BT-Drucksache 18/7576

Zur aktuellen Situation in Israel und Palästina

Vom 12. Januar 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/7576
18. Wahlperiode 12.01.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Wolfgang Gehrcke, Jan van Aken, Christine Buchholz,
Sevim Dağdelen, Dr. Diether Dehm, Annette Groth, Heike Hänsel, Inge Höger,
Andrej Hunko, Niema Movassat, Dr. Alexander S. Neu, Alexander Ulrich und der
Fraktion DIE LINKE.

Zur aktuellen Situation in Israel und Palästina

Durch die jüngste Gewalteskalation in Israel und Palästina, die im September/
Oktober dieses Jahres durch eine Verschärfung des Konflikts um den Tempel-
berg/Haram al-Sharif ausgelöst wurde, haben bislang mehr als 152 Palästinenserin-
nen und Palästinenser und 23 Israelis ihr Leben verloren (www.spiegel.de/
politik/ausland/nahostkonflikt-zwei-palaestinenser-nach-messerattacken-auf-
israelis-erschossen-a-1072117.html). Insbesondere Messerattacken von palästi-
nensischen Jugendlichen und deren Erschießung durch israelische Sicherheits-
kräfte sind in den Mittelpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit gerückt.
Es ist nicht das erste Mal, dass sich an diesem Ort die Spannungen entladen –
auch die zweite Intifada hatte hier ihren Ausgangspunkt. Seit langem nehmen die
Provokationen nationalreligiöser Jüdinnen und Juden, die den Tempelberg/
Haram al-Sharif für sich reklamieren und die Zerstörung der drittheiligsten Stätte
des Islams fordern, zu. Das Credo dieser Nationalreligiösen ist, dass Jerusalem
eine rein jüdische Stadt sei. Unter dem Schutz israelischer Sicherheitskräfte er-
zwingen sie sich den Zugang zum Tempelberg/Haram al-Sharif (DER TAGES-
SPIEGEL vom 26. Juli 2015). Dennoch sind die aktuellen Auseinandersetzungen
kaum als genuin religiöser Konflikt zu verstehen, sondern müssen vielmehr im
Kontext der israelischen Besatzung gesehen werden, gegen die sich Palästinense-
rinnen und Palästinenser auflehnen.
Fanatisierte jüdische Siedlerinnen und Siedler in den besetzten Gebieten haben in
den letzten Jahren extremen Zulauf gewonnen und genießen auch im Kabinett
Benjamin Netanjahus nicht unerhebliche Unterstützung. Immer wieder greifen
sie – verstärkt unter dem moralischen und oft militärischen Schutz der israelischen
Armee – Palästinenserinnen und Palästinenser an, zerstören ihr Eigentum und
schrecken auch vor Mord nicht zurück (www.zeit.de/politik/ausland/2015-07/
israel-siedler-westjordanland-brandanschlag-kleinkind; www.faz.net/aktuell/
politik/ausland/naher-osten/zwei-israelis-wegen-mord-an-palaestinenser-schuldig-
13940177.html). Trotzdem müssen sie in den seltensten Fällen mit strafrechtli-
chen Konsequenzen rechnen.
Infolge der jüngsten Gewalteskalation hat die Regierung Benjamin Netanjahus
eine Reihe von Maßnahmen beschlossen, die völkerrechtlich höchst umstritten
oder nach Auffassung der Fragesteller gar völkerrechtswidrig sind: Die israeli-
sche Regierung erlaubt beispielsweise offensichtlich verstärkt außergerichtliche
summarische und willkürliche Tötungen (www.amnesty-koeln-gruppe2415.de/

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Main/20151119001). Die erst kürzlich vom Sicherheitskabinett Benjamin Netan-
jahus beschlossenen drakonischen Maßnahmen gegen die palästinensische Zivil-
bevölkerung wie die Zerstörung der Häuser vermeintlicher Angreiferinnen und
Angreifer als Akt der Kollektivbestrafung ganzer Familien verstoßen aus Sicht
der Fragesteller ganz offensichtlich gegen die Genfer Konventionen (www.
handelsblatt.com/archiv/genfer-konvention-verbietet-kollektivstrafen-israel-droht-
mit-strafkatalog/2187244.html). Insbesondere die katholischen Bischöfe des Hei-
ligen Landes haben die kollektive Bestrafung der palästinensischen Bevölkerung
mit klaren Worten verurteilt (www.katholisches.info/2014/07/09/bischoefe-des-
heiligen-landes-fordern-ende-der-gewaltspirale-und-radikalen-wandel/). Palästi-
nensische Kinder, die Steine werfen, sollen fortan mit bis zu 20 Jahren Gefängnis
bestraft werden (www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/23402, 25. Sep-
tember 2015).
Seit der neusten schrecklichen Welle der Gewalt ist allenthalben von einer dritten
Intifada die Rede. Obwohl die Intensität der Gewalt abgenommen zu haben
scheint, ist keines der ihr zu Grunde liegenden strukturellen Probleme gelöst. Un-
ter der neuen Radikalität droht außerdem die palästinensische Autonomiebehörde
zusammenzubrechen, die eine Intifada vermeiden will. Präsident Mahmut Abbas
hat bereits erklärt, die Osloer Abkommen seien tot. Eine Auflösung der Autono-
miebehörde scheint für die Palästinenserinnen und Palästinener zu einer ernsthaf-
ten Option geworden zu sein.
Zehntausende Israelis haben in Tel Aviv zum Gedenktag der Ermordung des ehe-
maligen israelischen Ministerpräsidenten Yitzhak Rabin demonstriert und die Wie-
deraufnahme von Friedensverhandlungen gefordert (www.nzz.ch/international/
naher-osten-und-nordafrika/todestag-rabin-gedenkkundgebung-tel-aviv-1.18639
296), um endlich die Zweistaaten-Regelung zu realisieren. Sie fordern statt Ge-
walt zwischen den beiden Bevölkerungsgruppen eine gemeinsame jüdisch-arabi-
sche Alternative für den Frieden. Aber die Regierung Benjamin Netanjahus be-
schneidet stattdessen aus Sicht der Fragesteller Stück für Stück die politischen
Freiheiten. Ein neues Gesetz grenzt die Rechte von Nichtregierungsorganisatio-
nen (NGOs) ein – insbesondere solcher, die mit Mitteln der Europäischen Union
gefördert werden (www.haaretz.com/israel-news/.premium-1.694075?utm_
content=Israeli+ministers+pass+contentious+bill+to+%27out%27+foreign-funded+
NGOs+&utm_medium=Most+Popular&utm_source=email&utm_campaign=
newsletter). Die Bundesregierung muss deutliche Signale der Unterstützung für
die demokratische Zivilgesellschaft in Israel senden, die unsere moralische Un-
terstützung benötigt.
Die Bundesregierung hat auf die neuerliche Eskalation der Gewalt nach Auffas-
sung der Fragesteller ein weiteres Mal extrem einseitig reagiert. Israel hat ein
Recht, seine Bürgerinnen und Bürger zu schützen, aber auch die palästinensische
Zivilbevölkerung hat einen Anspruch auf Schutz vor den fanatisierten Siedlerin-
nen und Siedlern. Israel, das als Besatzungsmacht dazu verpflichtet wäre, gewährt
diesen Schutz nicht und verstößt somit nach Auffassung der Fragesteller gegen
internationales Recht (Haager Landkriegsordnung, IV. Genfer Konvention).
Ohne Beendigung der Besatzung und die Einhaltung internationalen Rechts wird
es nach Ansicht der Fragestellerinnen und Fragesteller keine Deeskalation geben.
Nach vielen leeren Versprechungen und des Hinhaltens auch durch die internati-
onale Gemeinschaft geht der palästinensischen Gesellschaft die Geduld aus.
Eine Wiederaufnahme des Verhandlungsprozesses kann dazu beitragen, die jet-
zige zugespitzte Lage zu deeskalieren. Dafür müssen sich EU, das Quartett, die
UN und die Bundesregierung mit Nachdruck einsetzen. Ziel dieser Verhandlun-
gen zwischen Israel und Palästina müssen das Ende der Besatzung und die Fest-
legung von Grenzen sein. Die Bundesregierung muss auch den Resolutionsvor-
schlag, den die Palästinensische Autonomiebehörde und Jordanien mit Unterstüt-
zung Frankreichs in die Vereinten Nationen einbringen werden (vgl. Frage 7),

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unterstützen. Dieser fordert einen neuen Verhandlungsprozess und die Beendi-
gung der Besatzung mit einer klaren Zeitregelung des Rückzugs der israelischen
Besatzungsmacht.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Kenntnisse liegen der Bundesregierung über die Ursachen des jüngs-

ten Aufstandes palästinensischer Jugendlicher vor?
2. Welche Kenntnisse liegen der Bundesregierung über die Stimmungslage der

palästinensischen Bevölkerung bezüglich des Friedensprozesses und der Per-
spektiven ihrer Eigenstaatlichkeit vor?

3. Welche konkreten Kenntnisse liegen der Bundesregierung in Bezug auf eine
mögliche Verschiebung des Status quo auf dem Tempelberg/Haram al-Sharif
durch die israelische Seite vor?

4. Welche konkreten Kenntnisse liegen der Bundesregierung über die Gewalt
israelischer Siedlerinnen und Siedler gegen die palästinensische Zivilbevöl-
kerung vor (bitte für die letzten zehn Jahre sowohl nach Anzahl und Art der
Übergriffe pro Jahr als auch die jeweilige Anzahl der Opfer auflisten)?

5. Inwiefern hat die Bundesregierung gegenüber ihren israelischen Partnerin-
nen und Partnern Kritik wegen der mangelnden Verhinderung und Strafver-
folgung von Übergriffen israelischer Siedlerinnen und Siedler gegen die pa-
lästinensische Zivilbevölkerung durch die israelischen Sicherheitskräfte ge-
äußert?

6. Teilt die Bundesregierung die Auffassung des US-Außenministers John
Kerry, dass Auslöser der jüngsten Gewalt vonseiten junger Palästinenserin-
nen und Palästinenser der israelische Siedlungsbau in den palästinensischen
Gebieten und das Fehlen einer Lösung in der Zweistaaten-Regelung seien
(www.timesofisrael.com/kerry-links-increase-in-violence-to-settlement-
activity/, 14. Oktober 2015)?

7. Gedenkt die Bundesregierung, in absehbarer Zeit selbst Initiativen zu ergrei-
fen, um die Wiederaufnahme des Verhandlungsprozesses zwischen Israel
und Palästina zu befördern?
Welche konkreten Kenntnisse liegen der Bundesregierung darüber vor, dass
die palästinensische Führung einen weiteren Resolutionsentwurf für ein
Ende der israelischen Besatzung in den Weltsicherheitsrat der Vereinten Na-
tionen einbringen will, nachdem ein erster im Dezember 2014 gescheitert ist
(www.zeit.de/politik/ausland/2014-12/un-sicherheitsrat-palaestina-israel-
resolution), und welchen Inhalts wäre ein solcher neuerlicher Resolutions-
entwurf nach Kenntnis der Bundesregierung?

8. Beabsichtigt die Bundesregierung, einen Resolutionsentwurf für den Weltsi-
cherheitsrat der Vereinten Nationen zu unterstützen, der neben der Forderung
nach Wiederaufnahme des Verhandlungsprozesses zwischen Israel und Pa-
lästina auch eine klare Zeitangabe für das Ende der Besatzung fordert?

9. Inwiefern hat sich die Bundesregierung neben ihrer Feststellung, Israel habe
das Recht auf Verteidigung seiner Bürgerinnen und Bürger, in Bezug auf die
jüngste Gewalteskalation auch zum Recht der palästinensischen Bevölke-
rung auf Schutz vor Übergriffen von Siedlerinnen und Siedlern geäußert?
a) Wenn ja, in welcher Erklärung kommt dies zum Ausdruck?
b) Wenn nein, aus welchen Gründen ist dies unterlassen worden?

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10. Welche konkreten Kenntnisse liegen der Bundesregierung über die Situation
der arabischen Minderheit in Israel vor?
Hat sich deren Lage (sowohl in der Praxis als auch in Bezug auf Gesetze)
nach Kenntnis der Bundesregierung in den letzten fünf Jahren verschlechtert
(bitte begründen)?

11. Welche Kenntnisse liegen der Bundesregierung über die Äußerungen des
stellvertretenden israelischen Verteidigungsministers Eli Ben Daha vor, der
die Palästinenserinnen und Palästinenser als Tiere und nicht menschlich be-
zeichnet hat (Gideon Levy, Haaretz, 10. Mai 2015)?

12. In welcher Form beabsichtigt die Bundesregierung, solche für hiesige politi-
sche Normen inakzeptablen Äußerungen bei den nächsten gemeinsamen
Konsultationen mit der israelischen Regierung zu thematisieren (sofern die
Bundesregierung nicht beabsichtigt, dies zu thematisieren, bitte Gründe be-
nennen)?

13. Wie beurteilt die Bundesregierung die Behauptung Benjamin Netanjahus vor
dem 37. Zionistischen Kongress in Jerusalem, „der palästinensische Groß-
mufti Amin al-Husseini habe Hitler 1941 zum Holocaust angestiftet. Dabei
habe der deutsche Diktator zunächst nur geplant, die Juden aus Europa zu
vertreiben“ (21. Oktober 2015, www.zeit.de/politik/ausland/2015-10/israel-
benjamin-netanjahu-adolf-hitler-holocaust-mufti)?

14. Welche konkreten Informationen liegen der Bundesregierung über die neue
israelische Gesetzesinitiative vor, welche die Rechte von israelischen NGOs,
die sich durch Gelder aus dem Ausland finanzieren, gravierend beschneiden
soll (www.haaretz.com/israel-news/.premium-1.683524)?

15. Inwiefern wären nach Kenntnis der Bundesregierung durch ein solches Ge-
setz auch NGOs betroffen, die sich entweder ganz oder teilweise aus Mitteln
der EU finanzieren?

16. Wird die Bundesregierung, die ja im Fall Russlands die Beschneidung der
Rechte von aus dem Westen finanzierten NGOs scharf kritisiert hat, in die-
sem Fall auch gegenüber der israelischen Regierung öffentlich Kritik äu-
ßern?

17. Welche Informationen liegen der Bundesregierung über die Pläne der israe-
lischen Justizministerin Ayelet Shaked vor, die angekündigt hat, die Gewal-
tenteilung in Israel aufzuweichen und die Macht des Obersten Gerichtshofs
einzuschränken (www.haaretz.com/israel-news/.premium-1.682962)?

18. Inwieweit müssen nach Kenntnis der Bundesregierung die israelische Frie-
densbewegung, linke Gruppen und Parteien, israelische Araber sowie Homo-
sexuelle in Israel inzwischen regelmäßig Angst vor Übergriffen konservati-
ver Gruppen und Kreise haben (bitte ausführen)?

19. Werden die genannten Gruppen und Kräfte nach Ansicht der Bundesregie-
rung in ausreichendem Maß durch die israelische Regierung und Sicherheits-
kräfte vor Übergriffen geschützt?

20. Werden solche Gruppen und Kräfte, die Übergriffe gegen friedensbewegte
und linke Gruppen oder gegen Homosexuelle begehen, von der israelischen
Justiz in einem Ausmaß verfolgt, das die Bundesregierung für angemessen
hält (bitte begründen)?

21. Welche Informationen liegen der Bundesregierung über die Pläne Benjamin
Netanjahus zur Einführung sogenannter Special Terror Courts vor (Times
of Israel, 29. Oktober 2015, www.timesofisrael.com/pm-said-to-mull-
establishing-a-special-terror-court/?utm_source=The+Times+of+Israel+
Daily+Edition&utm_campaign=ef30a40d41-2015_10_29&utm_medium=
email&utm_term=0_adb46cec92-ef30a40d41-54451749)?

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22. Inwieweit hat die von der Europäischen Kommission am 11. November 2015
erlassene „Interpretative Notice on indication of origin of goods from the
territories occupied by Israel since June 1967“ gemäß den Äußerungen eines
Sprechers des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft tatsäch-
lich keinerlei Auswirkungen in Deutschland, da die europäische Rechtsnorm
in Deutschland bereits erfüllt sei (www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/
keine-aenderungen-in-deutschland-fuer-waren-aus-israelischen-siedlungen-
a-1062753.html)?

23. Auf welche Art von Produkten soll die „Interpretative Notice“ nach Kenntnis
der Bundesregierung Anwendung finden (bitte detailliert auflisten)?

24. Für welche dieser Produkte besteht in Deutschland bereits eine Kennzeich-
nungspflicht im Sinne genannter „Interpretative Notice“ (bitte detailliert auf-
listen)?

25. Stehen die EU-Mitgliedstaaten in der Pflicht, Händlerinnen und Händ-
ler/Verkäuferinnen und Verkäufer etc. dazu anzuhalten, sich an die Kenn-
zeichnungspflicht im Sinne der „Interpretative Notice“ zu halten, und sind
sie auch verpflichtet, diese Einhaltung zu kontrollieren und Verstöße zu ahn-
den?

26. Wenn ja, fallen diese Kontrolle und gegebenenfalls Ahndung in die Zustän-
digkeit der Bundesbehörden oder der Länderbehörden?

27. Inwiefern besteht nach Kenntnis der Bundesregierung für EU-Mitgliedstaa-
ten, in denen die „Interpretative Notice“ nicht zur vollen Anwendung kommt,
die Gefahr eines Vertragsverletzungsverfahrens (vgl. http://eeas.europa.eu/
delegations/israel/documents/news/20151111_interpretative_notice_indication
_of_origin_of_goods_en.pdf, Punkt 3)?

28. Welche konkreten Informationen liegen der Bundesregierung zur Beteili-
gung der Firmengruppe Max Bögl Bauservice GmbH und Co. KG an einem
Teilprojekt der sich im Bau befindlichen Hochgeschwindigkeitsstrecke A1
von Tel Aviv nach Jerusalem vor (www.gtai.de/GTAI/Navigation/DE/
Trade/Maerkte/suche,t=aktuelle-trends-aus-israel,did=1182630.html)?

29. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass die Beteiligung am Bau einer
Eisenbahnstrecke, die wie die A1 teilweise außerhalb der Grünen Linie liegt
und sich so in Teilen auf palästinensischem Gebiet befindet, die aber aus-
schließlich durch israelische Bürgerinnen und Bürger benutzt werden darf,
einen Verstoß gegen die IV. Genfer Konvention darstellt?

30. Wie gedenkt die Bundesregierung mit diesem Sachverhalt insbesondere vor
dem Hintergrund umzugehen, dass sich ein Tochterunternehmen der Deut-
schen Bahn AG bereits aus demselben Projekt zurückgezogen hat und das
damalige Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung bereits
im März 2011 erklärt hat, „dass es sich bei dem Projekt der israelischen
Staatsbahn durch von Israel besetztes Gebiet um ein außenpolitisch proble-
matisches und potentiell völkerrechtswidriges Vorhaben handelt, bei
dem Statusfragen berührt sind“ (www.inge-hoeger.de/start/regionalesnrw/
detail/browse/64/kategorie/inge-hoeger-1/zurueck/regionalesnrw/artikel/
bundesregierung-findet-israelisches-bahnprojekt-politisch-sensibel/suchen/)?

31. Welche konkreten Informationen liegen der Bundesregierung zu Plänen vor,
Teile Ostjerusalems der zivilen Kontrolle der Palästinensischen Autonomie-
behörde zu unterstellen und sie zu B-Gebieten zu erklären, und wie steht nach
Kenntnis der Bundesregierung die israelische Regierung dazu (www.haaretz.
com/israel-news/premium-1.686452)?

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32. Welche konkreten Informationen liegen der Bundesregierung zu Plänen der
Palästinensischen Autonomiebehörde vor, ihre Regierungsinstitutionen nach
Jerusalem zu verlegen, und wie beurteilt die Bundesregierung diese Pläne
(www.middleeastmonitor.com/news/middle-east/22277-palestinian-authority-
to-move-institutions-to-jerusalem)?

33. Welche Kenntnisse liegen der Bundesregierung zu Plänen der israelischen
Regierung vor, zunehmend Palästinenserinnen und Palästinensern in Ostje-
rusalem ihr Aufenthaltsrecht in der Stadt (East Jerusalem Residency) zu ent-
ziehen (www.haaretz.com/opinion/premium-1.682543)?

34. Wie beurteilt die Bundesregierung solche Pläne und im Allgemeinen die Pra-
xis, Palästinenserinnen und Palästinensern aus Ostjerusalem ihr Aufenthalts-
recht zu entziehen?

35. Wie viele Jerusalem-IDs (Jerusalem-Ausweise) wurden nach Kenntnis der
Bundesregierung in den letzten zehn Jahren entzogen (bitte nach Jahren auf-
listen, angeben, wie viele Jerusalem-IDs im jeweiligen Jahr entzogen wurden
und welche Gründe hierfür angegeben wurden)?

36. In welchen militärischen Bereichen genau trainierten die Bundeswehr und
die israelische Armee im Oktober 2015 in Israel (bitte auflisten, was genau
trainiert wurde und welche Einheiten auf beiden Seiten daran beteiligt waren
(www.haaretz.com/israel-news/.premium-1.682675))?

37. Welche konkreten Szenarien wurden dabei eingeübt?
38. Inwiefern hat die Bundeswehr bei diesem Training auch von konkreten Er-

fahrungen, die auf Seiten der israelischen Streitkräfte in den besetzten paläs-
tinensischen Gebieten gemacht wurden, profitiert?

39. Aus welchem Grund hat die Bundeswehr dieses Training ausgerechnet mit
der israelischen Armee und nicht mit der Armee eines anderen befreundeten
Staates vollzogen?

40. Welche für das gemeinsam mit der israelischen Armee vollzogene Training
notwendigen Vorrichtungen sind in Deutschland nicht verfügbar?

41. Wie viel hat das gemeinsame Training mit der israelischen Armee die Bun-
desrepublik Deutschland gekostet?

42. Welche gemeinsamen Übungen mit der israelischen Armee sind für wann
und unter Beteiligung welcher Einheiten geplant (bitte auflisten)?

43. Wie weit ist der Wiederaufbau des Gazastreifens nach dem Krieg vom Som-
mer 2014 nach Kenntnis der Bundesregierung vorangeschritten (bitte ange-
ben, wie viel Prozent der zerstörten Gebäude und Infrastruktur bereits wieder
aufgebaut worden sind)?

44. Wie viele Menschen sind nach Kenntnis der Bundesregierung infolge des
Gazakrieges vom Sommer 2014 bis heute obdachlos?

45. Wie viele Menschen bedürfen nach Kenntnis der Bundesregierung infolge
des Gazakrieges bis heute medizinischer Hilfe, und inwieweit kann diese im
Gazastreifen geleistet werden?

46. Inwieweit sind die von der internationalen Gemeinschaft zugesagten Hilfs-
gelder (5,4 Milliarden US-Dollar) inzwischen bezahlt worden?
Wie viel Prozent der Gelder stehen weiterhin aus (bitte nach Geberländern
auflisten)?

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47. Wie viel Prozent der von Deutschland für den Wiederaufbau des Gazastrei-
fens zugesagten Gelder sind inzwischen bezahlt worden?
Sofern noch nicht die gesamte zugesagte Summe gezahlt wurde, wann soll
der restliche Betrag gezahlt werden?

48. An wen werden die Gelder auf palästinensischer Seite bezahlt?
49. Inwieweit lassen die israelische Regierung und die israelischen Sicherheits-

behörden nach Kenntnis der Bundesregierung inzwischen die für den Wie-
deraufbau benötigten Hilfsgüter in den Gazastreifen?

50. Welche für den Wiederaufbau benötigten Hilfsgüter werden von der israeli-
schen Regierung und den israelischen Sicherheitsbehörden bislang nicht in
den Gazastreifen gelassen (bitte einzeln auflisten)?

51. Ist die Bundesregierung grundsätzlich gegen eine Aufnahme Palästinas als
Vollmitglied der Vereinten Nationen und in Organisationen der Vereinten
Nationen, bevor ein Abkommen zwischen Israelis und Palästinenserinnen
und Palästinensern erzielt wurde?

52. Welche konkreten Vorbedingungen müssen nach Ansicht der Bundesregie-
rung erfüllt sein, damit sie einer Aufnahme Palästinas als Vollmitglied der
Vereinten Nationen zustimmt?

53. Welche Vorbedingungen müssen nach Ansicht der Bundesregierung erfüllt
sein, damit sie der palästinensischen Vertretung in Deutschland den Rang
einer Botschaft zuerkennt?

54. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass ein Stopp des Exportes jeg-
licher Rüstungsgüter in den Nahen Osten zur Befriedung der Lage dort bei-
zutragen geeignet wäre?

Berlin, den 14. Januar 2016

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de

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