BT-Drucksache 18/7788

Die Westsahara 25 Jahre nach der VN-Resolution 690 zu einem Referendum über die Unabhängigkeit der Westsahara

Vom 1. März 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/7788
18. Wahlperiode 01.03.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Wolfgang Gehrcke, Annette Groth,
Heike Hänsel, Inge Höger, Andrej Hunko und der Fraktion DIE LINKE.

Die Westsahara 25 Jahre nach der VN-Resolution 690 zu einem Referendum über
die Unabhängigkeit der Westsahara

Die Fraktion DIE LINKE. beschäftigt sich seit langem mit zahlreichen parlamen-
tarischen Anfragen und Initiativen mit dem Westsahara-Konflikt, infolge der völ-
kerrechtswidrigen Besetzung der Westsahara durch Marokko im Jahr 1975 (vgl.
z. B. Bundestagsdrucksachen 17/415, 17/1521, 17/5556, 17/8317 und 18/4922).
Die Westsahara ist seit 1975 von Marokko völkerrechtswidrig besetzt, obwohl
der Internationale Gerichtshof bereits im selben Jahr die marokkanischen Ansprü-
che auf dieses Territorium zurückwies. Die Widerstandsbewegung Frente Polisa-
rio erklärte daraufhin mit breiter Zustimmung der Bevölkerung im Jahr 1976 die
Gründung der Demokratischen Arabischen Republik Sahara (DARS), die zwi-
schenzeitlich von 85 Staaten und der Afrikanischen Union anerkannt wurde.
Seit 1991 herrscht ein Waffenstillstand, den die UN-Mission MINURSO bis
heute überwacht. Die Frente Polisario hatte den Waffenstillstand mit der Bedin-
gung verknüpft, per Referendum über die Unabhängigkeit abstimmen zu dürfen.
Dieses Referendum ist aber bis heute nicht abgehalten worden. Mehr noch, es
wird von Marokko massiv versucht es zu verhindern. Einerseits wird seit Jahren
durch gezielte Ansiedlung marokkanischer Staatsbürger/innen die Zusammenset-
zung der stimmberechtigten Bevölkerung der Westsahara beeinflusst. Zum ande-
ren versucht Marokko das durch den UNO-Sicherheitsrat in der Resolution 1429
anerkannte Selbstbestimmungsrecht der Westsahara-Bevölkerung und den in die-
sem Zusammenhang ausgearbeiteten Referendum-Plan des ehemaligen US-Au-
ßenminister James Baker zu blockieren, der vorsah, die Bevölkerung bis 2008 in
einem Referendum darüber entscheiden zu lassen, ob sie die volle Unabhängig-
keit will oder zu Marokko gehören möchte. Während die DARS einem Referen-
dum mit drei Optionen (Unabhängigkeit, Anschluss an Marokko oder Autono-
mie) zustimmt, lehnt Marokko das komplett ab und will nur über eine Autono-
mielösung abstimmen lassen. Damit will sich das autokratische Königreich auch
weiter den Zugriff auf die Ressourcen der besetzten Gebiete sichern. Es geht da-
bei nicht nur um die reichen Fischgründe vor der Westsahara, sondern auch
um Öl und Agrarprodukte.
Seit 40 Jahren beutet Marokko die Rohstoffe der Westsahara mit Unterstützung
der europäischen Staaten wie Deutschland völkerrechtswidrig aus. Denn bis heute
kann Marokko nicht belegen, dass Aktivitäten zur Ausbeutung natürlicher Res-
sourcen in der völkerrechtswidrig besetzten Westsahara mit der Charta der Ver-
einten Nationen im Einklang stehen, wonach diese Aktivitäten zum Wohle der
Einwohner/innen dieser Gebiete, für sie oder in Konsultation mit ihren Vertretern
unternommen werden. In seinem Urteil vom 10. Dezember 2015 hat der Europä-
ische Gerichtshof (EuGH) nun entsprechend dem Antrag der Frente Polisario

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stattgegeben und das Landwirtschafts-Kooperationsabkommen zwischen der EU
und Marokko annulliert, weil es auch auf die Gebiete der Westsahara angewandt
wird. Diesem Urteil zufolge kann Marokko keinerlei Souveränitätsrechte über das
Territorium der Westsahara beanspruchen und besitzt kein internationales Man-
dat, um dort Handlungen als souveräner Staat auszuüben. Die gesamte Annexi-
onspolitik Marokkos ist durch diese Gerichtsentscheidung in Frage gestellt. Die-
ser Urteilsspruch vom 10. Dezember 2015 hat auch deshalb einige Bedeutung,
weil während des Verfahrens der Rat der Europäischen Union und die Europäi-
sche Kommission anerkannt haben, dass Marokko nur Souveränitätsrechte auf
seinem international anerkannten Territorium ausübt. Der Rat der EU hat am
14. Dezember 2015 einstimmig beschlossen, Rechtsmittel gegen das Urteil ein-
zulegen (vgl. Bundestagsdrucksache 18/7181, Antwort der Bundesregierung auf
die Schriftliche Frage 8).
Marokko hält seit über 40 Jahren die Westsahara völkerrechtswidrig besetzt und
verletzt dort massiv Menschenrechte – in Form von willkürlichen Festnahmen,
von Folter, durch unfaire Gerichtsverfahren und die Niederschlagung von Wider-
stand gegen eben diese Besatzungspolitik. Man denke an das Protestcamp Gdeim
Izik, das „Camp der Würde“. Darin hatten sich im Oktober 2010 etwa
20 000 Sahrauis versammelt, bis es im November 2010 gewaltsam niedergerissen
wurde. Zwölf Menschen wurden getötet und Hunderte verletzt (www.neues-
deutschland.de/artikel/1000581.koste-es-was-es-wolle.html). Marokko ist nicht
sicher und darf deshalb auch laut PRO ASYL nicht als vermeintlicher „sicherer
Herkunftsstaat“ eingestuft werden (www.fr-online.de/flucht-und-zuwanderung/
fluechtlinge-diskussion-um-sichere-herkunftsstaaten,24931854,33534718.html).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Inwieweit ist die Bundesregierung der Auffassung, dass sich der Begriff

„Hoheitsgebiet“ bezogen auf Marokko gerade nicht auf die von Marokko be-
setzten Gebiete der Westsahara erstreckt, da dies sonst einer Anerkennung
einer Hoheit über diese Gebiete bedeuten würde (Plenarprotokoll 18/154,
Mittwoch, den 17. Februar 2016, S. 15168)?

2. Inwieweit trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass die marokka-
nische Polizei Landkarten konfiszieren kann, in denen die Westsahara nicht
als Teil des Landes markiert ist (www.deutschlandfunk.de/westsahara-
voelkermordprozess-gegen-marokkanische-ex.795.de.html?dram:article_id
=316888)?

3. Inwieweit trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass gegen den
marokkanischen Journalisten Ali Anouzla wegen des Vorwurfs der „Gefähr-
dung der territorialen Integrität des Königreichs“ ein Verfahren eingeleitet
wurde, weil dieser im November 2015 „bild.de“ ein ausführliches Interview
zur Lage der Journalisten in Marokko gegeben hat, in dem er als ein Beispiel
für Tabus der Berichterstattung in Marokko „die Situation der Sahara“
nannte und „bild.de“ als Zitat die Formulierung „die Situation der besetzten
West-Sahara“ wiedergab (KANN vom 9. Februar 2016)?

4. Ist nach Kenntnis der Bundesregierung ein/e Menschenrechtsaktivist/in der
politischen Verfolgung ausgesetzt, wenn gegen ihn der Vorwurf der Gefähr-
dung der territorialen Integrität Marokkos erhoben wird und sich dieser Vor-
wurf auf Aktivitäten gegen die völkerrechtswidrige Besatzung der Westsa-
hara beziehen, also auf ein Gebiet, das völkerrechtlich als Gebiet ohne
Selbstregierung gilt?

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5. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung darüber, welche der von Ma-
rokko präsentierten 56 Ausstellern auf der Grünen Woche in der völker-
rechtswidrig besetzten Westsahara aktiv sind (ihren Sitz dort haben und/oder
Produkte von dort ausstellen) – wie beispielsweise die Lamlaga Cooperative
mit Sitz in Dakhla, Westsahara?

6. Inwieweit und welche Schlussfolgerungen bzw. Konsequenzen zieht die
Bundesregierung daraus, dass Marokko die völkerrechtswidrig besetzte
Westsahara auf der Grünen Woche als Teil Marokkos darstellt
(http://hpd.de/artikel/12645)?

7. Welche Kenntnisse (auch nachrichtendienstliche) hat die Bundesregierung
darüber, dass kritische Äußerungen über den König, die Monarchie, den Is-
lam oder den Anspruch Marokkos über die Westsahara kriminalisiert werden
und die Behörden die Rechte auf freie Meinungsäußerung, Vereini-
gungs‐ und Versammlungsfreiheit massiv einschränkten (vgl. die von PRO
ASYL zitierten Menschenrechtsorganisationen in der Stellungnahme zum
Entwurf eines Gesetzes zur Bestimmung von Algerien, Marokko und Tune-
sien als sichere Herkunftsstaaten; www.nds-fluerat.org/wp-content/uploads/
2016/02/160216_PRO_ASYL_Stellungnahme_GE_Sichere_Herkunftsstaaten_
Algerien_Marokko_Tunesien.pdf)?

8. Trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung (auch nachrichtendienstliche)
zu, dass Menschenrechtsorganisationen und andere Vereinigungen nur unter
Auflagen arbeiten können einschränkten (vgl. die von PRO ASYL zitierten
Menschenrechtsorganisationen in der Stellungnahme zum Entwurf eines Ge-
setzes zur Bestimmung von Algerien, Marokko und Tunesien als sichere
Herkunftsstaaten; www.nds-fluerat.org/wp-content/uploads/2016/02/160216_
PRO_ASYL_Stellungnahme_GE_Sichere_Herkunftsstaaten_Algerien_
Marokko_Tunesien.pdf?

9. Trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung (auch nachrichtendienstliche)
zu, dass friedliche Demonstrationen und Protestaktionen, die kritisch gegen-
über den König, die Monarchie, den Islam oder den Anspruch Marokkos über
die Westsahara ausgerichtet sind, gewaltsam aufgelöst werden einschränkten
(vgl. die von PRO ASYL zitierten Menschenrechtsorganisationen in der Stel-
lungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Bestimmung von Algerien, Ma-
rokko und Tunesien als sichere Herkunftsstaaten; www.nds-fluerat.org/
wp-content/uploads/2016/02/160216_PRO_ASYL_Stellungnahme_GE_
Sichere_Herkunftsstaaten_Algerien_Marokko_Tunesien.pdf?

10. Inwieweit entspricht nach Kenntnis der Bundesregierung die Kennzeichnung
von Produkten aus der völkerrechtswidrig besetzten Westsahara durch Ma-
rokko dem Völkerrecht, wenn auf „Hoheitsgebiete ohne Selbstregierung im
Sinne von Artikel 73 der Charta der Vereinten Nationen, wie Westsahara,
[…] völkerrechtliche Ursprungsregeln und darauf aufbauende Kennzeich-
nungsbestimmungen keine Anwendung“ finden (Bundestagsdrucksache
18/7181, Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 43)?

11. Welche konkreten Angaben hat Marokko nach Kenntnis der Bundesregie-
rung bezüglich der Verwendung der Einnahmen aus den Fischereilizenzen in
den Fischereigebieten der völkerrechtswidrig besetzten Westsahara nach
Kenntnis der Bundesregierung vorgelegt, zu denen Marokko im Rahmen des
Protokolls zum EU-Fischereiabkommen ausdrücklich verpflichtet ist (Bun-
destagsdrucksache 18/4922), und inwieweit sind diese Angaben nach Kennt-
nis der Bundesregierung darauf geprüft worden, dass die Einnahmen aus-
schließlich in Übereinstimmung mit den Bedürfnissen und Interessen der
sahrauischen Bevölkerung in der Westsahara eingesetzt wird (bitte entspre-
chend der konkreten Angaben aufschlüsseln)?

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12. Welche konkreten Informationen liegen der Bundesregierung über die Ver-
wendung der Gelder aus dem Fischereiabkommen und aus der regionalen
Aufschlüsselung der Rückflüsse bzw. der wirtschaftlichen und sozialen Vor-
teile und ihrer geographischen Verteilung, insbesondere der für die sahraui-
sche Bevölkerung der völkerrechtswidrig besetzten Westsahara, vor?

13. Mit welcher konkreten Begründung hat der deutsche Vertreter im Rat der EU
dem Beschluss vom 14. Dezember 2015 zugestimmt, Rechtsmittel gegen das
Urteil des EuGH einzulegen, das Landwirtschafts-Kooperationsabkommen
zwischen der EU und Marokko zu annullieren, weil es auch auf die Gebiete
der Westsahara angewandt wird (Antwort der Bundesregierung auf die
Schriftliche Frage 8 auf Bundestagsdrucksache 18/7181)?

14. Welche Gründe gab es nach Kenntnis der Bundesregierung, dass der Rat der
EU Rechtsmittel gegen das Urteil des EuGH einzulegen, das Landwirt-
schafts-Kooperationsabkommen zwischen der EU und Marokko zu annullie-
ren, weil es auch auf die Gebiete der Westsahara angewandt wird (Antwort
der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 8 auf Bundestagsdrucksa-
che 18/7181)?

15. Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnis, ob die von Richter Pablo Ruz
am Obersten Strafgericht in Madrid seit April 2015 wegen „systematischen
Angriffs auf die sahrauische Zivilbevölkerung durch Armee und Polizei“ in
den Jahren 1976 bis 1991 ausgestellten internationalen Haftbefehle gegen
sieben hochrangige marokkanische Beamte auch an Marokko weiter-
geleitet wurden und inwieweit es ein Auslieferungsgesuch seitens Spaniens
gibt (www.deutschlandfunk.de/westsahara-voelkermordprozess-gegen-
marokkanische-ex.795.de.html?dram:article_id=316888)?

16. Inwieweit trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass Marokko bei
Missstimmung mit Spanien „bisher gerne die Bewachung an der Süd-
grenze der EU etwas laxer“ gehandhabt hat (derstandard.at/2000014297668/
Voelkermordanklage-stoert-Verhaeltnis-zwischen-Spanien-und-Marokko)?

17. Inwieweit trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass die seit 2013
bestehende Mobilitätspartnerschaft der EU mit Marokko noch keine Rück-
führungen erleichtert?

18. Welche konkreten Informationen hat die Bundesregierung von welchen in
Marokko ansässigen bzw. tätigen Organisationen bezüglich der Anforderun-
gen des Anhangs I der Richtlinie 2013/32/EU dazu, inwieweit Schutz vor
Verfolgung und Misshandlung geboten wird u. a. durch

die einschlägigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Staates und
die Art und Weise ihrer Anwendung;

die Wahrung der Rechte und Freiheiten nach der Europäischen Konven-
tion zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten und/oder dem
Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und/oder dem
Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter, insbesondere der
Rechte, von denen gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Europäischen Konven-
tion keine Abweichung zulässig ist;

die Einhaltung des Grundsatzes der Nichtzurückweisung nach der Genfer
Flüchtlingskonvention;

das Bestehen einer Regelung, die einen wirksamen Rechtsbehelf bei Ver-
letzung dieser Rechte und Freiheiten gewährleistet (bitte entsprechend der
Organisation die konkreten Informationen auflisten)?

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19. Trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung nach wie vor zu, dass sich Ma-
rokko trotz Unterzeichnung der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 wei-
gert, den Ausweis, den der Hohe Kommissar der Vereinten Nationen für
Flüchtlinge (UNHCR) ausstellt, für gültig zu erklären und denen, die in sei-
nem Besitz sind, die Rechte, die damit verbunden sind, zu geben, besonders
den Aufenthalt, die Arbeit, den Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen und
die Bewegungsfreiheit betreffend (Bundestagsdrucksache 17/415)?

20. Wie viele nichtbearbeitete Asylanträge gibt es nach Kenntnis der Bundesre-
gierung bezogen auf marokkanische Staatsangehörige?

21. Wie viele anhängige Untätigkeitsklagen gegen das Bundesamt für Migration
und Flüchtlinge (BAMF) gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung von
marokkanischen Staatsangehörigen?

22. Inwieweit wurden nach aktuellem Stand durch das BAMF entsprechend der
Anweisung durch das Bundesministerium des Innern, bis zum 10. März 2016
alle noch offenen Fälle von Asylsuchenden aus den Algerien, Marokko und
Tunesien abgearbeitet (dpa vom 26. Februar 2016)?

23. Wann soll nach Kenntnis der Bundesregierung das EU-Rückübernahmeab-
kommen mit Marokko abgeschlossen werden?

24. Inwieweit trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass nach jetzigem
Stand, im EU-Rückführungsabkommen mit Marokko, die Rücknahme von
Drittstaatsangehörigen ausgeklammert ist, da deren Zahl angesichts der ak-
tuellen Migrationsrouten vor allem über den Westbalkan aus Marokko nicht
sehr bedeutend und deswegen zumindest in einem ersten Schritt das Rück-
führungsabkommen ohne die Drittstaatsregelung abzuschließen sinnvoll sei
(www.nachrichten.at/nachrichten/politik/aussenpolitik/EU-Gipfel-koennte-
Rueckfuehrungsabkommen-mit-Marokko-absegnen;art391,2122530)?

25. Inwieweit plant die Bundesregierung, künftig Geld, beispielsweise an
Marokko, nur noch bei Kooperationsbereitschaft in der Flüchtlingspolitik zu
geben, etwa bei der Rücknahme von abgelehnten Asylbewerbern (www.
euractiv.de/section/entwicklungspolitik/news/weniger-entwicklungshilfe-
fur-den-maghreb-gabriels-schadlicher-populismus/)?

26. Welche Differenzen gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung zwischen
den EU-Mitgliedstaaten bezüglich des Ausklammerns der Rückübernahme
von Drittstaatsangehörigen im EU-Rückübernahmeabkommen mit Marokko
hinsichtlich des Vorgehens zur Durchsetzung der Einbeziehung der Dritt-
staatsangehörigen in das Rückübernahmeabkommen?

27. Inwieweit gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung im Rahmen der EU
Überlegungen, die nordafrikanischen Staaten Marokko, Algerien und/oder
Tunesien durch restriktivere Vergabe von Schengen-Visa oder von Mehr-
fach-Einreise-Visa zur schnelleren Rückübernahme ihrer Staatsangehörigen
zu bewegen?

28. Inwieweit teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass die Kürzung
von Entwicklungshilfe-Geldern kontraproduktiv auf die Verbesserung
der Lebensumstände wirkt und damit den Migrationsdruck von den Men-
schen erhöht (www.euractiv.de/section/entwicklungspolitik/news/weniger-
entwicklungshilfe-fur-den-maghreb-gabriels-schadlicher-populismus/)?

29. Inwieweit besteht nach Kenntnis der Bundesregierung bei einem Ausklam-
mern der Rückübernahme von Drittstaatsangehörigen im EU-Rückübernah-
meabkommen mit Marokko die Möglichkeit, dass andere Staaten bei Ver-
handlung bzw. Abschluss eines Rückübernahmeabkommens ebenfalls einen
(vorläufigen) Verzicht auf die Rückübernahme von Drittstaatsangehörigen
einfordern?

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30. Bis zu welchem Maß (quantitativ und qualitativ) hält die Bundesregierung
die Anwendung von nicht systematisch erfolgender Folter in einem Staat für
vertretbar, um diesen als „sicheren Herkunftsstaat“ einzustufen?

31. Inwieweit hat die Bundesregierung Erkenntnisse (auch nachrichtendienstli-
che), die die Feststellungen der UN-Arbeitsgruppe zu Inhaftierungen bestä-
tigen bzw. widerlegen, dass es zur systematischen Anwendung von Folter in
der Haft gebe, wenn es um Terrorismusvorwürfe oder um die Staatssicher-
heit geht (www.nds-fluerat.org/wp-content/uploads/2016/02/160216_
PRO_ASYL_Stellungnahme_GE_Sichere_Herkunftsstaaten_Algerien_
Marokko_Tunesien.pdf)?

32. Welche konkreten Einzelmaßnahmen sind im Rahmen des auf drei Jahre an-
gesetzten Projekts „Deutsch-Marokkanische Partnerschaft für Asyl und in-
ternationalen Flüchtlingsschutz“, mit dessen Durchführung die Deutsche Ge-
sellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH vonseiten des
Auswärtigen Amts beauftragt wurde (insgesamt 1,4 Mio. Euro) und dessen
Ziel u. a. sei, staatliche Akteure in Marokko bei Entwicklung und Aufbau
eines modernen Asylsystems nach internationalen und europäischen Stan-
dards zu unterstützen und gleichzeitig in diesem Rahmen auch die regionale
und internationale Kooperation und die Einrichtung von Netzwerken für den
Erfahrungsaustausch im Asylbereich zu fördern und Flüchtlinge und Asyl-
bewerber über ihre Rechte und Pflichten zu informieren (Bundestagsdruck-
sache 18/5596, Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 27)?

33. In welchen konkreten Kommunen führt die GIZ in Marokko im Auftrag des
Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
(BMZ) ein Beratungsvorhaben im Umfang von 3,5 Mio. Euro zur „Stärkung
ausgewählter Kommunen im Umgang mit Flucht und Migration“ mit dem
Ziel durch, in den Kommunen die Voraussetzungen für konfliktvorbeugende
soziale, wirtschaftliche und kulturelle Integration von Flüchtlingen zu schaf-
fen (Bundestagsdrucksache 18/5596, Antwort der Bundesregierung auf die
Schriftliche Frage 27)?

34. Welche Ausrüstung, die auch militärisch relevant sein könnte und somit in
Teil I Abschnitt A der Ausfuhrliste – Anhang zur Außenwirtschaftsverord-
nung – oder in Anhang I der EG-Dual-Use-Verordnung – EG Nr. 428/2009 –
genannt wird, sowie Ausrüstung, die auch zur Folter verwendet werden
könnte, wie zum Beispiel bestimmte Hand- und Fußfesseln, und somit in An-
hang III der Anti-Folter-Verordnung – EG Nr. 1236/2005 – aufgeführt wird,
ist 2015 nach Marokko exportiert worden (bitte entsprechend der Ausrüs-
tungsgegenstände nach Umfang und Warenwert auflisten)?

35. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung darüber hinaus über gelieferte
Polizeiausrüstung (Helme und andere Schutzkleidung, Schilder, Handschel-
len, Funkgeräte, Fahrzeuge, Waffen), so genannten weniger letalen Waffen,
insbesondere Wasserwerfer, deren Komponenten und chemische Reizstoffe
(„Tränengas“ etc.) und IT-Technologie, die sich für die Überwachung des
Internets und der Telekommunikation und deren Zensur eignet, nach Ma-
rokko?

36. Welche aktuellen Kenntnisse (auch nachrichtendienstliche) hat die Bundes-
regierung darüber, dass die in den Fragen 34 und 35 aufgelisteten Gegen-
stände, als von Deutschland an Marokko gelieferte Ausrüstung auch im Zu-
sammenhang mit internen Repressionsmaßnahmen gegen Flüchtlinge und/o-
der politische Aktivistinnen und Aktivisten beispielsweise in der völker-
rechtswidrig besetzten Westsahara zur Anwendung gebracht wurde?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/7788
 

37. Was konkret beinhaltet das Sicherheitsabkommen zwischen Marokko und
Deutschland, auf das sich der Bundesminister des Innern Dr. Thomas de Ma-
izière und sein marokkanischer Kollege geeinigt haben (AFP vom 29. Feb-
ruar 2016)?

Welche Sicherheitsbehörden in Deutschland sind darin in welchem Um-
fang involviert (bitte in Behörden und Abteilungen aufschlüsseln);

welche „technischen Details“ müssen noch geklärt werden;
bis wann wird eine Unterzeichnung angestrebt?

38. Mit welcher Begründung hat sich Marokko nach Kenntnis der Bundesregie-
rung bisher gegen das Ausstellen sogenannter Laissez-Passer-Dokumente
durch die EU gewehrt (AFP vom 29. Februar 2016)?

Berlin, den 1. März 2016

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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