BT-Drucksache 18/7407

Patientennutzen, Relevanz und Wirkungen der ambulanten spezialärztlichen Versorgung (ASV)

Vom 27. Januar 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/7407
18. Wahlperiode 27.01.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Harald Terpe, Maria Klein-Schmeink,
Elisabeth Scharfenberg, Kordula Schulz-Asche, Corinna Rüffer und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Patientennutzen, Relevanz und Wirkungen der ambulanten spezialärztlichen
Versorgung (ASV)

Zum 1. Januar 2012 wurde in § 116b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch
(SGB V) die so genannte ambulante spezialfachärztliche Versorgung (ASV) einge-
führt. Ziel der Bundesregierung war es, für Patientinnen und Patienten mit
HIV/Aids, Krebs, Multipler Sklerose und anderen schweren oder seltenen Erkran-
kungen eine interdisziplinäre Behandlung durch Teams von Ärztinnen und Ärzten
aus Krankenhäusern und dem ambulanten Bereich zu ermöglichen.
Im Vorfeld der Einführung der ASV bestand darüber hinaus die Hoffnung, in ei-
nem neuen Versorgungsbereich die Möglichkeit zur Sektor übergreifenden und
stärker wettbewerblichen Versorgung auszuprobieren, wie es beispielsweise der
Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen
(SVR) in seinem Sondergutachten 2012 empfohlen hatte. Eine solche Strukturin-
novation war vom Gesetzgeber jedoch nicht gewollt.
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat bislang fünf krankheitsspezifi-
sche Regelungen für die ASV verabschiedet, von denen drei bereits in Kraft ge-
treten sind. Diese Konkretisierungen bestehen für Tuberkulose, gastrointestinale
Tumore und Tumore der Bauchhöhle, das Marfan-Syndrom, gynäkologische Tu-
more sowie die pulmonale arterielle Hypertonie.
Eine regelhafte Evaluation der ASV ist nicht vorgesehen. Insofern ist offen, ob
die durch den damaligen Gesetzgeber beabsichtigten Wirkungen eingetreten sind,
wie relevant die ambulante spezialfachärztliche Versorgung für den Versorgungs-
alltag der Patientinnen und Patienten ist, ob tatsächlich eine Verbesserung der
Versorgung eingetreten ist und welche Kostenwirkungen für die gesetzliche
Krankenversicherung entstanden sind.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. a) Wie viele Patientinnen und Patienten sind nach Kenntnis der Bundesre-

gierung von den bereits durch den G-BA konkretisierten Indikationen
etwa jeweils betroffen (bitte ungefähre Anzahl getrennt nach Indikatio-
nen darstellen), und wie viele von ihnen werden bereits nach Kenntnis
der Bundesregierung im Rahmen der ambulanten spezialärztlichen Ver-
sorgung behandelt (bitte Anzahl einzeln nach Indikationen darstellen)?

b) Wenn die Bundesregierung keine Angaben zur Zahl der in der ASV be-
handelten Patientinnen und Patienten besitzt, auf welcher Grundlage be-
wertet sie die Versorgungsrelevanz der ASV?

Drucksache 18/7407 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
 

2. Inwieweit hat sich die Versorgung der betroffenen Patientinnen und Patienten
nach Ansicht der Bundesregierung durch die ASV verbessert?
Auf welcher Grundlage kommt die Bundesregierung zu ihrer Einschät-
zung?

3. Welche weiteren Erkrankungen sollen nach Kenntnis der Bundesregierung
in die ASV integriert werden, und zu welchem Zeitpunkt?

4. Welche Probleme in der Umsetzung der ASV sieht die Bundesregierung,
und was plant sie dagegen zu unternehmen?

5. Welche Notwendigkeiten der Weiterentwicklung und Optimierung der
ASV sieht die Bundesregierung, und was plant sie zu unternehmen?

6. Wie beurteilt die Bundesregierung die Empfehlung des Sachverständigen-
rates zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen (SVR), für
den Bereich der ASV selektive Vertragsoptionen für die gesetzlichen Kran-
kenkassen zu schaffen (vgl. SVR-Sondergutachten 2012, S. 274 f.)?

7. a) Wie hoch sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Leistungsausga-
ben für ärztliche Leistungen bzw. Medikamente im Rahmen der ASV
pro Quartal?

b) Welche Entwicklung der Ausgaben im Zeitverlauf ist erkennbar?
8. Welche finanziellen Auswirkungen auf die gesetzlichen Krankenkassen

sind zu beobachten (Leistungsausgaben pro Patientin/ pro Patient abzüg-
lich Vergütungsbereinigung gegenüber der Kassenärztlichen Vereini-
gung)?

9. a) Sind bereits jetzt Mehrkosten für die gesetzlichen Krankenkassen im
Vergleich zu früheren Behandlungsangeboten außerhalb der ASV er-
kennbar?
Wenn ja, in welcher Höhe?

b) In welcher Weise sind hierfür aus Sicht der Bundesregierung Effekte
einer Mengenausweitung ursächlich?

10. Wie viele Teilnahmeanzeigen wurden für die einzelnen Indikationen und
je Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung (KV-Bezirk) bereits bei den
erweiterten Landesausschüssen (eLA) eingereicht (bitte einzeln aufschlüs-
seln)?

11. a) Wie viele ASV-Berechtigungen sind in den einzelnen Indikationen je
KV-Bezirk bereits erteilt worden?

b) Stimmt diese Zahl mit den im ASV-Register der ASV-Servicestelle ver-
öffentlichten berechtigten ASV-Teams überein?
Falls nein, was sind die Gründe für gegebenenfalls vorhandene Diskre-
panzen?

12. Wie viele Teilnahmeanzeigen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung
abgelehnt, und aus welchen Gründen?

13. Bestehen nach Kenntnis der Bundesregierung Unterschiede in der Prüfung
der einzelnen erweiterten Landesausschüsse, die zu einer Ungleichbehand-
lung von ASV-Antragstellern führen?

14. a) Wie ist die Verteilung von Vertragsärztinnen und Vertragsärzten sowie
Krankenhäusern bei den ASV-berechtigten Leistungserbringern?

b) Lassen sich nach Kenntnis der Bundesregierung Unterschiede in der
Verteilung zwischen städtischen und ländlichen Regionen erkennen?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/7407
 

c) In welchen Regionen zeichnet sich nach Kenntnis der Bundesregierung
eine Über- oder Unterversorgung mit Angeboten der ASV ab?

15. Haben Krankenhäuser, die eine Berechtigung nach § 116b SGB V alter
Fassung für eine der bereits in der ASV umgesetzten Indikationen aufwei-
sen, nach Kenntnis der Bundesregierung Teilnahmeanzeigen bei den erwei-
terten Landesausschüssen eingereicht?
Falls nein, warum nicht?

16. a) Wie wird nach Kenntnis der Bundesregierung gewährleistet, dass Pati-
entinnen und Patienten zeitnah und dem individuellen Versorgungsbe-
darf entsprechend von der kurativen ASV-Versorgung in eine palliative
Versorgung übergeleitet werden?

b) Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse vor, ob, und wie in Einzelfäl-
len eine solche Überleitung bereits stattgefunden hat?

c) Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung im Rahmen der ASV An-
reize, die eine bedarfsgerechte Überleitung im Einzelfall behindern kön-
nen?

d) Ist zur bedarfsgerechten Überleitung von der ASV in eine palliative Ver-
sorgung eine Begleitforschung seitens der Bundesregierung beabsich-
tigt?
Wenn nein, warum nicht?
Wenn ja, wann wird diese realisiert, und durch wen?

17. a) Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass die Hochschulambu-
lanzen bereits im Rahmen ihrer bisherigen Ermächtigung für Forschung
und Lehre nach § 117 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 SGB V unter anderem
die gleichen Indikationsgebiete wie die ASV versorgen können?

b) Inwieweit ergibt sich hier durch die neue Ermächtigung der Hochschul-
ambulanzen nach § 117 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 SGB V (Personen,
die wegen Art, Schwere oder Komplexität ihrer Erkrankung einer Un-
tersuchung oder Behandlung durch die Hochschulambulanz bedürfen)
eine Veränderung im Verhältnis von Hochschulambulanzen und ASV?

Berlin, den 26. Januar 2016

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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