BT-Drucksache 18/804

Fragen zur energiewirtschaftlichen Notwendigkeit des Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungs-Korridors D

Vom 13. März 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/804
18. Wahlperiode 13.03.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Oliver Krischer, Dr. Julia Verlinden, Dieter Janecek,
Uwe Kekeritz, Annalena Baerbock, Ekin Deligöz, Katharina Dröge,
Dr. Thomas Gambke, Bärbel Höhn, Sylvia Kotting-Uhl, Christian Kühn
(Tübingen), Steffi Lemke, Peter Meiwald, Claudia Roth (Augsburg),
Elisabeth Scharfenberg, Doris Wagner, Beate Walter-Rosenheimer
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Fragen zur energiewirtschaftlichen Notwendigkeit des Hochspannungs-
Gleichstrom-Übertragungs-Korridors D

Der Deutsche Bundestag hat am 26. April 2013 das Bundesbedarfsplangesetz
(BBPlG) mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP ver-
abschiedet. Am 7. Juni 2013 folgte der Beschluss im Bundesrat. Das BBPlG
definiert 36 prioritäre Vorhaben zum Ausbau der Höchstspannungsleitungen in
Deutschland, die den Neubau von 2 800 Kilometern Trasse sowie Optimierungs-
und Verstärkungsmaßnahmen auf 2 900 Kilometern vorsehen. Das Vorhaben
Nr. 5 ist eine HGÜ-Leitung (HGÜ: Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung)
im Korridor D von Bad Lauchstädt (Sachsen-Anhalt) nach Meitingen (Bayern).
Laut dem von der Bundesnetzagentur betriebenen Portal www.netzausbau.de ist
der Bau der Leitung notwendig, weil es „durch einen massiven Zubau erneuer-
barer Energien in Thüringen und Sachsen-Anhalt zu Engpässen im Stromtrans-
port nach Bayern kommt. Überdies reduziert das Vorhaben Ringflüsse von
Nordostdeutschland durch Polen und Tschechien nach Süddeutschland, entlastet
damit die schwachen Übertragungsnetze der genannten Länder und stärkt damit
die Sicherheit der Stromversorgung in Deutschland und den östlichen Nachbar-
ländern.“ Der Vorhabenträger Amprion GmbH hat für diese Leitung im Januar
2014 einen konkreten Vorschlag für den Trassenverlauf veröffentlicht. Seitdem
wird der Bau der Leitung öffentlich kritisiert. Neben Bedenken bezüglich des
Eingriffs in das Landschaftsbild wird behauptet, die Leitung diene nicht der
Energiewende, sondern werde benötigt, um Braunkohlestrom aus Ostdeutsch-
land nach Bayern und ins europäische Ausland zu transportieren. Obwohl die
CSU und auch die bayerische Landesregierung das BBPlG mit beschlossen ha-
ben, hat sich der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer inzwischen für ein
Moratorium für den Netzausbau ausgesprochen und stellt sich auch gegen den
Import von Kohlestrom aus Ostdeutschland nach Bayern. „Keine Kohle heißt
keine Kohle“ wird er am 25. Februar 2014 in der „Süddeutsche Zeitung“ zitiert.
Eine rechtliche Grundlage für ein solches Moratorium gibt es gemäß der Ant-
wort der Bundesregierung auf die Mündliche Frage 21 des Abgeordneten Oliver
Krischer in der Fragestunde vom 12. Februar 2014, Plenarprotokoll 18/13, je-
doch nicht.

Drucksache 18/804 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welchen Zubau an erneuerbaren Energien erwartet die Bundesregierung in

den ostdeutschen Bundesländern bis zur geplanten Inbetriebnahme der
HGÜ-Leitung Lauchstädt–Meitingen im Jahr 2022 (bitte einzeln nach Bun-
desländern, Art der erneuerbaren Energien, installierter Leistung und zu er-
wartender Jahresstromproduktion aus EE-Anlagen aufschlüsseln)?

2. Welche Rolle wird die HGÜ-Leitung Lauchstädt–Meitingen für die Versor-
gungssicherheit in Bayern nach dem erfolgten Abschalten der sich noch am
Netz befindlichen Atomkraftwerke im Jahr 2022 spielen, und welche alter-
nativen Versorgungsmöglichkeiten gibt es nach Informationen der Bundes-
regierung, sollte die HGÜ-Leitung Lauchstädt–Meitingen nicht gebaut wer-
den?

3. Welche Konsequenzen und Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung
aus dem öffentlich geäußerten Vorwurf, die HGÜ-Leitung Lauchstädt–
Meitingen diene hauptsächlich dem Transport von Braunkohlestrom nach
Bayern und ins Ausland, und ist diese Aussage nach Auffassung der Bun-
desregierung korrekt?
Wenn nein, warum nicht?

4. Erachtet die Bundesregierung die Öffentlichkeitsbeteiligung an den Planun-
gen für den Bau der HGÜ-Leitung Lauchstädt–Meitingen für ausreichend,
und welche zusätzlichen, fakultativen Formen der Öffentlichkeitsbeteili-
gung sind aus Sicht der Bundesregierung für diese Planungen denkbar?

5. Erachtet die Bundesregierung die im BBPlG vorgesehene Möglichkeit einer
Erdverkabelung für HGÜ-Leitungen in konfliktreichen Räumen für aus-
reichend, und wenn ja, warum?
Wenn nein, warum nicht?

6. Welche Konsequenzen und Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung
aus der Aussage des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer
„Keine Kohle heißt keine Kohle“ (siehe Süddeutsche Zeitung vom 25. Fe-
bruar 2014)?

7. Ab wann hält die Bundesregierung es für möglich, dass das Bundesland
Bayern vollständig auf Importe von Strom, insbesondere von Kohlestrom,
verzichten kann?
Welche Maßnahmen müssten dafür ergriffen werden?

8. Wäre der Bau der HGÜ-Leitung Lauchstädt–Meitingen auch dann notwen-
dig, wenn die ostdeutschen Braunkohlekraftwerke innerhalb der kommen-
den 15 bis 20 Jahre vom Netz gehen würden, und wenn ja, warum?
Wenn nein, warum nicht?

9. An wie vielen Stunden im Jahr erwartet die Bundesregierung, dass die
HGÜ-Leitung Lauchstädt–Meitingen hauptsächlich mit Strom aus erneuer-
baren Energien ausgelastet sein wird (bitte nach EE-Auslastung von mehr
als 25 Prozent, mehr als 50 Prozent, mehr als 75 Prozent, 100 Prozent je-
weils in den Jahren 2022 bis 2032 aufschlüsseln, falls Daten vorliegen, bitte
auch darüber hinaus)?

10. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung der aktuelle Stand der Planung
beim Bau eines Braunkohlekraftwerks in Profen (Sachsen-Anhalt) durch das
Unternehmen Mitteldeutsche Braunkohlengesellschaft mbH (MIBRAG),
und welchen Einfluss hat nach Kenntnis der Bundesregierung der Bau
der Leitung Lauchstädt–Meitingen auf die Investitionsentscheidung der
MIBRAG für oder gegen dieses Kraftwerk?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/804
11. Geht die Bundesregierung davon aus, dass die Einführung einer sogenannten
Länderöffnungsklausel im Baugesetzbuch, welche die bayerische Landes-
regierung erklärtermaßen für die Einführung einer Abstandsregel in zehn-
facher Höhe der Windenergieanlage zur Wohnbebauung nutzen möchte,
den Ausbau der Windenergie in Bayern behindern wird?
Wenn ja, wie viele derzeit geplante Windenergieanlagen könnten bei Ein-
führung dieser Abstandsregelung in Bayern nicht gebaut werden, und wie
viel Stromerzeugungskapazität fiele damit weg (bitte nach Anzahl der
Windenergieanlagen und installierter Leistung aufschlüsseln)?
Wenn nein, warum nicht?

12. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung
aus dem Vorschlag von Prof. Dr. Marc Oliver Bettzüge vom Energiewirt-
schaftlichen Institut an der Universität zu Köln (EWI), Süddeutschland
solle eine eigene Preiszone für Strom bilden, damit sich der Bau von Gas-
kraftwerken in Süddeutschland wirtschaftlich rechnet (siehe Gastbeitrag
„Irreführende Annahme“ im Handelsblatt vom 25. Februar 2014, S. 48),
und wie würde sich nach Informationen der Bundesregierung der Strom-
preis in einer süddeutschen Preiszone entwickeln im Vergleich zu einem
bundesweiten Strompreis?
Welche Auswirkungen hätte dieser Strompreis auf mögliche Investitionen
in Stromerzeugungskapazitäten im Bundesland Bayern?

Berlin, den 13. März 2014

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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