BT-Drucksache 18/7713

Akkumulation und Wirkung von toxischen Quecksilberverbindungen in der Umwelt

Vom 19. Februar 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/7713
18. Wahlperiode 19.02.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Peter Meiwald, Oliver Krischer, Annalena Baerbock,
Bärbel Höhn, Sylvia Kotting-Uhl, Christian Kühn (Tübingen), Steffi Lemke,
Dr. Julia Verlinden und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Akkumulation und Wirkung von toxischen Quecksilberverbindungen
in der Umwelt

Das aus Kohlekraftwerken sowie aus Vulkanen, den Ozeanen und anderen natürli-
chen Quellen in die Umwelt emittierte Quecksilber (Hg) entfaltet bei längerer Ab-
lagerung im Boden und in Wasserbiotopen hochgiftiges Methylquecksilber, das
von Kleinlebewesen (Insekten, Meereslarven) aufgenommen und in den nachfol-
genden Nahrungsketten angereichert wird. Hohe gesundheitsrelevante Konzentra-
tionswerte dieser organischen Quecksilberverbindung werden in Raubfischen und
Muscheln sowie vereinzelt auch in Pilzen nachgewiesen (vgl. die Studie „Queck-
silber-Emissionen aus Kohlekraftwerken“ des Instituts für Ökologie und Politik).
Die Aufnahme von Methylquecksilber bei der Nahrungsaufnahme kann bei Unge-
borenen und Kleinkindern die Gehirnausbildung beeinträchtigen und in allen Al-
tersgruppen etwa durch hohen Fischverzehr zu Nervenschäden führen. Aus diesem
Grund geben alle Bundesstaaten in den USA anlässlich auftretender Grenzwert-
überschreitungen eigene Quecksilberhinweise („mercury advisories“) heraus, in
denen auf die entsprechende Gefahrenlage hingewiesen wird (www.epa.gov/fish-
tech/national-listing-fish-advisories-general-fact-sheet-2011#basic).
In den USA führt die im Jahr 2012 verabschiedete Richtlinie „Mercury and Air
Toxics Standards (MATS)“ zu der Annahme, dass ab 2016 nach der verpflichten-
den Nachrüstung aller noch vorhandenen Großfeuerungsanlagen für Stein- und
Braunkohle sowie für Ölbefeuerung mit geeigneter Rückhaltetechnik pro Jahr nur
noch 18 metrische Tonnen Quecksilber (gegenüber noch 24 Tonnen im Jahr 2010)
emittiert werden.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. In welchen Oberflächenwasserkörpern und Grundwasserkörpern im Sinne

des Wasserhaushaltsgesetzes wurden nach Kenntnis der Bundesregierung
die Quecksilberwerte der Umweltqualitätsnorm für Biota in den vergangenen
Jahren nicht eingehalten (bitte nach gemessenem Wert und Wasserkörper
aufschlüsseln)?
a) Welche Rolle spielen dabei nach Kenntnis der Bundesregierung historisch

bedingte Belastungen?
b) Wenn die Bundesregierung keine Kenntnisse zu den historisch bedingten

Belastungen hat, sind diesbezüglich Untersuchungen geplant, und bis
wann liegen die Ergebnisse frühestens und spätestens vor?

Drucksache 18/7713 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
 

2. Führt der Quecksilbergehalt der in den deutschen Braunkohlerevieren geför-
derten und verfeuerten Braunkohle nach Informationen der Bundesregierung
zu Auffälligkeiten in der Gesundheitsstatistik in der Region (bitte begründen)?

3. Welche Menge potentiell mobilisierbaren Quecksilbers lagert nach Kenntnis
der Bundesregierung in den deutschen Tagebauen?

4. Welche deutschen Stein- und Braunkohlekraftwerke sind bereits mit Maß-
nahmen nach dem Stand der Technik zur Verringerung von Quecksilber-
emissionen ausgestattet, und erachtet die Bundesregierung dies als ausrei-
chend?

5. Welche deutschen Stein- und Braunkohlekraftwerke werden derzeit mit
Maßnahmen zur Verringerung von Quecksilberemissionen nach dem Stand
der Technik nachgerüstet?

6. Wie hat sich der Quecksilberausstoß aus deutschen berichtspflichtigen Koh-
lekraftwerken zwischen 2010 und jetzt entwickelt?

7. Welche weiteren Maßnahmen erwägt die Bundesregierung, um die Nachrüs-
tung auf den Stand der Technik zur Reduktion von Quecksilberemissionen
aus Kohlekraftwerken anzureizen?

8. Welche Maßnahmen werden von der Bundesregierung angestrebt, um die
anhaltende Anreicherung der Umwelt mit Methylquecksilber zu überwachen
und bei angezeigten Gesundheitsgefahren zu verringern?

9. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über „Hotspots“ mit be-
sonders hoher Anreicherung des Bodens in Deutschland mit Methylqueck-
silber vor?

10. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über konkrete von mit Me-
thylquecksilber stark belasteten Lebensmitteln ausgehende Gesundheitsge-
fahren vor?

11. Welche Maßnahmen zur Information der Bevölkerung über drohende Ge-
fährdungen durch Methylquecksilber plant die Bundesregierung in welchem
Zeitrahmen?

12. Rät die Bundesregierung der Bevölkerung bzw. Teilen der Bevölkerung zum
verringerten Verzehr von einzelnen Lebensmitteln aufgrund ihres Methyl-
quecksilbergehalts, und falls ja, von welchen?

13. Welcher Anteil bzw. welche Menge in Tonnen des auf dem Gebiet von
Deutschland jährlich abgelagerten Quecksilbers stammt nach Informationen
der Bundesregierung aus den Stein- und Braunkohlekraftwerken der Tsche-
chischen Republik?

14. Welcher Anteil bzw. welche Menge in Tonnen des auf dem Gebiet von
Deutschland jährlich abgelagerten Quecksilbers stammt aus den Stein- und
Braunkohlekraftwerken Polens?

15. Welcher Anteil bzw. welche Menge in Tonnen des auf dem Gebiet von
Deutschland jährlich abgelagerten Quecksilbers entstammt den Quecksilber-
emissionen der Stein- und Braunkohlekraftwerke in weiter entfernten Län-
dern?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/7713
 

16. Wenn der Bundesregierung zu den Fragen 13, 14 und 15 keine Informationen
vorliegen, beabsichtigt die Bundesregierung, Untersuchungen dazu vorzu-
nehmen (bitte begründen)?

Berlin, den 16. Februar 2016

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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