BT-Drucksache 18/7711

Haltung der Bundesregierung zu bilateralen Schulden Deutschlands und Griechenlands aus der Zeit der deutschen Besatzung (1941 bis 1944)

Vom 23. Februar 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/7711
18. Wahlperiode 23.02.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Heike Hänsel, Ulla Jelpke, Sevim Dağdelen, Niema Movassat
und der Fraktion DIE LINKE.

Haltung der Bundesregierung zu bilateralen Schulden Deutschlands und
Griechenlands aus der Zeit der deutschen Besatzung (1941 bis 1944)

Nach verschiedenen Medienberichten (u. a. DER SPIEGEL, Printausgabe,
Heft 7/2016, S. 41) ist in der wissenschaftlichen Zeitschrift „Thetis“ des Verlags
Franz Philipp Rutzen ein Aufsatz erschienen, in dem Autor Heinz A. Richter die
These aufstellt, der griechische Staat schulde Deutschland seit Ende der Besat-
zung durch die faschistische Wehrmacht 1944 „3 000 oder 4 000 Goldpfund“
(ebd.). Aufsatz und zitierte These seien auch Thema bei einem „internen Vor-
tragsseminar“ der Abteilung Europapolitik des Bundesministeriums der Finanzen
(BMF) gewesen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wann fand das „interne Vortragsseminar“ mit Heinz A. Richter im BMF

statt?
2. Wer hat zu dem Seminar eingeladen?
3. Was waren die Themen (Tagesordnung bitte anfügen)?
4. War Griechenland das einzige Thema dieses Treffens, oder ging es noch um

andere Staaten?
5. Wer waren die Referenten?
6. War der Bundesminister der Finanzen, Dr. Wolfgang Schäuble, bei dem Se-

minar persönlich anwesend?
7. Welche anderen Seminare dieser Art und zu welchen Themen bzw. Frage-

stellungen hat das BMF in den Jahren 2014, 2015 sowie 2016 veranstaltet,
und wer wurde dazu eingeladen?

8. Aus welchen Erwägungen heraus hat das BMF Heinz A. Richter eingeladen?
9. Ist Heinz A. Richter an das BMF herangetreten, oder hat das BMF ihn ein-

geladen?
10. Hat Heinz A. Richter für seinen Vortrag und/oder das Gutachten eine Ver-

gütung erhalten?
11. Bestehen sonstige vertragliche Verhältnisse zwischen der Bundesregierung

und Heinz A. Richter und/oder der Zeitschrift „Thetis“ und/oder dem Verlag
Franz Philipp Rutzen?

Drucksache 18/7711 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
 

12. Hat die Bundesregierung die Thesen von Heinz A. Richter über eine mut-
maßliche Schuldenlast Griechenlands gegenüber Deutschland aus der Zeit
der Besatzung (1941 bis 1945) von unabhängiger Seite prüfen lassen?

13. Hat das BMF auch Veranstaltungen mit Experten durchgeführt oder in Pla-
nung, die konträre Positionen vertreten, wie etwa Hagen Fleischer (bitte ggf.
Datum präzisieren), und wenn nein, warum nicht?

14. Hält die Bundesregierung die in dem o. g. Seminar dargelegten Thesen für
legitim und wissenschaftlich gerechtfertigt?

15. Hat die Bundesregierung Heinz A. Richter Zugang zu neuen Aktenbestän-
den – u. a. im politischen Archiv des Auswärtigen Amtes – gewährt, zu de-
nen andere Forscher bisher keinen Zugang hatten?

16. Bedeutet die Ausrichtung des o. g. Seminars, dass die Bundesregierung ihre
Position, nach der die Frage von Reparationszahlungen von Deutschland an
Griechenland „politisch und juristisch abgeschlossen“ sei, revidiert wurde
und historische Abläufe ggf. neu bewertet werden müssen (siehe u. a. www.
zeit.de/politik/deutschland/2015-03/griechenland-reparationszahlungen-
deutschland-weltkrieg)?

17. Inwiefern lässt dies den Rückschluss zu, dass die bisherige Haltung der Bun-
desregierung ohne hinreichende wissenschaftliche Fundierung vertreten
wurde?

18. Und wenn ja, wer trägt die Verantwortung für die bisherigen offiziellen Ver-
lautbarungen?

19. Will die Bundesregierung die Thesen von Heinz A. Richter an die griechi-
sche Regierung herantragen?

20. Welche Hinweise hat die Bundesregierung darauf, dass von den 155 Millionen
Mark, die im Rahmen eines Entschädigungsabkommens 1960 an Griechenland
gezahlt wurden, drei Viertel „zweckentfremdet [wurden] und in den Taschen
von Politikern [landeten]“ (www.welt.de/geschichte/zweiter-weltkrieg/article
152255024/Hat-Griechenland-noch-Schulden-bei-Deutschland.html), und wer
ist dafür nach Kenntnis der Bundesregierung verantwortlich?

21. Über welche Erkenntnisse verfügt die Bundesregierung bezüglich Warenex-
porten von Deutschland nach Griechenland während der Besatzung?
a) Um welche Waren handelte es sich?
b) Wer war Nutznießer dieser Waren?
c) Welchen Wert hatten diese Waren?

22. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Verlegung von Gold-
beständen der Reichsbank nach Griechenland während der Besatzung?
a) Woher stammte dieses Gold?
b) Was ist nach Ende der Besatzung mit den Goldvorräten geschehen?

23. Planen/plant das BMF und/oder die Bundesregierung nun weitere „interne
Vortragsseminare“ zum Thema, und wenn ja, wann und mit wem?

Berlin, den 22. Februar 2016

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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