BT-Drucksache 18/8161

Fischerei in Natura-2000-Gebieten

Vom 13. April 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/8161
18. Wahlperiode 13.04.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Steffi Lemke, Dr. Valerie Wilms, Annalena Baerbock,
Bärbel Höhn, Sylvia Kotting-Uhl, Oliver Krischer, Christian Kühn (Tübingen),
Peter Meiwald, Dr. Julia Verlinden und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Fischerei in Natura-2000-Gebieten

Die Nord- und Ostsee sollen nach den einschlägigen EU-Naturschutzrichtlinien
zu etwa 32 Prozent der Fläche (in der ausschließlichen Wirtschaftszone – AWZ)
unter Schutz stehen und Teil des europäischen Schutzgebietsnetzwerks Na-
tura 2000 sein. Ziel der Schutzgebiete ist es, einen „günstigen Erhaltungszustand“
geschützter Lebensraumtypen und Arten zu erreichen und langfristig zu sichern.
Doch bisher existieren diese Gebiete nach Auffassung der Fragesteller nur auf
dem Papier. Weiterhin findet in diesen wertvollen Gebieten, z. B. Kies- und Sand-
abbau statt, auch die Fischerei ist nicht eingeschränkt. Die Flächen wurden bisher
weder rechtlich unter Schutz gestellt, noch wurden die benötigten Management-
pläne erstellt. Gegen das Fehlen der Verordnungen klagten mehrere Umweltver-
bände und die Europäische Union leitete ein Vertragsverletzungsverfahren ein.
Zuständig und verantwortlich ist der Bund für die in der AWZ gelegenen Gebiete.
Zwar wurden die acht Fauna-Flora-Habitat- und zwei Vogelschutzgebiete im Mai
2004 der Europäischen Kommission gemeldet und im Jahr 2007 anerkannt, aller-
dings hat das bisher keine Konsequenzen für den Schutz der Meerestiere und die
Umwelt gehabt. Die dafür nötigen Rechtsvorschriften wurden noch nicht erlassen
und entsprechende Erhaltungsmaßnahmen in Form von Managementplänen feh-
len. Die Schutzgebietsverordnungen, die den Schutzzweck definieren und grund-
sätzliche Regelungen treffen, was erlaubt und was verboten ist, sind nun nach
langer Verzögerung und einem Vertragsverletzungsverfahren erstellt worden.
Seit der Meldung der Gebiete an die Europäische Union bis heute konnten in den
ausgewiesenen Gebieten uneingeschränkte Aktivitäten, wie z. B. Kies- und Sand-
abbau und Fischerei fortgesetzt werden. Auch in den nun erarbeiteten Schutzge-
bietsverordnungen gibt es keine Regelung zur Berufsfischerei. Diese Fischerei-
Regelungen müssen auf der europäischen Ebene abgestimmt werden. Dazu ist es
erforderlich, entsprechende Maßnahmenvorschläge zu entwickeln und den Mit-
gliedstaaten vorzulegen, die fischereiliche Interessen in den betreffenden Gebie-
ten haben. Deutschlands Maßnahmenvorschlag wurde bisher nur für die Nordsee
erarbeitet und war kürzlich in der Verbändeanhörung.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Fangmengen wurden aus den Natura-2000-Gebieten im Zeitraum

der Jahre 2004 bis 2015 gefischt (bitte nach Haupterwerb-, Nebenerwerb-
und Freizeitfischern je nach Schutzgebiet auflisten)?

Drucksache 18/8161 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
 

2. Welche bodenberührenden Fanggeräte kamen und kommen wie oft in den
Natura-2000-Gebieten zum Einsatz (bitte nach Fanggerät und Jahr aufschlüs-
seln)?

3. Wie viele Schleppstriche wurden im Jahr 2014 in den Natura-2000-Gebieten
durchgeführt (bitte je nach Schutzgebiet auflisten)?

4. Wie viele Schleppstriche wurden im Durchschnitt in den Jahren 2004 bis
2015 in den Natura-2000-Gebieten durchgeführt?

5. Wie viele Kilometer Stellnetze wurden in den jeweiligen Natura-2000-Ge-
bieten im Jahr 2014 aufgestellt?

6. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, mit welcher Größe von Ma-
schenöffnungen und welchen Filamentstärken die Stellnetze ausgerüstet
sind?

7. Verfügt die Bundesregierung über Zahlen und Daten zur jeweiligen Stand-,
Tages- und Jahreszeit der Stellnetze in den Natura-2000-Gebieten?

8. Wie viele Kilometer Stellnetze kamen im Schnitt in den Jahren 2004 bis 2015
in den einzelnen Natura-2000-Gebieten zum Einsatz?

9. Kamen in den Natura-2000-Gebieten alternative Fanggeräte bereits zum Ein-
satz?
Wenn ja, welche?

10. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, wie viele Schweinswale seit dem
Jahr 2004 in Stellnetzen verendet sind?
Wie viele tote Schweinswale wurden als Beifang direkt gemeldet?

11. Wie viele Schweinswale wurden als Totfunde an den Küsten seit dem Jahr
2004 gezählt?
Wie viele wiesen eindeutige Hinweise zu fischereilichem Beifang auf?

12. Wie hoch schätzt die Bundesregierung die tatsächliche Anzahl der durch die
Fischerei getöteten Schweinswale?

13. Liegen der Bundesregierung Zahlen vor über die durch Stellnetze zu Tode
gekommenen Seevögel (bitte sowohl nach Art als auch in der zeitlichen
Folge seit dem Jahr 2004 auflisten)?

Berlin, den 12. April 2016

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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