BT-Drucksache 18/7160

Stand der Umsetzung des Gesetzes zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf

Vom 21. Dezember 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/7160
18. Wahlperiode 21.12.2015

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Elisabeth Scharfenberg, Kordula Schulz-Asche,
Maria Klein-Schmeink, Dr. Harald Terpe, Dr. Franziska Brantner,
Katja Dörner, Kai Gehring, Ulle Schauws, Tabea Rößner, Doris Wagner,
Beate Walter-Rosenheimer, Claudia Roth (Augsburg) und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Stand der Umsetzung des Gesetzes zur besseren Vereinbarkeit von Familie,
Pflege und Beruf

Am 1. Januar 2015 trat das Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege
und Beruf in Kraft. Mit dem Gesetz wurden die Pflegezeit nach dem Pflegezeit-
gesetz (PflegeZG) und die Familienpflegezeit nach dem Familienpflegezeitgesetz
(FPfZG) miteinander verzahnt. Es wurde ein Rechtsanspruch auf die Familien-
pflegezeit eingeführt und die bisher im FPfZG vorgesehene Gehaltsvorzahlung
für die Arbeitszeitreduzierung durch ein zinsloses Darlehen ersetzt, das die Ar-
beitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer aufnehmen kann. Zudem wurde mit dem
sogenannten Pflegeunterstützungsgeld ein Anspruch auf eine bis zu zehntägige
kurzfristige Arbeitsunterbrechung mit Lohnersatzleistung geschaffen.

Der Rechtsanspruch auf die Pflegezeit gilt in Betrieben mit über 15 Mitarbeite-
rinnen bzw. Mitarbeitern. Diese Betriebsgröße war zunächst auch für die Fami-
lienpflegezeit vorgesehen, wurde aber während der Beratungen im Deutschen
Bundestag erhöht, so dass der Rechtsanspruch auf die Familienpflegezeit nun erst
in Betrieben mit über 25 Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeitern greift. Die Zinsen
und das Ausfallrisiko des zinslosen Darlehens, mit dem der Verdienstausfall bis
zu zwei Jahren zur Hälfte überbrückt werden kann, werden durch den Bund fi-
nanziert. Dafür wurden für das Jahr 2015 1,3 Mio. Euro in den Bundeshaushalt
eingestellt. Bis zum Jahr 2018 soll die Summe auf 9,4 Mio. Euro anwachsen (vgl.
Bundestagsdrucksachen 18/3124 und 18/3449).

Nachdem die Familienpflegezeit vor dem Jahr 2015 lediglich von weniger als 140
Personen jährlich in Anspruch genommen wurde, rechnet die Bundesregierung
für das Jahr 2015 mit 1 275 Personen, die Pflegezeit oder Familienpflegezeit in
Anspruch nehmen, für das Jahr 2016 mit 3 000, für das Jahr 2017 mit 4 500 und
für das Jahr 2018 schließlich mit 6 750 Personen (vgl. Bundestagsdrucksache
18/3124).

Das Pflegeunterstützungsgeld wird durch die Soziale Pflegeversicherung finan-
ziert (§ 44a des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI)). Die Bundesregierung
rechnet damit, dass etwa die Hälfte der derzeit 357 000 Hauptpflegepersonen, die
mehr als geringfügig beschäftigt sind, diese Leistung in Anspruch nimmt, jedoch
nicht jede dieser Personen für volle zehn Tage. Sie kalkuliert dabei Mehrkosten
für die Pflegeversicherung von rund 100 Mio. Euro pro Jahr (vgl. ebd.).

Drucksache 18/7160 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Unter anderem von Fachleuten und Fachverbänden wurden weiter Zweifel an der
Wirkung und dem Nutzen der neuen Rechtslage für beschäftigte Frauen und Män-
ner, die die Pflege übernehmen, geäußert. Durch die Regelungen insbesondere
des Familienpflegezeitgesetzes würden Millionen Menschen ausgeschlossen, die
sich ein solches Darlehen nicht leisten könnten oder in kleineren Betrieben be-
schäftigt sind (vgl. die tageszeitung vom 5. Dezember 2014, „Pflege leichter“;
OSTSEE-ZEITUNG vom 5. Dezember 2014, „Nur ein kleiner Schritt nach vorn“;
NEUE Osnabrücker ZEITUNG vom 5. Dezember 2014, „Zwei Klassen“).

Im August 2015 konnte die Bundesregierung nur wenige, konkrete Antworten auf
die Fragen der Fragesteller geben (Bundestagsdrucksache 18/5880). Inzwischen
hat am 25. September 2015 der Beirat zur Vereinbarkeit von Pflege und Beruf
seine Arbeit aufgenommen. Er „begleitet die Umsetzung der Regelungen zu be-
ruflichen Auszeiten, insbesondere die neu geschaffenen Flexibilisierungen im
Pflegezeitgesetz und Familienpflegezeitgesetz, und berät über deren Auswirkun-
gen“ (www.bmfsfj.de/BMFSFJ/aeltere-menschen,did=219602.html).

Zur Begleitung der Umsetzung der Regelungen und Auswirkung dieses Gesetzes
gehört es nach Ansicht der Fragesteller, sich zuallererst einen Überblick darüber
zu verschaffen, wie viele Menschen die Pflege- und Familienzeit nicht in An-
spruch nehmen können, welche Personen wie lange und in welchem Umfang eine
Arbeitszeitreduzierung beantragt haben, und aus welchen Betrieben sie kamen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele Arbeitgeber in Deutschland haben in der Regel 15 oder weniger
Beschäftigte, wie hoch ist ihr Anteil an allen Arbeitgebern in Deutschland,
und wie viele Beschäftigte können damit aufgrund der in § 3 Absatz 1
PflegeZG vorgesehenen Beschränkung auf Arbeitgeber mit in der Regel 15
oder weniger Beschäftigten eine Pflegezeit grundsätzlich nicht beantragen?

2. Wie viele Personen haben im Jahr 2015 eine Pflegezeit nach dem neu gefass-
ten PflegeZG in Anspruch genommen bzw. nehmen diese gegenwärtig in
Anspruch (bitte nach Geschlecht aufschlüsseln)?

a) Wie hoch ist dabei die durchschnittliche Dauer der beantragten Pflegezeit
(bitte nach Geschlecht aufschlüsseln)?

b) Wie viele Personen haben dabei ihre Arbeitszeit reduziert, und wie viele
haben sich vollständig von der Arbeit befreien lassen (bitte nach Ge-
schlecht aufschlüsseln)?

c) Wie viele Personen haben sich dabei für die maximale Dauer von
sechs Monaten vollständig von der Arbeit befreien lassen (bitte nach Ge-
schlecht aufschlüsseln)?

d) Wie viele der Personen, die eine Pflegezeit beantragt haben, haben ein
zinsloses Darlehen nach dem neu gefassten FPfZG aufgenommen, und
wie hoch ist die durchschnittliche Höhe der Darlehen (bitte nach Ge-
schlecht aufschlüsseln)?

e) Welche Kenntnisse liegen der Bundesregierung über die Betriebsgrößen
(Zahl der Beschäftigten) vor, in denen die antragstellenden Personen be-
schäftigt sind?

f) Wie viele Personen haben vor Inkrafttreten der Neuregelungen am 1. Ja-
nuar 2015 eine Pflegezeit nach dem PflegeZG in Anspruch genommen
(bitte nach Geschlecht aufschlüsseln)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/7160
3. Wie viele Arbeitgeber in Deutschland haben in der Regel 25 oder weniger
Beschäftigte, wie hoch ist ihr Anteil an allen Arbeitgebern in Deutschland,
und wie viele Beschäftigte können damit aufgrund der in § 2 Absatz 1 FPfZG
vorgesehenen Beschränkung auf Arbeitgeber mit in der Regel 25 oder weni-
ger Beschäftigten eine Familienpflegezeit grundsätzlich nicht beantragen?

4. Wie viele Personen haben im Jahr 2015 eine Familienpflegezeit nach dem
neu gefassten FPfZG in Anspruch genommen bzw. nehmen diese gegenwär-
tig in Anspruch (bitte nach Geschlecht aufschlüsseln)?

a) Wie hoch ist dabei die durchschnittliche Dauer der beantragten Familien-
pflegezeit (bitte nach Geschlecht aufschlüsseln)?

b) Um wie viel Prozent wurde die Arbeitszeit durchschnittlich reduziert
(bitte nach Geschlecht aufschlüsseln)?

c) Wie viele der Personen, die eine Familienpflegezeit beantragt haben, ha-
ben ein zinsloses Darlehen aufgenommen (bitte nach Geschlecht auf-
schlüsseln)?

d) Welche Kenntnisse liegen der Bundesregierung über die Betriebsgrößen
(Zahl der Beschäftigten) vor, in denen die antragstellenden Personen be-
schäftigt sind?

e) Wie viele Personen haben vor Inkrafttreten der Neuregelungen am
1. Januar 2015 eine Familienpflegezeit nach dem FPfZG in Anspruch ge-
nommen (bitte nach Geschlecht aufschlüsseln)?

5. In welcher Höhe sind die im Bundeshaushalt für das Jahr 2015 eingestellten
Mittel für die zinslosen Darlehen für die Pflege- sowie die Familienpflegezeit
abgeflossen bzw. bewilligt worden?

6. Wie viele Personen haben im Jahr 2015 Pflegeunterstützungsgeld nach § 44a
SGB XI beantragt (bitte nach Geschlecht aufschlüsseln)?

a) Für wie viele Tage wurde das Pflegeunterstützungsgeld dabei jeweils
(bitte taggenaue Gruppierung) und im Durchschnitt beantragt (bitte zu-
sätzlich nach Geschlecht aufschlüsseln)?

b) Welche Höhe hat das gezahlte Pflegeunterstützungsgeld dabei im Durch-
schnitt und im Median (bitte zusätzlich nach Geschlecht aufschlüsseln)?

c) In welcher Gesamthöhe sind im Jahr 2015 Mittel aus der Sozialen Pflege-
versicherung für das Pflegeunterstützungsgeld nach § 44a SGB XI abge-
flossen bzw. bewilligt worden?

d) Welche Kenntnisse liegen der Bundesregierung über die Betriebsgrößen
(Zahl der Beschäftigten) vor, in denen die antragstellenden Personen be-
schäftigt sind?

7. Wie viele Personen haben direkt nach Inanspruchnahme des Pflegeunterstüt-
zungsgeldes eine Pflegezeit bzw. eine Familienpflegezeit nach dem neu ge-
fassten PflegeZG bzw. FPfZG beantragt (bitte nach Geschlecht aufschlüs-
seln)?

Berlin, den 21. Dezember 2015

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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