BT-Drucksache 18/768

Waffenexporte in die Golfregion verbieten

Vom 11. März 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/768
18. Wahlperiode 11.03.2014

Antrag
der Abgeordneten Jan van Aken, Wolfgang Gehrcke, Christine Buchholz,
evi Da delen, Dr. Diether Deh , Annette Groth, eike nsel, nge
Höger, Andrej Hunko, Katrin Kunert, Stefan Liebich, Niema Movassat,
Dr. Alexander S. Neu, Alexander Ulrich und der Fraktion DIE LINKE.

Waffenexporte in die Golfregion verbieten

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

1. Die Region rund um den Persischen Golf gehört zu den am stärksten militari-
sierten Regionen der Welt. Gleichzeitig zählt sie zu den instabilsten. Zahlrei-
che innere wie zwischenstaatliche Konflikte wurden in den vergangenen
Jahrzehnten dort ausgetragen, viele finden aktuell statt. Die Unterdrückung
der schiitischen Minderheit in Saudi-Arabien, der Konflikt zwischen Nord-
und Südjemen und das gewaltsame Vorgehen des bahrainischen Herrscher-
hauses gegen die Opposition mögen hierfür als Beispiel dienen. Die Golfre-
gion ist ein Kriegs- und Krisengebiet.

2. Die Menschenrechtslage in den Staaten der Region ist kritisch bis verhee-
rend. Saudi-Arabien ist einer der repressivsten Staaten weltweit. Die Todes-
strafe und Körperstrafen werden regelmäßig und in großer Anzahl vollzogen.
Religionsfreiheit existiert nicht einmal auf dem Papier. Katar betreibt wie
auch andere Staaten der Region ein System moderner Sklaverei, in dem aus-
ländischen Arbeitern, die beispielsweise die Spielstätten für die Fußball-WM
2022 bauen, grundlegende Rechte entzogen werden. In den Vereinigten Ara-
bischen
Emiraten, Oman und Kuwait werden ebenso Menschen- und Bürgerrechte
missachtet. Die Situation in Jemen und Irak ist dramatisch: Terror und Re-
pression sind dort nahezu allgegenwärtig. Iran, schon seit geraumer Zeit von
deutschen Rüstungsexporten ausgeschlossen, verhängt nicht nur massenhaft
die Todesstrafe, sondern vollstreckt sie sogar öffentlich. Zahlreiche Politiker,
politische Aktivisten, Gewerkschafter und Kulturschaffende stehen unter
Hausarrest oder sitzen im Gefängnis.

3. Die Bezieher deutscher Rüstungsgüter Saudi-Arabien und Katar finanzieren
und bewaffnen islamistische Gruppierungen unter anderem in Libyen und
Syrien. So reichte Katar Panzerabwehrraketen aus deutsch-französischer Ko-
produktion an libysche Rebellen weiter.

4. Die Regime in der Golfregion sind entweder latent oder bereits offenkundig
instabil. Der Kollaps der Regime in Ägypten, Libyen und Tunesien im Ara-
bischen Frühling haben verdeutlicht, wie brüchig die autokratischen Systeme
im Mittleren Osten tatsächlich sind. Vor diesem Hintergrund ist eine außen-
Drucksache 18/768 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

politische Neuorientierung durch neu an die Macht kommende Regime in
den Golfstaaten stets möglich. Heute aus Deutschland gelieferte Rüstungsgü-
ter könnten daher kurz- und mittelfristig sogar entgegen der intendierten Lie-
ferabsicht der Bundesregierung verwendet werden.

5. Die Ideologie und der Terrorismus Al Qaidas haben ihren Ursprung in Saudi-
Arabien. Trotz des über ein Jahrzehnt andauernden „Kampfes gegen den Ter-
ror“ werden sowohl Al Qaida als auch ihre Untergruppen wie angeschlosse-
nen Gruppen immer noch aus Quellen auf der arabischen Halbinsel finan-
ziert, Terrorattentate werden von dort aus organisiert und gestartet. Die mili-
tärische Bekämpfung Al Qaidas und ihrer Ableger in Jemen kann als ge-
scheitert gelten.

6. Die Bundesrepublik Deutschland ist einer der bedeutendsten Lieferanten von
Rüstungsgütern in die Region. Stellvertretend stehen hierfür folgende Expor-
te der letzten Jahre: Irak erhielt Kampfhubschrauber, Katar bekam die Liefe-
rung von Kampfpanzern und Haubitzen von der Bundesregierung jüngst ge-
nehmigt, Mehrzweckschiffe stehen kurz vor der Übergabe an die Vereinigten
Arabischen Emirate, Saudi-Arabien erhielt eine Waffenfabrik zur Herstellung
des Sturmgewehrs G36, dessen Produktion mit Hilfe deutscher Zulieferungen
erfolgt. Eine Reihe von Geschäften mit Saudi-Arabien stehen aktuell im
Raum: der Verkauf von Leopard-Kampfpanzern, gepanzerten Transportfahr-
zeugen des Typs Boxer und U-Booten des Typs 209. Das Land ist laut Rüs-
tungsexportbericht der Bundesregierung für 2012 der Hauptabnehmer deut-
scher Rüstungsgüter. Auch die Vereinigten Arabischen Emirate zählen zu
den besten Kunden der deutschen Rüstungsindustrie.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

in die Staaten der Arabischen Halbinsel

1. keine Exporte von Kriegswaffen zu genehmigen;
2. keine Exporte von Gütern, die zur Unterdrückung der Bevölkerung genutzt

werden können, zu genehmigen;
3. keine Exporte von Waffenfabriken zu genehmigen, d. h. keine Exportgeneh-

migungen für Fertigungs-, Herstellungs- und Technologieunterlagen, Her-
stellungsausrüstung sowie Komponenten zur Herstellung von Rüstungsgü-
tern.

Berlin, den 11. März 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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