BT-Drucksache 18/792

zu dem Antrag der Abgeordneten Harald Ebner, Renate Künast, Nicole Maisch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -18/578- zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2001/110/EG des Rates über Honig KOM(2012) 530 endg.; Ratsdok. 13957/12 hier: Stellungnahme gegenüber der Bundesregierung gemäß Artikel 23 Absatz 3 des Grundgesetzes Wahlfreiheit für Verbraucherinnen und Verbraucher herstellen - Honig mit gentechnisch veränderten Bestandteilen kennzeichnen

Vom 12. März 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/792
18. Wahlperiode 12.03.2014

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft (10. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Harald Ebner, Renate Künast, Nicole Maisch,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 18/578 –

zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und
des Rates zur Änderung der Richtlinie 2001/110/EG des Rates über Honig
KOM(2012) 530 endg.; Ratsdok. 13957/12

hier: Stellungnahme gegenüber der Bundesregierung gemäß Artikel 23
Absatz 3 des Grundgesetzes

Wahlfreiheit für Verbraucherinnen und Verbraucher herstellen – Honig mit
gentechnisch veränderten Bestandteilen kennzeichnen

A. Problem
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in seinem Urteil vom 6. Septem-
ber 2011 in der Rechtssache C-442-09 („Honig-Urteil“) festgestellt, dass Honig,
der Pollen mit gentechnisch verändertem Erbgut und gentechnisch veränderten
Proteinen enthält, ein Lebensmittel mit Zutaten, die aus gentechnisch veränderten
Organismen (GVO) hergestellt wurden, gemäß der Verordnung (EG)
Nr. 1829/2003 darstellt. Die Europäische Kommission hat am 21. September
2012 einen Vorschlag für eine Richtlinie zur Änderung der Richtlinie
2001/101/EG über Honig („Honig-Richtlinie“) vorgelegt. Darin soll Pollen all-
gemein – und damit auch der Pollen von gentechnisch veränderten Pflanzen – als
„natürlicher Bestandteil“ von Honig eingestuft werden. Nach Auffassung der
Europäischen Kommission wäre dadurch eine Kennzeichnung von Honig, der
Pollen zugelassener gentechnisch veränderter Pflanzen enthält, nicht mehr erfor-
derlich.
Mit dem Antrag soll die Bundesregierung aufgefordert werden, sich in den
Trilogverhandlungen mit dem Europäischen Parlament und der Europäischen
Kommission über die geplante Änderung der „Honig-Richtlinie“ dafür einzuset-
zen, dass die Kennzeichnungspflicht im Sinne der Verordnung (EG)
Nr. 1829/2003 von Honig, der Pollen von gentechnisch veränderten Pflanzen

Drucksache 18/792 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

enthält, entsprechend dem Urteil des EuGH in der „Honig-Richtlinie“ klargestellt
wird.
Falls dieses Ziel in den Trilogverhandlungen nicht erreicht werden kann, soll sich
die Bundesregierung dort dafür einsetzen, dass in der geplanten Änderung der
„Honig-Richtlinie“ darauf verzichtet wird, eine Festlegung zu treffen, dass es
sich bei Pollen gentechnisch veränderter Pflanzen in Honig um einen „natürli-
chen Bestandteil“ handelt. Die Bundesregierung soll die Änderung der „Honig-
Richtlinie“ im Rat der Europäischen Union ablehnen, falls nicht auf diese Festle-
gung verzichtet wird.

B. Lösung
Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN.

C. Alternativen
Annahme des Antrags.

D. Kosten
Wurden nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/792

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
den Antrag auf Drucksache 18/578 abzulehnen.

Berlin, den 12. März 2014

Der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft

Gitta Connemann
Vorsitzende

Kees de Vries
Berichterstatter

Elvira Drobinski-Weiß
Berichterstatterin

Dr. Kirsten Tackmann
Berichterstatterin

Harald Ebner
Berichterstatter

Drucksache 18/792 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Kees de Vries, Elvira Drobinski-Weiß, Dr. Kirsten
Tackmann und Harald Ebner

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat in seiner 17. Sitzung am 20. Februar 2014 den Antrag auf Drucksache 18/578
erstmals beraten und an den Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft zur federführenden Beratung
sowie zur Mitberatung an den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in seinem Urteil vom 6. September 2011 in der Rechtssa-
che C-442-09 („Honig-Urteil“) festgestellt, dass Honig, der Pollen mit gentechnisch verändertem Erbgut
und gentechnisch veränderten Proteinen enthält, ein Lebensmittel mit Zutaten, die aus gentechnisch verän-
derten Organismen (GVO) hergestellt wurden, gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 darstellt.
Die Europäische Kommission (Kommission) hat am 21. September 2012 einen Vorschlag für eine Richtli-
nie zur Änderung der Richtlinie 2001/101/EG über Honig („Honig-Richtlinie“) vorgelegt. Darin soll Pollen
allgemein – und damit auch der Pollen von gentechnisch veränderten Pflanzen – als „natürlicher Bestand-
teil“ von Honig eingestuft werden. Nach Auffassung der Kommission wäre dadurch eine Kennzeichnung
von Honig, der Pollen zugelassener gentechnisch veränderter Pflanzen enthält, nicht mehr erforderlich. Dies
würde nach Ansicht der Antragsteller auch für sortenreinen Rapshonig gelten, der ihrer Darstellung nach
praktisch vollständig auf Grundlage von gentechnisch verändertem Raps erzeugt wurde und damit fast aus-
schließlich dessen Pollen enthält.
Die Frage, ob der Eintrag von Pollen gentechnisch veränderter Pflanzen in Honig „technisch nicht zu ver-
meiden“ sei im Sinne von der Verordnung (EG) 1829/2003, ist nach Auffassung der Antragsteller zu ver-
neinen, solange noch nicht alles Mögliche unternommen wurde, um den Eintrag von Pollen gentechnisch
veränderter Pflanzen in den Honig zu minimieren, zum Beispiel durch die Festlegung und Einhaltung eines
ausreichend großen Mindestabstands zwischen dem Bienenstock und dem Anbau von gentechnisch verän-
derten Pflanzen.
Das Anliegen der Kommission, eine Klarstellung zur Kennzeichnung von Honig, der Pollen gentechnisch
veränderter Pflanzen enthält, zu treffen, wird nach Ansicht der Antragsteller mit der von der Kommission
vorgeschlagenen Änderung nicht erreicht.
Mit dem Antrag auf Drucksache 18/578 soll die Bundesregierung aufgefordert werden, sich in den
Trilogverhandlungen mit dem Europäischen Parlament und der Kommission über die geplante Änderung
der „Honig-Richtlinie“ dafür einzusetzen, dass die Kennzeichnungspflicht im Sinne der Verordnung (EG)
Nr. 1829/2003 von Honig, der Pollen von gentechnisch veränderten Pflanzen enthält, entsprechend der
Intention des EuGH im „Honig-Urteil“ in der „Honig-Richtlinie“ klargestellt wird. Um Wahlfreiheit für die
Verbraucherinnen und Verbraucher zu gewährleisten, sollte laut der Antragsteller ein Weg gefunden wer-
den, um erkennbar zu machen, ob Honig gentechnisch veränderten Pollen enthält oder nicht.
Falls dieses Ziel von der Bundesregierung in den Trilogverhandlungen nicht erreicht werden kann, soll
diese sich dort dafür einsetzen, dass in der geplanten Änderung der „Honig-Richtlinie“ darauf verzichtet
wird, eine Festlegung zu treffen, dass es sich bei Pollen gentechnisch veränderter Pflanzen in Honig um
einen „natürlichen Bestandteil“ handelt. Die Bundesregierung soll die Änderung der „Honig-Richtlinie“ im
Rat der Europäischen Union ablehnen, falls in dem zur Abstimmung gestellten Vorschlag nicht auf diese
Festlegung verzichtet wird.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/792

III. Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat in seiner 9. Sitzung am 12. März 2014 mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung von einem Mitglied der Fraktion der CDU/CSU und
von einem Mitglied der Fraktion der SPD empfohlen, den Antrag auf Drucksache 18/578 abzulehnen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft hat den Antrag auf Drucksache 18/578 in seiner
5. Sitzung am 12. März 2014 abschließend beraten.
Die Fraktion der CDU/CSU betonte, sie wolle die Debatte auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkennt-
nisse führen. Nur so könnten unnötige Ängste und Vorbehalte bei den Bürgerinnen und Bürgern abgebaut
werden. Fakt sei, dass Pollen ein unvermeidbarer natürlicher Bestandteil des Honigs sei und nicht eine Zu-
tat, die von den Bienen absichtlich nachträglich beigefügt werde. Die Bienen sammelten von Natur aus
Nektar, Honigtau und Pollen, ein Vorgang, der vom Imker nicht wie bei einer Zutat beeinflusst werden
könne. Fakt sei aber auch, dass das Gentechnikrecht der EU eine Kennzeichnung GVO-veränderter Le-
bensmittel verlange. Alle Lebensmittel, die einen GVO-Gehalt von mehr als 0,9 % aufwiesen, würden aus-
gezeichnet. Der Pollengehalt von Honig liege aber maximal bei 0,01 bis 0,5 Gramm, im Normalfall unge-
fähr bei 0,03 Gramm. Damit sei eine Kennzeichnung nicht erforderlich. Mit der Entscheidung der Kommis-
sion als Konsequenz aus dem „Honig-Urteil“ des EuGH bestehe endlich Klarheit über den rechtlichen Sta-
tus von Pollen. Pollen aus GVO ohne EU-Zulassung seien weiterhin in Honig, wie in allen anderen Le-
bensmitteln, nicht zugelassen. Hier gelte weiterhin die sogenannte Nulltoleranz. Damit halte sich der Vor-
schlag der Kommission an die Vorgabe des EuGH, dass im Honig nur gentechnisch veränderte Pollen ent-
halten sein dürfen, die in der EU als Lebensmittel zugelassen seien. Die gesundheitliche Unbedenklichkeit
dieser GVO sei im Rahmen der EU-Zulassungsverfahren seitens der Europäischen Behörde für Lebensmit-
telsicherheit (EFSA) bereits bewiesen worden.
Die Fraktion der SPD erklärte, nach ihrer Auffassung entspreche der Verzicht auf eine Kennzeichnungs-
pflicht für Honig mit GVO-Pollen nicht dem Anspruch der Verbraucherinnen und Verbraucher auf Wahl-
freiheit und Transparenz. Auch die Fraktion der SPD sei für die Definition von Pollen als Zutat und für die
Kennzeichnung von Honig mit GVO-Anteilen eingetreten – die nicht nur Verbraucher, sondern auch die
deutschen und europäischen Imker schütze. Die Mehrheit des Europäischen Parlaments und der Mitglied-
staaten der EU habe sich aber leider anders positioniert. Die Kennzeichnungspflicht selbst sei nicht Gegen-
stand der Trilogverhandlungen gewesen, die im Übrigen bereits abgeschlossen seien. Deshalb lehne die
Fraktion der SPD den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ab. Auch über die Definition von
Pollen als natürlichem Bestandteil von Honig sei leider bereits Einigkeit zwischen den verhandelnden Par-
teien erzielt worden.
Die Fraktion DIE LINKE. verdeutlichte, gerade bei Honig, der ein besonders gesundes Lebensmittel sei
und bei dem es sich um ein sehr sensibles Produkt handele, erwarteten die Verbraucherinnen und Verbrau-
cher völlig zu Recht, dass Wahrheit und Klarheit bei dessen Kennzeichnung Anwendung fänden. Die Ver-
braucherinnen und Verbraucher wünschen, dass sie auf dem Etikett eines Honigs lesen können, ob der Ho-
nig unter Benutzung von Gen-Pollen produziert worden sei oder nicht. Der Vorschlag der Kommission zur
Änderung der „Honig-Richtlinie“ würde im Gegenteil dazu führen, dass Honig mit Gen-Pollen nicht als
solcher gekennzeichnet werden müsste, da der Anteil der Pollen im Honig im Durchschnitt ca. 0,5 Prozent
betrage und somit stets unter die 0,9 Prozent-Kennzeichnungsgrenze bei GVO fiele. Daher müsse die Inten-
tion des Urteils des EuGH, dass Honig entsprechend gekennzeichnet werden müsse, wenn er Bestandteile
von für Honig nicht zugelassene GVO enthalte, in der „Honig-Richtlinie“ umgesetzt werden. Dieser Inten-
tion folge die Fraktion DIE LINKE. vollständig. Insofern bestehe jetzt zudem die Aufgabe, dass entspre-
chend des Urteils des EuGH die Kennzeichnungsregelungen angepasst werden müssten. Sie werde dem
Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zustimmen.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN legte dar, der EuGH habe 2011 festgestellt, dass Pollen von
gentechnisch veränderten Pflanzen wie eine Zutat zu werten sei und Honig mit solchem Pollen gekenn-
zeichnet werden müsse. Der Vorschlag der Kommission zur Änderung der sogenannten Honig-Richtlinie

Drucksache 18/792 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

würde diese Kennzeichnungspflicht aushebeln und damit die Wahlfreiheit der Verbraucherinnen und Ver-
braucher zunichte machen. Selbst ein kanadischer Rapshonig, der weitestgehend auf Basis von Gen-Raps
erzeugt werde, wäre im Regal nicht erkennbar. Mit dem Antrag auf BT-Drucksache 18/578 solle die Bun-
desregierung verpflichtet werden, auf Ebene der EU im Sinne des Verbraucherschutzes zu verhandeln, wie
es in der letzten Wahlperiode auch der Bundesrat gefordert habe.
Der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft beschloss mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,
dem Deutschen Bundestag die Ablehnung des Antrags zu empfehlen.

Berlin, den 12. März 2014

Kees de Vries
Berichterstatter

Elvira Drobinski-Weiß
Berichterstatterin

Dr. Kirsten Tackmann
Berichterstatterin

Harald Ebner
Berichterstatter

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