BT-Drucksache 18/7657

Minamata-Konvention zu Quecksilber unverzüglich ratifizieren

Vom 24. Februar 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/7657
18. Wahlperiode 24.02.2016
Antrag
der Abgeordneten Peter Meiwald, Oliver Krischer, Annalena Baerbock, Bärbel
Höhn, Sylvia Kotting-Uhl, Christian Kühn (Tübingen), Steffi Lemke, Dr. Julia
Verlinden, Harald Ebner, Matthias Gastel, Stephan Kühn (Dresden), Nicole
Maisch, Friedrich Ostendorff, Markus Tressel, Dr. Valerie Wilms und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Minamata-Konvention zu Quecksilber unverzüglich ratifizieren

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Aufgrund der nicht unerheblichen Auswirkungen von Quecksilber auf die Gesund-
heit haben 97 Staaten am 10. Oktober 2013 die Minamata-Konvention zu Quecksil-
ber unterschrieben. In der Konvention verpflichten sich die Unterzeichnerstaaten zu
einem Herstellungs-, Einfuhr- und Ausfuhr-Stopp (phase-out) ab dem Jahr 2020 für
Produkte, die Quecksilberanteile haben (wie Batterien, Leuchtstoffröhren, Hoch-
druck-Quecksilberdampflampen, Pflanzenschutzmittel, Biozide und bestimmte An-
tiseptika). Der Bundestag vertritt angesichts der Gefahren für die menschliche Ge-
sundheit die Auffassung, dass mit dem zahnmedizinischen Produkt Amalgam in
gleicher Weise verfahren werden sollte wie mit den zuvor genannten Produkten aus
Anhang A Abschnitt 1 der Minamata-Konvention. Weiterhin zielt die Konvention
auf Herstellungsprozesse, in denen Quecksilber oder Quecksilberprodukte benutzt
werden, handwerklichen oder kleingewerblichen Goldabbau sowie Kohlekraftwer-
ke, Kohleindustriekessel, die Produktion von Nichteisenmetallen, Müllverbren-
nungsanlagen und Zementwerke.
Daher ist ein Maßnahmenkatalog notwendig, der aufzeigt, wie die Einfuhr und die
Ausfuhr von mit Quecksilber versetzten Produkten, wie etwa Batterien, Leuchtstoff-
röhren, Hochdruck-Quecksilberdampflampen, Pflanzenschutzmittel oder Biozide,
ab 2020 in Deutschland gemäß der Minamata-Konvention unterbunden werden soll.
Weiterhin ist es notwendig, einen nationalen Plan zu erstellen, der auf die relevanten
Quellen von Quecksilberemissionen abzielt. Dieser Plan sollte Zielvorgaben und
Maßnahmen zur Begrenzung der Freisetzungen beinhalten.
Unter anderem gehört dazu, die immissionsschutzrechtliche Privilegierung der Koh-
leverstromung aufzuheben, die Einhaltung von strengen Emissionsgrenzwerten für
krebserzeugende Stoffe sicherzustellen und die US-Grenzwerte für Quecksilber-
emissionen schrittweise einzuführen.
Zusätzlich sind Strategien zur Umsetzung von Maßnahmen für die Ermittlung, die
Beurteilung, die Prioritätensetzung, die Behandlung und gegebenenfalls die Sanie-
rung von Quecksilberaltlasten zu entwickeln.

Drucksache 18/7657 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Ein zügiges Inkrafttreten der Minamata-Konvention ist wichtig, da so Wettbewerbs-
gleichheit hergestellt wird. Nur ein schnelles ratifizieren durch viele Unterzeichner-
staaten führt dazu, dass nicht nur die nationalen Quecksilberemissionen sondern
auch die global mobilisierten Quecksilberemissionen gemindert werden.
Die Konvention muss noch von den Unterzeichnerstaaten in nationales Recht über-
führt werden. Als erster Unterzeichnerstaat haben die USA bereits am 6. Novem-
ber 2013 die Minamata-Konvention ratifiziert. Mittlerweile sind weitere 22 Staaten
hinzugekommen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

• dem Deutschen Bundestag unverzüglich die Minamata-Konvention zu Queck-
silber über den Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt aus anth-
ropogenen Emissionen und Freisetzungen von Quecksilber und Quecksilberver-
bindungen zur Ratifizierung vorzulegen;

• bei den weiteren Unterzeichnern der Minamata-Konvention im Rahmen von Re-
gierungsgesprächen darauf hinzuwirken, dass diese die Minamata-Konvention
ebenfalls zügig ratifizieren.

Berlin, den 23. Februar 2016

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/7657
Begründung

Von Quecksilberemissionen gehen erhebliche Umwelt- und Gesundheitsgefahren aus. Bei Erwachsenen führen
Quecksilbervergiftungen zu irreparablen Schädigungen der inneren Organe wie etwa der Leber und der Nieren
sowie des Nervensystems. Hochgradig gefährdet sind Föten, Säuglinge und Kleinkinder, da eine Quecksilber-
vergiftung in der frühkindlichen Entwicklungsphase zu Missbildungen, geistiger Behinderung, Krampfanfällen,
Seh- und Hörverlust, verzögerter Entwicklung, Sprachstörungen und Gedächtnisverlust führt.
Da Quecksilber (Hg) weder biologisch noch chemisch abbaubar ist, reichert es sich in der Nahrungskette an.
Gerade organische Quecksilberverbindungen sind hochtoxisch und können zu einer chronischen Quecksilber-
vergiftung, auch bekannt als Minamata-Krankheit, führen. Chronische Vergiftungen entstehen unter anderem
über die Aufnahme von Quecksilber am Arbeitsplatz (etwa durch das Einatmen von Quecksilberdämpfen im
Gesundheitswesen oder in Laboren), Unfälle oder verarbeitetes Zahnmetall (Amalgam).
Eine Ursache für chronische Quecksilbervergiftungen ist auch die Aufnahme von Quecksilber über die Nah-
rungskette. Gerade in der marinen Nahrungskette reichern sich organische Quecksilberverbindungen in Lebe-
wesen an. So belegen Studien den Anstieg des Anteils von Monomethylquecksilber (MeHg) in der marinen
Nahrungskette bis zu fast 100 Prozent auf der Ebene der Fische und marinen Säugetiere. Folglich weisen gerade
Menschen mit hohem Fischverzehr sehr hohe MeHg-Werte im Körper auf.
Hauptemissionsquelle in Deutschland, mit einem Anteil von rund 70 Prozent an den Gesamtemissionen im
Zeitraum 2010 bis 2012, ist der Energiesektor und hier sind es im Besonderen die Braun- und Steinkohlekraft-
werke. So waren in 2011 allein die Jahresemissionen aus den neun Braunkohlegroßkraftwerken für mehr als
60 Prozent der Quecksilberemissionen im Energiesektor und sogar für rund 40 Prozent der Gesamtemissionen
von Quecksilber in Deutschland verantwortlich. Grenzwerte für die Begrenzung von Emissionen in Luft, Was-
ser und Boden sind im Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen,
Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (BImSchG) und in den dazugehörigen Verordnungen ge-
regelt. So sind die Grenzwerte unter anderem auch für Quecksilberemissionen aus Kohlekraftwerken in der
13. Bundes-Immissionsschutzverordnung (13. BImSchV) festgelegt.
Die Studie „Quecksilber-Emissionen aus Kohlekraftwerken“ vom Institut für Ökologie und Politik (Ökopol)
hat aufgezeigt, dass in den USA viel höhere Anforderungen an die Grenzwerte für Quecksilberemissionen ge-
stellt werden. In Deutschland hat 2012 demnach nur ein Kohlekraftwerk die US-amerikanischen Grenzwerte
eingehalten. Würden diese Grenzwerte in Deutschland eingeführt, müssten ca. 50 Kohlekraftwerke sofort vom
Netz gehen, wenn die Abgasreinigung nicht angepasst oder auf quecksilberarme Kohle umgestellt werden wür-
de.
Neben Gefahren für die Gesundheit haben Quecksilberemissionen negative Auswirkungen auf Volkswirtschaf-
ten. So beziffert L. Trasande in seinem Artikel „Public Health and Economic Consequences of Methyl Mercury
Toxicity to the Developing Brain“ in dem Journal „Environmental Health Perspectives“ die volkswirtschaftli-
chen Kosten wie etwa für die Vereinigten Staaten von Amerika aufgrund der jährlichen MeHg-Belastung auf
8,7 Milliarden US-Dollar. Von diesen Kosten entfallen allein 1,3 Milliarden US-Dollar auf die US-amerikani-
schen Kohlekraftwerke. In den USA wurden 2012 neue, sehr ambitionierte Grenzwerte festgelegt und wurde so
die Emission von Quecksilber massiv reduziert.

http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC1257552/
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC1257552/
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