BT-Drucksache 18/7478

Nachfragen zu den Selektorenlisten von NSA und BND

Vom 2. Februar 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/7478
18. Wahlperiode 02.02.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. André Hahn, Martina Renner, Frank Tempel,
Kersten Steinke, Halina Wawzyniak und der Fraktion DIE LINKE.

Nachfragen zu den Selektorenlisten von NSA und BND

In einer Pressemitteilung zur „Fernmeldeaufklärung des Bundesnachrichten-
dienstes“ vom 23. April 2015 teilt die Bundesregierung u. a. mit, dass das Bun-
deskanzleramt prüft, ob die Antworten der Bundesregierung zu den zu diesem
Sachverhalt gestellten Fragen weiterhin uneingeschränkt Bestand haben.
In der Antwort des Bundeskanzleramtes auf eine Schriftliche Frage der Abgeord-
neten Martina Renner (DIE LINKE.) teilte der Staatssekretär und Beauftragte für
die Nachrichtendienste des Bundes Klaus-Dieter Fritsche am 5. Dezember 2015
mit, dass elf parlamentarische Anfragen zur sogenannten NSA-Selektorenliste
(NSA: National Security Agency) geprüft worden sind. Die im Abschlussbericht
der von der Bundesregierung eingesetzten Sachverständigen Vertrauensperson,
Dr. Kurt Graulich, dargestellten Prüfungsergebnisse hätten bei sechs dieser An-
fragen Auswirkungen. Diese Antwort wurde auf Nachfrage der Abgeordneten
Martina Renner in einem Brief von Staatssekretär Fritsche bestätigt und präzi-
siert.
Mit der Kleinen Anfrage wird der Bundesregierung nunmehr die Möglichkeit ge-
geben, ihre Antworten auf parlamentarische Anfragen unter Einbeziehung neuer
Erkenntnisse gegenüber dem Parlament und der Öffentlichkeit zu korrigieren.

Wir fragen die Bundesregierung:
I. Kleine Anfrage der Fraktion der SPD, Bundestagsdrucksache 17/14456 vom

26. Juli 2015

1. Welche Hinweise hat die Bundesregierung darauf, ob, und inwieweit deut-
sche oder europäische staatliche Institutionen oder diplomatische Vertretun-
gen Ziel von US-Spähmaßnahmen oder Ähnlichem waren?

2. Inwieweit wurde die deutsche und europäische Regierungskommunikation
sowie die Parlamentskommunikation überwacht?

3. Konnten die Ergebnisse der Gespräche der Bundesregierung dieses aus-
schließen?

II. Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE., Bundestagsdrucksache 17/14512
vom 2. August 2013

4. Werden Daten von Unternehmen mit Sitz in Deutschland für PRISM oder
von vergleichbaren Programmen erhoben oder verarbeitet?

Drucksache 18/7478 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
 

III. Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Bundestags-
drucksache 17/14302 vom 27. August 2013

5. Hat die Bundesregierung Anhaltspunkte, dass Geheimdienste der USA oder
Großbritanniens die Kommunikation in deutschen diplomatischen Vertretun-
gen ebenso wie in EU-Botschaften überwachen (vgl. SPIEGEL ONLINE,
29. Juni 2013), und wenn ja, welche?

6. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über eine etwaige Überwa-
chung der Kommunikation der EU-Einrichtungen oder diplomatischen Ver-
tretungen in Brüssel durch die NSA, die angeblich von einem besonders ge-
sicherten Teil des NATO-Hauptquartiers im Brüsseler Vorort Evere aus
durchgeführt wird (vgl. SPIEGEL ONLINE, 29. Juni 2013)?

IV. Schriftliche Frage des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele, Bundestags-
drucksache 17/14803, Frage 23

7. Kann die Bundesregierung ausschließen, dass der US-Geheimdienst NSA
ebenso wie andere befreundete Staaten auch Deutschland heimlich ausspäht,
insbesondere wie französische (vgl. SPIEGEL ONLINE, 1. September
2013/8:13) auch deutsche Ministerien, Botschaften, Vertretungen bei den
Vereinten Nationen und der Europäischen Union überwacht, seine weltweit
etwa 85 000 Trojaner (vgl. a. a. O.) auch in Computern deutscher Behörden
sowie Bürger platziert hat, wie mexikanische und brasilianische Staatschefs
(vgl. SPIEGEL ONLINE, 3. September 2013/6:32) auch die Kommunika-
tion der Bundeskanzlerin überwacht und systematisch entschlüsselt (vgl.
SPIEGEL ONLINE, 6. September 2013/0:41), und haben sich nach Erkennt-
nissen der Bundesregierung – angesichts des öffentlichen Eingeständnisses
der Bundeskanzlerin (im TV-Kanzlerduell, 1. September 2013, 1:13:11: „das
kann sein“) – auch aus Deutschland stammende oder hier tätige Unternehmen
an den geheimen Entschlüsselungs-„Partnerschaften“ mit angloamerikani-
schen Geheimdiensten beteiligt (vgl. DIE WELT, 6. September 2013/15:09),
insbesondere von den 92 am 5. September 2013 durch „WikiLeaks“ ver-
öffentlichten Spionage-Software-Produzenten (vgl. www.heise.de, 5. Sep-
tember 2013), wie die Münchener trovicor GmbH, ELAMAN GmbH oder
Gamma International GmbH, die Aachener Utimaco Safeware AG oder die
Homburger (Uher-)ATIS systems GmbH?

V. Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Bundestags-
drucksache 18/38 vom 6. November 2013

8. Welche bisherigen deutschen Bundeskanzler außer Bundeskanzlerin Dr. An-
gela Merkel, Regierungsmitglieder, Vertreterinnen oder Vertreter nachge-
ordneter Behörden und diplomatischer Vertretungen wurden durch die NSA
und andere Geheimdienste nach Kenntnis der Bundesregierung überwacht
(bitte nach betroffenen Regierungsmitgliedern bzw. nachgeordneten Behör-
den oder Vertretungen, nach Zeiträumen und Urhebern aufschlüsseln)?

9. Welche weiteren Regierungschefs und Staatsoberhäupter welcher anderen
Staaten wurden oder werden nach Kenntnis der Bundesregierung durch die
NSA vergleichbar überwacht?

10. Bewertet die Bundesregierung die Versicherungen der NSA und des briti-
schen Geheimdienstes GCHQ (Government Communications Headquarters),
auf deutschem Boden gelte deutsches Recht und die USA unternähmen
nichts entgegen deutschen Interessen, immer noch als glaubwürdig (Presse-
statement von Kanzleramtsminister Ronald Pofalla vom 12. August 2013)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/7478
 

VI. Schriftliche Frage des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele, Bundestags-
drucksache 18/268, Frage 28

11. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung dazu, dass der britische Ge-
heimdienst GCHQ sowie die US-amerikanische NSA – dem Nachrichtenma-
gazin „DER SPIEGEL“ vom 20. Dezember 2013 zufolge – zwischen 2008
bis 2011 die Telekommunikation von Hunderten prominenten Zielen in
60 Staaten überwacht haben (Bundesministerien, deutsche Botschaft in Ru-
anda, EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia, der UN-Landwirt-
schaftsorganisation FAO – Food and Agriculture Organization, dem Kinder-
hilfswerk der Vereinten Nationen UNICEF – United Nations Children’s
Fund, der Nichtregierungsorganisation Ärzte der Welt e. V., der Unterneh-
men Thales Deutschland GmbH sowie TOTAL Deutschland GmbH), und
welche Maßnahmen zu weiterer Aufklärung und Unterbindung dessen wird
die Bundesregierung ergreifen, etwa durch Veranlassung eines EU-Vertrags-
verletzungsverfahrens gemäß den Artikeln 258 bis 260 des Vertrages über
die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) gegen Großbritannien?

VII. Weitere Fragen
12. Bei welchen weiteren parlamentarischen Anfragen zur Thematik Selektoren

der NSA sowie des Bundesnachrichtendienstes (BND) aus der 18. Wahlpe-
riode sind nach dem aktuellen Kenntnisstand der Bundesregierung, u. a. auch
im Ergebnis der Prüfungen des Parlamentarischen Kontrollgremiums (siehe
Öffentliche Erklärung des Parlamentarischen Kontrollgremiums zum vorläu-
figen Ergebnis aus der Untersuchung der „BND-eigenen Fernmeldeaufklä-
rung“ vom 16. Dezember 2015) Korrekturen bei Antworten der Bundesre-
gierung erforderlich?

13. Welche Gründe waren dafür ursächlich, dass die in den Schreiben des
Staatssekretärs und Beauftragten für die Nachrichtendienste des Bundes
Klaus-Dieter Fritsche vom 5. und 16. Dezember 2015 unter den Nummern 1
bis 3 und 6 bis 8 aufgeführten Kleine Anfragen und Schriftlichen Fragen
nicht vollständig, umfassend bzw. sachlich richtig beantwortet wurden?

14. Welche dieser Fragen wurden wissentlich falsch beantwortet?
15. Wer trägt für diese o. g. unzutreffenden Antworten die Verantwortung, und

welche Schlussfolgerungen/Konsequenzen wurden diesbezüglich in der
Bundesregierung sowie den betroffenen obersten Bundesbehörden und
Nachrichtendiensten gezogen?

Berlin, den 2. Februar 2016

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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