BT-Drucksache 18/7792

Havarie des Containerschiffs "CSCL Indian Ocean" bei Hamburg

Vom 1. März 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/7792
18. Wahlperiode 01.03.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Valerie Wilms, Matthias Gastel, Bärbel Höhn,
Oliver Krischer, Stephan Kühn (Dresden), Steffi Lemke, Peter Meiwald,
Markus Tressel und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Havarie des Containerschiffs „CSCL Indian Ocean“ bei Hamburg

Am Abend des 3. Februar 2016 lief, vermutlich aufgrund eines Elektronik-Feh-
lers an der Rudersteuerung, das Groß-Containerschiff „CSCL Indian Ocean“ auf
Grund. Nach eigenen Pressemitteilungen hat das Havariekommando (HK) als ge-
meinsame Einrichtung des Bundes und der Küstenländer die Gesamt-Einsatzlei-
tung bis zum 9. Februar 2016 übernommen. Nach HK-Pressemitteilung Nr. 1 vom
4. Februar 2016 hätte zwei Mal vergeblich das „zuständige Wasser- und Schiff-
fahrtsamt Hamburg versucht, das Containerschiff zurück in das Fahrwasser zu
schleppen“.
Aus den Pressemitteilungen ist nicht eindeutig erkennbar, unter welchen Bedin-
gungen dieses Festkommen geschah oder wer sich für die Konzipierung, Planung,
Vorbereitung, Bereitstellung der eingesetzten Schiffe und Durchführung der Frei-
schleppversuche verantwortlich zeichnete. Auch ist daraus nicht erkennbar, ob
die Bundesregierung durch fehlende Auflagen für das Befahren der Bundeswas-
serstraße Elbe durch ein, nach Verlust eines Ankers (vgl. Täglicher Hafenbericht
vom 9. Februar 2016) nicht vollständig ausgerüstetes außergewöhnlich großes
Fahrzeug (AGF) das Festkommen mit verschuldet hätte.
Bei dem Schiff handelt es sich um eines der aktuell größten Containerschiffe.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. a) Wie bewertet die Bundesregierung die Havarie des Containerschiffs

„CSCL Indian Ocean“ auf der Elbe Nähe Hamburg in Anbetracht zu-
nehmender Navigationsrisiken mit größeren Schiffen?

b) Welche Risikoabschätzungen hat die Bundesregierung im Rahmen der
geplanten Elbvertiefung, insbesondere im Zusammenhang mit Schiffen
einer vergleichbaren Größenordnung der „CSCL Indian Ocean“, bisher
vorgenommen, und zu welchen Erkenntnissen kam sie dabei?

c) Welche möglichen Szenarien hat sie in diesem Zusammenhang betrach-
tet?

d) Welche Bandbreite an Folgen für Wirtschaft, Verkehr und die Umwelt
hat sie dabei jeweils festgestellt?

2. Durch welche Maßnahmen wird die Bundesregierung zukünftig sicherstel-
len, das Risiko vergleichbarer oder schwerwiegenderer Havarien zu mini-
mieren und im Schadensfalle entsprechende Maßnahmen zur Schadensre-
duzierung einzuleiten?

Drucksache 18/7792 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

3. Zu welchem Zeitpunkt lief nach Kenntnis der Bundesregierung das Con-

tainerschiff „CSCL Indian Ocean“ mit welcher Geschwindigkeit an wel-
chem Ort bei welchem Wasserstand auf Grund?

4. In welchem Zeitraum befand sich nach Kenntnis der Bundesregierung das
festgekommene Containerschiff „CSCL Indian Ocean“ innerhalb der Bun-
deswasserstraße „Elbe“ (bitte jeweilige Uhrzeiten angeben)?

5. Welche Hochwasserstände (Zeitpunkt, Höhe, Höhe über mittlerem Hoch-
wasser) wurden nach Kenntnis der Bundesregierung an Pegel Stadersand
in dem Zeitraum gemessen, in dem die „CSCL Indian Ocean“ auf Grund
festgekommen war?

6. a) Wie viele Container mit welchem Durchschnittsgewicht, wie viele Leer-
container, welches Volumen an Ballastwasser und welcher Brennstoff-
bestand (Art, Volumen, Gewicht) befanden sich nach Kenntnis der Bun-
desregierung zum Zeitpunkt des Auflaufens an Bord der „CSCL Indian
Ocean“?

b) Wie viele Container mit welchem Durchschnittsgewicht und wie viele
Leercontainer befanden sich nach Kenntnis der Bundesregierung zum
Zeitpunkt des Auflaufens an Deck der „CSCL Indian Ocean“?

c) Wie viele dieser Container mit welchem Durchschnittsgewicht waren
nach Kenntnis der Bundesregierung für den Hamburger Hafen be-
stimmt?

7. a) Welche Auflagen (Mindest-Kielfreiheit, Höchst-Windgeschwindigkeit,
Lotsenannahme, Schlepperannahme, Mindest- und Höchstgeschwindig-
keit, Überhol- oder Begegnungsverbote – unter Benennung der Stre-
ckenabschnitte für diese Verbote – oder andere) werden nach Kenntnis
der Bundesregierung üblicherweise AGF mit den Abmaßen der „CSCL
Indian Ocean“ beim Befahren der Elbe zum Anlaufen des Hamburger
Hafens erteilt?

b) Welche dieser Auflagen werden nach Kenntnis der Bundesregierung
üblicherweise AGF mit den Abmaßen der „CSCL Indian Ocean“ beim
Befahren der Elbe zum Anlaufen des Hamburger Hafens erteilt, wenn
ihre Ankereinrichtungen aufgrund des Verlustes eines Ankers nur ein-
geschränkt zur Verfügung stehen?

c) Welche dieser Auflagen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung
der „CSCL Indian Ocean“ von wem zum Befahren und Anlaufen des
Hamburger Hafens erteilt?

8. Wann hat nach Kenntnis der Bundesregierung die „CSCL Indian Ocean“
wo aus welchem Grund einen Anker verloren, und zu welchem Zeitpunkt
hat welche nationale Behörde davon Kenntnis erhalten?

9. Welche Verkehrssicherungsmaßnahmen, wie z. B. Sperren des Fahrwas-
sers, Legen von Warntonnen, Warnhinweise über Revierfunk, wurden
nach Kenntnis der Bundesregierung wann wie lange durch die Wasser- und
Schifffahrtsverwaltung oder andere Behörden im Zusammenhang mit dem
Festkommen der „CSCL Indian Ocean“ durchgeführt?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/7792

10. a) In welchem Zeitraum wurde nach Kenntnis der Bundesregierung bei

welchem Wasserstand mit welchen von wem beauftragten Schleppern
unter wessen verantwortlicher Leitung ein erster Freischleppversuch
durchgeführt?

b) In welchem Zeitraum wurde nach Kenntnis der Bundesregierung bei
welchem Wasserstand mit welchen von wem beauftragten Schleppern
unter wessen verantwortlicher Leitung nach welchen Vorbereitungen
(Abgabe von Ballastwasser – Volumenangabe –, Lotung der Wassertie-
fen um den Festkommer oder andere Maßnahmen) ein zweiter Frei-
schleppversuch durchgeführt?

11. Wann hat nach Kenntnis der Bundesregierung das HK die Gesamt-Ein-
satzleitung des staatlichen Unfallmanagements aus welchem Grund auf
welcher Rechtsgrundlage übernommen?

12. Handelte es sich nach Kenntnis der Bundesregierung bei dem Festkommen
der „CSCL Indian Ocean“ um eine „Komplexe Schadenslage“ nach der
Havariekommando-Vereinbarung?
Wenn ja, warum, und wenn nein, warum nicht?

13. Wann wurde nach Kenntnis der Bundesregierung aus welchem Grund auf
welcher Rechtsgrundlage mit welchen Beteiligten im Havariestab der erste
„Schleppversuch des Havariekommandos“ (HK-Pressemitteilung Nr. 5
vom 8. Februar 2016) vorbereitet?

14. a) Welche staatlichen Luft- oder Wasserfahrzeuge waren nach Kenntnis
der Bundesregierung mit welcher Aufgabe auf wessen Anordnung im
Zusammenhang mit der festgekommenen „CSCL Indian Ocean“ im
Einsatz?

b) Welche Überwachungsflüge wurden nach Kenntnis der Bundesregie-
rung in welchem Zeitraum zu welchem Zeitpunkt mit welchem Luft-
fahrzeug aus welchem Grund von welchem Start- und Zielort mit wel-
cher Flugzeit mit welchem Ergebnis durchgeführt?

c) In welchen Zeiträumen war nach Kenntnis der Bundesregierung aus
welchem Grund durch wen der Luftraum in welchem Umkreis über der
festgekommenen „CSCL Indian Ocean“ gesperrt?

15. a) Über welche Brennstoff-Vorratstanks (Anzahl, Brennstoffart, Volu-
men) verfügt nach Kenntnis der Bundesregierung die „CSCL Indian
Ocean“, und welche dieser Tanks sind durch eine Doppelhülle mit wel-
chen Abmaßen (Höhe bei Bodentanks, Breite bei Seitentanks) gegen
Auslaufen bei Beschädigung der Außenhaut geschützt?

b) Welche Gefahr einer Gewässerverunreinigung bestand nach Kenntnis
der Bundesregierung wann für welchen Zeitraum aus welchem Grund
durch das Austreten welchen Schadstoffs aus der festgekommenen
„CSCL Indian Ocean“?

c) Durch wen wurde in Abstimmung mit wem nach Kenntnis der Bundes-
regierung das Abpumpen des Brennstoffs der festgekommenen „CSCL
Indian Ocean“ veranlasst und beauftragt?

d) Wie viel Brennstoff (Art, Volumen, Gewicht) wurde nach Kenntnis der
Bundesregierung in welchem Zeitraum mit welcher Pumprate (m³/h)
von der festgekommenen „CSCL Indian Ocean“ abgepumpt?

16. Welche Tiefgangsveränderung wird nach Kenntnis der Bundesregierung
durch eine Leichterung der „CSCL Indian Ocean“ um 1 000 Tonnen bei
dem während des Festkommens vorhandenen Ladetiefgang verursacht?

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17. a) Durch wen wurde, beauftragt wann durch wen, nach Kenntnis der Bun-

desregierung auf welcher Rechtsgrundlage (Bergungs-, Wrackräu-
mungs- oder anderer Vertrag) das Freischleppen der festgekommenen
„CSCL Indian Ocean“ verantwortlich konzipiert, geplant, vorbereitet
und durchgeführt?

b) Durch wen wurde wo unter Beteiligung welcher Unternehmen, Behör-
den und anderer Beteiligter nach Kenntnis der Bundesregierung wann
auf welcher Pressekonferenz der Plan zum Freischleppen der „CSCL
Indian Ocean“ der Öffentlichkeit vorgestellt und erläutert?

18. Welche Schlepper mit welcher Schleppleistung waren nach Kenntnis der
Bundesregierung in wessen Auftrag mit welchem Auftrag (Schleppen,
Drücken oder andere) beim Freischleppen der festgekommenen „CSCL
Indian Ocean“ im Einsatz?

19. Welche über eine Bereitstellung von Tide- und Wetterdaten sowie die Prü-
fung der vorgelegten Freischleppplanungen hinausgehende Aufgabe hatte
nach Kenntnis der Bundesregierung das Havariekommando, als es „ge-
meinsam mit den Bergungsreedereien KOTUG Offshore B.V. und Smit
Salvage B.V. […] ein Bergungskonzept erarbeitet“ hat?

20. Welche Bagger mit welcher Baggerleistung waren nach Kenntnis der Bun-
desregierung in wessen Auftrag mit welchem Auftrag und welchem Bag-
gerergebnis bei der Vorbereitung des Freischleppens der festgekommenen
„CSCL Indian Ocean“ im Einsatz?

21. Welche Aufgabe hatte der On Scene Coordinator (OSC) des Havariekom-
mandos während der Vorbereitung und der Durchführung des Freischlep-
pens der festgekommenen „CSCL Indian Ocean“?

Berlin, den 1. März 2016

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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