BT-Drucksache 18/8115

Islamfeindlichkeit und antimuslimische Straftaten im ersten Quartal 2016

Vom 13. April 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/8115
18. Wahlperiode 13.04.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Frank Tempel, Sevim Dağdelen, Kerstin Kassner,
Jan Korte, Martina Renner, Dr. Petra Sitte, Halina Wawzyniak und der
Fraktion DIE LINKE.

Islamfeindlichkeit und antimuslimische Straftaten im ersten Quartal 2016

Laut einer Anfang Januar 2015 veröffentlichten Studie der Bertelsmann Stiftung
empfinden 57 Prozent der nichtmuslimischen Bürgerinnen und Bürger „den
Islam als Bedrohung“. 61 Prozent der Befragten gaben an, der Islam passe nicht in
die westliche Welt, 40 Prozent fühlten sich durch Muslime als Fremde im eigenen
Land, jeder vierte will Muslimen die Zuwanderung nach Deutschland verbieten
(www.tagesschau.de/inland/islam-101.html). Auch andere Studien über gruppen-
bezogene Menschenfeindlichkeit, wie die im Zweijahresrhythmus durchge-
führte Mitte-Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung e. V. verweisen auf eine tiefsit-
zende Islam- bzw. Muslimfeindlichkeit in beträchtlichen Teilen der Bevölkerung
(www.fes-gegen-rechtsextremismus.de/pdf_14/141120presse-handout.pdf).
Auf islamfeindlichen Internetportalen, wie dem nach eigenen Angaben von teil-
weise über 100 000 Besucherinnen und Besuchern am Tag gelesenen Blog
„Politically Incorrect“ (PI), werden insbesondere in den Leserkommentaren Mus-
lime und Muslimas in fremdenfeindlicher, beleidigender, hasserfüllter und zum
Teil gewaltbefürwortender Weise pauschal erniedrigt und beschimpft. Für die
Pro-Bewegung (Pro NRW, pro Deutschland) und die NPD dient islamfeindliche
Agitation, etwa gegen Moscheeneubauten, als ein Mittel, um die so genannte
Mitte der Gesellschaft mit ihrer rechtsextremen Programmatik zu erreichen.
Im Herbst 2014 entstand in Dresden die Pegida-Bewegung, die sich von ihrem
Namen her explizit gegen die „Islamisierung des Abendlandes“ richtet. An wö-
chentlichen Demonstrationen beteiligten sich in Dresden vorübergehend bis zu
25 000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer an den islam- und fremdenfeindlichen
Aufmärschen.
Die in Teilen der Bevölkerung verankerte Islam- und Muslimfeindlichkeit äußert
sich auch in Übergriffen und Anschlägen auf Moscheen in Deutschland, die von
Schändungen mit Schlachtabfällen oder Fäkalien bis hin zu Brandanschlägen rei-
chen (Bundestagsdrucksache 18/1627).
Wie die Bundesregierung in ihrer Antwort auf Bundestagsdrucksache 18/7498
mitteilte, wurde Ende des Jahres 2015 die Erweiterung des Oberthemas „Hasskri-
minalität“ um das Unterthema „Islamfeindlichkeit“ vom zuständigen Fachgre-
mium befürwortet; die Erweiterung des Themenfeldkatalogs der Politisch Moti-
vierten Kriminalität (PMK) liegt damit bei der Innenministerkonferenz (IMK).

Drucksache 18/8115 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
 

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung der aktuelle Stand und weitere

Zeitplan der Überarbeitung des Themenfeldkatalogs beim Oberthema „Hass-
kriminalität“ um ein Unterthema „Islamfeindlichkeit“ durch das zuständige
Gremium bei der IMK?

2. Welche islam- bzw. muslimfeindlichen Websites und Gruppierungen werden
nach Kenntnis der Bundesregierung in welchen Bundesländern als verfas-
sungsfeindlich (auch Verdachtsfälle) eingestuft bzw. von Landesämtern für
Verfassungsschutz überwacht?

3. Welche und wie viele islam- bzw. muslimfeindlichen Aufmärsche ein-
schließlich Proteste gegen eine angeblich drohende Islamisierung Europas
oder den Bau von Moscheen in Deutschland fanden nach Kenntnis der Bun-
desregierung im ersten Quartal 2016 statt (bitte Datum, Ort, Teilnehmerzahl,
Anlass bzw. Thema und Veranstalter angeben)?

4. Wie viele Anschläge auf Moscheen, Moscheevereine und sonstige islami-
sche Einrichtungen in Deutschland gab es nach Kenntnis der Bundesregie-
rung im ersten Quartal 2016 (bitte einzeln nach Ort, Datum, Namen der Mo-
schee und ihrer möglichen Dachorganisation, Art des Anschlags und Scha-
denshöhe, Phänomenbereich, Ober- und Unterthema und Anzahl der Tatver-
dächtigen auflisten)?
a) Wie viele Schändungen von Moscheen, Moscheevereinen und sonstigen

islamischen Einrichtungen durch Farbschmierereien, Fäkalien, Schlach-
tabfälle etc. sind der Bundesregierung für das erste Quartal 2016 bekannt
geworden (bitte einzeln nach Ort, Datum, Namen der Moschee und ihrer
möglichen Dachorganisation, Art der Schändung und Schadenshöhe, Phä-
nomenbereich, Ober- und Unterthema und Anzahl der Tatverdächtigen
auflisten)?

b) Wie viele Bombendrohungen gegen Moscheen, Moscheevereine und
sonstige islamische Einrichtungen sind der Bundesregierung im ersten
Quartal 2016 bekannt geworden (bitte einzeln nach Ort, Datum, Namen
der Moschee und ihrer möglichen Dachorganisation, Phänomenbereich,
Ober- und Unterthema und Anzahl der Tatverdächtigen auflisten)?

5. Wie viele mutmaßlich antimuslimisch oder islamfeindlich motivierte Straf-
taten außer Übergriffen auf Moscheen, Moscheevereine und sonstige islami-
sche Einrichtungen wurden im ersten Quartal 2016 nach Kenntnis der Bun-
desregierung bundesweit verübt (bitte nach Anzahl, Art und Motivation der
Straftaten und Bundesländern aufschlüsseln)?

6. Wie viele Personen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung im ersten
Quartal 2016 bei Überfällen mit mutmaßlich antimuslimischer oder islam-
feindlicher Motivation oder mit vermuteter antimuslimischer oder islam-
feindlicher Motivation
a) leicht verletzt,
b) schwer verletzt bzw.
c) getötet
(bitte nach Bundesländern und Motivation der Straftat aufschlüsseln)?

7. Welcher materielle Schaden entstand nach Kenntnis der Bundesregierung bei
mutmaßlich antimuslimischen und islamfeindlichen Straftaten im ersten
Quartal 2016 (bitte nach Schadenshöhe, Art und Motivation der Straftaten
und Bundesländern aufschlüsseln)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/8115
 

8. Wie viele Tatverdächtige wurden nach Kenntnis der Bundesregierung wegen
mutmaßlich antimuslimischer und islamfeindlicher Straftaten im ersten
Quartal 2016 festgenommen (bitte nach Art und Motivation der Straftaten
und Bundesländern aufschlüsseln)?

9. Wie viele Ermittlungsverfahren wurden nach Kenntnis der Bundesregierung
wegen mutmaßlich antimuslimischer und islamfeindlicher Straftaten im ers-
ten Quartal 2016 eingeleitet (bitte nach Art und Motivation der Straftaten und
Bundesländern aufschlüsseln)?

10. In wie vielen Fällen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung die Ermitt-
lungen wegen mutmaßlich antimuslimischer und islamfeindlicher Straftaten
im ersten Quartal 2016 eingestellt (bitte nach Art und Motivation der Straf-
taten und Bundesländern aufschlüsseln)?

11. Wie viele Personen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung wegen anti-
muslimischer und islamfeindlicher Straftaten im ersten Quartal 2016 zu wel-
chen Strafen verurteilt (bitte nach Art und Motivation der Straftaten und Bun-
desländern aufschlüsseln)?

12. Welche gezielten bundesweiten Operationen der Polizei hat es wegen über-
regionaler antimuslimischer und islamfeindlicher Straftaten mit welchem Er-
gebnis gegeben?

13. Welche Nachmeldungen zu den Fragen 3 bis 12 auf Bundestagsdrucksa-
che 18/7498 gibt es bezüglich des vierten Quartals 2015?

Berlin, den 13. April 2016

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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