BT-Drucksache 18/7461

Weiterer Umgang mit Atommüll aus den Reaktoren Arbeitsgemeinschaft Versuchsreaktor Jülich (AVR) und Thorium-Hochtemperatur-Reaktor (THTR-300) Hamm-Uentrop

Vom 28. Januar 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/7461
18. Wahlperiode 28.01.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Oliver Krischer, Annalena Baerbock,
Bärbel Höhn, Christian Kühn (Tübingen), Steffi Lemke, Peter Meiwald,
Dr. Julia Verlinden und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Weiterer Umgang mit Atommüll aus den Reaktoren Arbeitsgemeinschaft
Versuchsreaktor Jülich (AVR) und Thorium-Hochtemperatur-Reaktor (THTR-300)
Hamm-Uentrop

Der Kugelhaufenreaktor AVR Jülich (Arbeitsgemeinschaft Versuchsreaktor Jü-
lich) wurde am 31. Dezember 1988 nach 21 Betriebsjahren, verschiedenen Stör-
fällen und gravierenden Sicherheitsmängeln abgeschaltet. Die 152 Castor-Behäl-
ter mit 300 000 hoch radioaktiven Brennelementekugeln aus dem AVR befinden
sich derzeit im Behälter-Zwischenlager in Jülich. Am 2. Juli 2014 hat die nord-
rhein-westfälische Atomaufsicht verfügt, dass die abgebrannten Brennelemente
nicht länger dort aufbewahrt werden dürfen, da für dieses Zwischenlager keine
ausreichenden Nachweise zur Erdbebensicherheit erbracht werden konnten. Für
den Verbleib der AVR-Brennelemente werden derzeit drei Optionen geprüft: Ex-
port in die Wiederaufbereitungsanlage Savannah River National Lab im US-Bun-
desstaat South Carolina, ein Transport in das Transportbehälterlager Ahaus sowie
der Neubau eines Zwischenlagers direkt am Standort in Jülich. Der Thorium-
Hochtemperatur-Reaktor (THTR-300) Hamm-Uentrop wurde im Jahr 1983 test-
weise in Betrieb genommen, 1987 an den Betreiber übergeben und im September
1989 nach diversen Störfällen aus technischen, sicherheitstechnischen und wirt-
schaftlichen Überlegungen nach nur 423 Tagen Volllastbetrieb endgültig stillge-
legt. Die bestrahlten Brennelemente aus dem THTR lagern derzeit im Transport-
behälterlager Ahaus.
Im Januar 2016 hat das amerikanische Department of Energy (DOE) die Ent-
wurfsfassung der Umweltverträglichkeitsprüfung für die „Acceptance and dispo-
sition of spent nuclear fuel containing U.S.-origin highly enriched uranium from
the Federal Republic of Germany“ vorgelegt: http://energy.gov/sites/prod/
files/2016/01/f28/Draft%20DOE%20EA%201977_FOR%20PUBLIC.pdf.
In ihrem Beschluss (K-Drs. 131) vom 2. Oktober 2015 spricht sich die Kommis-
sion Lagerung hoch radioaktiver Abfälle für die gesetzliche Einführung eines ge-
nerellen Exportverbots für hoch radioaktive Abfälle aus und fordert die Bundes-
regierung auf, eine Neuregelung zu einem Exportverbot auch für bestrahlte
Brennelemente aus Forschungsreaktoren zu erarbeiten.

Drucksache 18/7461 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
 

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung bezüglich der Gründe aufgrund

derer die US-Energiebehörde DOE in ihrer kürzlich veröffentlichten Um-
weltverträglichkeitsprüfung (UVP) von Annahme und Verarbeitung der
Brennelementegeln aus dem AVR Jülich und dem THTR Hamm-Uentrop
ausgeht, wo doch Vertreter der Bundesregierung immer wieder behauptet ha-
ben, den Export in die USA der in Ahaus lagernden Brennelementekugeln
des THTR sei nicht geplant (siehe z. B. Antwort auf die Mündliche Frage 25
von Oliver Krischer auf Bundestagsdrucksache 18/3360)?

2. Was ist der konkrete Inhalt des in der UVP auf Seite 2 genannten Schreibens
„Schütte, 2012. Letter from Dr. Georg Schütte, State Secretary, Federal Re-
public of Germany Ministry of Education and Research (Bundesministerium
fur Bildung und Forschung) to Thomas P. D’Agostino, Under Secretary for
Nuclear Security, Department of Energy, Washington, D.C., February 27“
(bitte möglichst detailliert darlegen)?

3. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung bezüglich Höhe und genauem
Verwendungszweck der bisher aufgewendeten finanziellen Mittel im Zu-
sammenhang mit einem möglichen Export der abgebrannten Brennelemente
in die USA aus
a) dem AVR Jülich,
b) dem THTR Hamm-Uentrop
(bitte jeweils detailliert nach Jahren aufschlüsseln)?

4. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung bezüglich Höhe und genauem
Verwendungszweck der finanziellen Mittel, die im Jahr 2015 aus Deutsch-
land nach Savannah River Site geflossen sind, und welche finanziellen Mittel
wurden für 2016 für welche Zwecke zugesagt?

5. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung bezüglich dem aktuellen Zeit-
und Kostenplan für die Prüfung der drei Optionen zum Umgang mit dem
Atommüll aus dem AVR:
a) Export nach Savannah River Site (SRS), USA,
b) ein Transport in das Transportbehälterlager Ahaus,
c) Neubau eines Zwischenlagers direkt am Standort in Jülich
(bitte jeweils detailliert aufschlüsseln)?

6. Wann rechnet die Bundesregierung mit einer Konkretisierung, welche dieser
drei Optionen vorrangig verfolgt werden soll, bzw. gibt es bereits Erkennt-
nisse dazu, und wenn ja, welche (bitte mit Begründung)?

7. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung bezüglich eines evtl. geplanten
Transportes von 30 Kilogramm Plutonium aus Deutschland nach Savannah
River Site?

8. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung bezüglich konkreter Schritte,
die zur Prüfung und Verwirklichung der Option „Neubau eines Zwischenla-
gers direkt am Standort Jülich“ ergriffen worden sind, und wie ist der jeweils
aktuelle Umsetzungsstand?

9. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung bezüglich des Vorschlags der
Geschäftsführung der JEN mbH, die Option „Neubau eines Zwischenlagers
direkt am Standort Jülich“ nicht weiter zu verfolgen, und wenn ja, wie hat
sie diesen Vorschlag begründet?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/7461
 

10. Wie bewertet die Bundesregierung die Feststellung der US-Behörden im
Vortrag www.admin.sc.gov/files/nac/German%20Fuel%20Processing%20
Update.pdf, wonach noch zahlreiche Untersuchungen und Vorarbeiten zu er-
ledigen sind, die wahrscheinlich noch Jahre in Anspruch nehmen werden,
bevor die AVR-Brennelemente in die USA exportiert werden können, und
welche Konsequenzen haben diese Aussagen der US-Behörden auf die Pla-
nungen der Bundesregierung bezüglich des weiteren Umgangs mit den AVR-
Castoren?

11. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung bezüglich der Aussage des US-
amerikanischen DOE, wonach dieses erst nach Errichtung einer Pilot-Anlage
zur Aufarbeitung der Kugeln entscheiden will, ob die deutschen Kugeln
übernommen werden, und welche Konsequenzen ergeben sich daraus für das
weitere Vorgehen der Bundesregierung?

Berlin, den 28. Januar 2016

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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