BT-Drucksache 18/7517

zu dem Gesetzentwurf der Abgeordneten Dr. Harald Terpe, Katja Dörner, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 18/3279 - Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zur Gleichstellung verheirateter, verpartnerter und auf Dauer in einer Lebensgemeinschaft lebender Paare bei der Kostenübernahme der gesetzlichen Krankenversicherung für Maßnahmen der künstlichen Befruchtung

Vom 15. Februar 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/7517
18. Wahlperiode 15.02.2016

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Abgeordneten Dr. Harald Terpe, Katja Dörner, Volker
Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 18/3279 –

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch
zur Gleichstellung verheirateter, verpartnerter und auf Dauer in einer
Lebensgemeinschaft lebender Paare bei der Kostenübernahme der
gesetzlichen Krankenversicherung für Maßnahmen der
künstlichen Befruchtung

A. Problem
Die Gesetzesinitianten begründen ihren Gesetzentwurf damit, dass bisher nach
§ 27a SGB V lediglich verheiratete Paare einen Anspruch darauf haben, dass die
gesetzliche Krankenkasse unter bestimmten Voraussetzungen einen Teil der Kos-
ten für eine homologe künstliche Befruchtung übernimmt. Die Gründe, die sei-
nerzeit vom Gesetzgeber für eine Beschränkung der finanziellen Unterstützung
nur auf Ehepaare angeführt wurden, entsprächen nicht mehr der heutigen gesell-
schaftlichen Realität und diskriminierten andere Formen des Zusammenlebens.

B. Lösung
Der Gesetzentwurf sieht vor, § 27a SGB V dahingehend zu ändern, dass auch
Paare einer eingetragenen Lebenspartnerschaft oder einer auf Dauer angelegten
nichtehelichen Lebensgemeinschaft einen gesetzlichen Anspruch auf partielle
Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung für Maßnahmen
der homologen oder heterologen künstlichen Befruchtung erhalten, soweit diese
medizinisch notwendig sind.
Ablehnung des Gesetzentwurfs mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.

C. Alternativen
Annahme des Gesetzentwurfs.

Drucksache 18/7517 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

D. Kosten
Laut den Gesetzesinitianten entstehen zusätzliche Ausgaben für die gesetzliche
Krankenversicherung sowie – nach entsprechender Anpassung der Richtlinie des
Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend über die Gewäh-
rung von Zuwendungen zur Förderung von Maßnahmen der assistierten Repro-
duktion vom 29. März 2012 – für den Bundeshaushalt. Der Umfang dieser zusätz-
lichen Ausgaben könne derzeit nicht beziffert werden.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/7517
Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
den Gesetzentwurf auf Drucksache 18/3279 abzulehnen.

Berlin, den 27. Januar 2016

Der Ausschuss für Gesundheit

Dr. Edgar Franke
Vorsitzender

Mechthild Rawert
Berichterstatterin
Drucksache 18/7517 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Bericht der Abgeordneten Mechthild Rawert

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksa-
che 18/3279 in seiner 76. Sitzung am 18. Dezember 2014 dem Ausschuss für Gesundheit zur federführenden
Beratung überwiesen. Der Gesetzentwurf wurde außerdem dem Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz so-
wie dem Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zur Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Nach § 27a SGB V werden bisher nur bei verheirateten Ehepaaren die Kosten für medizinische Maßnahmen zur
Herbeiführung einer Schwangerschaft zu 50 Prozent von den gesetzlichen Krankenkassen (GKV) erstattet. Zudem
dürfen ausschließlich Ei- und Samenzellen der Ehegatten verwendet werden. Dagegen müssen verpartnerte oder
nicht verheiratete Paare eine künstliche Befruchtung vollständig selbst finanzieren. Die Gesetzesinitianten ver-
weisen auf Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, wonach es dem Gesetzgeber freistehe, die Voraus-
setzungen für die Gewährung von Leistungen nach § 27a SGB V näher zu bestimmen. Die Gesetzesinitianten
führen weiter aus, dass sich Ehe und eingetragene Lebenspartnerschaft hinsichtlich der auf Dauer übernommenen,
auch rechtlich verbindlichen Verantwortung für den Partner nicht unterscheiden. Eine eingetragene Lebenspart-
nerschaft oder eine auf Dauer angelegte, nichteheliche Lebensgemeinschaft könnten das Aufwachsen von Kindern
ebenso fördern wie eine Ehe. Auch angesichts der hohen Scheidungsraten und der steigenden Zahl von nicht
verheirateten Paaren entsprächen die Gründe, die seinerzeit vom Gesetzgeber für eine Beschränkung der finanzi-
ellen Unterstützung auf Ehepaare angeführt worden seien, nicht mehr der gesellschaftlichen Realität. Leistungen
der Reproduktionsmedizin müssten grundsätzlich allen Paaren offenstehen.
Die Initianten fordern, § 27a SGB V dahingehend zu ändern, dass erstens die dort genannte Voraussetzung der
Ehe durch die eingetragene Lebenspartnerschaft oder das Vorliegen einer auf Dauer angelegten nichtehelichen
Lebensgemeinschaft ergänzt werden solle. Zweitens sollten auch die Behandlungskosten für eine heterologe
künstliche Befruchtung, bei der der Samen nicht vom Partner stamme, übernommen werden, wenn die übrigen
Voraussetzungen erfüllt seien und eine künstliche Befruchtung medizinisch indiziert sei.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat in seiner 84. Sitzung am 27. Januar 2016 mit den Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimm-
enthaltung der Fraktion DIE LINKE. beschlossen, die Ablehnung des Gesetzentwurfs auf Drucksache 18/3279
zu empfehlen.
Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat in seiner 53. Sitzung am 27. Januar 2016 mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE. beschlossen, die Ablehnung des Gesetzentwurfs auf Drucksa-
che 18/3279 zu empfehlen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Gesundheit hat die Beratungen zum Gesetzentwurf auf Drucksache 18/3279 in seiner 38. Sit-
zung am 22. April 2015 aufgenommen und die Durchführung einer öffentlichen Anhörung beschlossen.
Die öffentliche Anhörung fand in der 55. Sitzung am 14. Oktober 2015 statt. Als sachverständige Verbände waren
eingeladen: Beratungsnetzwerk Kinderwunsch Deutschland (BKiD), BKK Verkehrsbau Union (BKK VBU),
Bundesärztekammer (BÄK), Bundesverband Reproduktionsmedizinischer Zentren Deutschlands e. V. (BRZ),
Deutsche Gesellschaft für Reproduktionsmedizin e. V. (DGRM), Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA), GKV-
Spitzenverband, Lesben- und Schwulenverband in Deutschland e. V. (LSVD), Pro Familia Bundesverband, Re-
genbogenfamilienzentrum, Spenderkinder, Wunschkind e. V. Außerdem waren als Einzelsachverständige

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/7517
Prof. Dr. Gunnar Duttge, Prof. Dr. Ingrid Schneider und Christina Hirthammer-Schmidt-Bleibtreu eingeladen.
Auf das entsprechende Wortprotokoll und die als Ausschussdrucksachen verteilten Stellungnahmen der Sachver-
ständigen wird Bezug genommen.
Der Ausschuss hat seine Beratungen zum Gesetzentwurf auf Drucksache 18/3279 in seiner 63. Sitzung am 27. Ja-
nuar 2016 fortgesetzt und abgeschlossen.
Als Ergebnis empfiehlt der Ausschuss für Gesundheit mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD
gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.,
den Gesetzentwurf auf Drucksache 18/3279 abzulehnen.
Die Fraktion der CDU/CSU stellte fest, dass nach dem vorliegenden Gesetzentwurf in Zukunft die auf Dauer
angelegten Partnerschaften einen Anspruch auf die teilweise Übernahme der Kosten für reproduktionsmedizini-
sche Leistungen durch die GKV erhalten sollten. Zudem werde die Fremdsamenspende GKV-Leistung. Das lehne
man ab. Zu kritisieren sei, dass zum einen die „auf Dauer angelegte Partnerschaft“ nicht weiter definiert und zum
anderen nicht im Sinne des Kindewohls an die Kinder einer heterologen Insemination gedacht werde. Diese hätten
zum Teil erhebliche Probleme damit, dass ihnen ihre genetische Abstammung unbekannt sei. Auch das künftige
Leben und das soziale Lebensumfeld der durch Insemination gezeugten Kinder müsse in die Überlegungen ein-
bezogen werden. Darüber hinaus seien weder familien- noch erbrechtliche Fragen geklärt. Es sei erstaunlich, dass
die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN diese Gesetzesänderung vorschlage, da sie der Reproduktionsmedizin
bisher sehr kritisch gegenüber gestanden sei.
Die Fraktion der SPD lehnte den Gesetzentwurf ebenfalls ab und begründete dies damit, dass zunächst abstam-
mungs-, familien- und zivilrechtliche Fragen geklärt werden müssten, bevor man über eine Erweiterung der Re-
gelungen in § 27a SGB V diskutieren könne. Das Familien- und das Justizministerium hätten entsprechende Stu-
dien in Auftrag gegeben, die sowohl rechtliche Aspekte als auch das Kindeswohl in den Fokus stellten. Es sei
längst bekannt, dass das Kindeswohl nicht ausschließlich an die Ehe bzw. an eine Vater-Mutter-Elternschaft ge-
bunden sei. An dieser Stelle entspreche die Rechtslage nicht mehr den Lebenswelten. Zwar gebe es kein Recht
auf ein Kind, doch habe der medizinische Fortschritt zu gesellschaftlichen Veränderungen geführt. Die Möglich-
keit für verheiratete und unverheiratete Paare über Fördermittel aus der Richtlinie des Bundesministerium für
Familie, Senioren, Frauen und Jugend eine künstliche Befruchtung zu finanzieren, könne nicht in allen Bundes-
ländern genutzt werden. Deshalb würden bundeseinheitliche Regelungen benötigt. Auch angesichts der unter-
schiedlichen internationalen Regelungen zur assistierten Reproduktion und des vielfältigen „Reproduktions-Tou-
rismus“ sei eine breite gesellschaftspolitische Debatte zum Thema Fortpflanzungsmedizin hierzulande notwendig.
Die Fraktion DIE LINKE. stimmte zwar dem Ansatz der gleichberechtigten Behandlung von ehelichen und
nichtehelichen Partnerschaften bei der künstlichen Befruchtung zu, kritisierte aber, dass nicht beachtet werde,
dass die beratenden Ärzte in der Regel wirtschaftliche Interessen verfolgten und deshalb psychische und physische
Belastungen einer künstlichen Befruchtung, die besondere Situation der Spenderkinder oder nichtmedizinische
Alternativen bei der Beratung oft nicht deutlich herausstellten. Das Gesetz leiste daher der Reproduktionsindustrie
Vorschub. Enttäuschend sei vor allem, dass der GKV-Zuschuss nicht erhöht werde. Dadurch bleibe die künstliche
Befruchtung weiterhin ein Privileg der Besserverdienenden. Bei der heterologen Insemination müssten die Rechte
der Spenderkinder stärker berücksichtigt werden, indem z. B. der Samenspender registriert werde. Aus diesen
Gründen könne man dem Gesetzentwurf nicht zustimmen.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wies darauf hin, dass die bestehende Ungleichbehandlung von ehe-
lichen und nichtehelichen Partnerschaften Anlass für den Gesetzentwurf gewesen sei. Letztere hätten derzeit kei-
nen Anspruch auf eine partielle Kostenübernahme durch die GKV, auch nicht über eine freiwillige Satzungsleis-
tung der versichernden Krankenkasse. Deswegen wollen man nichteheliche Lebensgemeinschaften und eingetra-
genen Lebenspartnerschaften in den Kreis der Anspruchsberechtigen nach § 27a SGB V einbeziehen. Die Vo-
raussetzung für eine künstliche Befruchtung sei die medizinische Notwendigkeit. Zudem solle die medizinisch
indizierte heterologe Insemination (ohne die Kosten für den Samen selbst) ebenfalls als Kassenleistung aufge-
nommen werden. Die genannten Kritikpunkte hätten mit der Intension des Gesetzentwurfs nichts zu tun, da fami-
lien-, erb- und zivilrechtliche Fragen an anderer Stelle geregelt werden müssten. Hier sei die Bundesregierung in
der Verantwortung.

Drucksache 18/7517 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Berlin, den 27. Januar 2016

Mechthild Rawert
Berichterstatterin

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