BT-Drucksache 18/8063

Stand der Allianz für Aus- und Weiterbildung nach einem Jahr ohne offizielle Bilanz

Vom 8. April 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/8063
18. Wahlperiode 08.04.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Beate Walter-Rosenheimer, Brigitte Pothmer, Luise Amtsberg,
Kai Gehring, Özcan Mutlu, Katja Dörner, Dr. Franziska Brantner,
Maria Klein-Schmeink, Tabea Rößner, Elisabeth Scharfenberg, Ulle Schauws,
Kordula Schulz-Asche, Dr. Harald Terpe, Doris Wagner und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Stand der Allianz für Aus- und Weiterbildung nach einem Jahr ohne offizielle
Bilanz

Die Bundesregierung hat am 12. Dezember 2014 mit Vertretern der Wirtschaft,
der Gewerkschaften und der Länder im Bundesministerium für Wirtschaft und
Energie gemeinsam die Allianz für Aus- und Weiterbildung besiegelt. Nach ihren
eigenen Angaben tat sie dies, „(u)m die berufliche Bildung zu stärken“
(www.aus-und-weiterbildungsallianz.de/AAW/Navigation/DE/Uber_uns/ueber-
uns.html, abgerufen am 29. März 2016). Gleichzeitig strebten die Partner an, „dass
sie gemeinsam die Lage auf dem Ausbildungsmarkt verbessern wollen“ und „zu-
sammen daran arbeiten, sowohl mehr leistungsstarke Jugendliche für die berufliche
Bildung zu gewinnen als auch mehr Jugendlichen mit schlechteren Startchancen,
jungen Menschen mit migrationsbedingten Problemlagen sowie Menschen mit
Behinderung eine betriebliche Berufsausbildung zu ermöglichen“ (ebd.).
Anlässlich der Vorlage des Berufsbildungsberichts 2016, den das Bundesminis-
terium für Bildung und Forschung zum 1. April 2016 gemäß § 86 des Berufsbil-
dungsgesetzes der Bundesregierung vorgelegt hat, stellen sich folgende Fragen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Warum hat die Bundesregierung im Herbst 2015 darauf verzichtet, eine Bi-

lanz der Allianz für Aus- und Weiterbildung für das Jahr 2015 vorzulegen?
2. Hat die Wirtschaft die in der Allianz zugesagten Leistungen von

500 000 Praktikumsplätzen für Schülerinnen und Schüler und 20 000 Plät-
zen für Einstiegsqualifizierungen (EQ) für Jugendliche, die nicht sofort eine
betriebliche Ausbildung begonnen haben, eingehalten?
Wenn ja, wie hoch waren die Zahlen?
Wenn nein, wie hoch waren die Zahlen, und warum wurden die vereinbarten
Ziele nach Auffassung der Bundesregierung nicht erreicht?

Drucksache 18/8063 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
 

3. Hat die Wirtschaft die in der Allianz zugesagten Leistungen eingehalten, im
Jahr 2015 20 000 zusätzliche betriebliche Ausbildungsplätze gegenüber den
im Jahr 2014 bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldeten Ausbildungsplät-
zen zur Verfügung zu stellen?
Wenn ja, wie hoch waren die Zahlen?
Wenn nein, wie hoch waren die Zahlen, und warum wurden die vereinbarten
Ziele nach Auffassung der Bundesregierung nicht erreicht?

4. Haben sich die Allianzpartner wie vereinbart Mitte 2015 „über weitere Maß-
nahmen und Angebote für die Jahre 2016 bis 2018“ verständigt?
Wenn ja, über welche?
Wenn nicht, warum nicht?

5. Wie hoch ist der Anteil der Schulen, die im Jahr 2015 durch Angebote der
Berufsorientierung erreicht wurden (bitte nach Schultypen und Ländern und
unter Angabe der Art der Angebote aufschlüsseln)?

6. Wie hoch ist der Anteil der Schülerinnen und Schüler, die im Jahr 2015 ein
Angebot der Berufsorientierung wahrgenommen haben (bitte nach Geschlecht,
Alter, Klassenstufe, Schultyp und Land aufschlüsseln)?

7. Sind die zusätzlichen Ziele der Vereinbarung der Allianzpartner zur Integra-
tion der Geflüchteten vom 18. September 2015 (www.bmbf.de/files/
BMWi_Allianz_Perspektiven_Fluechtlinge_s03_%282%29.pdf, abgerufen
am 29. März 2016) nach Auffassung der Bundesregierung schon erreicht
worden?
Wenn ja, welche sind das?
Wenn nein, warum nicht?

8. Hat der Bund seine Zusage, „der Bund wird die Integrationskurse für Asyl-
bewerber und Geduldete öffnen und die Mittel entsprechend dem gestiege-
nen Bedarf aufstocken“ (a. a. O., S. 2) eingehalten?
Wenn ja, gilt das für alle Asylbewerberinnen und Asylbewerber und Gedul-
deten, und auf welcher Annahme von Berechtigtenzahlen für die Jahre 2015
und 2016 beruht die Aufstockung?
Wenn nein, warum nicht?

9. Von welchen Zahlen geht die Bundesregierung bei ihren Planungen aus,
wenn es um den Übergang von geflüchteten jungen Menschen und ihrem
Zugang zur Ausbildung geht (bitte für die Jahre 2016 bis 2018 und die
Schritte vom Schulabschluss über EQ, Berufsvorbereitung bis zum Über-
gang in duale oder vollzeitschulische Ausbildungen, die durch ausbildungs-
begleitende Hilfen – abH – oder Assistierte Ausbildung – AsA – unterstützt
werden aufschlüsseln)?

10. Hat der Bund darüber hinaus die Vereinbarung eingehalten und „eine be-
darfsgerechte Finanzierung der ausbildungs- und berufsbezogenen Sprach-
förderung durch zusätzliche Bundesmittel sichergestellt“?

11. Wie viele Asylbewerberinnen und Asylbewerber, Geduldete und Flüchtlinge
mit Anerkennung, die zum Zeitpunkt ihrer Ankunft in Deutschland keinen
Schul- oder Berufsabschluss vorweisen konnten, konnten diesen im Ausbil-
dungsjahr 2015 nachträglich erwerben (bitte nach Aufenthaltsstatus, Art des
Abschlusses und unter Angabe der zum Abschluss führenden Bildungsmaß-
nahme aufschlüsseln)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/8063
 

12. Wie viele Asylbewerberinnen und Asylbewerber, Geduldete und Flüchtlinge
mit Anerkennung haben seit Veröffentlichung der „Erklärung der Partner der
Allianz für Aus- und Weiterbildung – Gemeinsame Perspektiven von Flücht-
lingen“ an den von Kammern, Bildungswerken von Wirtschaft und Gewerk-
schaften sowie Unternehmen zugesagten Angeboten von Einblicken in den
Unternehmensalltag durch Unternehmensbesuche und Praxistage teilgenom-
men?

13. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung seit September 2015 ergriffen,
um Potenzialanalysen und Kompetenzfeststellungsverfahren, insbesondere
mit Bezug zur beruflichen Praxis, fortzuentwickeln und auszubauen?

14. Wie viele Asylbewerberinnen und Asylbewerber, Geduldete und Flüchtlinge
mit Anerkennung haben seit September 2015 an Potenzialanalysen und
Kompetenzfeststellungsverfahren teilgenommen (bitte nach Aufenthaltssta-
tus aufschlüsseln)?

15. Sind der Bundesregierung Problemanzeigen bekannt, dass sich die Ermitt-
lung non-formaler Kompetenzen in der Praxis schwierig gestaltet?
Wenn ja, wie plant die Bundesregierung, diese Form der Kompetenzfeststel-
lungsverfahren in Zukunft zu verbessern?

16. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen, damit Asylbewerbe-
rinnen und Asylbewerber und Geduldete unter den gleichen Bedingungen
wie inländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einer Beschäftigung
nachgehen können?

17. Hat die Bundesregierung angesichts des in der „Erklärung der Partner der
Allianz für Aus- und Weiterbildung – Gemeinsame Perspektiven von Flücht-
lingen“ formulierten Ziels, dass Geflüchtete unter den gleichen Bedingungen
wie inländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einer Beschäftigung
nachgehen können, ihre ablehnende Haltung zur Abschaffung der sogenann-
ten Vorrangprüfung geändert?
Wenn ja, inwiefern?
Wenn nein, wie möchte die Bundesregierung diese gleichen Bedingungen
gewährleisten?

18. Steht das seit Inkrafttreten des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes gel-
tende Arbeitsverbot für Asylbewerberinnen und Asylbewerber während der
Verweildauer in der Erstaufnahme aus Sicht der Bundesregierung in Wider-
spruch zu dem in der „Erklärung der Partner der Allianz für Aus- und Wei-
terbildung – Gemeinsame Perspektiven von Flüchtlingen“ formulierten Ziel,
sicherzustellen, dass Geflüchtete unter gleichen Bedingungen wie inländi-
sche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einer Beschäftigung nachgehen
können?
Wenn nein, warum nicht?

19. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen, um Asylbewerberin-
nen und Asylbewerbern und Geduldeten einen sicheren Aufenthalt für die
Ausbildung, den Berufseinstieg und eine anschließende Weiterbeschäftigung
zu schaffen?

20. Warum wurde die in einem Treffen der Koalitionsspitzen vom 28. Januar 2016
vereinbarte Schaffung der sogenannten 3-plus-2-Regelung nicht im Zuge des
sogenannten Asylpakets II, das im Februar 2016 vom Bundeskabinett be-
schlossen wurde, umgesetzt, obwohl der Bundesminister für Wirtschaft und
Energie Sigmar Gabriel eine schnellstmögliche rechtliche Umsetzung bereits
am 29. Januar 2016 angekündigt hatte, und wann ist stattdessen mit einer
rechtlichen Umsetzung zu rechnen?

Drucksache 18/8063 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
 

21. Wurde die Bearbeitungszeit der Asylverfahren, wie in der Erklärung der
Partner der Allianz für Aus- und Weiterbildung am 18. September 2015 an-
gekündigt, reduziert?
Wenn ja, bitte nach Nationalität der Antragstellenden und durchschnittlicher
Asylverfahrensdauer aufschlüsseln?
Wenn nein, hält die Bundesregierung die parallel geltenden Einschränkun-
gen für Asylbewerberinnen und Asylbewerber bei Angeboten der Sprach-
und Arbeitsförderung angesichts dieser Tatsache für gerechtfertigt?

22. Welche gesetzlichen Grundlagen wurden bisher geschaffen, damit die Ar-
beitsagenturen und Jobcenter die vermittlungsunterstützenden Instrumente
der aktiven Arbeitsförderung für Personen mit sogenannter guter Bleibeper-
spektive schnell einsetzen können (bitte nach Instrument und Zugangsbe-
rechtigung nach Aufenthaltsstatus aufschlüsseln)?

23. Welche Maßnahmen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung seit In-
krafttreten der Allianz für Aus- und Weiterbildung von
a) dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie,
b) dem Bundesministerium für Bildung und Forschung,
c) dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales,
d) der Bundesagentur für Arbeit,
e) den Kammern und Arbeitgeberverbänden und
f) den Gewerkschaften
ergriffen, um Information für Betriebe und Fachkräfte bereitzustellen, die
Ausländerinnen und Ausländer, Asylbewerberinnen und Asylbewerber, Ge-
duldete und Flüchtlinge mit Anerkennung beschäftigen wollen, und hat die
Bundesregierung ihre Ankündigung, diese Maßnahmen zukünftig besser
miteinander verbinden zu wollen, bereits umgesetzt?
Wenn ja, wie?
Wenn nein, warum nicht?

24. Wie viele „Willkommenslotsen“ wurden bisher etabliert, um Betriebe und
Geflüchtete zu vermitteln und zu beraten, wie viele Geflüchtete und Betriebe
wurden bisher von ihnen beraten, und wie werden diese „Willkommenslotsen“
finanziert?

25. Geht die Bundesregierung angesichts der absoluten Zahl potenziell ausbil-
dungsinteressierter Geflüchteter davon aus, dass die Zahl der „Willkom-
menslotsen“ zukünftig weiter aufgestockt werden muss?
Wenn ja, wie hoch schätzt die Bundesregierung den Mehrbedarf ein?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/8063
 

26. Welchen Beitrag haben die Allianzpartner nach Kenntnis der Bundesregie-
rung darüber hinaus geleistet, um das bürgerschaftliche Engagement für Ge-
flüchtete im Ausbildungsgeschehen zu stärken, und in welchem Maße und
auf welche Art beteiligen sich
a) die Bundesregierung,
b) die Kammern und Arbeitgeberverbände und
c) die Gewerkschaften daran?

Berlin, den 8. April 2016

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
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