BT-Drucksache 18/7273

zu dem Antrag der Abgeordneten Katrin Kunert, Wolfgang Gehrcke, Jan van Aken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. - Drucksache 18/6363 - Anerkennung von Kriegsdienstverweigerungen erleichtern

Vom 14. Januar 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/7273
18. Wahlperiode 14.01.2016

Beschlussempfehlung und Bericht
des Verteidigungsausschusses (12. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Katrin Kunert, Wolfgang Gehrcke, Jan van Aken,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 18/6363 –

Anerkennung von Kriegsdienstverweigerungen erleichtern

A. Problem

Nach den Bestimmungen des Kriegsdienstverweigerungsgesetzes ist für die Ver-
weigerung des Kriegsdienstes aus Gewissensgründen gemäß Artikel 4 Absatz 3
des Grundgesetzes ein begründeter Antrag erforderlich, mit dem ein Rechts-
schutzbedürfnis nachgewiesen werden kann.

Die Fraktion DIE LINKE. fordert die dahingehende Änderung des Kriegsdienst-
verweigerungsgesetzes, dass künftig eine einfache Willenserklärung in Schrift-
form oder zur Niederschrift genügen solle, um den Kriegsdienst aus Gewissens-
gründen zu verweigern.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion DIE
LINKE.

C. Alternativen

Keine.

D. Kosten

Keine.

Drucksache 18/7273 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 18/6363 abzulehnen.

Berlin, den 13. Januar 2016

Der Verteidigungsausschuss

Wolfgang Hellmich
Vorsitzender

Michaela Noll
Berichterstatterin

Dr. Fritz Felgentreu
Berichterstatter
Katrin Kunert
Berichterstatterin

Doris Wagner
Berichterstatterin
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/7273
Bericht der Abgeordneten Michaela Noll, Dr. Fritz Felgentreu, Katrin Kunert und
Doris Wagner

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache 18/6363 in seiner 136. Sitzung am 12. November 2015
beraten und zur federführenden Beratung dem Verteidigungsausschuss sowie zur Mitberatung dem Auswärtigen
Ausschuss, dem Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz, dem Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und
Jugend sowie dem Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Nach Ansicht der Antragsteller führe für viele Soldatinnen und Soldaten erst die Einsatzrealität mit dem Risiko,
töten zu müssen oder selbst getötet zu werden, dazu, dass sich die persönliche Einstellung zum Kriegsdienst an
der Waffe schlagartig ändere. In anderen Fällen gehe der Kriegsdienstverweigerung in der Regel ein längerer
Prozess des kognitiven Bewusstwerdens und der Bewusstseinsumkehr voraus. Die Anerkennungspraxis sei durch
eine subjektive Bewertung der zuständigen Bearbeiterinnen und Bearbeiter sowie durch ein restriktives Vorgehen
gekennzeichnet. Zudem seien in etlichen Fällen lange Bearbeitungszeiten sowie eine unzureichende Personalaus-
stattung des Bundesamtes für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben festzustellen. Auch seien die Anerken-
nungsquoten trotz häufig beigebrachter positiver Unterstützungserklärungen von Militärgeistlichen und Seelsor-
gern rückläufig. Da der Bedarf an Soldatinnen und Soldaten vor dem Hintergrund der Neuausrichtung der Bun-
deswehr steige, sei zudem zu befürchten, dass die Anerkennung von Kriegsdienstverweigerungen zukünftig noch
schwieriger werde, um die Durchhaltefähigkeit der Bundeswehr bei Auslandseinsätzen nicht zu beeinträchtigen.
Vor diesem Hintergrund solle das Verfahren zur Verweigerung des Kriegsdienstes erleichtert werden und die
Notwendigkeit eines begründeten Antrags entfallen.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Auswärtige Ausschuss hat in seiner 60. Sitzung am 13. Januar 2016 mit den Stimmen der Fraktionen
CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. die Ablehnung
des Antrags empfohlen.

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat in seiner 81. Sitzung am 13. Januar 2016 mit den Stimmen
der Fraktionen CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE.
die Ablehnung des Antrags empfohlen.

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat in seiner 51. Sitzung am 13. Januar 2016 mit den
Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion DIE
LINKE. die Ablehnung des Antrags empfohlen.

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe hat in seiner 51. Sitzung am 13. Januar 2016 mit
den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion
DIE LINKE. die Ablehnung des Antrags empfohlen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Verteidigungsausschuss hat den Antrag in seiner 57. Sitzung am 13. Januar 2016 beraten und empfiehlt als
Ergebnis mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen
der Fraktion DIE LINKE. die Ablehnung des Antrags.

Im Verlauf der Ausschussberatungen erklärte die Fraktion der CDU/CSU, es bestehe kein Änderungsbedarf.
Die Rechtslage sei hinreichend deutlich. Es handele sich bei der Verweigerung des Kriegsdienstes um eine Ge-
wissensentscheidung, die nur dann nachvollziehbar und ableitbar sei, wenn ihre Begründung offengelegt werde.

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Drucksache 18/7273 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Dieses sei notwendig, da niemand mehr zum Dienst an der Waffe gezwungen werde. Das derzeitige Verfahren
habe sich bewährt und es sei in diesem Zusammenhang daran zu erinnern, dass Deutschland als erster Staat der
Kriegsdienstverweigerung den Rang eines Grundrechts eingeräumt habe.

Die Fraktion der SPD stellte fest, der vorliegende Antrag sei rechtlich unnötig, da den Betroffenen der Rechts-
weg offen stehe, wenn sie sich ungerecht behandelt fühlten. Es bestehe daher kein Nachbesserungsbedarf. Seitdem
die Wehrpflicht ausgesetzt und die Bundeswehr eine Freiwilligenarmee sei, könne ein Antrag auf Kriegsdienst-
verweigerung nur noch erfolgen, wenn sich die persönliche Einstellung der Betroffenen nach dem freiwilligen
Eintritt in die Bundeswehr geändert habe. Dies mache es aber erforderlich, dass der Sinneswandel durch eine
Begründung auch nachvollzogen werden könne.

Die Fraktion DIE LINKE. betonte, dass es sich bei der Verweigerung des Kriegsdienstes um ein Grundrecht
gemäß Artikel 4 Absatz 3 Grundgesetz handele und dass es nicht nachvollziehbar sei, warum dieses Grundrechts
nur mit einer umfassenden Begründung in Anspruch genommen werde könne. Die Zahl der Anträge auf Kriegs-
dienstverweigerung bewegten sich nach ihrer Auffassung weiterhin auf einem hohen Niveau. Obwohl sich die
Rechtsgrundlage im Grundgesetz nicht geändert habe, sei festzustellen, dass die Zahl der Anerkennungen gesun-
ken sei. Dies zeige, dass sich der Umgang mit diesem Grundrecht verschärft habe. Vor diesem Hintergrund solle
daher die Genehmigungspraxis vereinfacht werden, da die Inanspruchnahme des Grundrechts nicht erschwert
werden dürfe.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN schloss sich der Ansicht an, die Hürden für das Berufen auf das
Recht der Kriegsdienstverweigerung dürften nicht zu hoch sein. Die Begründungspflicht der Kriegsdienstverwei-
gerung habe aber auch eine präventive Wirkung, um die Soldatinnen und Soldaten vor einer vorschnellen Ent-
scheidung zu schützen. Zudem gebe es mit dem Freiwilligen Wehrdienst gerade die Möglichkeit, den Dienst in
der Bundeswehr kennenzulernen und sich eine lang bindende Verpflichtung genau zu überlegen. Das Anerken-
nungsverfahren sei aber durchaus verbesserungswürdig. Es sollten neben den Sachbearbeitern und Juristen auch
Psychologen einbezogen werden, um die Entscheidung über die Anerkennung so unabhängig wie möglich zu
gestalten.

Berlin, den 13. Januar 2016

Michaela Noll
Berichterstatterin

Dr. Fritz Felgentreu
Berichterstatter
Katrin Kunert
Berichterstatterin

Doris Wagner
Berichterstatterin

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