BT-Drucksache 18/7403

Tödliche Gefahr für Vögel (Vogelschlag) an Glasoberflächen

Vom 27. Januar 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/7403
18. Wahlperiode 27.01.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Oliver Krischer, Steffi Lemke, Annalena Baerbock,
Matthias Gastel, Bärbel Höhn, Sylvia Kotting-Uhl, Christian Kühn (Tübingen),
Peter Meiwald, Dr. Julia Verlinden und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Tödliche Gefahr für Vögel (Vogelschlag) an Glasoberflächen

Transparente und spiegelnde Oberflächen, wie große Fensterscheiben, Büro-
türme, Wartehäuschen oder Lärmschutzwände aus Glas, können für Vögel eine
tödliche Gefahr sein. Schätzungen zufolge sterben in Europa jährlich rund 90 Mil-
lionen Vögel (siehe FÖRSTER, J./ GÜTZ, R. (2015): Vogelschlag an Glas –
BUND NRW e. V. − www.vogelsicherheit-an-glas.de/fileadmin/bundgruppen/
bcmsvogelsicherheit/Materialien/2015_12_broschuere_vogelschlag_web.pdf)
nach Kollisionen mit Glasscheiben oder anderen spiegelnden Oberflächen. Glas
ist für Vogelaugen unsichtbar, die Umgebung (etwa Himmel oder Vegetation)
spiegelt sich in den Scheiben oder es wird eine Durchsicht und damit eine freie
Flugbahn suggeriert – eine fatale Täuschung. Nachts kann künstliches Licht diese
Wirkung verstärken, wenn ziehende Vögel angelockt und desorientiert an Glas-
scheiben prallen. Alleine der erleuchtete Post-Tower in Bonn forderte in einem
Jahr etwa 1000 nächtliche Vogelopfer (siehe HAUPT, H. (2009): Der Letzte
macht das Licht an! – Zu den Auswirkungen leuchtender Hochhäuser auf den
nächtlichen Vogelzug am Beispiel des „Post-Towers“ in Bonn – Charadrius 45
(1): 1-19 – www.vogelglas.info/public/haupt_charadrius_2009.pdf). Auch tags-
über können an Glasscheiben einzelner Gebäude hunderte Vögel pro Jahr
umkommen (siehe www.ruhrnachrichten.de/staedte/dortmund/120-000-Voegel-
sterben-pro-Jahr;art930,1056724).
Nach der Vogelschutzrichtlinie der Europäischen Union (EU) (Richtlinie 2009/
147/EG) ist es ein gemeinsames Ziel der EU, die Bestände aller wildlebenden,
heimischen Vogelarten „auf einem Stand zu halten oder auf einen Stand zu brin-
gen, der insbesondere den ökologischen, wissenschaftlichen und kulturellen Er-
fordernissen entspricht“.
Es ist also sowohl aus Artenschutz-, als auch aus Tierschutzsicht geboten hier zu
handeln.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung grundsätzlich aus Vogel-

kollisionen an Glasfassaden in Deutschland, und sieht sie regulatorischen
Änderungsbedarf für mehr Vogelschutz?

2. Wie viele Vögel kommen nach Kenntnis der Bundesregierung jährlich an
Glasfassaden in Deutschland um (Schätzung)?

3. Welche Forschungsergebnisse (bitte einzeln auflisten) liegen der Bundesre-
gierung über die Anzahl der verendeten Vögel vor?

Drucksache 18/7403 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
 

4. Sieht die Bundesregierung weiteren Forschungsbedarf zu den Fragen 2
und 3, und falls ja, welche Bemühungen werden durch die Bundesregierung
dort unternommen?
Falls nein, warum nicht?

5. Welche Möglichkeiten gibt es, Vogelschlag an Glasfassaden zu minimieren,
und mit welchen Maßnahmen setzt sich die Bundesregierung für die Mini-
mierung ein?

6. Wie werden die verschiedenen Vermeidungsmöglichkeiten von Vogelschlag
wissenschaftlich untersucht und bewertet (bitte Veröffentlichungen nennen)?

7. Gibt es ein einheitliches Gütesiegel (DIN, TÜV), das dem Verbraucher die
nachgewiesene Wirksamkeit bescheinigt, und falls nein, plant die Bundesre-
gierung ein solches?

8. Wie bewertet die Bundesregierung die in Österreich erarbeitete Technische
Regel „ONR 191040 Vogelschutzglas – Prüfung der Wirksamkeit“ fachlich
und hinsichtlich der Anwendbarkeit in Deutschland?

9. Wer hat in der Praxis auf welcher Rechtsgrundlage den Vogelschutz an Glas-
fassaden zu prüfen, und sieht die Bundesregierung hier Änderungsbedarf
(bitte begründen)?

10. Gibt es einheitliche Kriterien, nach denen die Prüfung zu erfolgen hat (z. B.
Anzahl der Todesfälle oder Kollisionsabdrücke pro Quadratmeter Gebäude-
oder Scheibenfläche)?
Falls ja, welche?
Falls nein, wie kann eine einheitliche Vorgehensweise in allen Kommunen
der Bundesrepublik Deutschland gesichert werden?

11. Wo (z. B. Bebauungsplan, Baugenehmigung) und in welcher Art sollte aus
Sicht der Bundesregierung der Vogelschutz bei Neubauten Berücksichtigung
finden?

12. Wie ist aus Sicht der Bundesregierung mit Bestandsgebäuden umzugehen,
die entweder nachweislich (z. B. Posttower in Bonn) oder mutmaßlich eine
erhebliche Gefahr für Vögel darstellen?

13. Wie kann die Gefährdung rechtssicher festgestellt werden?
14. Kann hier eine Nachrüstung zum Vogelschutz angeordnet werden?
15. Falls ja, welche Übergangsfristen sind hier zum Schutz der Eigentümer zu

beachten?
16. Ist der Vogelschlag an Glasfassaden rechtlich mit dem Vogelschlag an Wind-

krafträdern gleichzusetzen (bitte begründen)?
17. Wie setzt die Bundesregierung den Vogelschutz an bestehenden Gebäuden

und Neubauten im Eigentum der Bundesrepublik Deutschland um, und sieht
sie hier Änderungsbedarf (bitte begründen)?

Berlin, den 26. Januar 2016

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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