BT-Drucksache 18/6917

zu der Beratung des Antrags der Bundesregierung - Drucksachen 18/6866, 18/6912 - Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation IS auf Grundlage von Artikel 51 der Satzung der Vereinten Nationen in Verbindung mit Artikel 42 Absatz 7 des Vertrages über die Europäische Union sowie den Resolutionen 2170 (2014), 2199 (2015), 2249 (2015) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen

Vom 2. Dezember 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/6917

18. Wahlperiode 02.12.2015

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Wolfgang Gehrcke, Jan van Aken, Christine Buchholz,

Sevim Dagdelen, Dr. Diether Dehm, Annette Groth, Heike Hänsel, Inge Höger,

Andrej Hunko, Katrin Kunert, Stefan Liebich, Niema Movassat, Dr. Alexander S.

Neu, Dr. Petra Sitte, Alexander Ulrich und der Fraktion DIE LINKE.

zu der Beratung des Antrags der Bundesregierung

– Drucksachen 18/6866, 18/6912 –

Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung

terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation IS auf Grundlage

von Artikel 51 der Satzung der Vereinten Nationen in Verbindung mit Artikel 42

Absatz 7 des Vertrages über die Europäische Union sowie den Resolutionen

2170 (2014), 2199 (2015), 2249 (2015) des Sicherheitsrates der Vereinten

Nationen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Bilanz des „Kriegs gegen den Terror“ seit 2001 zeigt, dass Terror militärisch nicht
eingedämmt oder gar beseitigt werden kann. Mit jedem getöteten Zivilisten wächst die
Empörung gegen den Westen und es wachsen neue Terroristen nach. Die Länder, in
denen dieser Krieg geführt wird, wurden destabilisiert. Die Situation für ihre Bevölke-
rungen wurde noch unerträglicher, viele mussten fliehen. Im Umfeld zerfallener Staa-
ten gedeihen radikale Ideologien und erhalten islamistische Terrorgruppen erst recht
ungebremsten Zulauf. Deutschland muss aus dieser Gewaltspirale aussteigen.
Deutschland in einen Kampfeinsatz in Syrien hineinzuziehen, ist deshalb unverant-
wortlich. Wenn Deutschland Teil des Bürgerkriegs in Syrien wird, wächst auch hier-
zulande die Terrorgefahr.

Die völkerrechtliche Legitimität für den von der Bundesregierung geplanten Bundes-
wehreinsatz in Syrien ist nicht gegeben. Weder liegt eine UNO-Resolution nach Kap. 7
VN-Charta vor, noch eine Anforderung der syrischen Regierung. Ein kollektives Ver-
teidigungsrecht im Sinne des Artikels 51 VN-Charta liegt ebenfalls nicht vor, denn
Frankreich wurde am 13.11.2015 Opfer eines barbarischen Terroraktes, jedoch nicht
eines militärischen Angriffs von außen.

Deutschland könnte sinnvollere Beiträge leisten, denn als weiterer militärischer Akteur
in Syrien aufzutreten. In den Verhandlungen über eine Friedenslösung für Syrien, die

Drucksache 18/6917 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

in den letzten Wochen in Wien zunächst hoffnungsvoll begonnen hatten, sollte
Deutschland weiterhin eine konstruktive Rolle spielen. Das wäre der wirkungsvollste
Beitrag gegen den Terror.

Der IS wäre auf andere als militärische Weise wesentlich effektiver zu bekämpfen.
Deutschland, die Europäische Union (EU) und die USA müssen ihre Partner in der
Region dazu bringen, den Nachschub mit Waffen, Geld und Kämpfern für den IS zu
unterbrechen. Der IS finanziert sich zu großen Teilen aus dem Handel mit Öl aus La-
gerstätten, die sich unter seiner Kontrolle befinden. Dieser illegale Handel muss kon-
sequent unterbunden werden. Nach wie vor kann der IS Kämpfer und Nachschub über
die Türkei in sein Territorium leiten. Auch die Abwicklung von Lösegeldzahlungen
wird logistisch in der Türkei abgewickelt, ungestört von türkischen Sicherheitsbehör-
den. Die Türkei ist NATO-Land und strategischer Partner der EU, mit der sie Beitritts-
gespräche führt. Aus Saudi-Arabien und den Golfstaaten, ebenfalls strategische Part-
ner der westlichen Staaten, erhält der IS erhebliche Zuwendungen von reichen Fami-
lien.

Ohne dass fortwährend Waffen von außen, u. a. aus Deutschland, in die Region gelie-
fert würden, wäre der Krieg in Syrien für keine der Kriegsparteien so lange zu führen
gewesen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

die Bundeswehr nicht am militärischen Kampf in Syrien zu beteiligen, sondern statt-
dessen

1. sich weiterhin und verstärkt in die Verhandlungen über einen Friedensprozess für
Syrien einzubringen und dabei die Mission des VN-Sondergesandten, Staffan de
Mistura, zu unterstützen;

2. die internationalen Anstrengungen, Bankkonten des IS aufzuspüren und einzu-
frieren, erheblich zu verstärken;

3. den Druck auf die Türkei zu erhöhen, damit sie ihre Angriffe auf die Kurden be-
endet, den Zustrom von IS-Kämpfern, den Öl-Handel und die Versorgung des IS
mit Nachschub über ihr Territorium unterbindet und die logistischen Strukturen
des IS in ihrem Land konsequent aushebt;

4. auf Saudi-Arabien und die Golfstaaten einzuwirken, damit sie die finanzielle Un-
terstützung für den IS aus ihren Ländern unterbinden;

5. Waffenexporte aus Deutschland in die Region sofort zu stoppen und sich für ein
internationales Waffenembargo über die Region einzusetzen.

Berlin, den 1. Dezember 2015

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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