BT-Drucksache 18/7337

Todesopfer unter Flüchtlingen in die Bundesrepublik Deutschland und die Europäische Union im Jahr 2015

Vom 20. Januar 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/7337
18. Wahlperiode 20.01.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Frank Tempel, Wolfgang Gehrcke,
Jan van Aken, Christine Buchholz, Annette Groth, Inge Höger, Andrej Hunko,
Katrin Kunert, Dr. Alexander S. Neu, Kersten Steinke, Alexander Ulrich,
Halina Wawzyniak und der Fraktion DIE LINKE.

Todesopfer unter Flüchtlingen in die Bundesrepublik Deutschland und die
Europäische Union im Jahr 2015

Im Jahr 2015 kamen erneut tausende Menschen während der Flucht aus ihren
Herkunftsländern nach Europa ums Leben. Nach Angaben der Internationalen
Organisation für Migration (IOM) gelangten im Jahr 2015 990 671 Flüchtlinge
und Migranten nach Europa, davon 956 456 über die See- und 34 215 über
die Landroute (www.iom.int/news/eu-migrant-refugee-arrivals-land-and-sea-
approach-one-million-2015).
Besonders in den Sommermonaten wählten viele Flüchtlinge den gefährlichen
Weg über das Mittelmeer, dort starben nach offiziellen Schätzungen von Anfang
Januar bis Mitte Dezember 2015 3 695 Menschen. Die meisten von ihnen
– 2 889 – kamen auf der zentralen Mittelmeerroute, auf dem Weg nach Italien
und Malta, ums Leben. Auf der östlichen Mittelmeerroute starben auf dem Weg
nach Griechenland und Zypern 706 Flüchtlinge, 100 weitere starben auf dem
Weg nach Spanien (www.iom.int/news/eu-migrant-refugee-arrivals-land-and-
sea-approach-one-million-2015).
Mit dem Antrag „Das Mittelmeer darf nicht zum Massengrab werden – Für eine
Umkehr in der EU-Asylpolitik“ (Bundestagsdrucksache 18/4838) fordert die
Fraktion DIE LINKE. die Schaffung einer proaktiven und solidarischen EU-See-
notrettung in ziviler Hand bis hin an die libysche Grenze, die Abschaffung der
Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen
der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (FRONTEX) sowie die Schaffung
legaler
und sicherer Einreisewege für Schutzsuchende (z. B. Förderung des Familien-
nachzuges und Ausbau von Resettlement-Programmen). Darüber hinaus fordert
die Fraktion DIE LINKE. in dem Antrag die Abkehr von der Dublin III-Verord-
nung und die Einführung eines „free-choice“-Modells, welches Schutzsuchenden
die Möglichkeit gibt, ihr Zufluchtsland entsprechend bestehender familiärer Kon-
takte oder vorhandener Sprachkenntnisse selbst bestimmen zu können sowie eine
Verbesserung der Verfahrensstandards und Lebensbedingungen für Asylsu-
chende.
Mit ihrem Antrag „Unerlaubte Einreise von Flüchtlingen entkriminalisieren“
(Bundestagsdrucksache 18/6652) setzt sich die Fraktion DIE LINKE. für den Ab-
bau von Grenzkontrollen und weitergehender Maßnahmen (z. B. Grenzzäune) in
Reaktion auf die Einreise schutzsuchender Menschen ein und fordert einen
Gesetzentwurf zur Entkriminalisierung der Einreise von Menschen, die nach

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Grenzübertritt einen Antrag auf internationalen Schutz stellen, sowie der nicht
gewerbe- und bandenmäßigen Beihilfe hierzu.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie viele Personen sind nach Kenntnis der Bundesregierung im Jahr 2015

a) an den Landesgrenzen, Küsten, Seehäfen, Flughäfen bzw. im Grenzgebiet
der Bundesrepublik Deutschland,

b) an den Grenzen der Europäischen Union tot aufgefunden worden oder
nach Kenntnis der Bundesregierung ums Leben gekommen

(bitte nach Datum und Ort des Auffindens bzw. Todesfalls, Nationalität des
Opfers und Todesart bzw. Umständen des Todes aufschlüsseln)?

2. Wie viele Personen sind nach Kenntnis der Bundesregierung im Jahr 2015
mit körperlichen Verletzungen und Beeinträchtigungen durch Erfrierungen,
Unterkühlungen, Hunger bzw. Durst o. Ä. aufgegriffen worden, die sie sich
aller Voraussicht nach im Zuge ihres ggf. unerlaubten Grenzübertritts
a) in die Bundesrepublik Deutschland oder
b) in die Europäische Union zugezogen hatten
(bitte nach Datum und Ort, Nationalität des Opfers sowie Körperverletzungs-
art aufschlüsseln)?

3. Wie viele Personen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung im Jahr
2015 im Zuge ihres ggf. unerlaubten Grenzübertritts
a) durch die Bundespolizei oder Zollbeamte in Deutschland, und
b) durch die Bundespolizei- oder Zollbeamte an den Außengrenzen der Eu-

ropäischen Union
mittels unmittelbaren Zwangs bzw. im Zuge einer entsprechenden Nacheile
körperlich verletzt oder versehrt?
c) Wie viele Ermittlungs- und Disziplinarverfahren wurden diesbezüglich

eingeleitet, und mit welchem Ergebnis abgeschlossen oder eingestellt
(bitte aufschlüsseln)?

4. Wie viele Personen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung im Jahr
2015
a) in der Bundesrepublik Deutschland, und
b) in der Europäischen Union
im Zuge ihrer ggf. unerlaubten Grenzübertritte durch Privatpersonen verletzt
bzw. getötet (bitte nach Datum und Ort, Nationalität des Opfers und Todes-
bzw. Verletzungsart aufschlüsseln)?
c) Wie viele Ermittlungsverfahren wurden diesbezüglich eingeleitet und mit

welchem Ergebnis abgeschlossen oder eingestellt (bitte aufschlüsseln)?
5. Wie viele Personen sind nach Kenntnis der Bundesregierung im Jahr 2015

a) in der Bundesrepublik Deutschland, und
b) in der Europäischen Union
 tot aufgefunden worden, nachdem sie im Zuge ihres Versuchs der ggf.

unerlaubten Einreise in die Bundesrepublik Deutschland bzw. Europäi-
sche Union in ihrem Transportmittel Sauerstoffmangel, Hunger, Durst,
Kälte, Überhitzung o. Ä. ausgesetzt waren (bitte nach Datum und Ort, Na-
tionalität der Opfer, Transportmittel und Todesart aufschlüsseln)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/7337
 verletzt aufgefunden worden, nachdem sie im Zuge ihres Versuchs der
ggf. unerlaubten Einreise in die Bundesrepublik Deutschland bzw. EU in
ihrem Transportmittel Sauerstoffmangel, Hunger, Durst, Kälte, Überhit-
zung o. Ä. ausgesetzt waren (bitte nach Datum und Ort, Nationalität der
Opfer, Transportmittel und Verletzungsart aufschlüsseln)?

6. Falls zu den jeweils vorangegangenen Fragen 1 bis 5, insbesondere in Hin-
blick auf die Außengrenzen der Europäischen Union, keine auf amtlichen
Daten basierende Antwort gegeben werden kann,
a) welche Daten und sonstigen Erkenntnisse liegen der Bundesregierung

dazu ansonsten vor, z. B. aus den Berichten der bei FRONTEX eingesetz-
ten Bundesbeamten oder entsprechende Daten, mit denen etwa Einrich-
tungen wie das Gemeinsame Analyse- und Strategiezentrum illegale Mig-
ration (GASIM) arbeiten,

b) welche Daten von internationalen Organisationen oder Nichtregierungs-
organisationen hat die Bundesregierung zur Kenntnis genommen, und
welche Schlüsse und ggf. Konsequenzen zieht sie daraus?

c) Hält die Bundesregierung an ihrer zuletzt in ihrer Antwort zu Frage 6c der
Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache
18/927 geäußerten Auffassung fest, dass grundsätzlich kein Bedarf daran
besteht, die unter den Fragen 1 bis 5 angefragten Daten systematisch zu
erheben und auszuwerten, und wenn ja, mit welcher Begründung (bitte
inhaltlich mit der Relevanz dieser Daten für den Flüchtlingsschutz, die
effektivere Ausgestaltung des Grenzschutzes und die Bekämpfung der
Schleuserkriminalität auseinandersetzen)?

Berlin, den 19. Januar 2016

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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