BT-Drucksache 18/8215

Einschleusung von IS-Kämpfern unter die Fluchtmigration

Vom 21. April 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/8215
18. Wahlperiode 21.04.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Frank Tempel, Jan van Aken, Annette Groth,
Andrej Hunko, Jan Korte, Katrin Kunert, Niema Movassat, Dr. Petra Sitte
und der Fraktion DIE LINKE.

Einschleusung von IS-Kämpfern unter die Fluchtmigration

Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat seine frühere Einschätzung korrigiert,
wonach es unwahrscheinlich sei, dass sich Anhänger der Terrororganisation „Is-
lamischer Staat“ (IS) gezielt unter Flüchtlinge mischten, um nach Deutschland zu
gelangen. „Wir dachten, das Risiko sei schlichtweg zu hoch. Mittlerweile wissen
wir: Was den IS angeht, müssen wir eben auch dazulernen. Obwohl er es nicht
nötig hätte, seine Leute unter die Flüchtlinge zu mischen, hat er es getan. Ich
nenne das eine ‚show of force‘ (Machtdemonstration)“, erklärte der Präsident des
Bundesamtes für Verfassungsschutz Hans-Georg Maaßen gegenüber der „WELT
am SONNTAG“ vom 10. April 2016 (www.stern.de/politik/deutschland/maassen--
verfassungsschutz-muss-bei-terrormiliz-is-dazulernen-6788506.html).
Bereits am 12. Februar 2016 hatte Hans-Georg Maaßen laut einer dpa-Meldung
auf einer Tagung europäischer Geheimdienstchefs in der Schweiz geäußert, es
gebe eine klare Strategie des IS, die Fluchtmigration nach Europa zum Einschleu-
sen von Kämpfern zu „missbrauchen“. Damit verfolge der IS mehrere Ziele: Er
wolle der Bevölkerung suggerieren, alle Flüchtlinge seien Terroristen, und sie so
verunsichern. Asylbewerber sollten zweitens diskreditiert werden, damit sie auf
Ablehnung stoßen und damit wiederum der Nährboden für anti-westliche Agita-
tion geschaffen werde. Drittens wolle der IS damit seine Stärke demonstrieren:
dass er es schafft, Attentäter registrieren, sie in Asylunterkünften leben und dann
Anschläge verüben zu lassen. Dafür habe es mehrere Beispiele gegeben (www.
rp-online.de/panorama/deutschland/hans-georg-maassen-is-schuert-stimmung-
gegen-fluechtlinge-aid-1.5763110).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Aufgrund welcher Kenntnisse kam das Bundesamt für Verfassungsschutz zu

seiner bislang gültigen Einschätzung, wonach es unwahrscheinlich sei, dass
sich IS-Anhänger unter Flüchtlinge mischten, um nach Deutschland zu ge-
langen?

2. Wann und aufgrund welcher neuen Erkenntnisse im Einzelnen hat das Bun-
desamt für Verfassungsschutz seine bisherige Einschätzung über die Wahr-
scheinlichkeit von IS-Anhängern unter Flüchtlingen korrigiert?

3. Welche Fälle im Einzelnen sind der Bundesregierung bekannt, in denen IS-
Anhänger sich gezielt unter die Fluchtmigration mischten, um nach Europa
zu gelangen?

Drucksache 18/8215 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
4. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung von Anweisungen der IS-Führung
an ihre Anhänger, sich unter die Fluchtmigration zu mischen?

5. Worauf fußt die Einschätzung des Präsidenten des Bundesamtes für Verfas-
sungsschutz Hans-Georg Maaßen, dass es sich bei der Einschleusung von IS-
Kämpfern unter die Fluchtmigration in erster Linie um eine gezielte Strategie
des IS handele, und liegen dazu auch nachrichtendienstliche Auswerteergeb-
nisse vor?

6. Welche anderen Reisewege außerhalb der Fluchtmigration sind der Bundes-
regierung bekannt, die von IS-Anhängern genutzt werden, um nach Europa
zu kommen?

7. In welchen Fällen wählt der IS nach Einschätzung der Bundesregierung den
Weg, seine Anhänger über die Fluchtmigration nach Europa einzuschleusen,
anstatt andere Reisewege zu nutzen?

8. Welche Ziele im Einzelnen verfolgt der IS nach Kenntnis der Bundesregie-
rung damit, seine Anhänger unter die Fluchtmigration zu mischen, und wie
begründet die Bundesregierung ihre diesbezügliche Auffassung?

9. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung darüber, dass der IS syrische
Blankopapiere erbeuten konnte, die er für eine Einreise in die Europäische
Union und nach Deutschland nutzen kann?
a) Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zur Zahl dieser Blanko-

papiere und zur Nutzung durch den IS?
b) Werden solche Papiere nach Kenntnis der Bundesregierung auch an

Schleuser verkauft, um sie zu Geld zu machen?
c) Welche Möglichkeiten bestehen nach Kenntnis der Bundesregierung, sol-

che Blankopapiere zu erkennen oder in der INTERPOL-Datenbank ver-
lorener und gestohlener Identitätspapiere zu speichern?

10. Welche aktuellen Zahlen liegen den Sicherheitsbehörden zu aus Deutschland
stammenden ausländischen dschihadistischen Kämpfern in Syrien und zur
Zahl der Rückkehrer vor (bitte nach Jahren der Ausreise, Herkunfts-Bundes-
land bzw. -kommune, Staatsbürgerschaft aufschlüsseln)?
a) Wie viele dschihadistische Rückkehrer nach Deutschland haben sich mut-

maßlich an Kampfhandlungen in Syrien beteiligt?
b) Gibt es im Bundesamt für Verfassungsschutz eine Einschätzung zur Zahl

unerkannt zurückgekehrter Unterstützer oder Kämpfer des IS?

Berlin, den 21. April 2016

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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