BT-Drucksache 18/7113

Luftschadstoffe - Umsetzung der NEC-Richtlinie und Ziele für 2030

Vom 16. Dezember 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/7113
18. Wahlperiode 16.12.2015

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Peter Meiwald, Bärbel Höhn, Friedrich Ostendorff,
Annalena Baerbock, Matthias Gastel, Sylvia Kotting-Uhl, Oliver Krischer,
Christian Kühn (Tübingen), Steffi Lemke, Dr. Julia Verlinden und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Luftschadstoffe − Umsetzung der NEC-Richtlinie und Ziele für 2030

Das Jahr 2013 hatte die Europäische Kommission zum „Jahr der Luft“ ausgeru-
fen. „Dicke Luft“ herrscht allerdings auch danach allerorten. Den seit 2010 gel-
tenden Emissionshöchstwert für Ammoniak von 550 Kilotonnen (kt) pro Jahr
überschreitet Deutschland aktuell um gut 20 Prozent. Die Bundesrepublik
Deutschland nimmt damit laut Bericht über die „Luftqualität in Europa 2014“
(www.eea.europa.eu/publications/air-quality-in-europe-2014) einen Spitzenplatz
unter den Luftverschmutzern in Europa ein.

Dabei treten nach Auffassung der Fragesteller nicht nur die ökologischen Pro-
bleme einer Politik, die die Emissionen nicht in den Griff bekommt, immer deut-
licher zutage. Auch die gesundheitlichen und ökonomischen Folgen sind gravie-
rend. Über 400 000 vorzeitige Todesfälle pro Jahr in Europa lassen sich laut Eu-
ropäischer Kommission auf Luftverschmutzungen zurückführen. Auf 315 bis
947 Mrd. Euro jährlich beziffert eine Studie der Generaldirektion Umwelt die Ge-
sundheitskosten. Davon entfallen allein auf Deutschland 47 bis 142 Mrd. Euro
(ec.europa.eu/environment/air/pdf/TSAP%20CBA.pdf).

Aktuell wird die Richtlinie über nationale Emissionshöchstmengen für bestimmte
Luftschadstoffe (2001/81/EG − NEC-Richtlinie) überarbeitet. In der alten Richt-
linie sind Ziele zur Emissionsminderung für die Luftschadstoffe Schwefeldioxid
(SO2), Stickstoffoxide (NOX), flüchtige organische Verbindungen außer Methan
(NMVOC) und Ammoniak (NH3) mit dem Zieljahr 2010 enthalten.

In dem Vorschlag für eine Richtlinie über die Verringerung der nationalen Emis-
sionen bestimmter Luftschadstoffe 2013/0443 (COD) der Europäischen Kommis-
sion werden die Emissionshöchstmengen aus der alten Richtlinie fortgeschrieben,
Minderungsziele für die Luftschadstoffe sowohl für 2020 als auch 2030 einge-
führt und der Luftschadstoff Methan aufgenommen. Das Europäische Parlament
hat sich am 28. Oktober 2015 zum Vorschlag der Europäischen Kommission po-
sitioniert. Gerade die Minderungsziele für 2025 sollten demnach rechtlich bin-
dend sein (www.europarl.europa.eu/oeil/popups/ficheprocedure.do?lang=en&
reference=2013/0443(COD)#documentGateway).

Eine Studie des Europäischen Parlaments zeigt allerdings, dass größere Emissi-
onsminderungen zu den gleichen Kosten, die der ursprüngliche Vorschlag
der Europäischen Kommission zugrunde legt, mit größerem Nutzen für die Ge-
sundheit möglich sind (www.europarl.europa.eu/RegData/etudes/STUD/2014/
528802/EPRS_STU(2014)528802_REV1_EN.pdf). Entsprechend hatte der Um-
weltausschuss des Europäischen Parlaments für ambitioniertere Ziele plädiert

Drucksache 18/7113 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
 

(www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-%2f%2fEP%2f%2fTEXT
%2bREPORT%2bA8-2015-0249%2b0%2bDOC%2bXML%2bV0%2f%2fDE&
language=DE). Hinsichtlich der Reduktionsziele für Ammoniak sah der Vor-
schlag des Umweltausschusses eine Reduktion von 46 Prozent bis 2025 vor, im
Gegensatz zur Europäischen Kommission, die sich für eine Reduktion um 39 Pro-
zent bis 2030 ausgesprochen hatte. Auch Methan sollte nach Auffassung des Um-
weltausschusses um 39 Prozent bis 2030 verringert werden.

Wir fragen die Bundesregierung:

Einhaltung der Vorgaben aus der Richtlinie 2001/81/EG

1. Inwieweit wurden die Emissionshöchstmengen der Richtlinie 2001/81/EG
der einzelnen Luftschadstoffe 2010 in Deutschland überschritten (bitte nach
den Luftschadstoffen der Richtlinie 2001/81/EG, der Menge der Überschrei-
tung in kt und den daraus resultierenden Prozent auflisten)?

2. Inwieweit wurden die Emissionshöchstmengen der Richtlinie 2001/81/EG
der einzelnen Luftschadstoffe nach 2010 in Deutschland überschritten (bitte
nach Jahr, Luftschadstoffen der Richtlinie 2001/81/EG, Menge der Über-
schreitung in kt und Prozent auflisten)?

3. Mit welchen konkreten Minderungsmaßnahmen hat die Bundesregierung je-
weils auf die Überschreitungen der Vorgaben aus der Richtlinie 2001/81/EG
reagiert (bitte getrennt nach den einzelnen Luftschadstoffen angeben)?

Mit welchem Ergebnis?

4. Welche Interventionen gab es seit 2010 seitens der Europäischen Kommis-
sion, um Deutschland zur Einhaltung der Vorgaben aus der Richtlinie
2001/81/EG zu zwingen?

Welche Fristen wurden dabei gegebenenfalls gesetzt, und wie hat die Bun-
desregierung sich hierzu verhalten?

5. Wie hat sich die Bundesregierung zur Anfrage der Europäischen Kommis-
sion vom 7. Juli 2010 zur Einhaltung der Ammoniakemissionshöchstmenge
verhalten?

Welche der vom Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirt-
schaft e. V. (KTBL) und dem Umweltbundesamt (UBA) vorgeschlagenen
Maßnahmen wurden wann mit welchen Effekt umgesetzt?

Falls noch nicht geschehen, bis wann werden welche der vorgeschlagenen
Maßnahmen oder andere Maßnahmen, die eine Minderung in gleicher Höhe
erbringen, umgesetzt?

6. Hält es die Bundesregierung für angemessen, angesichts der gravierenden
Überschreitungen bei Ammoniak eine Art „Aufholplan“ auszuarbeiten?

Wenn ja, wie könnte dieser aussehen, bis wann wären welche Minderungs-
beiträge konkret erreicht und wann der Zielwert?

7. Wie verteilen sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Emissionsquellen
der einzelnen Luftschadstoffe?

8. Welche Ansätze hat die Bundesregierung in der Diskussion um die 2015 in
Kraft getretene Reform der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik (GAP)
verfolgt, um zu einer Emissionsminderung in diesem Bereich zu kommen?

Mit welchem Erfolg (bitte konkret die Änderungen in der GAP-Reform mit
dem jeweiligen Minderungspotenzial benennen)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/7113
 

9. Welche Weichenstellungen hat die Bundesregierung in der nationalen Um-
setzung der GAP zur Emissionsminderung von Luftschadstoffen vorgenom-
men?

Mit welchem Ergebnis?

10. Wurde der mögliche Rahmen für eine Emissionsminderung von Luftschad-
stoffen bei der nationalen Umsetzung der GAP-Reform vollständig ausge-
schöpft?

Wenn nein, warum nicht?

11. Welchen Beitrag zur Erreichung der Ziele der Richtlinie 2001/81/EG würde
nach Einschätzung der Bundesregierung eine Umsetzung der bisher disku-
tierten Maßnahmen im Rahmen der Novellierung der Düngeverordnung leis-
ten (bitte konkret die in der Novelle geplanten Maßnahmen sowie die jewei-
ligen Emissionsminderungsbeiträge benennen)?

Falls die Minderungsbeiträge nicht so ausfallen würden, dass die Einhaltung
der Ziele gewährleistet ist, warum plant die Bundesregierung keine darüber
hinausgehenden Maßnahmen, um eine Zielerreichung in naher Zukunft zu
gewährleisten?

12. Wie ist der Zeitplan für die Vorstellung und das Inkrafttreten der Novelle der
Düngeverordnung?

13. Bis wann plant die Bundesregierung die für diese Legislaturperiode ange-
kündigte Anpassung der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft –
TA Luft?

In welcher Weise und welche Minderungsbeiträge werden dadurch erreicht?

14. Halten die Emissionsminderungs-Angaben der Hersteller von DLG-zertifi-
zierten (und anderen) Filtern nach Kenntnis der Bundesregierung realen
Messungen stand?

Falls die Bundesregierung hierüber keine Kenntnisse hat, plant sie angesichts
der Manipulation von Herstellerangaben bei Autoherstellern eine Überprü-
fung in diesem Bereich?

15. Welche Minderungsmaßnahmen wurden in Bezug auf die weiteren Emissi-
onsquellen seit 2010 ergriffen, und mit welchem Ergebnis (bitte nach Quel-
len auflisten)?

16. Welche Zusammenhänge gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung zwi-
schen der Nichteinhaltung der Ziele der Richtlinie 2001/81/EG und dem fort-
schreitenden Verlust an Biodiversität?

17. Welche Kosten hätten nach Kenntnis der Bundesregierung in einzelnen Be-
reichen (Gesundheit, Umwelt etc.) durch Einhaltung der Ziele der Richtlinie
2001/81/EG vermieden werden können?

Position in der Diskussion um die Reform der NEC-Richtlinie

18. Wird die Bundesregierung verbindliche Zwischenziele für 2025 unterstüt-
zen, wie vom Europäischen Parlament beschlossen?

19. Welche Reduktionsziele unterstützt die Bundesregierung – die vom Europä-
ischen Parlament beschlossenen, oder darüber hinausgehende, wie sie bei-
spielsweise der Umweltausschuss des europäischen Parlaments vorgeschla-
gen hat?

Wie stellt sich bei den jeweiligen Vorschlägen die Übereinstimmung mit den
Klima- und Energiezielen dar?

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20. Für welches Reduktionsziel für Methan setzt sich die Bundesregierung ein
(bitte für die jeweiligen Jahre, falls Zwischenziele unterstützt werden, ange-
ben)?

21. Unterstützt die Bundesregierung ein ganzheitliches Methanziel oder die Aus-
nahme für tierische Verdauungsemissionen wie im Beschluss des Europäi-
schen Parlaments vorgesehen?

Wenn ja, über welche Reduktionen in welchen Sektoren kann die notwen-
dige Methan-Minderung alternativ aus Sicht der Bundesregierung erreicht
werden?

22. Wird sich die Bundesregierung im Europäischen Rat für die Aufnahme des
hochgiftigen Quecksilbers als ein Element der NEC-Richtlinie einsetzen,
und wenn nicht, mit welcher Begründung?

23. Welche Minderungsziele für Quecksilber wären für die Jahre 2020, 2025 und
2030 aus umweltpolitischer Sicht wünschenswert?

24. Falls sich die Bundesregierung nicht für eine Aufnahme von Quecksilber-
Reduktionszielen in die NEC-Richtlinie einsetzt, mit welchen konkreten In-
strumenten soll die Einhaltung der Minamata-Konvention sichergestellt wer-
den?

Berlin, den 16. Dezember 2015

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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