BT-Drucksache 18/6972

Einhaltung der Gewässerqualität und Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie

Vom 2. Dezember 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/6972
18. Wahlperiode 02.12.2015

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Peter Meiwald, Friedrich Ostendorff, Annalena Baerbock,
Matthias Gastel, Bärbel Höhn, Sylvia Kotting-Uhl, Oliver Krischer,
Christian Kühn (Tübingen), Steffi Lemke, Dr. Julia Verlinden und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Einhaltung der Gewässerqualität und Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie

Wasser ist die Grundlage des Lebens auf unserem Planeten. Deshalb muss es be-
sonders geschützt werden.

Die Europäische Union hat mit der seit Dezember 2000 gültigen Wasserrahmen-
richtlinie (WRRL) in allen Mitgliedstaaten der EU einheitlich geltende Umwelt-
ziele für den Schutz des Grundwassers und der Oberflächengewässer aufgestellt.
Damit wurde die rechtliche Basis dafür geschaffen, wie unser Wasser auf einem
hohen Niveau zu schützen ist. Die WRRL verfolgt einen umfassenden, integrati-
ven und länderübergreifenden Ansatz, der den Erhalt der ökologischen Funkti-
onsfähigkeit der Gewässer in den Mittelpunkt stellt. Als Hauptziel wird ange-
strebt, dass Flüsse, Seen, Küstengewässer und Grundwasser nach Möglichkeit bis
zum Jahr 2015 − spätestens bis zum Jahr 2027 − den guten Zustand erreichen.
Ein bereits erreichter guter Zustand ist zu erhalten.

Dies soll über eine Bewirtschaftungsplanung für die jeweiligen Flussgebiete er-
reicht werden. Hier soll der Schutz der Gewässer mit einer nachhaltigen Bewirt-
schaftung der Wasserressourcen erreicht werden. Die wichtigsten Elemente der
zielgerichteten und koordinierten Planung für den Schutz der Gewässer sind die
Bewirtschaftungspläne und Maßnahmenprogramme für Flussgebiete bzw. Teil-
bereiche der Flussgebiete.

Die Europäische Kommission bereitet, laut Berichten des „WDR“, ein weiteres
Vertragsverletzungsverfahren aufgrund zu hoher Nährstoffeinträge aus der Land-
wirtschaft gegen Deutschland vor. Dazu hat sie eine sogenannte Pilotanfrage we-
gen nicht ausreichender Umsetzung der WRRL gestartet.

Aus der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Gewässerbelastung in Deutschland“ Bundestags-
drucksache 18/5856 geht hervor, dass 25 Prozent der Grundwasserkörper auf-
grund von hohen Nitratwerten in einem schlechten chemischen Zustand sind. In
den Entwürfen der Bewirtschaftungspläne 2015 werden etwa 10 Prozent der fest-
gelegten natürlichen Fluss- und Bachabschnitte in einem „guten“ oder „sehr gu-
ten“ ökologischen Zustand eingestuft; und alle Übergangs- und Küstengewässer-
körper verfehlen aufgrund von deutlich überhöhten Nährstoffeinträgen den guten
ökologischen Zustand. Im Jahr 2009, dem Beginn des ersten Bewirtschaftungs-
zyklus, befanden sich faktisch genauso viel Gewässer in einem guten oder sehr
guten Zustand. Laut der damals eingereichten Bewirtschaftungspläne sollte deren
Anteil bis Ende des ersten Bewirtschaftungszyklus auf gut 18 Prozent erhöht wer-

Drucksache 18/6972 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
den. Als einen von zwei Gründen, warum dies nicht erreicht wird, nennt die Bun-
desregierung in ihrer oben genannten Antwort die zu hohen, meist aus der Land-
wirtschaft stammenden Nährstoffbelastungen, wobei in den Flüssen und Bächen
das Phosphat der entscheidende Nährstoff ist.

Schon jetzt führen die zu hohen Einträge zu Problemen und Kosten in der Trink-
wasserversorgung. So machen seit einiger Zeit kommunale Versorger und Was-
serwerke auf dieses Problem aufmerksam. Denn sie sind verpflichtet, einen
Grenzwert einzuhalten. Dies wird immer schwieriger und immer teurer. Neue
Brunnen müssen gebohrt, andere vertieft werden. Oft hilft nur aufwändiges Mi-
schen, um die geforderten Grenzwerte für das Trinkwasser einzuhalten. Bundes-
weit rund 25 Mrd. Euro, laut Berechnungen des Bund für Umwelt und Natur-
schutz Deutschland, koste die Nitrat-Belastung des Grundwassers schon jetzt je-
des Jahr. Steigende Wasserpreise seien die Folge.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wann ist diese Pilotanfrage der Kommission zur Umsetzung der Wasserrah-
menrichtlinie bei der Bundesregierung eingegangen, und wann wurde sie be-
antwortet?

2. In wie vielen deutschen Bewirtschaftungsplänen des ersten Zyklus sind Aus-
nahmen für Wasserkörper von der Auflage des Erreichens eines guten Ge-
wässerzustands gewährt worden (bitte nach Bewirtschaftungsplan und Jahr
der Ausnahmegenehmigung auflisten)?

3. Welche Maßnahmen sind aus Sicht der Bundesregierung notwendig, um die
Einhaltung des Verschlechterungsverbotes nach Artikel 4 der Wasserrah-
menrichtlinie bezüglich der Wasserkörper, auf die Ausnahmen angewendet
werden, sicherzustellen?

4. Wie soll die Erfüllung der Auflagen gemäß der Artikel 4 und 11 der Wasser-
rahmenrichtlinie hinsichtlich der Umweltziele und des Maßnahmenpro-
gramms gewährleistet werden?

5. Wie stellt die Bundesregierung eine ressortübergreifende Zusammenarbeit
(v. a. zwischen Wasser- und Landwirtschaft) und eine ressortübergreifende
Verbindlichkeit der gewässerpolitischen Ziele der WRRL, der MSRL (EG-
Meeresstrategierahmenrichtlinie) sowie weitere internationaler Verpflich-
tungen (z. B. OSPAR, HELCOM) in Bezug auf die Reduzierung von Nähr-
stoffeinträgen sicher?

6. Nach welchen Verfahren wurden für die einzelnen Einzugsgebiete oder
Teileinzugsgebiete der Abstand zum Ziel des guten ökologischen Zustands
(Defizitanalyse) und der relativen diesbezüglichen Anteile der Einträge aus
der Landwirtschaft bestimmt?

7. Inwieweit sind aus Sicht der Bundesregierung, die aktuell bundesrechtlich
festgelegten Nährstoffbedingungen (Stickstoff und Phosphat) geeignet, dass
sie bei allen Gewässerkategorien einen guten ökologischen Zustand begüns-
tigen?

8. Welche Konsequenzen ergeben sich für die Bewirtschaftung der Gewässer
durch die zusätzliche Verantwortung der MSRL mit dem Ziel, Nord- und
Ostsee bis 2020 in einen guten Umweltzustand zu versetzen?

9. Wie stellen sich aus Sicht der Bundesregierung, die Nährstoffbedingungen
in aufwärts gelegenen Wasserkörpern (Flüsse und Seen) dar, die das Errei-
chen des guten ökologischen Zustands abwärts gelegener Wasserkörper (ein-
schließlich Küsten- und Übergangsgewässer) begünstigen?

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10. Inwieweit müssen aus Sicht der Bundesregierung die Nährstoffeinträge (so-
wohl Stickstoff als auch Phosphat) reduziert werden, um die Bedingungen,
Standards, Ziele gemäß der Fragen 4 und 5 für die einzelnen Einzugsgebiete
oder Teileinzugsgebiete zu erreichen?

11. Inwieweit sind aus Sicht der Bundesregierung, die geltende Verordnung über
die Anwendung von Düngemitteln und ihre geplanten Änderungen geeignet
dazu beizutragen, dass für jedes Einzugsgebiet oder Teileinzugsgebiet die
erforderliche Reduzierung der Nährstoffeinträge (sowohl Stickstoff als auch
Phosphat) aus der Landwirtschaft und ein guter ökologischer Zustand er-
reicht wird?

12. Wie wird die Umsetzung und Kontrolle bereits bestehender Instrumente zur
Reduzierung der Nähr- und Schadstoffeinträge in das Gewässersystem si-
chergestellt (z. B. Einrichtung bzw. Einhaltung von Gewässerrandstreifen,
Einhaltung der Abstandsregelungen bei der Ausbringung von Nähr- und
Pflanzenhilfsstoffen in Gewässernähe etc.)?

13. Welche kontrollierbaren (verbindlichen bzw. regulatorischen) Maßnahmen
über die Verordnung über die Anwendung von Düngemitteln hinaus werden
zurzeit erarbeitet, um die Anforderungen von Artikel 11 Absatz 3 Buchsta-
ben d und h der Wasserrahmenrichtlinie zu erfüllen?

14. Inwieweit sind diese Maßnahmen aus Sicht der Bundesregierung geeignet,
für jedes Einzugsgebiet oder Teileinzugsgebiet einen guten ökologischen Zu-
stand zu erreichen?

15. Welche ergänzenden Maßnahmen (Artikel 11 Absatz 4 der Wasserrahmen-
richtlinie) mit messbarer Wirkung sind aus Sicht der Bundesregierung not-
wendig?

16. Wie viele Wasserversorger mussten nach Kenntnis der Bundesregierung ihre
Wasserpreise aufgrund von Maßnahmen zur Begrenzung des Nitratwertes
schon erhöhen, und in welchem Rahmen bewegen sich diese Erhöhungen?

Berlin, den 2. Dezember 2015

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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