BT-Drucksache 18/7717

Sprengstoffbesitz und Sprengstoffeinsatz von und durch Neonazis

Vom 23. Februar 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/7717
18. Wahlperiode 23.02.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Martina Renner, Frank Tempel, Ulla Jelpke, Kerstin Kassner,
Katrin Kunert, Petra Pau, Kersten Steinke, Halina Wawzyniak, Jörn Wunderlich
und der Fraktion DIE LINKE.

Sprengstoffbesitz und Sprengstoffeinsatz von und durch Neonazis

Immer wieder finden Ermittlungsbehörden bei Durchsuchungsmaßnahmen, die
sich gegen Neonazis richten, Sprengstoffe, Teile zum Bau von Sprengvorrichtun-
gen, Zünder und Zündvorrichtungen sowie entsprechende Attrappen. Im Oktober
2015 stellte die bayerische Polizei bspw. bei Durchsuchungen mehrere Kilo
Sprengstoff sicher, den die Beschuldigten – unter ihnen auch Mitglieder der Par-
tei DIE RECHTE – für Anschläge auf eine Unterkunft von Geflüchteten sowie
einen Treffpunkt linker Aktivistinnen und Aktivisten erworben hatten (vgl.
„Bamberg: Neonazis planten offenbar mehrere Anschläge“, Neues Deutschland
vom 22. Oktober 2015, www.neues-deutschland.de/artikel/988807.bamberg-
neonazis-planten-offenbar-mehrere-anschlaege.html). Im sächsischen Freital
wurde ein 26-jähriger Asylbewerber am 1. November 2015 durch Glassplitter
verletzt, nachdem vor seinem Fenster ein Sprengsatz gezündet wurde (vgl.
„Asylbewerber bei Anschlag verletzt“, MDR vom 2. November 2015,
www.mdr.de/sachsen/dresden/anschlag-freital102.html). Wenige Monate zuvor
wurde das Auto von Michael Richter, Fraktionsvorsitzender der Partei DIE
LINKE. im Freitaler Stadtrat, durch einen Sprengstoffanschlag beschädigt, nach-
dem er sich für die Unterbringung von Geflüchteten eingesetzt hatte (vgl.
„Sprengstoff-Anschlag auf Freitaler Stadtrat“, MOPO24 vom 27. Juli 2015,
https://mopo24.de/nachrichten/sprengstoff-anschlag-freital-stadtrat-asyl-pro-linke-
richter-9198).
Neben den Erkenntnissen des Kriminalpolizeilichen Meldedienstes (KPMD)
werden in diesem Zusammenhang relevante Erkenntnisse auch vom Tatmittel-
meldedienst für Spreng- und Brandvorrichtungen (TMD) beim Bundeskriminal-
amt (BKA) erfasst.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zur Sicherstellung von

Sprengstoffen bzw. zu Gegenständen, die geeignet sind, ein Sprengstoffver-
brechen zu begehen sowie zu entsprechenden Attrappen im Rahmen von
Durchsuchungsmaßnahmen bei Neonazis oder in von Neonazis genutzten
Objekten und Fahrzeugen in den Jahren 2013 bis 2015 (bitte nach Bundes-
land, Art und Menge des Sprengstoffes bzw. Art der Sprengvorrichtung, Da-
tum der Durchsuchung, Ausgang des Ermittlungsverfahrens und Anlass der
Maßnahme aufschlüsseln)?

Drucksache 18/7717 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
2. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zur Sicherstellung von Zünd-
vorrichtungen, die geeignet sind, bei Sprengstoffverbrechen eingesetzt zu
werden, im Rahmen von Durchsuchungsmaßnahmen bei Neonazis oder in
von Neonazis genutzten Objekten und Fahrzeugen in den Jahren 2013 bis
2015 (bitte insbesondere Art, Herkunft, Anzahl der Zündvorrichtungen so-
wie Datum und Bundesland der Sicherstellung benennen)?

3. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zu den in den Jahren 2013 bis
2015 aufgefundenen Sprengstoffen, Gegenständen, die geeignet sind,
Sprengstoffverbrechen zu begehen, entsprechenden Attrappen und Zündern
jeder Art, bei denen im Rahmen der polizeilichen Ermittlungen dem Ver-
dacht nachgegangen wurde, dass Neonazis oben genannte an den entspre-
chenden Orten deponiert haben?

4. Welche Straftaten mit neonazistischem Hintergrund oder durch Personen,
die in der Vergangenheit durch entsprechende Straftaten (z. B. nach den
§§ 86, 86a, 130, 129 und 129a des Strafgesetzbuches – StGB) in Erscheinung
getreten sind, wurden nach Kenntnis der Bundesregierung unter Einsatz von
Sprengmitteln in den Jahren 2013 bis 2015 begangen (bitte nach Bundesland,
Datum und Art der Straftat, Art und Menge des Sprengstoffes sowie Ausgang
des Ermittlungsverfahrens aufschlüsseln)?

5. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zum Einsatz von Sprengmit-
teln bei durch Neonazis (also Personen, die in der Vergangenheit nach den
§§ 86, 86a, 130 StGB und weiteren einschlägigen Straftatbeständen verur-
teilt wurden) in den Jahren 2013 bis 2015 begangenen Straftaten der allge-
meinen und schweren Kriminalität (bitte nach Bundesland, Datum und Art
der Straftat, Verurteilungshintergrund des Täters bzw. der Täter sowie Art,
Menge und Herkunft des eingesetzten Sprengmittels oder der -vorrichtung
aufschlüsseln)?

6. In wie vielen Fällen wurde bei Straf- und Gewalttaten gegen Unterkünfte und
Wohnungen von Flüchtlingen und Migrantinnen und Migranten, die sich in
den Jahren 2013 bis 2015 ereigneten, Sprengstoff bzw. Sprengmittel durch
die Täterinnen und Täter verwendet (bitte nach Datum, Art des Sprengstoffs
bzw. Sprengmitteleinsatzes, Tatort und Bundesland auflisten)?

7. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zum Erwerb oder Handel mit
Sprengstoffen durch Neonazis infolge grenzüberschreitender Kontakte, ins-
besondere nach Tschechien, Österreich und Belgien?

8. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zur genauen Spezifizierung
der gefundenen bzw. eingesetzten Sprengmittel in den Fragen 1 bis 6 als
Selbstlaborat, gewerblicher oder militärischer Sprengstoff oder sonstiges
Sprengmittel?

9. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zu Plänen von Neonazis,
Sprengmittel im Rahmen der Begehung von Straftaten einzusetzen, zu bei
Neonazis aufgefundenen bzw. verbreiteten Anleitungen zum Einsatz von
Sprengmitteln bzw. zu Übungen im Umgang mit derartigen Stoffen und Vor-
richtungen in den Jahren 2013 bis 2015?

10. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zum Erwerb und Umgang von
Sprengmitteln durch Neonazis bzw. Personen, die in der Vergangenheit nach
den §§ 86, 86a, 130 StGB und weiteren einschlägigen Straftatbeständen ver-
urteilt wurden, im Zusammenhang mit einer freiberuflichen oder unselbstän-
digen Tätigkeit in einem Unternehmen, das berechtigt ist, im Rahmen seines
Firmenprofils legal Sprengmittel zu erwerben bzw. einzusetzen (z. B. Ab-
rissfirmen)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/7717

11. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die in der Datei Tatmit-

telmeldedienst zu Brand- und Sprengvorrichtungen beim BKA gespeicherten
Ermittlungsvorgänge im Hinblick auf die Verwendung (im Sinne der Kata-
logbegriffe „Anschlag“, „Benutzung“, „Explosion“, „Herstellung“, „Über-
sendung“, „Zünden“ sowie „Umgang“) der sichergestellten Tatmittel im Be-
reich von Straftaten der PMK-rechts (bitte nach Bundesland, Art und Menge
der Spreng- und Brandstoffe bzw. der Spreng- und Zündvorrichtungen, Da-
tum der Ereignismeldung im TMD und Ausgang etwaiger Ermittlungsver-
fahren aufschlüsseln)?

12. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die in der Datei Tatmit-
telmeldedienst zu Brand- und Sprengvorrichtungen beim BKA gespeicherten
Ermittlungsvorgänge im Hinblick auf den Besitz (im Sinne der Katalogbe-
griffe „Sicherstellung“ und „Fund“) der sichergestellten Tatmittel durch Per-
sonen aus dem Bereich der PMK-rechts (bitte nach Bundesland, Art und
Menge der Spreng- und Brandstoffe bzw. der Sprengvorrichtung, Datum der
Ereignismeldung in den TMD und Ausgang etwaiger Ermittlungsverfahren
aufschlüsseln)?

13. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung aufgrund von Zuverlässig-
keitsüberprüfungen der Sicherheitsbehörden nach dem Sprengstoffgesetz
über die Erteilung oder die Ablehnung von Erlaubnissen oder Befähigungs-
scheinen zum beruflichen Umgang mit Sprengmitteln durch Personen aus
der neonazistischen oder extrem rechten Szene?

14. In wie vielen Fällen sind nach Kenntnis der Bundesregierung Erlaubnisse
oder Befähigungsscheine zum beruflichen Umgang mit Sprengmitteln in-
folge von Ermittlungsverfahren gegen Personen aus der neonazistischen oder
extrem rechten Szene widerrufen worden?

15. Wie viele Ermittlungsverfahren nach § 89a StGB wurden seit Inkrafttreten
des Gesetzes im Zusammenhang mit Brand- und Sprengvorrichtungen ein-
geleitet (bitte nach Phänomenbereichen aufschlüsseln)?

16. Wie viele dieser Ermittlungsverfahren richteten bzw. richten sich jeweils ge-
gen wie viele mutmaßliche Angehörige des Phänomenbereichs Rechtsextre-
mismus (bitte nach Bundesländern aufschlüsseln)?

17. In wie vielen Fällen der in der Frage 16 genannten Ermittlungsverfahren
wurde zugleich wegen Straftaten nach den §§ 129, 129a StGB ermittelt (bitte
nach Bundesländern aufschlüsseln)?

Berlin, den 22. Februar 2016

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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