BT-Drucksache 18/7774

Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit in der 18. Wahlperiode

Vom 25. Februar 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/7774
18. Wahlperiode 25.02.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Stephan Kühn (Dresden), Matthias Gastel, Tabea Rößner,
Markus Tressel, Dr. Valerie Wilms und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit in der 18. Wahlperiode

Das 2011 von der Bundesregierung auf den Weg gebrachte nationale Verkehrssi-
cherheitsprogramm verfolgt das Ziel, die Zahl der Getöteten im Straßenverkehr
bis 2020 um 40 Prozent zu reduzieren. Wenn die Bundesregierung ihre Anstren-
gungen im Bereich Verkehrssicherheit nicht verstärkt, wird sie ihr selbstgesteck-
tes Ziel verfehlen.
Besorgniserregend ist vor allem die Entwicklung der Anzahl der Verkehrstoten
im Straßenverkehr in den beiden zurückliegenden Jahren. In 2014 (3 377) und
2015 (3 440) (nach den vorläufigen Zahlen für das vierte Quartal) ist die Zahl der
Unfalltoten zwei Jahre in Folge angewachsen, eine Entwicklung, die es seit 1991
nicht mehr gab. Dies schlägt sich auch in der internationalen Verkehrsstatistik
nieder: Deutschland ist bei der Anzahl der Verkehrstoten je 100 000 Einwohner
vom 4. Platz auf den 8. Platz abgerutscht (4,1 Verkehrstote je 100 000 Einwohner
jährlich).
Mit den aktuellen Herausforderungen im Bereich Verkehrssicherheit befasste
sich im Januar 2016 wieder der Verkehrsgerichtstag in Goslar. Der 54. Deutsche
Verkehrsgerichtstag hat in seinen Empfehlungen unter anderem die Reform des
Fahrlehrerrechts eingefordert. So wird gefordert, die Ausbildung der Ausbil-
dungsfahrlehrer zu verbessern, dem Erwerb pädagogischer Kompetenzen einen
höheren Stellenwert beizumessen sowie die Fahrschulüberwachung zu verein-
heitlichen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Unfallzahlen liegen der Bundesregierung für 2015 vor (Getötete,

Schwer- und Leichtverletzte)?
2. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der Entwicklung

der Unfallzahlen in den Jahren 2014 und 2015 vor dem Hintergrund der im
Verkehrssicherheitsprogramm 2011 – 2020 formulierten Ziele, insbesondere
zur Reduzierung der Zahl der im Straßenverkehr Getöteten?

3. Hält die Bundesregierung das Ziel, die Zahl der im Straßenverkehr Getöteten
bis 2020 um 40 Prozent zu reduzieren, noch für erreichbar?
Wenn ja, mit welchen Maßnahmen soll das Ziel erreicht werden?

4. Was waren nach Einschätzung der Bundesregierung die Hauptgründe dafür,
dass gegen den langfristigen Trend die Unfallzahlen und insbesondere die
Zahl der im Straßenverkehr Getöteten 2014 und 2015 angestiegen sind?

Drucksache 18/7774 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
5. Welche zusätzlichen Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit
und zur Erreichung der Ziele des Verkehrssicherheitsprogramms 2011 –
2020 plant die Bundesregierung noch in der 18. Wahlperiode, und welche
bestehenden Maßnahmen sollen verstärkt werden?

6. Welche Gesetzgebungsverfahren zur Verbesserung der Verkehrssicherheit
und zur Erreichung der Ziele des Verkehrssicherheitsprogramms 2011 –
2020 will die Bundesregierung in der 18. Wahlperiode noch auf den Weg
bringen bzw. abschließen?

7. Mit welchem Finanzvolumen ist das Verkehrssicherheitsprogramm 2016
bzw. in der mittelfristigen Finanzplanung ausgestattet?

8. Plant die Bundesregierung eine Anpassung des Tempolimits auf schmalen
Landstraßen (bis 6 Meter Breite), so wie es der Deutsche Verkehrssicher-
heitsrat e. V. (DVR) empfohlen hat?
Wenn nein, mit welchen Maßnahmen will die Bundesregierung die Ver-
kehrssicherheit auf Landstraßen verbessern?

9. Plant die Bundesregierung ein Infrastrukturprogramm „Sichere Landstraße“?
Wenn nein, warum lehnt die Bundesregierung diese Empfehlung des Wis-
senschaftlichen Beirats beim Bundesminister für Verkehr und digitale Infra-
struktur ab?

10. Würde die Bundesregierung einen Feldversuch zur Anpassung des Tempoli-
mits innerorts rechtssicher ermöglichen, um die verschiedenen Wirkungen
der Umkehrung des Regel-/Ausnahmeverhältnisses ergebnisoffen zu prüfen?

11. Wie bewertet die Bundesregierung die Einführung der bereits vom 47. Deut-
schen Verkehrsgerichtstag 2009 ins Gespräch gebrachten Abschnittskontrol-
len zur Überwachung von Tempolimits und den beginnenden Feldversuch in
Niedersachsen hierzu, um die Verkehrssicherheit zu verbessern?

12. Welche Ergebnisse bzw. Zwischenergebnisse hat die Bund-Länder-Arbeits-
gruppe „Bußgeldkatalog“ zur Verbesserung der Verkehrssicherheit erarbei-
tet, und wie soll der Bußgeldkatalog demnach angepasst werden?

13. In welchen Schritten plant die Bundesregierung die Einführung des im Koa-
litionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD enthaltenen Mehr-Phasen-Mo-
dells für die Verbesserung der Fahranfängerausbildung, und wie sieht der
Zeitplan für diese Schritte aus?

14. Welchen Zeitplan verfolgt die Bundesregierung bei der Reform des Fahr-
lehrergesetzes, und welche Änderungen sind im Detail geplant, um das Ziel
aus dem Koalitionsvertrag, die Qualität der pädagogischen Ausbildung der
Fahrlehrer zu erhöhen, zu erreichen?

15. Plant die Bundesregierung die Einsetzung eines/einer Beauftragten für Ver-
kehrssicherheit (analog der Koordinatorin für Güterverkehr und Logistik),
der/die innerhalb der Bundesregierung für die Vernetzung der Themen und
Aktivitäten im Bereich der Verkehrssicherheit zuständig wäre?
Wenn nein, warum nicht?

16. Wann plant die Bundesregierung die von Bundesminister für Verkehr und di-
gitale Infrastruktur, Alexander Dobrindt, mehrfach angekündigte Einführung
von Alkohol-Interlock-Systemen für alkoholauffällige Fahrerlaubnisinhaber?

17. Plant die Bundesregierung eine Einführung eines Bußgeldtatbestandes mit
einem gesetzlichen Grenzwert von 1,1 Promille der Blutalkoholkonzentra-
tion (BAK) für Radfahrer im Sinne der Empfehlungen des 53. Verkehrsge-
richtstags?
Wenn nein, warum nicht?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/7774

18. Folgt die Bundesregierung der Empfehlung des 54. Deutschen Verkehrsge-

richtstags, wonach der für die Anordnung der Blutprobenentnahme beste-
hende Richtervorbehalt in § 81a Absatz 2 der Strafprozeßordnung (StPO) ge-
strichen werden und stattdessen eine originäre Anordnungskompetenz der
Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft geschaffen werden soll?
Wenn nein, warum nicht?

19. Plant die Bundesregierung eine einheitliche Formulierung des § 13 der Fahr-
erlaubnis-Verordnung, um den bestehenden Auslegungswiderspruch zu be-
heben und die Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) künftig ab
1,1 Promille und nicht erst ab 1,6 Promille anordnen zu können?

20. Beabsichtigt die Bundesregierung eine verbesserte Kennzeichnung von Me-
dikamenten, die eine sichere Teilnahme am Straßenverkehr gefährden kön-
nen?
Wenn nein, wie soll sichergestellt werden, dass die Verkehrssicherheit durch
die Einnahme entsprechender Medikamente nicht beeinträchtigt wird?

21. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung aus den Forschungsprojekten
zu ablenkungsbedingten Verkehrsunfällen gewonnen, und welche Maßnah-
men sollen daraus abgeleitet werden?

22. Welche Ergebnisse liegen der Bundesregierung aus dem Pilotprojekt zur
Verhinderung von Falschfahrten auf der Bundesautobahn 9 vor, und welche
Maßnahmen sollen daraus abgeleitet bundesweit zum Einsatz kommen?

23. Ab wann sollen die überarbeiteten Richtlinien für die Markierung von Stra-
ßen (RMS) in Kraft treten, und welche Änderungen tragen nach Auffassung
der Bundesregierung zur Vermeidung von Falschfahrten bei?

24. Auf welchen Abschnitten sind Verkehrsbeeinflussungsanlagen im Bundes-
fernstraßennetz geplant, und auf welchen Abschnitten konnten in den letzten
Jahren Anlagen in Betrieb genommen werden?

25. Welche Erkenntnisse bezüglich Verkehrssicherheit und Verkehrsablauf lie-
gen der Bundesregierung für die mit Verkehrsbeeinflussungsanlagen ausge-
rüsteten Streckenabschnitte des Bundesfernstraßennetzes insbesondere im
Vergleich mit dem Zustand vor Errichtung der Anlagen vor?

26. Wie ist der Sachstand bei der geplanten Verordnung zur Regelung der Win-
terreifenpflicht (Bundestagsdrucksache 18/2793)?

27. Wie bewertet die Bundesregierung die Tatsache, dass die durchschnittliche
Motorleistung neu zugelassener Motorräder seit dem Jahr 2008 stetig an-
steigt und zuletzt bei 68 PS lag sowie die in Bremen, Schleswig-Holstein,
Niedersachsen und Baden-Württemberg angemeldeten Motorräder die
höchsten durchschnittlichen Motorleistungen aufweisen und diese vier Bun-
desländer zugleich unter den fünf mit der höchsten Unfallquote, bezogen auf
die Einwohnerzahl, liegen, während Mecklenburg-Vorpommern und Thürin-
gen sowohl die leistungsschwächsten Maschinen als auch den geringste An-
zahl von Straßenverkehrsunfällen aufweisen (Quelle: Statistisches Bundes-
amt 2014; eigene Berechnungen)?
Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus, dass zwischen der
Motorleistung und dem Risiko von Straßenverkehrsunfällen offenbar ein Zu-
sammenhang hergestellt werden kann?

Drucksache 18/7774 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

28. Treffen nach Kenntnis der Bundesregierung den Fragestellern vorliegende

Informationen zu, wonach es in früheren Zeiten eine freiwillige Selbstver-
pflichtung der Motorradhersteller zugunsten einer Begrenzung der Motor-
leistung gegeben hat und diese inzwischen nicht mehr gilt oder nicht mehr
eingehalten wird?
Wenn ja, weshalb findet diese nach Kenntnis der Bundesregierung keine Be-
achtung mehr, und welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus?

29. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen, um speziell die An-
zahl von Motorradunfällen zu reduzieren, und welche Maßnahmen plant sie
in Zukunft?

Berlin, den 23. Februar 2016

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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