
lich angedachte ökologische Nutzen dieser Ausnahmeregelung verkehrt sich in das Gegenteil. Durch die
ersatzlose Streichung entfällt somit lediglich eine Regelung, die immer mehr allein zu einer „Trittbrettfahre-
rei“ Einzelner genutzt wird.
Zu Buchstabe b):

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/830

Gem. § 6 Abs. 2 VerpackV entfällt die Pflicht der Hersteller und Vertreiber, sich an einem oder mehreren
dualen Systemen zu beteiligen, wenn bei sog. vergleichbaren Anfallstellen die von ihnen dort in den Verkehr
gebrachten Verpackungen zurückgenommen und einer Verwertung zugeführt werden. Vergleichbare
Anfallstellen sind z.B. Gaststätten, Hotels, Kantinen, Verwaltungen, Krankenhäuser, Bildungseinrichtungen,
Kinos, Opern und Museen und Sportstadien, nicht jedoch die Verkaufsstellen des Einzelhandels. Zusätzlich
muss nachgewiesen werden, dass geeignete, branchenbezogene Erfassungsstrukturen eingerichtet sind, die
gewährleisten, dass die gebrauchten Verpackungen nicht über den Gelben Sack bzw. die Gelbe Tonne ent-
sorgt werden. Die Verwertung der Verkaufsverpackungen entsprechend den Anforderungen der VerpackV
muss ebenfalls gewährleistet sein. Verkaufsverpackungen anderer als der innerhalb der jeweiligen Branche
von den jeweils teilnehmenden Herstellern und Vertreibern vertriebenen Verpackungen oder Transport- und
Umverpackungen dürfen nicht in den Mengenstromnachweis einbezogen werden.
Die praktische Umsetzung dieser sog. „Branchenlösung“ hat sich jedoch weit von dem entfernt, was der
Verordnungsgeber mit der 5. Novelle der VerpackV bezweckt hat. Der Verordnungsbegründung zufolge
sollte die Branchenlösung als Ersatz für die Selbstentsorgung „dort – im Wettbewerb – realisiert werden,
wo Selbstentsorgung tatsächlich in der Praxis stattfindet, d.h. in Bereichen, in denen eine Rücknahme am
Ort der Übergabe sinnvoll und praktikabel ist“. Gemeint waren damit jedoch nur die vergleichbaren
Anfallstellen, z.B. Kfz-Werkstätten, nicht jedoch ein beliebiges Konglomerat unterschiedlichster Betriebe,
bei denen mangels konkret bekannter Lieferbeziehungen allein über statistische Erhebungen (sog. Bran-
chengutachten) ein Branchenanteil ermittelt werden kann.
Soweit die Anfallstellen nicht bekannt sind, bedienen sich einzelne Systembetreiber bei der Ermittlung der
abzugsfähigen Branchenmengen verschiedener, untereinander nicht kompatibler „Studien“ und Gutachten
von Marktforschern. Diese versprechen zwar für ihre Kunden erhebliche Kostenvorteile, haben jedoch zum
Teil mit der Realität der konkreten Vertriebswege einzelner Hersteller und Vertreiber nichts gemein und
wären behördlicherseits, wenn überhaupt, wiederum auch nur durch Einschaltung sachverständiger Dritter
auf Plausibilität überprüfbar. Insoweit sind auch geltend gemachte Abzüge von der Gesamtlizenzmenge
eines Systembetreibers mit vertretbarem Aufwand und ohne Durchführung einer Betriebsprüfung nicht
überprüfbar. Die mit der 5. Novelle der Verpackungsverordnung angestrebte Transparenz konnte daher
nicht erreicht werden.
Im Rahmen der behördlichen Überwachung ist überdies bekannt geworden, dass in einer Reihe von Fällen,
in denen Betreiber von Branchenlösungen zum Teil weit über tausend einzelne Anfallstellen angegeben ha-
ben, diese mit den tatsächlichen Vertriebswegen der die Branchenlösung nutzenden Hersteller und Vertrei-
ber nicht annähernd übereinstimmen. Häufig hat sich gezeigt, dass die Betroffenen gar nicht wissen, dass
sie an einem solchen Branchensystem beteiligt sind und stattdessen ihre gebrauchten Verpackungen über
den Gelben Sack oder die Gelbe Tonne entsorgen. In einer Reihe von Fällen konnte auch festgestellt wer-
den, dass Verwertungsnachweise allein auf einem Handel mit Wiegescheinen beruhen.
§ 6 Abs. 2 ist daher so zu fassen, dass der ursprüngliche Ansatz ohne unkontrollierbare Abweichungen um-
gesetzt wird und Branchenlösungen nur bei konkret nachgewiesenen Lieferbeziehungen des Herstellers bzw.
Vertreibers zur Anfallstelle zulässig sind und dem Hersteller und Vertreiber diese Anfallstellen auch adress-
genau bekannt sein müssen.
Hersteller und Vertreiber müssen daher den Behörden gegenüber nachvollziehbar die konkreten Lieferbe-
ziehungen darlegen, anhand derer die Verkaufsverpackungen von ihnen zu der Anfallstelle gelangt sind und
auch die gelieferten Mengen genau angeben. Auch muss die Rücknahme und Verwertung aller durch diesen
Hersteller bzw. Vertreiber an dieser Anfallstelle in Verkehr gebrachten Verkaufsverpackungen nachgewie-
sen werden. Eine Anrechnung von Verkaufsverpackungen, die von anderen Herstellern bzw. Vertreibern in
Verkehr gebracht wurden, kommt in Ermangelung einer ausdrücklichen Regelung, vergleichbar mit § 6 Abs.
1 Satz 7 VerpackV, nicht in Betracht. Auch die derzeit praktizierte Feststellung von Branchenlösungsmengen
auf der Basis von Marktforschungsgutachten ist künftig nicht mehr erlaubt. Soweit die gewünschte Transpa-
renz auf Grund der Unkenntnis konkreter Vertriebswege nicht herzustellen ist, kommt die Inanspruchnahme
dieses Ausnahmetatbestandes der Verpackungsverordnung nicht in Betracht und es bleibt bei der Pflicht
nach § 6 Abs. 1.
Mit der Übergangsregelung in § 16 Abs. 4 wird klargestellt, dass die bisherigen Branchenlösungen mit In-
krafttreten dieser Änderungsverordnung nicht ohne Weiteres fortbetrieben werden dürfen, sondern eine
neue Anzeige nach § 6 Abs. 2 Satz erforderlich ist.

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Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat des Weiteren dazu einen Entschließungsantrag (Ausschuss-
drucksache 18(16)15 eingebracht:
Der Bundestag wolle beschließen:
I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Unser derzeitiger Wohlstand gründet sich auf einem verschwenderischen, keineswegs nachhaltigen Res-
sourcenverbrauch. Die Anpassung der Verpackungsverordnung an die geänderte EU-Richtlinie über
Verpackungen und Verpackungsabfälle ist notwendig, und hätte schon wesentlich früher erfolgen müs-
sen. Die Umsetzungsfrist für die Ergänzung der Beispiele in innerstaatliches Recht endete am 30. Sep-
tember 2013. Nun droht ein Verfahren der EU gegen Deutschland wegen der nicht fristgerechten Umset-
zung. Diese nicht nachzuvollziehende Verweigerung der schwarz-gelben Bundesregierung bei der Um-
setzung zieht weitere Probleme nach sich. So ist, bevor die 6. Änderung der Verpackungsverordnung
überhaupt verabschiedet wurde, schon der Entwurf einer 7. Änderung der Verpackungsverordnung vor-
gelegt worden. Die dort vorgenommen Änderungen sind dringend nötig, kommen aber zu spät. Sinnvoll
wäre es, diese Änderungen schon in der 6. Änderung zu verabschieden und nicht weitere Zeit für zu ver-
geuden. Gleichwohl fordern wir die Bundesregierung auf, in einer 7. Änderung die Verpackungsverord-
nung an die heute existierenden Möglichkeiten der Ressourcenrückgewinnung anzupassen. Für die Er-
arbeitung der Änderung wäre dann ausreichend Zeit, um eine entsprechende Einbindung der Branche
sowie weiterer interessierter Kreise zu ermöglichen.
Immer mehr Firmen umgehen die Lizenzgebühren für die Abfallentsorgung, indem sie Ausnahmerege-
lungen für sogenannte Eigenrücknahmen und Branchenlösungen in Anspruch nehmen. Der Sinn dieser
Ausnahmeregelungen, bei denen Hersteller sich im Sinne der direkten Produktverantwortung selber um
die Verwertung ihrer Verpackungen kümmern, wird durch Missbrauch und Trittbrettfahrertum konterka-
riert, indem in immer größerem Maße Mengen herausgerechnet werden, um Lizenzgebühren zu vermei-
den. Diese Mengen sind jedoch von den Vollzugsbehörden nicht überprüfbar, da sich die Verwertungs-
nachweise nicht auf die tatsächlich zurückgenommenen Verpackungen beziehen, sondern durch einen
Handel mit Wiegescheinen erfolgen. Die Hersteller und Vertreiber wiederum können von den Behörden
auch nicht direkt zu einem Nachweis aufgefordert werden, da sie den Behörden nicht bekannt sind. Es
droht akut, dass die Kosten für die Entsorgung dieser Verpackungen auf die Allgemeinheit abgewälzt
werden. Dieser Missbrauch muss durch eine Änderung der Ausnahmeregelung bei Eigenrücknahmen
und Branchenlösungen umgehend gestoppt werden, um die ordnungsgemäße Entsorgung von Verpa-
ckungen und die Produktverantwortung sicherzustellen.
Bedauerlich ist auch, dass in der abgelaufenen 17. Legislaturperiode entgegen mehrfacher Ankündigun-
gen der damaligen Bundesregierung kein umfassendes Wertstoffgesetz vorgelegt wurde, um die gemein-
same Erfassung aller Kunststoff-, Verbund- und Metallabfälle zu ermöglichen, und somit die Umwelt-,
Ressourcen und Klimaverträglichkeit der Abfallwirtschaft deutlich zu erhöhen. Fachleute sind sich einig,
dass zumutbare Reformen der Abfallgesetzgebung zu Innovationen in der Entsorgungsbranche führen.
Zudem erhöhen sie die Ressourceneffizienz, Umweltverträglichkeit und Klimaverträglichkeit der Abfall-
wirtschaft, ohne zu wesentlichen Belastungen der Bürgerinnen und Bürger durch mehr Mülltrennung im
Haushalt zu führen.
Die vorliegende Anpassung der Verpackungsverordnung hätte darüber hinaus die Chance gehabt, weite-
re wichtige Änderungen vorzunehmen, um das Recycling von Verpackungen zu stärken. Die jetzigen Re-
gelungen für Kunststoff- und Verpackungsmüll sind nicht mehr zeitgemäß. Die Zahl der Verpackungen,
die tatsächlich recycelt werden, bleibt weit hinter dem zurück, was technisch möglich wäre. Nur durch
eine Erhöhung und dynamische Ausgestaltung der Recyclingquoten für Kunststoff- und Verpackungsmüll
kann eine deutsche Vorreiterrolle im Recycling von Kunststoffen und ein Innovationsschub für die Ent-
sorgungswirtschaft erreicht werden. Es ist unstrittig, dass eine Erhöhung der Recyclingquoten, also der
Menge der werkstofflich verwerteten Rohstoffe aus dem Kunststoff- und Verpackungsmüll, für Fortschrit-
te bei der Erreichung der Umwelt-, Klima und Ressourceneffizienzziele unverzichtbar sind.
Die Recyclingziele für Verpackungen müssen deutlich heraufgesetzt werden. Eine Erhöhung des verbind-
lichen Kunststoffrecyclingzieles von derzeit 36 auf mindestens 60 Prozent ist nach Aussagen der Recyc-
lingbranche für Plastikverpackungen möglich, gibt Investitionssicherheit für neue moderne Recyclingan-
lagen und leistet einen wichtigen Beitrag zum Erreichen der Klimaziele.
Zukünftige Ziele für das Recycling von Verpackungen sollen sich am Stand der Technik orientieren.
Hierfür müssen selbstlernende Quoten eingeführt werden, welche sich an den Ergebnissen der drei bes-
ten Entsorger am Markt orientieren und somit jährlich aktualisiert werden (Einführung eines Top-
Runner-Mechanismus für Recyclingquoten).

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/830

Außerdem fehlt bei der vorliegenden Änderung der Verpackungsverordnung ein neuer Fokus auf die
notwendige Vermeidung von überdimensionierten und überflüssigen Verpackungen, um das Abfallver-
meidungsziel im Kreislaufwirtschaftsgesetz umzusetzen. Hierzu müssen gerade bei Verpackungen besse-
re Regelungen getroffen werden.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
1. das angekündigte Wertstoffgesetz, welches die gemeinsame Erfassung aller Kunststoff-, Verbund- und
Metallabfälle ermöglicht und somit die Umwelt-, Ressourcen und Klimaverträglichkeit der Abfall-
wirtschaft verbessert, umgehend zu erarbeiten;

2. die Recyclingziele für Verpackungsabfälle in der Verpackungsverordnung auf das derzeit technisch
mögliche zu erhöhen, um sicherzustellen, dass möglichst viele der in den Verpackungen enthaltenen
Ressourcen weiter stofflich genutzt werden können;

3. die Recyclingziele für Verpackungen dynamisch auszugestalten, so dass sie sich selbstständig an den
technischen Fortschritt in der Recyclingbranche anpassen (Top-Runner-Mechanismus) und somit
weitere Innovationen im Recycling von Verpackungen fördern;

4. die Regelungen zu Eigenrücknahmen und Branchenlösungen schnellstmöglich so umzugestalten, dass
der ursprünglich angedachte ökologische Nutzen dieser Ausnahmeregelungen nicht länger ins Ge-
genteil verkehrt wird, um Lizenzgebühren zu entgehen;

5. Regelungen oder Anreize zur Vermeidung überdimensionierter und überflüssiger Verpackungen auf-
zunehmen, um die Abfallvermeidung bei Verpackungen sicherzustellen.

Die Fraktion der CDU/CSU erklärte, es handele sich bei dem Verordnungsentwurf der Bundesregierung
um eine Eins-zu-eins-Umsetzung von EU-Recht. Zum einen werde explizit klargestellt, dass Frachtcontai-
ner keine Transportverpackung seien. Zum anderen werde eine Liste von Beispielen übernommen, die prä-
zisiere, was als Verpackung gelte und was nicht. Durch beide Ergänzungen werde die materielle Rechtslage
in Deutschland nicht verändert.

Die jetzt zu regelnden Details klängen ein Stück weit absurd. Grablichter seien danach keine Verpackun-
gen, Streichholzschachteln schon. Kleiderbügel, die mit einem Kleidungsstück verkauft werden würden,
seien Verpackungen. Die gleichen Kleiderbügel, die ohne diese Kleiderstücke verkauft werden würden,
seien aber keine Verpackungen.

Diese Regelungen zeigten, dass es im Kern darauf ankomme, das Kreislaufwirtschaftssystem weiterzuent-
wickeln. Notwendig sei eine einheitliche Wertstofferfassung. Dabei sollten nicht nur Verpackungen, son-
dern auch sonstige Abfälle aus den gleichen Materialien erfasst und verwertet werden.

Die Fraktion der SPD legte dar, dass sie seit langem anstrebe, die Verpackungsverordnung weiterzuentwi-
ckeln. Ziel sei es, mehr Stoffe zu erfassen und zu recyceln. Langfristig wolle man ein Wertstoffgesetz erar-
beiten, welches ermögliche, dass Verpackungen und sonstige Kunststoffabfälle in den Haushalten gesam-
melt werden würden. Die Bürgerinnen und Bürger hätten wenig Verständnis für die Art und Weise, wie der
Müll momentan getrennt erfasst werde. Es sei wichtig, die Wertstofftonne, die in vielen Kommunen mitt-
lerweile Realität sei, einheitlich mit einem Wertstoffgesetz einzuführen.

Man werde sich in Kürze mit einer siebten Novelle der Verpackungsverordnung befassen. Beim Dualen
System gebe es mittlerweile erhebliche Fehlentwicklungen. Im Bereich der Branchenlösungen und der
Verkaufverpackungen würden viele Abfälle nicht mehr erfasst werden. Das müsse man ändern.

Die Fraktion DIE LINKE. wies darauf hin, dass es weitere nicht nachvollziehbare Beispiele gebe. Wenn
man einen Blumentopf mit Pflanze kaufe und die Pflanze später herausnehme, sei der Topf eine Verpa-
ckung. Lasse man die Pflanze aber im Topf, sei dieser keine Verpackung. Bei der CD sei die Klarsichtfolie
die Verpackung, die Hülle der CD selbst aber nicht.

Letztlich könne man dem Verordnungsentwurf aus einem anderen Grund nicht zustimmen. Glasflaschen für
Injektionslösungen würden als Verpackung geführt werden. Dabei sei nicht definiert, welche Injektionslö-
sungen enthalten seien. Es könne sich deshalb auch um gefährliche Stoffe handeln. Wenn diese Glasampul-
len unter die Verpackungsverordnung fielen, entfalle die Pflicht, sie als Sondermüll zu entsorgen. Man
müsse damit rechnen, dass z. B. Kliniken das Einsparpotenzial nutzten und diese Ampullen nicht mehr dem
Sondermüll zuführten.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kritisierte, dass es in Kürze eine weitere Novelle der Verpa-
ckungsverordnung geben werde. Mit dem jetzigen Verfahren vergeude man unnötig Zeit. Die bekannten
Drucksache 18/830 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Probleme im dualen System müssten dringend einer Lösung zugeführt werden. Die siebente Novelle sei
bereits in der Notifizierung. Mit ihr müsse man weitergehende wesentliche Änderungen der Verpackungs-
verordnung vornehmen. Man habe ausreichend Zeit gehabt, um unter Einbeziehung der Bundesländer, der
Kommunen, der Verbände und der Entsorger gute Lösungen zu finden. Trotz mehrfacher Ankündung hät-
ten es die vorherigen Regierungen nicht geschafft, ein Wertstoffgesetz auf den Weg zu bringen.

Nur durch eine deutliche Erhöhung und eine dynamische Flexibilisierung der Recyclingquoten für Kunst-
stoff und Verpackungsmüll könne die deutsche Vorreiterrolle im Bereich Recycling wieder zurückgewon-
nen werden. Eine Erhöhung des Kunststoffrecyclings von gegenwärtig 36 Prozent auf mindestens 60 Pro-
zent sei auch aus Branchensicht durchaus machbar. Man müsse für die Unternehmen Investitionssicherheit
schaffen, um in diesem Bereich voranzukommen. Leider gebe es in der Bundesregierung auch noch keine
konkreten Vorstellungen, wie man dem Ziel der Abfallvermeidung näher kommen wolle.

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit beschloss mit den Stimmen der Frakti-
onen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimm-
enthaltung der Fraktion DIE LINKE., den Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf
Ausschussdrucksache 18(16)14 abzulehnen.

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit beschloss mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, dem Deutschen Bundestag zu empfehlen, der Verordnung der Bun-
desregierung auf Drucksache 18/496 zuzustimmen.

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit beschloss mit den Stimmen der Frakti-
onen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimm-
enthaltung der Fraktion DIE LINKE., den Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
auf Ausschussdrucksache 18(16)15 abzulehnen.

Berlin, den 12. März 2014

Dr. Thomas Gebhart
Berichterstatter

Michael Thews
Berichterstatter

Ralph Lenkert
Berichterstatter

Peter Meiwald
Berichterstatter

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