BT-Drucksache 18/7429

Anrechnung von Treibhausgasemissionsminderungen im Rahmen der Umsetzung der EU-Kraftstoffqualitätsrichtlinie

Vom 27. Januar 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/7429
18. Wahlperiode 27.01.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Bärbel Höhn, Oliver Krischer, Stephan Kühn (Dresden),
Annalena Baerbock, Sylvia Kotting-Uhl, Christian Kühn (Tübingen), Steffi Lemke,
Peter Meiwald, Dr. Julia Verlinden und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Anrechnung von Treibhausgasemissionsminderungen im Rahmen
der Umsetzung der EU-Kraftstoffqualitätsrichtlinie

In der im Jahr 2015 verabschiedeten europäischen Richtlinie 2015/652/EG zur
Festlegung von Berechnungsverfahren und Berichterstattungspflichten gemäß
der Richtlinie 98/70/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die
Qualität von Otto- und Dieselkraftstoffen ist vorgesehenen, dass Emissionsmin-
derungen nicht mehr nur durch die Verwendung von Biokraftstoffen erreicht wer-
den können, sondern auch über alternative Wege. Dazu gehören die durch Nut-
zung strombasierter Kraftstoffe (Power-To-Gas oder Power-To-Liquid) erzielten
Minderungen an Treibhausgas genauso wie die Nutzung von Strom in Elektro-
fahrzeugen. Eine weitere voll anrechenbare Methode ist die sogenannte Up-
stream-Emissionsreduktion (UER), die bei der Gewinnung von Erdöl selbst ge-
schieht. Dabei werden Effizienzgewinne, z. B. durch „Flaring“ (Verbrennen) statt
„Venting“ (einfaches Ablassen), von als Nebenprodukt auftretendem Gas als Re-
duktion gewertet. Insbesondere die Anrechnung von Gutschriften, die bei der Ge-
winnung von Erdöl selbst erzielt werden, wirft Fragen auf, einerseits zu den Be-
rechnungsmethoden, andererseits zum Klimabeitrag. Da Erdöl nur zu einem ge-
ringen Teil in der Europäischen Union selbst gefördert wird, ist fraglich, inwie-
fern die so erzielten Reduktionen an europäische und nationale Ziele anrechenbar
sind. Die Wahl der Berechnungsmethoden wiederum entscheidet mit über die
Frage der Zukunft von Biokraftstoffen im Kraftstoffmarkt. Die Richtlinie
2015/652/EG muss bis spätestens April 2017 in nationales Recht umgesetzt wer-
den. Dabei überlässt die Europäische Union den Mitgliedstaaten einen gewissen
Freiraum. Angesichts der Beschlüsse der Klimakonferenz von Paris, sollten die
nationalen Spielräume bei der Umsetzung der Richtlinie konsequent im Sinne des
Klimaschutzes erfolgen (http://klima-der-gerechtigkeit.boellblog.org/2015/03/
20/offsetting-in-der-eu-fuel-quality-directive-wie-man-teersandemissionen-durch-
mehr-teersandproduktion-ausgleichen-kann, www.transportenvironment.org/
publications/ngo-recommendations-upstream-emissions-reductions-fuel-quality-
directive und www.topagrar.com/news/Energie-Energienews-Biokraftstoffverband-
fuer-Anhebung-der-Treibhausgasquote-2647938.html).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie soll die Richtlinie 2015/652/EG zur Festlegung von Berechnungsver-

fahren und Berichterstattungspflichten gemäß der Richtlinie 98/70/EG des
Europäischen Parlaments und des Rates über die Qualität von Otto- und Die-
selkraftstoffen in nationales Recht umgesetzt werden, und welchen Zeitplan
verfolgt die Bundesregierung?

Drucksache 18/7429 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
2. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung das Potenzial zur Minde-
rung von sog. Upstream-Emissionsreduktionen bei der Erdölförderung inner-
halb der Europäischen Union?

3. Sollen nach den Vorstellungen der Bundesregierung Upstream-Emissions-
reduktionen, die bei der Erdölförderung in Staaten außerhalb der Europäi-
schen Union erreicht werden, auf deutsche bzw. europäische Ziele angerech-
net werden können?

4. Kann nach Kenntnis der Bundesregierung absolut sichergestellt werden, dass
solche Emissionsminderungen nicht doppelt angerechnet werden, z. B. durch
mehrere Mitgliedstaaten gleichzeitig, und wenn ja, wie?

5. Wie kann nach Kenntnis der Bundesregierung sichergestellt werden, dass
Upstream-Emissionsreduktionen auch real erzielt werden und nicht nur auf
dem Papier?

6. Ist es nach Auffassung der Bundesregierung in diesem Zusammenhang
sinnvoll, dass etwaige Treibhausgasminderungen, die durch Upstream-Emis-
sionsreduktionen erreicht werden, durch den Vergleich mit einem Standard-
wert ermittelt werden und damit unabhängig von der tatsächlichen Emissi-
onssituation an der entsprechenden Quelle?

7. Entspricht der festgesetzte Standardwert des Jahres 2010 – auf den bezogen
etwaige Emissionsminderungen bei der Erdölförderung errechnet werden
können – noch dem aktuellen Stand oder ist die Erdölförderung seitdem auf-
wendiger geworden und deshalb mit zusätzlichen Treibhausgasemissionen
verbunden, wenn ja, lässt sich dies beziffern?

8. Sieht die Bunderegierung durch die Anerkennung von Upstream-Emissions-
reduktionen eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes gegenüber erneuer-
baren Energien (Strom oder Biokraftstoffe), insbesondere vor dem Hinter-
grund der unterschiedlichen Anforderungen an Treibhausgaseinsparungen,
wie unterschiedliche Nachweisführung, Netto- vs. Brutto-Einsparungen,
Book & Claim vs. Massenbilanz?

9. Können die Einsparungen an Treibhausgasemissionen durch Upstream-
Emissionsreduktionen, die außerhalb Deutschlands stattfinden, auf Klima-
ziele angerechnet werden, die Deutschland im Rahmen der UN-Klima-
rahmenkonvention und dem Kyoto-Protokoll eingegangen ist, und ist sicher-
gestellt, dass eine Doppelanrechnung über CDM- (Clean Development
Mechanism) oder JI-Projekte (Joint Implementation) ausgeschlossen ist,
wenn ja, wie?

10. Wie plant die Bundesregierung die Anrechnung von strombasierten Kraft-
stoffen bzw. die Nutzung von Strom in Elektrofahrzeugen umzusetzen, ins-
besondere die Berechnung der Treibhausgasemissionsminderungen und de-
ren Anrechnung für die Quotenverpflichteten?

Berlin, den 26. Januar 2016

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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