BT-Drucksache 18/7836

Vorbereitung neuer Testflüge mit der Spionagedrohne "Euro Hawk"

Vom 9. März 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/7836
18. Wahlperiode 09.03.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Andrej Hunko, Christine Buchholz, Annette Groth, Inge Höger,
Ulla Jelpke, Niema Movassat, Dr. Alexander S. Neu, Martina Renner und der
Fraktion DIE LINKE.

Vorbereitung neuer Testflüge mit der Spionagedrohne „Euro Hawk“

Nach Medienberichten arbeitet der US-Rüstungskonzern Northrop Grumman
Corporation an der Vorbereitung neuer Flüge mit der Bundeswehr-Drohne „Euro
Hawk” (Flightglobal vom 26. Februar 2016). Eine entsprechende Beauftragung
des Rüstungskonzerns Airbus Defence and Space durch das Bundesministerium
der Verteidigung sei demnach erfolgt, der Konzern habe bereits eine entspre-
chende „Crew“ nach Manching geschickt. Ziel ist die Durchführung weiterer
Tests mit dem Spionagesystem ISIS (Integriertes SIGINT System). Mit dem von
Airbus Defence and Space gebauten SIGINT-Modul (Signals Intelligence) kann
die Bundeswehr jede funkgebundene Kommunikation abhören (Bundestags-
drucksache 18/340). Das Gerät kann außerdem elektromagnetische Strahlung
auffangen. Bereits letztes Jahr hatte das Verteidigungsministerium mit „Maßnah-
men zur Wiederinbetriebnahme“ des Prototypen „Euro Hawk Full Scale De-
monstrator“ (im Folgenden: FSD-Prototyp) begonnen (Bundestagsdrucksa-
che 18/5538). Den Auftrag erhielt die EuroHawk GmbH, ein Konsortium von
Northrop Grumman Corporation und Airbus Group. Die Schritte sollen in drei
Stufen erfolgen. Zunächst wurde der „aktuelle luftfahrzeugtechnische Zustand“
untersucht und bewertet. Laut dem Verteidigungsministerium befinde sich die
Drohne „in einem guten Zustand“. Ursprünglich sollte die „Euro Hawk“ im Som-
mer diesen Jahres wieder fliegen, vor einigen Wochen hatte das Verteidigungs-
ministerium den Testflugbetrieb „je nach Wetterverhältnissen“ auf das erste
Quartal 2017 verschoben (Bundestagsdrucksache 18/6978). Die beiden Rüs-
tungskonzerne hatten dem Verteidigungsministerium zuvor ein Angebot zur ver-
traglichen Umsetzung der „Stufe 2“ vorgelegt. Das Paket enthält Maßnahmen zur
„Wiederinbetriebnahme“ des Prototypen, darunter die vorläufige Verkehrszulas-
sung (VVZ). Vorher müssen aber „mehr als 30 Einzelmaßnahmen und Prüf-
punkte“ identifiziert und abgearbeitet werden (Bundestagsdrucksache 18/6978).
Erst dann will das Luftfahrtamt der Bundeswehr die Wiederaufnahme von Test-
flügen erlauben. Zunächst muss die EuroHawk GmbH als luftfahrttechnischer
Betrieb lizensiert werden. Anschließend sollen die beiden Rüstungskonzerne Än-
derungen an Soft- und Hardware vornehmen sowie Risiko- und Gefährdungsana-
lysen erstellen. Northrop Grumman Corporation und Airbus Group haben dafür
32,7 Mio. Euro veranschlagt (Plenarprotokoll 18/114). Nach bisherigen Auskünf-
ten der Bundesregierung fehlte aber die „amtsseitige Prüfung und Bewertung des
Angebotes“. In „Stufe 3“ sollen Testflüge dann für zunächst 12 Monate durchge-
führt werden. Das Bundesverteidigungsministerium will diese jedoch für weitere
24 Monate verlängern. Die Kosten der „Stufe 3“ schätzt das Bundesministerium
auf weitere 160 Mio. Euro.

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Wie die Gelder für die neuen Testflüge bezahlt werden, ist unklar. Das Bundes-
amt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr lag be-
reits wegen alter Rechnungen mit Airbus Group und Northrop Grumman Corpo-
ration im Streit (Bundestagsdrucksachen 18/5538 und 18/6978). Seit Jahren wird
verhandelt, welche Aufgaben aus dem früheren Vertragsverhältnis für die „Euro
Hawk“ noch übernommen werden müssen. Womöglich werden die jetzigen Auf-
träge teilweise mit den früheren Forderungen verrechnet werden. Eine Einigung
darüber war bereits für den März 2015 vorgesehen, dann aber mehrmals verscho-
ben worden. Den Abschluss des Vertrages hatte das Bundesverteidigungsminis-
terium zuletzt für das erste Quartal 2016 angekündigt.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Details kann die Bundesregierung zur Vorbereitung neuer Flüge mit

dem Prototypen „Euro Hawk Full Scale Demonstrator“ (im Folgenden:
FSD-Prototyp) der Bundeswehr mitteilen (Flightglobal vom 26. Feb-
ruar 2016)?

2. Welchen Inhalt hatte das Angebot zur vertraglichen Umsetzung der „Stufe 2“
der beiden Rüstungskonzerne Northrop Grumman Corporation und Air-
bus Group zur „Wiederinbetriebnahme“ des FSD-Prototypen vom Sommer
2015?

3. Inwiefern und mit welchem Ergebnis wurde die „amtsseitige Prüfung und
Bewertung des Angebotes“ abgeschlossen?

4. Welche Maßnahmen fehlten aus Sicht der Bundesregierung, und welche
wurden schließlich hineinverhandelt?

5. Worin bestehen die „mehr als 30 Einzelmaßnahmen und Prüfpunkte“, die
laut der Bundesregierung identifiziert wurden und abgearbeitet werden müs-
sen (Bundestagsdrucksache 18/6978)?

6. Welche Änderungen an Soft- und Hardware sollen an welchen Modulen vor-
genommen werden?

7. Inwiefern haben die beiden Rüstungskonzerne Northrop Grumman Corpora-
tion und Airbus Group bzw. deren EuroHawk GmbH nach Kenntnis der Bun-
desregierung mittlerweile die Lizensierung als luftfahrttechnischer Betrieb
beantragt?

8. Auf welche Weise ist das Luftfahrtamt der Bundeswehr bereits mit der Be-
antragung einer vorläufigen Verkehrszulassung (VVZ) für die Wiederauf-
nahme von Testflügen des FSD-Prototypen befasst?

9. Welche der beiden Rüstungskonzerne Northrop Grumman Corporation und
Airbus Group bzw. deren Subunternehmer haben bereits eine entsprechende
„Crew“ nach Manching geschickt, und welche konkreten „Maßnahmen zur
Wiederinbetriebnahme“ des FSD-Prototypen übernehmen diese dort?

10. Inwiefern kann die Bundesregierung ihre Aussage zum Zeitpunkt des Test-
flugbetriebes „je nach Wetterverhältnissen“ im ersten Quartal 2017 zeitlich
konkretisieren (Bundestagsdrucksache 18/6978)?

11. Welche Kosten entstehen für die nun vorgenommenen Arbeiten zur „Wie-
derinbetriebnahme“ des FSD-Prototypen, und wie werden diese übernom-
men (Plenarprotokoll 18/114)?

12. Inwiefern liegt mittlerweile eine konkrete Kostenschätzung für die vorab auf
36 Monate verlängerten Testflüge in „Stufe 3“ vor, die das Bundesministe-
rium der Verteidigung auf weitere 160 Mio. Euro bezifferte?

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13. Inwiefern ist die, wie von der Bundesregierung für „Ende März 2015“ und
schließlich für das „erste Quartal 2016“ erwartete „Einigung zur Beendigung
des bisher bestehenden Vertragsverhältnisses“ (also des ehemaligen Ent-
wicklungsvertrages) mit den Auftragnehmern des FSD-Prototyp (Bundes-
tagsdrucksachen 18/2729, 18/5538 und 18/6978) inzwischen erzielt worden,
bzw. wann soll diese erzielt werden?

14. Worin genau besteht diese Einigung, und welche Leistungen müssen hierfür
erbracht werden?

15. Sofern eine endgültige Einigung zur Vertragsbeendigung noch nicht erfolgte,
welche Gründe kann die Bundesregierung hierfür mitteilen?

16. Welchen Inhalt hat die Einigung der Bundesregierung mit den beiden Rüs-
tungskonzernen Northrop Grumman Corporation und Airbus Group bzw.
deren EuroHawk GmbH hinsichtlich der beiden Contractor Logistics Sup-
port (CLS)-Verträge?

17. Welche neuen Verträge wurden nach der Einigung zum ehemaligen Entwick-
lungsvertrag sowie den beiden Contractor Logistics Support (CLS)-Verträ-
gen geschlossen, und welchen Inhalt haben diese?

18. Inwiefern wurden die alten finanziellen Forderungen zur Einigung zum ehe-
maligen Entwicklungsvertrag sowie den beiden Contractor Logistics Support
(CLS)-Verträgen mit der Beauftragung der „Stufe 2“ zur Wiederinbetrieb-
nahme des FSD-Prototypen verrechnet?

19. Über welche (auch rudimentären) Systeme zum Erkennen und Ausweichen
anderer Luftfahrzeuge verfügt der FSD-Prototypen, und inwiefern sollen
auch hierzu flugbetriebliche Tests oder Simulationen durchgeführt werden?

20. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, inwiefern der FSD-Prototyp
in seiner jetzigen Version mit einem Wetterradar oder einem Enteisungssys-
tem nachgerüstet werden könnte?

21. Welche weiteren Eigenschaften außer einem System zum Erkennen und Aus-
weichen anderer Luftfahrzeuge, einem Wetterradar und einem Enteisungs-
system sind aus Sicht der Bundesregierung erforderlich, um eine endgültige
Verkehrszulassung für eine Drohne der HALE-Klasse zu erreichen?

22. Inwiefern wäre es möglich, die Drohnen der HALE-Klasse zusätzlich mit
einem zum Europäischen Datenrelaissystem (EDRS) kompatiblen Laser
Communication Terminal (LCT) sowie entsprechender Steuerelektronik aus-
zustatten bzw. welche Anpassungen müssten hierfür vorgenommen werden
(Bundestagsdrucksache 18/7491)?

23. Wann bzw. nach welcher Maßgabe soll die Auswahlentscheidung erfolgen,
inwiefern die Bundeswehr ihre Auswahlentscheidung für das bei der „signal-
erfassenden, luftgestützten weiträumigen Überwachung und Aufklärung“
(SLWÜA) einzusetzende Missionssystem trifft?

24. Welche weiteren Trägerplattformen für das Spionagesystem ISIS werden
derzeit geprüft, wer ist an entsprechenden Untersuchungen oder Studien be-
teiligt, und wann liegen diese vor?

25. Was kann die Bundesregierung zur Einhaltung des Zeitplans über eine Aus-
sage zur Zulassbarkeit der Drohne „MQ-4C Triton“ mitteilen, die für das
dritte Quartal 2015 angekündigt war, zunächst auf Februar 2016 verschoben
wurde und nun für November 2016 erwartet wird (Bundestagsdrucksachen
18/3663, 18/5538 und 18/6978)?

26. Welche „Unterstützungsleistungen“ wurden eingebunden, um eine „Aussage
zur Zulassbarkeit des MQ-4C Triton“ treffen zu können und deren „Bereit-
stellung und Lieferleistung den Zeitplan maßgeblich bestimmen“?

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27. Welche Behörden, Unternehmen, Institute oder sonstigen Einrichtungen
wurden hierfür mit welchen Maßnahmen oder Leistungen beauftragt, wann
sollen diese vorliegen, und welche Kosten entstehen hierfür?

28. Wie könnte ein „Vorgehen für eine mögliche dauerhafte Zusammenarbeit“
mit der Zulassungsstelle der US Navy aus Sicht der Bundesregierung ausge-
staltet werden, und inwiefern ist diese Zusammenarbeit inzwischen verein-
facht worden (Bundestagsdrucksache 18/6978)?

29. Inwiefern ist auch die Bundesregierung der Ansicht, dass das deutsche Zu-
lassungsverfahren der „MQ-4C Triton“ von NATO-Manövern profitieren
könnte, in denen Drohnen auf Basis des Typs „Global Hawk“ (Q-4) bereits
mehrmals in europäischen Lufträumen unterwegs waren (Flightglobal vom
26. Februar 2016, Bundestagsrucksache 18/6978)?

30. Inwiefern ist das anlässlich des NATO-Manövers Unified Vision für die „an-
lassbezogene Nutzung“ des deutschen Luftraums durch die US-Drohnen
„Global Hawk“ von der Bundeswehr entwickelte betriebliche Verfahren aus
Sicht der Bundesregierung auch auf das deutsche Zulassungsverfahren der
„MQ-4C Triton“ übertragbar, bzw. inwiefern könnten entsprechende Er-
kenntnisse hierfür genutzt werden?

31. Inwiefern sind die im Rahmen der European Reassurance Initiative geneh-
migten Flüge von US-Drohnen des Typs „Global Hawk“ in deutschen Luft-
räumen aus Sicht der Bundesregierung auch auf das deutsche Zulassungsver-
fahren der „MQ-4C Triton“ übertragbar, bzw. inwiefern könnten entspre-
chende Erkenntnisse hierfür genutzt werden?

32. Sofern die Bundesregierung weiterhin erst „nach Vorlage detaillierter Infor-
mationen (Flugprofil, Flugstrecke und Flugverfahren)“ bewerten kann, ob
diese Verfahren oder Teile davon auf Zulassungsverfahren anderer unbe-
mannter Luftfahrzeuge übertragbar sind (Bundestagsdrucksache 18/5538),
wann wird sie über entsprechende Kenntnisse der NATO-Drohnen des Typs
„Global Hawk“ oder der „MQ-4C Triton“ verfügen?

Berlin, den 9. März 2016

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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