BT-Drucksache 18/6884

Finanzierung eines bürgerfreundlichen und umweltgerechten Ausbaus der Rheintalbahn jetzt sicherstellen

Vom 2. Dezember 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/6884
18. Wahlperiode 02.12.2015

Antrag
der Abgeordneten Matthias Gastel, Kerstin Andreae, Dr. Valerie Wilms,
Stephan Kühn (Dresden), Tabea Rößner, Markus Tressel, Annalena Baerbock,
Harald Ebner, Bärbel Höhn, Sylvia Kotting-Uhl, Christian Kühn (Tübingen),
Steffi Lemke, Nicole Maisch, Peter Meiwald, Friedrich Ostendorff, Dr. Julia
Verlinden und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Finanzierung eines bürgerfreundlichen und umweltgerechten Ausbaus
der Rheintalbahn jetzt sicherstellen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Der viergleisige Aus- und Neubau der Eisenbahnstrecke zwischen Karlsruhe und
Basel, die sogenannte Rheintalbahn, ist eines der bundesweit wichtigsten Infrastruk-
turgroßprojekte, um eine Verlagerung des Schwerlastverkehrs von der Straße auf die
umweltfreundliche Schiene zu erreichen. Aufgrund ihrer Lage besitzt die Strecke
eine herausragende Stellung für den überregionalen und internationalen Verkehr,
insbesondere für die Gütertransporte von und zu den Nordseehäfen in Deutschland
und den Niederlanden. Als Bestandteil des Rhein-Alpen-Korridors trägt sie dazu
bei, Deutschland leistungsfähig und umweltverträglich in das Kernnetz des Trans-
europäischen Verkehrsnetzes einzubinden. Die zeitlich abgestimmte Fertigstellung
der Rheintalbahn als Zulaufstrecke zu den Neuen Eisenbahn Transversalen (NEAT)
der Schweiz ist Bestandteil des Vertrages von Lugano (1996). Während die Schweiz
mit der zeitnahen Inbetriebnahme des Gotthard-Basistunnels sowie dem Bau des Ce-
neri-Basistunnels bereits einen Großteil ihrer Verpflichtungen zum Ausbau des
Schweizerischen Schienennetzes entlang der Transversale erfüllt hat, verzögert sich
der bereits 1987 begonnene Bau der Rheintalbahn auf deutscher Seite erheblich. Fer-
tiggestellt wurden bisher nur die 45 Kilometer lange Strecke zwischen Rastatt und
Offenburg sowie Teilstrecken zwischen Basel und Freiburg.

Sehr viel schwieriger gestaltet sich der Ausbau der Rheintalstrecke in der Region
„Südlicher Oberrhein“. Deshalb haben sich der Bund und das Land Baden-Württem-
berg schon im Jahr 2009 auf die Einrichtung eines Projektbeirats verständigt. Mit
Vertretern des Landes Baden-Württemberg, des Bundes, der örtlichen Bürgerinitia-
tiven, der Landräte und Regionalverbände, der Deutschen Bahn AG sowie der je-
weils betroffenen Landkreise und Kommunen hatte dieser zur Aufgabe, die zahlrei-
chen Interessenlagen aufzuarbeiten und tragfähige Lösungen zu präsentieren. Kern-
thema war die Verbesserung des Lärmschutzes für Anwohnerinnen und Anwohner
entlang der Strecke.

Aufgrund des großen Engagements von Bürgerinitiativen und Kommunen wurde im
Juni 2015 eine breit getragene Einigung erzielt. Auch wenn nicht alle Forderungen

Drucksache 18/6884 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

aus der Region erfüllt werden konnten, beinhaltet der Kompromiss deutliche Ver-
besserungen zum Schutz von Mensch und Umwelt. Möglich wurde dies durch die
Zusage des Landes Baden-Württemberg, sich freiwillig an den Mehrkosten für zu-
sätzlichen Lärmschutz zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger mit einem Kos-
tenanteil von bis zu 280 Millionen Euro zu beteiligen.

Die Zuständigkeit für den Ausbau der Bundesschienenwege liegt beim Bund. Daher
muss sich der Bund seiner Verantwortung für nachhaltige Mobilität in Deutschland
und Europa nun stellen und den Ausbau der Rheintalbahn ohne weitere Verzögerun-
gen voranbringen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. alle erforderlichen Schritte einzuleiten, damit die Beschlüsse des Projektbeirates
Rheintalbahn zu den sechs Kernforderungen aus der Region zügig umgesetzt
werden können;

2. sich im Sinne der Beschlüsse des Projektbeirates vom Juni 2015 für eine Finan-
zierungsvereinbarung mit dem Bundesland Baden-Württemberg einzusetzen,
nach dieser sich das Land hälftig bis zu einer Höhe von 280 Millionen Euro an
anfallenden Mehrkosten beteiligen wird;

3. sich für eine möglichst frühzeitige Fertigstellung und Inbetriebnahme des Tun-
nels in Offenburg einzusetzen;

4. alle erforderlichen Maßnahmen einzuleiten, um die Planung für die zweigleisige
Güterverkehrstrasse entlang der Bundesautobahn A5 zwischen Offenburg und
Riegel unverzüglich aufzunehmen und die notwendigen Planfeststellungsunter-
lagen zügig vorzulegen;

5. alle erforderlichen Maßnahmen einzuleiten, um die konkrete Ausgestaltung des
beschlossenen Lärmschutzes auf dem Streckenabschnitt von Hügelheim bis
Auggen mit den betroffenen Kommunen und der DB Netz AG abzustimmen;

6. Öffentlichkeit und Kommunen in den anliegenden Regionen frühzeitig und um-
fassend über weitere Schritte zu informieren und in die weitere Planung einzu-
binden;

Berlin, den 1. Dezember 2015

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/6884
Begründung

Als Teil des Kernnetzkorridors des transeuropäischen Verkehrsnetzes gehört die Rheintalbahn zu den zentralen
europäischen Güterverkehrsachsen. Mit mehr als 250 Zügen pro Tag ist sie außerdem eine der am stärksten
befahrenen Schienenverbindungen Deutschlands. Eine schnelle Realisierung des viergleisigen Ausbaus ist da-
her entscheidend, um Deutschland noch leistungsfähiger und umweltfreundlich in Europa einzubinden und
nachhaltige Mobilität für Personen und Güter im Sinne der europäischen Verkehrsziele zu fördern.

Das hohe Güterverkehrsaufkommen geht jedoch gleichzeitig einher mit einer hohen Lärmbelastung für An-
wohnerinnen und Anwohner entlang der Strecke. Nur durch ein hohes Lärmschutzniveau kann die für den
Ausbau der Rheintalbahn notwendige Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger erreicht werden.

Aufgabe des von Bund und Land eingerichteten Projektbeirates war es, die verschiedenen Interessenlagen aus-
zuloten und einen tragfähigen Kompromiss zu erarbeiten. Im Wesentlichen waren sechs Kernforderungen der
Region zu diskutieren. Betreffend die Kernforderungen nach einer optimierten Güterzugumfahrung Freiburgs
(Kernforderung 3) und nach der Bürgertrasse im Markgräflerland (Kernforderung 4) einigten sich Bund und
Land bereits im März 2013 darauf, diese umzusetzen und die Kosten hälftig (jeweils bis zu 125 Millionen Euro)
zu tragen. Bezüglich der Forderung nach einer Teiltieferlegung in Weil am Rhein (Kernforderung 5) verein-
barte der Projektbeirat 2012 ein Kompensationspaket für die Stadt in Höhe von 15 Millionen Euro.

Im Juni dieses Jahres erzielte der Projektbeirat nun eine einstimmige Einigung zu den verbleibenden Kernfor-
derungen. Möglich wurde diese Einigung durch das große Engagement der Kommunen und Bürgerinitiativen
sowie durch die freiwillige Beteiligung des Landes Baden-Württemberg an zusätzlichen Lärmschutzkosten in
Höhe von maximal 280 Millionen Euro.

Zugunsten eines weitreichenden Schutzes der Anwohnerinnen und Anwohner vor Lärm und Erschütterungen
enthält die Einigung einige Änderungen gegenüber der ursprünglichen Antragstrasse: In Offenburg soll die
neue Güterverkehrstrasse durch einen neuen Tunnel verlaufen (Kernforderung 1). Zwischen Offenburg und
Riegel wird eine zweigleisige Güterverkehrsneubaustrecke entlang der Autobahn A5 gebaut (Kernforde-
rung 2). Zwischen Hügelheim und Auggen sind zusätzliche Lärmschutzmaßnahmen vorgesehen (optimierte
Kernforderung 6).

Der Neu- und Ausbau von Schienenverkehrswegen ist Aufgabe des Bundes und dieser ist daher auch für die
Finanzierung verantwortlich. Das Land Baden-Württemberg hat sich dazu bereit erklärt, sich mit bis zu 50 Pro-
zent und insgesamt maximal 405 Millionen Euro (bezogen auf alle Beschlüsse des Projektbeirates) an den
Lärmschutzmaßnahmen zu beteiligen, die über den gesetzlich notwendigen Lärmschutz hinausgehen. In einem
interfraktionellen Antrag aller im Landtag vertretenen Fraktionen hatte auch der Landtag Baden-Württemberg
einstimmig die hälftige Beteiligung des Landes an den Mehrkosten für zusätzliche Lärmschutzmaßnahmen
gefordert.
(www.landtag-bw.de/files/live/sites/LTBW/files/dokumente/WP15/Drucksachen/6000/15_6723_D.pdf).

Der vorgeschlagene Kompromiss ermöglicht eine für alle Seiten tragfähige und gerechte Lösung für die Um-
setzung eines umweltfreundlichen Ausbaus der Rheintalbahn im Sinne der Bürgerinnen und Bürger. Die Bun-
desregierung ist daher aufgerufen, alle dafür erforderlichen Schritte zügig einzuleiten, um weitere Verzögerun-
gen des für Deutschland und Europa so wichtigen Schienenprojektes zu verhindern.

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
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